BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs3 Z3
BVergG 2018 §334 Abs3 Z6
BVergG 2018 §353
BVergG 2018 §354
BVergG 2018 §356 Abs9
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
BVergG 2018 §46
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W187.2284979.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Vorsitzenden, Mag. Wolfgang POINTNER als fachkundigen Laienrichter der Auftraggeberseite und Mag. Matthias WOHLGEMUTH als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über die Feststellungsanträge der AAAA , vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, Fleischmarkt 1, 3. Stock, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien sowie den Betrieb einer Hotline zur Abwicklung und Koordination der Überstellung der Körperspenden nach deren Tod.“, AZ: 12699, der Auftraggeberin Medizinische Universität Wien, Spitalgasse 23, 1090 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Medizinische Universität Wien, Gebäude-, Sicherheits- und Infrastrukturmanagement, Spitalgasse 23 / BT88, 1090 Wien vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15. März 2024, zu Recht erkannt:
A)
1. Das Bundesvergabeamt weist die Anträge der AAAA , das Bundesverwaltungsgericht möge „feststellen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war“ und „in eventu feststellen, dass die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war“ ab.
2. Das Bundesvergabeamt weist die Anträge der AAAA , das Bundesverwaltungsgericht möge „den Vertrag über die Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien mit der Zuschlagsempfängerin im Anschluss an die Feststellung gemäß § 334 Abs 3 Z 3 in eventu Z 4 BVergG 2018 für nichtig erklären oder aufheben (§ 334 Abs 3 Z 6 BVergG 2018)“ und „in eventu die Verhängung von Sanktionen gemäß § 356 Abs 9 BVergG aussprechen“ zurück.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit Schriftsatz vom 22. Jänner 2024 beantragte die AAAA , vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, Fleischmarkt 1, 3. Stock, 1010 Wien, in der Folge Antragstellerin, das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung a) feststellen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war; b) in eventu feststellen, dass die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war; c) den Vertrag über die Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien mit der Zuschlagsempfängerin im Anschluss an die Feststellung gemäß § 334 Abs 3 Z 3 in eventu Z 4 BVergG 2018 für nichtig erklären oder aufheben (§ 334 Abs 3 Z 6 BVergG 2018); d) in eventu die Verhängung von Sanktionen gemäß § 356 Abs 9 BVergG aussprechen; e) gemäß § 341 BVergG 2018 aussprechen, dass die von der Antragstellerin ordnungsgemäß entrichtete Pauschalgebühr in Höhe von EUR 2.160,-- (Beilage ./F) für den Feststellungsantrag zu Handen der Rechtsvertretung der Antragstellerin binnen 14 Tagen (§ 19a RAO) zu ersetzen ist; f) in eventu die von der Antragstellerin zu viel entrichtete Pauschalgebühr rückerstatten. Weiters beantragte die Antragstellerin die Akteneinsicht in sämtliche Unterlagen, welche die Begründung der Zulässigkeit des Abschlusses des Vertrages ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung gemäß BVergG 2018 enthalten, die Berechnung des geschätzten Auftragswertes und den abgeschlossenen Vertrag soweit diese nicht Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten. Die Anträge betreffen Auftragsvergaben der Auftraggeberin Medizinische Universität Wien, Spitalgasse 23, 1090 Wien, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien.
1.1 Nach der Darstellung des Ganges des Vergabeverfahrens „Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien sowie den Betrieb einer Hotline zur Abwicklung und Koordination der Überstellung der Körperspenden nach deren Tod.“, AZ: 12699, führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass sie weiterhin Dienstleistungen für die Auftraggeberin erbringe, jedoch einer ihrer Mitarbeiter angewiesen worden sei, entgegen den Gepflogenheiten im Dezember 2023 erstmals angewiesen worden sei, die angelieferten leeren Särge nur mehr auf einer Seite des Lagerraumes der Auftraggeberin abzustellen. Bis dahin seien diese Särge jedoch im gesamten Lagerraum abgestellt worden. Auf der anderen Seite dieses Lagerraumes würden seitdem – nach Wahrnehmung des Zeugen – leere Särge von Mitarbeiter*innen der Zuschlagsempfängerin abgestellt und die befüllten Särge von diesen Mitarbeiter*innen wieder abgeholt. Das Fahrzeug, mit welchem die befüllten Särge abgeholt würden, trage zwar nicht die Aufschrift der Zuschlagsempfängerin. Dem Zeugen seien jedoch die einzelnen Mitarbeiter*innen von anderen Projekten bekannt und könne er diese daher der Zuschlagsempfängerin zuordnen. Die Abholung der Särge erfolge dabei jeweils durch zwei Mitarbeiter*innen der Zuschlagsempfängerin. Der Umstand, dass wesentliche Teile der ausschreibungsgegenständlichen Leistungen, die Bestandteil des Vergabeverfahrens AZ: 12699 seien, sei nunmehr offenbar – trotz noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahrens und laufender Leistungserbringung – an Dritte, hier an die Zuschlagsempfängerin, vergeben worden, ergebe sich zudem auch aus dem von der Antragstellerin verzeichneten Rückgang an Leistungen seit 2022. Auch daraus sei klar erkennbar, dass Teil der ausschreibungsgegenständlichen Leistungen, die Bestandteil des Vergabeverfahrens AZ: 12699 seien, nunmehr anderweitig – offenbar an die Zuschlagsempfängerin – vergeben würden; dies rechtswidriger Weise ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung oder aufgrund einer Zuschlagserteilung im laufenden Vergabeverfahren ohne Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung durch die Auftraggeberin. Die betroffenen Leistungen seien dem Gesamtvorhaben „Körperspenden“ zuzuordnen, welches aktuell auch im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben werde. Die Auftragswerte seien somit iSd § 13 Abs 1 BVergG 2018 gesamthaft zusammen zu rechnen, weshalb auch die hier in Frage stehenden, von der Auftraggeberin unmittelbar beauftragten Leistungen nach den Regelungen für den Oberschwellenbereich zu vergeben gewesen wären. Die hier in Frage stehenden Leistungen beträfen somit ein Vorhaben im Oberschwellenbereich und hätten diese daher nicht unmittelbar, dh im Rahmen eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung, oder gar in Folge einer Zuschlagserteilung ohne Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung an die Zuschlagsempfängerin vergeben werden dürfen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die betroffenen Leistungen bereits Gegenstand eines laufenden Vergabeverfahrens seien und zudem keine Notwendigkeit für „Interimsleistungen“ bestehe, da die Antragstellerin aktuell diese Leistungen erbringe und seit Jahren erbracht habe. Der Vertragsabschluss ohne vorherige Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder ohne Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung im laufenden Vergabeverfahren sei sohin rechtswidrig erfolgt. Der Vertrag sei somit für nichtig zu erklären (§ 356 Abs 2 BVergG) jedenfalls aber aufzuheben (§ 356 Abs 1 iVm Abs 4 BVergG).
1.2 Die Antragstellerin führte zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zur Rechtzeitigkeit, zur Zulässigkeit der Feststellungsanträge, zur Unmöglichkeit der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit in einem Nachprüfungsverfahren und zur Entrichtung der Pauschalgebühr in richtiger Höhe aus.
1.3 Zur behaupteten Unzulässigkeit der Vergabe der Leistungen in einem Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass die Leistungen dem Gesamtvorhaben „Körperspenden“ zuzurechnen seien und somit im Oberschwellenbereich lägen. Ein Ausnahmetatbestand iSd § 37 BVergG 2018 liege nicht vor. Die Durchführung einer Direktvergabe sei angesichts des Auftragswerts unzulässig. Dementsprechend sei die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zur Vergabe gegenständlicher Leistungen im Oberschwellenbereich jedenfalls rechtswidrig gewesen. Die Voraussetzungen der Kleinlosregelung gemäß § 16 Abs 5 BVergG 2018 lägen ebenfalls nicht vor. Wegen des notwendigen Willens zur Vergabe gemäß § 20 Abs 4 BVergG 2018 sei die Durchführung eines weiteren Vergabeverfahrens neben dem laufenden Vergabeverfahren unzulässig, weil es in einem der Vergabeverfahren am Vergabewille fehle. Die Kleinlosregelung des § 16 Abs 6 BVergG 2018 sei wegen des Überschreitens der Grenze von € 80.000 nicht anwendbar. Für die gesetzeskonforme Berechnung des geschätzten Auftragswerts des vermeintlichen „Kleinloses“ wären von der Auftraggeberin sämtliche der von der Zuschlagsempfängerin wohl zu erbringenden Leistungen zu berücksichtigen gewesen. Dies beziehe sich dabei selbstverständlich nicht bloß auf den Leistungszeitraum Dezember 2023 bis Jänner 2024. Vielmehr müsse dabei der gesamte Zeitraum bis zum Abschluss des Rahmenvertrags mitberücksichtigt werden. Die Auftraggeberin hätte unter Berücksichtigung der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und des Rechtsmittelverfahrens einen weiteren Leistungszeitraum von 3,5 bis 4 Monaten ansetzen müssen, was einen geschätzten Auftragswert von mindestens € 90.000 ergebe. Weiters hätte die Auftraggeberin die Metadaten der Zuschlagserteilung mittels Kerndaten binnen 30 Tagen bereitstellen müssen.
1.4 Ein Abruf aus dem ausgeschriebenen Rahmenvertrag sei nicht möglich, da die Auftraggeberin noch keine Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben habe und er noch nicht abgeschlossen worden sei.
1.5 Die Auftraggeberin hätte vor dem Abschluss des ausgeschriebenen Rahmenvertrags aus dem Vertrag mit der Antragstellerin Leistungen abrufen oder eine Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung durchführen müssen. Die Antragstellerin habe ein Interesse an der Erbringung der Leistungen. Sie erleide durch den rechtswidrigen Vertragsabschluss einen Schaden in Höhe der Nichtabdeckung des projektgegenständlichen Deckungsbeitrages samt entgangenem Gewinn. Schon angefallen seien Kosten für die Teilnahme am laufenden Vergabeverfahren und Rechtsberatungskosten. Es entgehe ihr überdies ein Referenzprojekt.
2. Mit Schriftsatz vom 26. Jänner 2024 nahm die Auftraggeberin Stellung. Darin führte sie nach Darstellung ihrer gesetzlichen Aufgaben als Universität nach § 3 Abs 1 Z 1 bis 3 UG im Wesentlichen aus, dass Körperspenden für das Zentrum für Anatomie und Zellbiologie in Erfüllung des gesetzlichen Auftrags insbesondere zur Verbindung von Forschung und Lehre essentiell seien. Die Aufbereitung des Körpers und die anatomischen Untersuchungen zu Ausbildungs- und Forschungszwecken dauerten im Regelfall zwischen einem Monat und drei Jahren. Es werde darauf abgezielt, alle Körperregionen einer sinnvollen Verwendung zuzuführen. Dazu diene das Körperspendenprogramm. Vergleichbare Programme bestünden auch bei anderen in- und ausländischen Universitäten im Bereich der humanmedizinischen Wissenschaften. Körperspenden seien in die humanmedizinische Ausbildung zu integrieren.
2.1 Zur Durchführung seien eine Reihe näher genannter Leistungen zu erbringen. Die Auftraggeberin erbringe derzeit einen Teil dieser Leistungen selbst. Die derzeit von Dritten erbrachten Leistungen beträfen etwa die Überstellung von Leichen zum Zentrum für Anatomie und Zellbiologie, die Bereitstellung von Särgen und Urnen, der Abtransport der Leichenteile vom Zentrum zu einem Krematorium, die Kremierung und die Bestattung. Einige Teile dieser von Dritten erbrachten Leistungen seien erbracht worden und würden von der Antragstellerin erbracht. Der Grund dafür sei in der Vergangenheit in der Monopolstellung bzw im Mangel an alternative Anbieter für einen erheblichen Teil dieser Leistungen, entfallen mit dem Entfall der Bedarfsprüfung erst mit der GewO-Novelle BGBl 111/2002, in Verbindung mit der Situierung des Zentrums für Anatomie und Zellbiologie in Wien gelegen. Einige Leistungen seien erbracht worden und würden nicht bzw nicht ausschließlich bzw überwiegend von der Antragstellerin erbracht, etwa die Überstellung von Leichen außerhalb Wiens. Die Auftraggeberin habe sich bedient und bediene sich zur Erbringung dieser Leistungen auch zahlreicher Dritter, etwa örtlicher Bestattungsunternehmen (am Sterbeort) für die Überführung der Körperspenden an das Zentrum für Anatomie und Zellbiologie. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass die Antragstellerin diese Leistungen nicht erbringen möchte bzw nicht in der Lage sei, sie ordnungsgemäß zu erbringen. Jedenfalls in Bezug auf jene Leistungen, die Bestandteil des ausgeschriebenen Rahmenvertrages seien, bestünden derzeit keine Verträge mit Dritten, die über die Erbringung der jeweiligen Einzelleistung hinausgingen. Diese Leistungen hätten jeweils einen Auftragswert von unter€ 1.000. Diese Leistungen würden nicht in einem Vergabeverfahren unter Beteiligung mehrerer Bieter vergeben. Jene Leistungen, für die anstelle der Antragstellerin andere Dritte beauftragt würden, machten insgesamt weniger als € 100.000 aus.
2.2 Ziel des Vergabeverfahren AZ 12699 sei der Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen für die Auftraggeberin zur Durchführung des Körperspendenprogramms. Nach der Liberalisierung im Jahr 2002 habe sich ein Bestattungsmarkt gebildet. Die Leistungen sollten in einem EU-weiten transparenten Wettbewerb beschafft werden. Es sollten auch Leistungen durch Dritte erbracht werden, die bisher die Auftraggeberin erbracht habe. Die Auskünfte der Auftraggeberin in ihrem Schriftsatz vom 26. September 2023 im Verfahren W187 2278331-2 seien mit der Ausnahme der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 11. September 2023 durch das Bundesverwaltungsgericht und der Fortsetzung der Angebotsprüfung weiterhin aufrecht. Eine neuerliche Zuschlagsentscheidung sei geplant. Die Auftraggeberin habe in diesem Vergabeverfahren den Zuschlag nicht erteilt. Sie habe die Zuschlagsempfängerin nicht mit dem Zuschlag über die Rahmenvereinbarung beauftragt. Der Vergabeakt befinde sich noch beim Bundesverwaltungsgericht. Die ergänzenden Unterlagen werde die Auftraggeberin vorlegen. Die Zugangsdaten zum elektronischen Vergabeakt seien dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt worden. Zum Umfang der Akteneinsicht verwies die Auftraggeberin auf ihre Stellungnahme vom 29. September 2023 im Verfahren W187 2278331-2.
2.3 Beim verfahrenseinleitenden Feststellungsantrag lägen die Inhaltserfordernisse des § 354 Abs 1 BVergG 2018 nicht vor. Es sei nicht angegeben, auf welches Vergabeverfahren sich der Antrag beziehe. Diese Angabe bezeichne die möglichen Grenzen der Rechtskraft der Entscheidung und sei deshalb erforderlich. Der Antrag müsse festlegen, was Gegenstand des Verfahrens sei. Die Auftraggeberin habe keine Leistungen auf der Grundlage des ausgeschriebenen Leistungsvertrags an die Zuschlagsempfängerin vergeben. Leistungen würden an Dritte vergeben, wobei keine Bündelung erfolge, was auch der Antragstellerin bestens in Bezug auf jene Leistungen bekannt sei, mit denen sie beauftragt werde. Es sei unklar, auf welche Leistungen sich der Feststellungsantrag beziehe. Der Antragstellerin sei eine nähere Konkretisierung der Leistungen zumutbar. Unter Umständen seien mehrere Vergabeverfahren gemeint, weshalb sie auch mehrere Pauschalgebühren bezahlen müsse. Die Auftraggeberin sei berechtigt gewesen, die Aufträge im Wege der Direktvergabe gemäß § 46 BVergG 2018 ohne Zusammenrechnung zu vergeben. Zwischen den über Dritte beschafften Leistungen der Auftraggeberin bestehe nicht der von der Rechtsprechung erforderliche enge Zusammenhang, der eine Zusammenrechnung der Auftragswerte bewirke. Das zeige sich schon daran, dass völlig unterschiedliche Leistungen zur Durchführung des Körperspendenprogramms beauftragt würden. Der Umstand, dass mit der Ausschreibung betreffend den Leistungsvertrag bestimmte Leistungen des Körperspendenprogramms zusammengefasst würden, führe nicht dazu, dass diese Leistungen auch schon bisher ein Vorhaben bildeten, weil es der Auftraggeberin freistehe, unterschiedliche Leistungen einem einzigen Beschaffungsvorgang zu unterziehen. Es sei der Auftraggeberin nicht klar, auf welche Leistungen sich der Feststellungsantrag beziehe. Das sei aber nötig um festzustellen, ob der geschätzte Auftragswert über € 100.000 liege. Die Auftraggeberin sei berechtigt, Leistungen aufgrund des § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 zu vergeben, weil sie das Körperspendenprogramm ungeachtet des anhängigen Vergabeverfahrens durchzuführen. Jedenfalls im Verjährungszeitraum nach § 354 Abs 2 BVergG 2018 seien die Voraussetzungen des § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 vorgelegen. Es sei unerheblich, welches Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung die Auftraggeberin durchgeführt habe.
2.4 Die Auftraggeberin habe die Leistungen nicht aufgrund des ausgeschriebenen Rahmenvertrags vergeben. Es bestehe keine Verpflichtung zur Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung.
2.5 Der Eventualantrag auf Verhängung von Sanktionen ist unzulässig. Der Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr ist abzuweisen.
2.6 Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Auftragserteilung und erleide daher auch keinen Schaden. Ihre berufliche Zuverlässigkeit stehe wie im Schriftsatz vom 6. Oktober 2023 im Verfahren W187 2278331-2 ausgeführt in Frage. Soweit die berufliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin nicht gegeben sei, fehle es ihr an der Antragslegitimation. Die Auftraggeberin beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge sämtliche Anträge zurück-, in eventu abweisen.
3. Mit Schriftsatz vom 29. Jänner 2024 gab die Auftraggeberin bekannt, dass sie im Vergabeverfahren „Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien sowie den Betrieb einer Hotline zur Abwicklung und Koordination der Überstellung der Körperspenden nach deren Tod.“, AZ: 12699, die Zuschlagsentscheidung mitgeteilt habe und stellte die Vorlage der weiteren Unterlagen des Vergabeverfahrens in Aussicht.
4. Mit E-Mail vom 29. Jänner 2024 teilte die Auftraggeberin die Zugangsdaten zum elektronischen Vergabeaktmit.
5. Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2024 teilte die Auftraggeberin zur ergänzenden Aktenvorlage und der Einsicht in den Vergabeakt mit.
6. Am 1. Februar 2024 legte die Auftraggeberin die ergänzenden Unterlagen des Vergabeverfahrens vor.
7. Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2024 gab die BBBB , vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, in der Folge Zuschlagsempfängerin, das Vertretungsverhältnis bekannt. Drin schloss sie sich dem Vorbringen der Auftraggeberin an und verwies darauf, dass in dem Vergabeverfahren AZ: 12699 am 26. Jänner 2024 die Zuschlagsentscheidung zugunsten einer Bietergemeinschaft übermittelt worden sei. Sie beantragte die sie selbst betreffenden Unterlagen von der Akteneinsicht durch die Antragstellerin auszunehmen. Sie beantragte die Zurück-, in eventu Abweisung der Anträge der Antragstellerin.
8. Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2024 nahm die Antragstellerin Stellung. Darin wies sie auf die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren AZ: 12699 hin. Im Wesentlichen führte sie aus, dass offenkundig weitere zwischenzeitig neue Beauftragungen stattgefunden hätten. Es seien während des laufenden Vergabeverfahrens Verträge abgeschlossen worden. Es würden Einzelleistungen mit Auftragswerten von höchsten € 1.000 vergeben. Es handle sich um jene Leistungen, die Gegenstand des Vergabeverfahrens AZ. 12699 seien. Diese seien zusammenzurechnen, wodurch eine Beauftragung ohne Durchführung eines „Vergabeverfahrens unter Beteiligung mehrerer Bieter“ absolut unzulässig sei. Es handle sich um ein Beschaffungsvorhaben im Oberschwellenbereich. Es seien auch weitere Leistungen vergeben worden. Die hier in Frage stehenden Leistungen seien ident. Sie seien zusammenzurechnen und deckten sich mit dem Ausschreibungsgegenstand im Vergabeverfahren AZ: 12699. Sie seien daher mit diesen zusammenzurechnen. Die Antragstellerin habe in Beilage ./E zum Nachprüfungsantrag die Leistungen genau bezeichnet. Die Heranziehung der Kleinlosregelung für Aufträge mit einem Auftragswert über € 80.000, wenn auch unter € 100.000 sei nicht möglich. Die betroffenen Leistungen seien in der Vergangenheit offensichtlich nicht in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung nach § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 vergeben worden. Die Voraussetzungen dafür lägen nicht vor. Es gäbe keine dringlichen und zwingenden Gründe, die nicht dem öffentlichen Auftraggeber zuzuschreiben seien. Dies zeige sich an der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht und die Dauer des Vergabeverfahrens seit Jänner 2022. Es könne keine konkrete Angabe des geschätzten Auftragswerts erkannt werden. Diese sei jedoch zwingend notwendig und gesetzlich geboten. Auch in den Veröffentlichungen werde dieser verlangt. Gewisse Schwankungen seien denkbar. Dennoch sei im relevanten Zeitpunkt bloß ein Wert zu ermitteln. Der bloße Hinweis, dass der geschätzte Auftragswert jedenfalls weniger als € 100.000 ausmache, genüge nicht. Das Vorbringen der Auftraggeberin, dass die Bezeichnung des Vergabeverfahrens fehle, gehe insofern ins Leere, als die Auftraggeberin das konkrete Vergabeverfahren nicht bezeichnen könne. Durch die Stellungnahme der Auftraggeberin werde keine Klarheit geschaffen. Unstrittig sei ein Auftrag vergeben worden. Inwiefern es für die Antragstellerin somit zumutbar gewesen sein solle, ein oder mehrere Vergabeverfahren exakt zu definieren, sei somit nicht nachvollziehbar. Konsequenter Weise sei es für die Antragstellerin auch unmöglich gewesen festzuhalten, welche Verfahrensarten seitens der Auftraggeberin gewählt worden seien. Angemerkt werde jedoch, dass die faktisch betroffenen Leistungen und der Umstand des Vertragsabschlusses von der Antragstellerin in ihrem Feststellungsantrag sehr wohl konkretisiert und auch quantifiziert worden seien. Die Antragstellerin sei beruflich zuverlässig. Seit der Prüfung der Zuverlässigkeit der Antragstellerin im Juli 2023 habe es keine weiteren Rückfragen oder dergleichen gegeben. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die Prüfung der Zuverlässigkeit abgeschlossen sei. Sie hielt ihre Anträge aufrecht.
9. Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2024 übermittelt die Auftraggeberin eine Übersicht über sämtliche Beauftragungen und Bestellungen in den Jahren 2023 und 2024 und beantragte gemäß § 337 BVergG 2018, diese von einer Einsicht durch die Antragstellerin und die Zuschlagsempfängerin auszunehmen.
10. Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2024 nahm die Auftraggeberin Stellung.
10.1 Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass der Feststellungsantrag mangels der in § 354 Abs 1 Z 1 BVergG 2028 geforderten Bezeichnung des Vergabeverfahrens ungeachtet der Stellungnahme der Antragstellerin unzulässig sei. Die Beilage ./E habe die Antragstellerin von der Akteneinsicht ausgenommen und sei auch der Auftraggeberin nicht bekannt. Diese Vorgehensweise stelle eine Verletzung des Parteiengehörs dar. Die Auftraggeberin könne das Vergabeverfahren nicht benennen, weil es die Antragstellerin bei der Einleitung des Feststellungsverfahrens nicht bezeichnet habe. Die Auftraggeberin vergebe als öffentliche Auftraggeberin laufend Aufträge, weshalb die Ausführung, dass offenkundig Aufträge vergeben worden seien, nicht weiterhelfe.
10.2 Der Antragstellerin fehle die Antragslegitimation wegen fehlender beruflicher Zuverlässigkeit. Unter der Voraussetzung der Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung, an dem die Antragstellerin nicht beteiligt gewesen sei, sei die Auftraggeberin nicht verpflichtet, die Zuverlässigkeit der Antragstellerin zu prüfen. Dazu verweise die Auftraggeberin auf ihren Schriftsatz vom 26. Jänner 2024.
10.3 Unabhängig davon, auf welches konkrete Vergabeverfahren sich die Feststellungsanträge der Antragstellerin bezögen, erwiesen sich diese in Bezug auf Vergabeverfahren ab November 2023 im Zusammenhang mit dem Körperspendenprogramm, bei denen die Antragstellerin nicht beauftragt worden sei, mangels Schadens iSd § 353 Abs 1 BVergG 2018 bei der Antragstellerin aber ohnehin als unzulässig.
10.4 Die Auftraggeberin sei zur Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018, das oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte zulässig sei, berechtigt gewesen, weshalb sich die Frage nach dem geschätzten Auftragswert erübrige. Daher habe keine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung bestanden. Auch ein Beschaffungsvorgang, der rechtlich als Direktvergabe zu werten wäre, führe nicht zur von der Antragstellerin begehrten Feststellung. Die Auftraggeberin sei rechtlich zur Durchführung des Körperspendenprogramms verpflichtet. Dazu benötige sie Leistungen Dritter, die zeitkritisch zu erbringen seien. Sie könnten deshalb bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens AZ: 12699 nicht in einem Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung vergeben werden. In diesem Kontext stellten die besonderen Anforderungen und der spezialisierte Charakter des Körperspendenprogramms zwingenden Gründe dar, die eine rasche und flexible Reaktion auf Bedarfsschwankungen und unvorhergesehene Umstände erforderten. Die umfassenden und spezialisierten Dienstleistungen, die für die Durchführung des Programms notwendig seien– von der Öffentlichkeitsarbeit über die Evidenthaltung der Teilnehmenden bis hin zur Kremierung und Bestattung – unterstrichen die Komplexität und Dringlichkeit dieses Vorhabens. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 ließe sich erst dann prüfen, wenn die Antragstellerin ein konkretes Vergabeverfahren anführe. Nach dem bisherigen Vorbringen der Antragstellerin sei der Zeitraum möglicher Vergabeverfahren aber auf die Zeit ab 2022 einschränkbar. Die Durchführung eines weiteren Vergabeverfahrens oder mehrerer weiterer Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung während des anhängigen Vergabeverfahrens AZ: 12699 sei aus den vorhin dargestellten Gründen (zeitkritische Leistungsdurchführung, Komplexität der Leistungen) nicht möglich. Eine frühere Einleitung des anhängigen Vergabeverfahrens (und damit auch ein früherer Abschluss) sei aufgrund der gerichtsnotorischen Einschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie gescheitert. Sohin seien jedenfalls ab der Durchführung des anhängigen Vergabeverfahrens im Jahr 2022 die Voraussetzungen des § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 in Bezug auf die erwähnten Dritt-Leistungen vorgelegen. Die Auftraggeberin habe bei der Einleitung des Vergabeverfahrens AZ: 12699 nicht die Komplexität vorhersehen können, die aus zahlreichen Bieteranfragen und Verhandlungsvorschlägen, nicht zuletzt seitens der Antragstellerin, resultiert hätten.
10.5 Die Zusammenfassung von Leistungen sei nur dann geboten, wenn diese in einem direkten sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang stünden und eine gemeinsame Planung aufwiesen. Im vorliegenden Fall erfüllten die betreffenden Leistungen diese Kriterien nicht in einer Weise, die eine solche Zusammenrechnung erfordern würde. Leistungen im Zusammenhang mit dem Körperspendenprogramm hätten unterschiedliche technische und wirtschaftlichen Inhalte: Insbesondere sprächen die Abholung, Kremierungen, Überstellungen und Aufbewahrung von Körperspenden zu wissenschaftlichen Forschungszwecken unterschiedliche Bieterkreise an (auch örtlich: zB Abholungen in Wien und NÖ, Bgld und weiteren Regionen), bedürften oftmals einer gesonderten Organisation und Bestellung und wiesen aufgrund der Dringlichkeit der Bereitstellung derselben keinen einheitlichen zeitlichen Konnex betreffend die entsprechende Leistung auf. Dies zeige sich auch daran, dass weder die Antragstellerin noch die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin im anhängigen Vergabeverfahren die Leistungen zur Gänze durch ein Unternehmen erbrächten. Bei der gebotenen funktionellen Betrachtungsweise komme es nicht auf die künftige Bündelung von Leistungen in einem (einheitlichen) Vertrag, sondern darauf an, ob ex ante, somit zum Zeitpunkt der fraglichen „Einzelbeauftragung“, die – wie erwähnt, von der Antragstellerin nicht konkretisiert sei – dieser Zusammenhang bestanden habe. Da der Zusammenhang bei den denkmöglich in Betracht kommenden Leistungen, die in Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben wurden, nicht besteht, seien (auch) Direktvergaben gemäß § 46 BVergG 2018 zur Befriedigung des Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberin zulässig gewesen.
10.6 § 15 Abs 5 und 6 BVergG 2018 erlaubten die Direktvergabe einzelner Lose werden, solange der kumulierte Wert dieser ausgewählten Lose 20 % bzw 50 % des kumulierten Wertes aller Lose des Dienstleistungsvorhabens nicht übersteige und jedes dieser Lose einen geschätzten Auftragswert von weniger als € 50.000,00 bzw € 80.000 aufweise. Gerade die Kleinlosregelung erlaube die Direktvergabe einzelner Lose. Die Zulässigkeitsprüfung sei dabei keine Bedingung für die Zulässigkeit der Inanspruchnahme der Kleinlosregelung. Seien die Voraussetzungen des § 16 Abs 5 bzw 6 BVergG 2018 erfüllt, stehe dem Auftraggeber der Rückgriff auf die Kleinlosregelung zu. Die Auftraggeberin hielt ihre Anträge aufrecht.
11. Am 19. Februar 2024 legte die Auftraggeberin eine Übersicht über die Bestellungen in den Jahren 2023 und 2024 vor.
12. Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2024 nahm die Zuschlagsempfängerin Stellung. Darin schloss sie sich der Stellungnahme der Auftraggeberin an und regte eine getrennte Führung der mündlichen Verhandlung am 15. März 2024 an. Sie hielt ihre bisher gestellten Anträge unverändert aufrecht.
13. Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2024 nahm die Antragstellerin erneut Stellung.
13.1 Zur Bezeichnung des Vergabeverfahrens führte sie im Wesentlichen aus, dass die Auftraggeberin keinerlei Klarheit geschaffen habe. Die Antragstellerin habe sämtliche Informationen, über die sie überhaupt verfügen könne, ins Treffen geführt und auch ausdrücklich festgehalten, dass ganz offenkundig ein Auftrag vergeben worden sei. Mehr könne sie nicht angeben. Die Auftraggeberin habe es unterlassen, einen geschätzten Auftragswert und die Verfahrensart für den von der Antragstellerin bezeichneten Auftrag offen zu legen. Dies sei wesentlich.
13.2 Zur Antragslegitimation führte sie im Wesentlichen aus, dass die Auftraggeberin in dem Schriftsatz vom 26. Jänner 2024 ausgeführt habe, dass die berufliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin in Frage stehe. Auch der Verweis auf den Vergabeakt ändere nichts daran, dass die Auftraggeberin die berufliche Unzuverlässigkeit der Antragstellerin nicht abschließend festgestellt habe.
13.3 Zum Schaden brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie Ende letzten Jahres wie auch andere Unternehmen mit einer Krankheitswelle zu kämpfen gehabt habe. Unzutreffend sei hingegen, dass es sich dabei – wie von der Auftraggeberin behauptet – um eine „Einstellung“ bzw mangelnde Leistungsbereitschaft gehandelt haben solle. Eine Leistungsbereitschaft der Antragstellerin habe durchgehend bestanden. Sie bringt zu den Umständen weiter vor, hält diese als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse jedoch geheim. Ebenso hält führt sie zur Qualität der Särge aus, nimmt jedoch Details von der Akteneinsicht aus. Sie verweist auf die Gesprächsbereitschaft bei dem Auftreten von Problemen und die Bereitschaft, selbstverständlich umgehend alle Maßnahmen zu treffen, die zur Problemlösung erforderlich seien. Die von der Auftraggeberin nunmehr geschilderten Schwierigkeiten könnten aus Sicht der Antragstellerin womöglich mit einer falschen Handhabung seitens der Mitarbeiter:innen der Auftraggeberin erklärt werden (insbesondere Überfüllung, wodurch die Särge nicht mehr ordentlich geschlossen werden könnten). Die Särge selbst wiesen jedenfalls keine qualitativen Mängel auf. Anzumerken sei auch, dass die Särge vor Aufnahme in das Sortiment der Auftraggeberin umfassend auch darauf getestet würden, ob sie dicht und ordnungsgemäß verarbeitet seien.
13.4 Die Voraussetzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 lägen nicht vor, da die Dringlichkeit sehr wohl dem Verhalten der Auftraggeberin zuzuschreiben sei. Es sei schon vor dem Vergabeverfahren AZ: 12699 ein Vergabeverfahren eingeleitet worden. Dieses habe die Auftraggeberin wegen erheblicher Mängel jedoch widerrufen. Sie habe eine umfangreiche und detaillierte Markterkundung durchgeführt. Von einer Unvorhersehbarkeit der Komplexität des Vergabeverfahrens könne somit keinesfalls die Rede sein. Abschließend sei selbstverständlich auch das Erkenntnis des BVwG W187 2278331-2 ins Treffen zu führen, mit welchem die damalige Fassung der Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt worden sei. Im Ergebnis sei eine Dringlichkeit sehr wohl dem Verhalten der Auftraggeberin zuzuschreiben, weshalb die Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 nicht in Betracht komme.
13.5 Gerade bei Vornahme der gebotenen funktionellen Betrachtungsweise müsse man zu dem Ergebnis kommen, dass die betroffenen Leistungen ein und demselben Vorhaben zuzurechnen und somit auch die Auftragswerte entsprechend zu addieren seien. Ein (örtlicher, sachlicher und zeitlicher) Zusammenhang bestehe auch bei ex ante Betrachtung der von der Auftraggeberin vorgenommenen Beauftragung(en). Wesentlich sei daher, dass es sich bei den nunmehrigen Beauftragungen sehr wohl um jene Leistungen handle, die auch Bestandteil des Vergabeverfahrens AZ: 12699 seien. Diese Leistungen seien somit unter Einhaltung der Vorgaben des § 13 BVergG 2018, der gebotenen funktionellen Betrachtungsweise und zudem aufgrund der, von der Auftraggeberin selbst vorgenommenen Bündelung (vgl bereits bisheriges Vorbringen) mit den insgesamt ausschreibungsgegenständlichen Leistungen zusammenzurechnen. Die Wahl von (ua) Direktvergaben gemäß § 46 BVergG 2018 für die Beauftragung dieser Leistungen sei somit jedenfalls unzulässig gewesen.
13.6 Im Rahmen der Kleinlosregelung seien Umgehungsverbote zu berücksichtigen. So wäre es beispielsweise unzulässig, einzelne Aufträge bzw Kleinlose, in „Sub-Kleinlose“ aufzuteilen, um die einschlägigen Grenzen des § 16 Abs 5 und 6 BVergG 2018 zu unterschreiten. Es hätten keine Überlegungen im Hinblick auf die vergaberechtliche Zulässigkeit stattgefunden, was letztendlich auch zu der unzulässigen Direktbeauftragung bzw unzulässigen Wahl eines Vergabeverfahrens ohne Beteiligung mehrerer Bieter (mit vorheriger Bekanntmachung) geführt habe. Die Antragstellerin hielt sämtliche Anträge aufrecht.
14. Mit Schriftsatz vom 7. März 2024 nahm die Zuschlagsempfängerin erneut Stellung. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin die Leistungen in der statistisch belegbar arbeitsintensiveren Winterphase die bestellten Leistungen nicht erbringen habe können. Folglich wäre sie gemäß § 79 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 auszuschließen gewesen. Daher fehle es ihr an Antragslegitimation. Die Zuschlagsempfängerin vermutet, dass die Antragstellerin in ihrer laufenden Leistungserbringung für die Auftraggeberin offenbar erheblich mangelhafte Särge verwendet habe, die nicht ordentlich verschließbar seien. Sie habe daher auch aus diesem Grund den Ausschlussgrund des § 79 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 verwirklicht. Es liege, wie sich aus den Ausführungen im Schriftsatz ergebe, ein dauerhafter Mangel iSd § 79 Abs 1 Z 9 BVergG 2018 vor, der auch im Vergabeakt festgehalten worden sei. Die Zuschlagsempfängerin hielt ihre bis dahin gestellten Anträge aufrecht.
15. Mit Schriftsatz vom 7. März 2024 erstattete die Auftraggeberin eine Replik und legte Unterlagen vor.
15.1 Zur Bezeichnung des Vergabeverfahrens führte sie im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin die Anforderungen des § 354 Abs 1 Z 1 BVergG 2018 nach wie vor nicht erfülle. Es obliege ihr, das Vergabeverfahren zu benennen, dessen Rechtswidrigkeit sie geltend mache. Erforderlich sei jedenfalls, dass es dem Bundesverwaltungsgericht möglich sei zu erkennen, um welches Vergabeverfahren es sich handle, was aus Sicht der AG nicht gelingen kann, wenn die Antragstellerin die Beschreibung eines konkreten Vergabevorgangs unterlasse. Dabei sei es offenkundig, dass aus „dem von der Antragstellerin verzeichneten Rückgang an Leistungen seit 2022“ und den Abstellvorgängen von Särgen mit Wahrnehmungen eines Angestellten der Antragstellerin nicht abgeleitet werden könne, welches konkrete Vergabeverfahren zum Gegenstand des Feststellungsantrages gemacht werden solle.
15.2 Kein Schaden könne einem Antragsteller, dem es an der Eignung mangle, entstehen. Zwar sei die Eignung nicht rückwirkend zu prüfen, jedoch eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen. Die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eingeschränkte Bestreitbarkeit der Antragslegitimation komme nur in Nachprüfungsverfahren zum Tragen. Die Auftraggeberin könne die Antragslegitimation der Antragstellerin zB wegen fehlender beruflicher Zuverlässigkeit bestreiten.
15.3 Die Leistungsbereitschaft der Antragstellerin ab November 2023 sei eingeschränkt gewesen. Der gegenständliche Feststellungsantrag sei daher in Bezug auf Vergabeverfahren ab November 2023 im Zusammenhang mit dem Körperspendenprogramm, bei denen die Antragstellerin nicht beauftragt worden sei, auch mangels Schadens iSd § 353 Abs 1 BVergG 2018 als unzulässig zurückzuweisen.
15.4 Die Vorwürfe der Antragstellerin bezüglich der angeblichen Nichteinhaltung der Voraussetzungen nach § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 durch die Auftraggeberin im Kontext des Vergabeverfahrens seien unzutreffend. Es sei hervorzuheben, dass die spezifischen Umstände, unter denen das Vergabeverfahren AZ: 12699 eingeleitet worden sei, eine sorgfältige Prüfung erforderten. Insbesondere die im Jahr 2022 aufgetretenen, dringlichen Umstände, die durch die COVID-19-Pandemie und ihre weitreichenden Folgen verstärkt worden seien, rechtfertigen, dass im Zeitraum, in dem die – wie erwähnt, bisher nicht konkretisierte – Vergabe ohne Beteiligungsmöglichkeit der Antragstellerin erfolgt sein solle, Beauftragungen noch nicht auf der Grundlage eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung vorgenommen worden seien. Die Komplexität der Leistungen und die damit verbundenen, nicht vorhersehbaren Bieteranfragen, auch vonseiten der Antragstellerin, sowie die begrenzten personellen Kapazitäten der Auftraggeberin begründeten die Länge des Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung und entkräfteten die Behauptung, die Auftraggeberin sei alleinig für etwaige Verzögerungen verantwortlich. Mit Bekanntmachung vom 16. Oktober 2020 sei ein offenes Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit drei Parteien über die Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Auftraggeberin bekanntgemacht worden. Bereits diesem sei, aufgrund der zu erwartenden Komplexität, eine mehrjährige Phase intensiver Markterkundung mit Gesprächen und Besichtigungsterminen voraus. Binnen offener und mehrmals verlängerter Angebotsfrist seien dazu über 50 (!) Bieterfragen eingetroffen. Zusätzlich sei vor Ablauf der Angebotsfrist die Ausschreibung durch eine Bieterin bekämpft worden. Das Vergabeverfahren habe in der Folge widerrufen werden müssen, weil für die Auftraggeberin nicht vorhersehbar gewesen sei, dass die gewählte Verfahrensart und auch die vertraglichen Festlegungen nicht geeignet gewesen seien, um die Kalkulierbarkeit und Vergleichbarkeit der Angebote sicherzustellen, und mehrmalige Sanierungsversuche im Rahmen von Berichtigungen fehlgeschlagen seien. Auf Basis der Ergebnisse der durchgeführten Markterkundung sowie auch der Erfahrungen aus dem zuvor widerrufenen Verfahren sei daraufhin das Folgeverfahren AZ: 12699 vorbereitet worden. Es habe dafür interne Umstrukturierungen bei der Auftraggeberin gegeben, als deren Ergebnis das neu strukturierte Team erst im April 2021 neu formiert und in die Abläufe der Auftraggeberin integriert worden seien. Die Covid-19-Pandemie habe für weitere Erschwernisse gesorgt. Im neu eingeleiteten Verfahren seien eine große Zahl von Bieteranfragen eingelangt und zu beantworten gewesen. Aufbauend auf den Ergebnissen der jeweiligen Verhandlungsrunden habe es drei Angebotsrunden gegeben. Der Aufwand des Vergabeverfahrens AZ: 12699 sei durch sehr viele Bieteranfragen in allen Stadien des Verfahrens sehr hoch gewesen.
15.5 Zum Vorhabensbegriff sei nichts Neues vorgebracht worden. Ebenso zur Kleinlosregelung. Die Auftraggeberin hielt ihre bisher gestellten Anträge aufrecht.
16. Am 15. März 2024 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Sie hatte folgenden Verlauf:
„ CCCC , Rechtsvertreter der Auftraggeberin: Der Verfahrensgegenstand ist unklar. Ich verweise auf die bisherigen Ausführungen in den Schriftsätzen.
DDDD : Ich verweise auf Seite 5 des Feststellungsantrags, auf den Schriftsatz vom 2. Februar 2024, Beilage ./E und das bisherige Vorbringen.
Die Auftraggeberin und die Zuschlagsempfängerin werden um 13:05 Uhr aufgefordert, den Verhandlungssaal zu verlassen.
Über die abgesonderte Verhandlung wird die Verhandlungsschrift OZ 34Z errichtet.
Die Auftraggeberin und die Zuschlagsempfängerin betreten um 13:45 Uhr wieder den Verhandlungssaal.
Richter: Zur Beilage ./E ist anzumerken, dass diese den geschätzten Auftragswert der an andere Unternehmer als die Antragstellerin vergebenen Aufträge zu schätzen versucht. Dies auf Grundlage des Auftragsrückgangs Dezember 2023. Es wird darin auch versucht, dies zu beziffern. Es findet sich darin auch eine Hochrechnung auf zukünftige Leistungen.
Der Zeuge EEEE , geb. XXXX , ausgewiesen durch: Führerschein, Nr. XXXX , wird um 13:59 Uhr in den Saal gebeten. Ihm wird eine Wahrheitsbelehrung erteilt.
Richter: Was haben Sie im Dezember 2023 in den Räumlichkeiten der Auftraggeberin wahrgenommen?
Zeuge: Die Mitarbeiter von der Anatomie sind an mich herangetreten und haben laut und deutlich zu mir gesagt, dass die Särge nur mehr auf einer Seite gelagert werden dürfen, weil eben eine andere Bestattung im rechten Teil des Raumes beansprucht wird. Ich habe noch wahrgenommen, dass ab Dezember eine andere Bestattung Särge abgeholt hat. Es war einmal die AAAA und einmal die FFFF (Zuschlagsempfängerin).
Richter: Woher wissen Sie, dass es die FFFF war, die Särge abgeholt hat?
Zeuge: Ich betreue eine Bezirksbeisetzkammer, wo Verstorbene betreut werden. Dort können auch andere Bestatter die Verstorbenen abholen. Deswegen kenne ich auch die Mitarbeiter der FFFF , die auch ich in der Anatomie wahrgenommen habe.
Richter: Wobei haben Sie Mitarbeiter der FFFF wahrgenommen?
Zeuge: Einladen von gefüllten Särgen. Ausladen von leeren Särgen.
Richter: Wann haben Sie die Mitarbeiter der FFFF so wahrgenommen?
Zeuge: Ab Dezember.
Richter: Wann seither und wie oft haben Sie Mitarbeiter der FFFF wahrgenommen?
Zeuge: Wöchentlich würde ich sagen.
Richter: Wann haben Sie zuletzt einen Mitarbeiter der FFFF bei solchen Tätigkeiten des Verladens von Särgen in den Räumlichkeiten der Anatomie wahrgenommen?
Zeuge: Das kann ich nicht genau sagen, seit Mitte Jänner. Den ganzen Dezember auf jeden Fall. Ich würde sagen, Mitte Jänner.
CCCC : Wann hat das Gespräch im Dezember stattgefunden, dass Sie nicht mehr den gesamten Raum für Ihre Särge verwenden können?
Zeuge: Anfang Dezember war es definitiv, dass ich nur mehr ab Dezember eine Seite des Raumes in Anspruch nehmen kann. Ende November 2023 war das Gespräch.
CCCC : Wie oft sind Sie pro Woche bei der Anatomie?
Zeuge: Vor Dezember fast jeden zweiten Tag, fast jeden Tag und danach war es nur mehr zweimal in der Woche.
CCCC : Waren Sie im Dezember irgendwann im Urlaub?
Zeuge: In der letzten Dezemberwoche. Am 2. Jänner war ich wieder da.
CCCC : Sind Sie sicher, dass ab Dezember die Mitarbeiter eines anderen Bestattungsunternehmens, die Sie vor Ort angetroffen haben, ausschließlich jene der FFFF waren?
Zeuge: Ich kann nicht zu 100% bestätigen, dass es die FFFF war. Ich kenne nur einen Mitarbeiter der FFFF , den ich dort regelmäßig gesehen habe. Ich glaube zu wissen, dass er Helmut heißt.
CCCC : Verstehe ich Sie richtig, dass Sie jedes Mal den Mitarbeiter gesehen haben, von dem Sie meinen, dass er bei der FFFF arbeitet?
Zeuge: Ja.
Ende der Zeugen-Einvernahme: 14:19 Uhr.
GGGG , Geschäftsführer der Antragstellerin: Es gibt in Wien, Stockerau, Bad Vöslau und Innermanzing Krematorien. Sie liegen alle im Umkreis von etwa 30 Minuten.
CCCC : Es gibt keine Verträge über Transport zur Kremierung, Kremierung und Transport der Asche zur Bestattung, die in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren öffentlich ausgeschrieben waren. Diese Aussage beschränke ich auf den Zeitraum, auf den sich die Wahrnehmung des Zeugen bezieht.
Richter: Gibt es bestehende Verträge über die angesprochenen Leistungen, die nicht in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren öffentlich ausgeschrieben waren?
CCCC : In dem hier in Frage kommenden Zeitraum gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine bestehenden Verträge.
Richter: In dem fraglichen Zeitraum (Dezember 2023 bis spätestens 22. Jänner 2024) gab es oben genannte Leistungen, die von Unternehmen erbracht wurden. Wurden diese jeweils einzeln beauftragt?
CCCC : Ich möchte die Frage nicht in Anwesenheit der Bieter wegen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen beantworten, ich verweise aber auf die vorgelegte Übersicht.
Die Antragstellerin und die Zuschlagsempfängerin verlassen um 14:36 Uhr den Verhandlungssaal.
Über die abgesonderte Verhandlung wird die Verhandlungsschrift OZ 35Z errichtet.
Die Antragstellerin und die Zuschlagsempfängerin betreten um 15:26 Uhr wieder den Verhandlungssaal.
Richter: In der abgesonderten Verhandlung wurden die Auftragsvergaben, die Budgetierung und die in den Schriftsätzen genannten Leistungsstörungen, sowie Mängel an den Särgen erörtert.
CCCC : Ich lege das Gedächtnisprotokoll von HHHH vor. Dieses wird als Beilage ./2 zur Verhandlungsschrift genommen. Aus dem Gedächtnisprotokoll ergibt sich, dass die Zweifel an der beruflichen Zuverlässigkeit, die im Prüfungsprotokoll der Auftraggeberin im Vergabeverfahren betreffend den Rahmenvertrag dargelegt sind, erhärtet werden. Liegt auf Grund des Verhaltens der Antragstellerin eine berufliche Unzuverlässigkeit vor, was eine Rechtsfrage ist und unabhängig davon ist, ob die Auftraggeberin dies wünscht oder nicht, dann ist die Antragslegitimation der Antragstellerin hinsichtlich allfälliger Beschaffungsvorgänge im fraglichen Zeitraum des gegenständlichen Feststellungsverfahrens mangels Beteiligungsmöglichkeit an diesen Beschaffungsvorgängen nicht gegeben. Ergänzend ist anzumerken, dass die gegenständlich in Betracht kommenden Leistungen auch die Kremierung betreffen, sodass der Inhalt des Gedächtnisprotokolls auch hier von Relevanz ist.
DDDD , Rechtsvertreterin der Antragstellerin: Die Antragstellerin ist nicht unzuverlässig, wie inhaltlich bereits mehrfach im Vergabeverfahren, wie auch im parallellaufenden Nachprüfungsverfahren ausgeführt. Das Angebot der Antragstellerin wurde zu keinem Zeitpunkt ausgeschieden.
IIII , Rechtsvertreter der Zuschlagsempfängerin: Wir schließen uns dem Vorbringen der Auftraggeberin an, auch wenn wir das Gedächtnisprotokoll nicht kennen.
DDDD : Der Zeuge hat angegeben, dass er zu 100% sicher ist, dass es sich bei dem ihm namentlich bekannten Mitarbeiter um einen solchen der FFFF handelt. Andere abholende Personen kannte er nicht. Die Protokollierung auf Seite 5 vorletzter Absatz erster Satz entspricht daher nicht den Wahrnehmungen des Zeugen.
CCCC : Das wird bestritten.
Die Parteien bringen nichts mehr vor.
Der vorsitzende Richter erklärt das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs 3 AVG iVm § 333 BVergG wegen Entscheidungsreife für geschlossen.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen
1.1 Die Medizinische Universität hat im Zeitraum von Dezember 2023 Aufträge über die Abholung von Körperspenden und die Kremierung sowie Beisetzung in einer Sammelurne an andere Unternehmen als die Antragstellerin vergeben. Sie ist verpflichtet, für den Betrieb der Forschung und Lehre Körperspenden zu übernehmen und in ihre Räumlichkeiten bringen zu lassen. Sie ist ebenso verpflichtet, die Körperspenden einer Kremation zuzuführen. Sie hat kein Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung über diese Leistungen durchgeführt. Die Auftraggeberin hat dabei Leistungen an die Zuschlagsempfängerin vergeben.
1.2 Eine mangelnde generelle Bereitschaft der Antragstellerin, Leistungen für die Auftraggeberin zu erbringen, konnte nicht festgestellt werden. Es kam jedoch zu einem Vorfall, bei dem Flüssigkeit aus einem Kremationssarg ausgeronnen ist.
1.3 Die Antragstellerin bezahlte € 2.160 an Pauschalgebühren. (gegenständlicher Verfahrensakt)
2. Beweiswürdigung
2.1 Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Soweit Schriftstücke von der Antragstellerin vorgelegt wurden, spricht der Anschein für ihre Echtheit.
2.2 Details der Auftragsvergaben stellen interne Abläufe bei Bietern, kalkulationsrelevante Kostenstellen sowie Details der vergebenen Leistung und interne Strukturen der Auftraggeberin und der Zuschlagsempfängerin Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dar, die nicht offen zu legen sind, weil sie einen wirtschaftlichen Wert darstellen und Einfluss auf zukünftige Ausschreibungen haben können (EuGH 17. 11. 2022, C-54/21, Antea Polska ua, ECLI:EU:C:2022:888, Rn 85). Die Kalkulation legt die Betriebsführung und Einkaufskonditionen dar. Namen von Mitarbeitern bieten Konkurrenten die Möglichkeit, diese abzuwerben und daher gerade bei Schlüsselpersonen die Möglichkeit des betroffenen Bieters, die nachgefragten Leistungen anzubieten, zu beeinträchtigen (EuGH 17. 11. 2022, C-54/21, Antea Polska ua, ECLI:EU:C:2022:888, Rn 79). Referenzen lassen Rückschlüsse auf die sonstige Geschäftstätigkeit des Bieters zu, was den Wettbewerb stören könnte. Die Details der internen Organisation sowohl der Auftraggeberin als auch der Zuschlagsempfängerin stellen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse dar, deren Offenlegung ebenfalls den Wettbewerb beeinflussen kann. Die genannten Angaben können daher nicht im Detail offen gelegt werden (zB VwGH 29. 6. 2023, Ra 2020/04/0026). Das gilt auch für Erörterungen dieser Angaben im Detail, wie sie in der von der Verhandlungsschrift W187 2284979-1/33Z getrennt errichteten Verhandlungsschriften W187 2284979-1/34Z und W187 2284979-1/35Z erfolgte.
2.3 Dass die Auftraggeberin Leistungen an andere Unternehmen als die Antragstellerin Im Zeitraum Dezember 2023 vergeben hat, ist an der Darstellung des Umsatzrückgangs erkennbar. Der relevante Zeitraum beschränkt sich jedoch auf Dezember 2023 bis spätestens 22. Jänner 2024, an dem die Antragstellerin ihren Feststellungsantrag eingebracht hat. Ebenso ist aus der Auflistung der der Zuschlagsempfängerin erteilten Aufträge durch die Auftraggeberin erkennbar, dass sie Aufträge an die Zuschlagsempfängerin vergeben hat.
2.4 Die Erbringung von Leistungen durch die Zuschlagsempfängerin für die Auftraggeberin ergibt sich aus der Aussage des Zeugen EEEE , der in der mündlichen Verhandlung vernommen wurde. Seine Aussage beschränkte sich auf persönliche Wahrnehmungen und stellt keine Vermutungen auf, weshalb sie glaubwürdig ist. Sie lässt jedoch keinen Rückschluss auf eine bestimmbare Anzahl von Abholungen zur Kremierung in den Räumlichkeiten der Auftraggeberin zu, sondern lässt nur generell erkennen, dass die Zuschlagsempfängerin in höherem Ausmaß als zuvor Leistungen erbracht hat.
2.5 Eine generelle Verweigerung der Antragstellerin, Leistungen für die Auftraggeberin zu erbringen, ließ sich nicht erkennen. Dass es Verzögerungen gab, konnte aus den Aussagen in der mündlichen Verhandlung festgestellt werden.
2.6 Ein einmaliges Problem mit einem bereitgestellten Sarg konnte aufgrund der Aussage von HHHH ebenfalls festgestellt werden, bei dem Flüssigkeit aus einem von der Antragstellerin bereitgestellten Kremationssarg ausgeronnen ist. Es konnte hingegen nicht festgestellt werden, dass es sich um ein dauerndes Problem handelte, das zu mehr als einem einmaligen Ausrinnen von Flüssigkeit aus einem Sarg geführt hat.
2.7 Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Anzuwendendes Recht
3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG, BGBl I 2013/10 idF BGBl I 2023/77, lauten:
„Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“
3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2023/88, lauten:
„Anwendungsbereich
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
…
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) …
Beschlüsse
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) …
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, 2a, 2b, 4 und 5, § 30, § 38a Abs. 3 und § 50 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“
3.1.3 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idF BGBl II 2019/91, lauten:
Schwellenwerte
§ 12. (1) Verfahren von öffentlichen Auftraggebern zur Vergabe von Aufträgen erfolgen im Oberschwellenbereich, wenn der geschätzte Auftragswert1. …2. bei Dienstleistungsaufträgen gemäß Anhang XVI mindestens 750 000 Euro beträgt, oder3. bei allen übrigen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen mindestens 221 000 Euro beträgt, oder4. …
(3) Verfahren von öffentlichen Auftraggebern zur Vergabe von Aufträgen erfolgen im Unterschwellenbereich, wenn der geschätzte Auftragswert die in Abs. 1 genannten Beträge nicht erreicht. Wettbewerbe erfolgen im Unterschwellenbereich, wenn der geschätzte Auftragswert unter Einrechnung der Preisgelder und Zahlungen oder die Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer die in Abs. 2 genannten Beträge nicht erreicht.
Allgemeine Bestimmungen betreffend die Berechnung des geschätzten Auftragswertes
§ 13. (1) Grundlage für die Berechnung des geschätzten Auftragswertes eines Auftrages ist der Gesamtwert ohne Umsatzsteuer, der vom öffentlichen Auftraggeber voraussichtlich zu zahlen ist. Bei dieser Berechnung ist der geschätzte Gesamtwert aller der zum Vorhaben gehörigen Leistungen einschließlich aller Optionen und etwaiger Vertragsverlängerungen, die in der Ausschreibung ausdrücklich vorgesehen werden sollen, zu berücksichtigen.
(2) …
(3) Der geschätzte Auftragswert der auszuschreibenden Leistung ohne Umsatzsteuer ist vom öffentlichen Auftraggeber vor der Durchführung des Vergabeverfahrens sachkundig zu ermitteln. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung ist der Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens durch den öffentlichen Auftraggeber. Bei Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung ist dies der Zeitpunkt der Absendung der Bekanntmachung, bei Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung die erste nach außen in Erscheinung tretende Entscheidung.
(4) …
(5) Die Wahl der angewandten Berechnungsmethode darf nicht den Zweck verfolgen, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen. Sofern nicht sachliche Gründe vorliegen, darf ein Auftrag nicht so unterteilt werden, dass er nicht den Vorschriften dieses Bundesgesetzes für den Oberschwellenbereich unterliegt.
…
Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Dienstleistungsaufträgen
§ 16. (1) …
(4) Besteht eine Dienstleistung aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, so ist als geschätzter Auftragswert der geschätzte Gesamtwert aller dieser Lose anzusetzen.
(5) Erreicht oder übersteigt der kumulierte Wert der Lose die in § 12 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Schwellenwerte, so gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Oberschwellenbereich für die Vergabe aller Lose. Dies gilt nicht für jene Lose, deren geschätzter Auftragswert weniger als 80 000 Euro beträgt, sofern der kumulierte Wert der vom öffentlichen Auftraggeber ausgewählten Lose 20% des kumulierten Wertes aller Lose nicht übersteigt. Für die Vergabe dieser Lose gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Unterschwellenbereich; für die Wahl des Verfahrens gilt als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Loses.
(6) Erreicht oder übersteigt der kumulierte Wert der Lose die in § 12 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Schwellenwerte nicht, so gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Unterschwellenbereich für die Vergabe aller Lose. Lose, deren geschätzter Auftragswert weniger als 50 000 Euro beträgt, können im Wege der Direktvergabe vergeben werden, sofern der kumulierte Wert der vom öffentlichen Auftraggeber ausgewählten Lose 50% des kumulierten Wertes aller Lose nicht übersteigt.
…
Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
(2) …
Arten der Verfahren zur Vergabe von Aufträgen
§ 31. (1) Die Vergabe von Aufträgen über Leistungen hat im Wege eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens, eines Verhandlungsverfahrens, einer Rahmenvereinbarung, eines dynamischen Beschaffungssystems, eines wettbewerblichen Dialoges, einer Innovationspartnerschaft, einer Direktvergabe oder einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung zu erfolgen.
(2) …
(6) Beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wird eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmern zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den Auftragsinhalt verhandelt werden.
(7) …
(11) Bei der Direktvergabe wird eine Leistung, gegebenenfalls nach Einholung von Angeboten oder unverbindlichen Preisauskünften von einem oder mehreren Unternehmern, formfrei von einem ausgewählten geeigneten Unternehmer gegen Entgelt bezogen.
(12) …
Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bei Dienstleistungsaufträgen
§ 37. (1) Dienstleistungsaufträge können im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn1. …4. äußerst dringliche, zwingende Gründe, die nicht dem Verhalten des öffentlichen Auftraggebers zuzuschreiben sind, im Zusammenhang mit Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder in einem gemäß § 34 durchzuführenden Verhandlungsverfahren vorgeschriebenen Fristen einzuhalten, oder5. …
Direktvergabe
§ 46. (1) Für die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber im Wege der Direktvergabe gelten ausschließlich der 1. Teil, die §§ 4 Abs. 1, 5 bis 10, 13 bis 16, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 bis 4 und 9, 30, 31 Abs. 11, 66, 100, 111, der 4. Teil, die §§ 358, 360 Abs. 1 und 5, 361, 362, 364, 366 Z 2, 369, 370, 372, 373 und der 6. Teil sowie die Vorschriften der Abs. 2 bis 4.
(2) Eine Direktvergabe ist ausschließlich zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert 100 000 Euro nicht erreicht.
(3) …
Mitteilung der Zuschlagsentscheidung
§ 143. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.
(2) Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, wenn1. …2. ein Verhandlungsverfahren gemäß den §§ 35 Abs. 1 Z 4, 36 Abs. 1 Z 4, 7 oder 8, 37 Abs. 1 Z 4 oder 5 oder 44 Abs. 2 Z 2 durchgeführt wurde, oder3. …
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Senatszuständigkeit und -zusammensetzung
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) …
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit
§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) …
(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig1. …2. in einem Verfahren gemäß Z 1, 4 und 5 auf Antrag des Auftraggebers zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte;3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde;4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidrigerweise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde;5. …6. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;7. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 356 Abs. 9.
(4) …
Auskunftspflicht
§ 336. (1) Die dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Auftraggeber bzw. vergebenden Stellen haben dem Bundesverwaltungsgericht alle für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Auskünfte zu erteilen und alle hierfür erforderlichen Unterlagen in geordneter Weise vorzulegen. Gleiches gilt für die an einem Vergabeverfahren beteiligten Unternehmer.
(2) Hat ein Auftraggeber, eine vergebende Stelle oder ein Unternehmer Unterlagen nicht vorgelegt, Auskünfte nicht erteilt oder eine Auskunft zwar erteilt, die Unterlagen des Vergabeverfahrens aber nicht vorgelegt, so kann das Bundesverwaltungsgericht, wenn der Auftraggeber oder der Unternehmer auf diese Säumnisfolge vorher ausdrücklich hingewiesen wurde, aufgrund der Behauptungen des nicht säumigen Beteiligten entscheiden.
Akteneinsicht
§ 337. Parteien und Beteiligte können bei der Vorlage von Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen zum Schutz von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissen von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Auftraggeber können dies darüber hinaus aus zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses verlangen. Die in Betracht kommenden Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen sind bei ihrer Vorlage zu bezeichnen.
…
Einleitung des Verfahrens
§ 353. (1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass1. …2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder3. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder4. …
Der Antragsteller kann in einem Antrag mehrere Feststellungen gemäß § 334 Abs. 3 Z 1, 3 und 4 beantragen. Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß Z 1 und 3 bis 5 kann der Auftraggeber die Feststellung beantragen, dass der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte. Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß Z 2 bis 4 kann der Auftraggeber beantragen, von der Nichtigerklärung des Vertrages abzusehen oder den Vertrag frühestens mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aufzuheben.
(2) …
Inhalt und Zulässigkeit des Feststellungsantrages
§ 354. (1) Ein Antrag gemäß § 353 Abs. 1, 2 oder 4 hat jedenfalls zu enthalten:1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens,2. die Bezeichnung des Auftraggebers oder der vergebenden Stelle und des Antragstellers einschließlich deren elektronischer Adresse,3. soweit dies zumutbar ist, die genaue Bezeichnung des allfälligen Zuschlagsempfängers,4. die Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss,5. Angaben über den behaupteten drohenden oder eingetretenen Schaden für den Antragsteller,6. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,7. ein bestimmtes Begehren und8. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(2) Anträge gemäß § 353 Abs. 1 sind binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller vom Zuschlag bzw. vom Widerruf Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können.
(3) …
(4) Ein Antrag auf Feststellung gemäß § 353 Abs. 1 ist unzulässig, sofern der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens hätte geltend gemacht werden können.
(5) Ein Antrag auf Feststellung gemäß § 353 Abs. 1 oder 2 ist unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.
…
Feststellung von Rechtsverstößen, Nichtigerklärung und Verhängung von Sanktionen
§ 356. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 1 und 5 und Abs. 4 Z 1 und 3 nur dann zu treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.
(2) Soweit in den Abs. 4 und 5 nicht anderes bestimmt ist, hat das Bundesverwaltungsgericht im Oberschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 für absolut nichtig zu erklären. Das Bundesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages gemäß dem ersten Satz oder einer Aufhebung des Vertrages gemäß Abs. 4 abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und zwingende Gründe des Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrechtzuerhalten. Wirtschaftliche Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen, können die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht rechtfertigen, andere wirtschaftliche Interessen nur dann, wenn die Nichtigerklärung oder die Aufhebung des Vertrages in Ausnahmefällen unverhältnismäßige Folgen hätte.
(3) Soweit in den Abs. 4 bis 6 nicht anderes bestimmt ist, hat das Bundesverwaltungsgericht im Unterschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 für absolut nichtig zu erklären, wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftraggebers aufgrund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, der hierzu ergangenen Verordnungen oder des unmittelbar anwendbaren Unionsrechtes offenkundig unzulässig war.
(4) Kann die erbrachte Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, so hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern Abs. 5 nicht zur Anwendung kommt, im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 auszusprechen, dass der Vertrag nur soweit aufgehoben wird, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht kann im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 aussprechen, dass der Vertrag mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes oder einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wird, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat dafür das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung bestimmter vertraglicher Rechte und Pflichten, das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung des Vertrages sowie allfällige betroffene öffentliche Interessen gegeneinander abzuwägen.
(6) Das Bundesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages gemäß Abs. 3 oder einer Aufhebung des Vertrages gemäß den Abs. 4 im Unterschwellenbereich abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses das Interesse des Antragstellers an der Beendigung des Vertragsverhältnisses – auch unter der Berücksichtigung der allfällig betroffenen öffentlichen Interessen – überwiegt.
(7) Die Abs. 2 bis 6 gelten nur, wenn der Antrag gemäß § 353 Abs. 1 Z 2 bis 4 binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag eingebracht wurde. …
(9) Wenn das Bundesverwaltungsgericht von der Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages abgesehen hat, oder den Vertrag nur teilweise, mit dem Zeitpunkt seiner Entscheidung oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben hat, dann ist eine Geldbuße über den Auftraggeber zu verhängen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein muss. Dasselbe gilt für jene Fälle, in denen der Antrag gemäß § 353 Abs. 1 Z 2 bis 4 nach den in Abs. 7 genannten Fristen eingebracht wurde und das Bundesverwaltungsgericht eine Rechtswidrigkeit feststellt. Hat eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchgeführt, ist die Geldbuße abweichend vom ersten Satz über die zentrale Beschaffungsstelle zu verhängen, wenn die von ihr gesetzten Handlungen für die Feststellung der Rechtsverstöße von wesentlichem Einfluss waren.
(10) Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt 20%, im Unterschwellenbereich 10% der Auftragssumme. Wird ein Vertrag trotz festgestellter Rechtswidrigkeit nur teilweise, mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben, ist die Höchstgrenze von jenem Teil der Auftragssumme des Vertrages zu berechnen, der dem Teil des Vertrages entspricht, der nicht aufgehoben wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Verhängung der Geldbuße die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers sowie sinngemäß die Erschwerungs- und Milderungsgründe gemäß § 5 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes – VbVG, BGBl. I Nr. 151/2005, heranzuziehen. Geldbußen fließen dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (§ 2 des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes – FTFG, BGBl. Nr. 434/1982) zu.“
3.2 Formale Voraussetzungen
3.2.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
3.2.1.1 Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Medizinische Universität Wien. Sie ist nach ständiger Rechtsprechung öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 (zB BVwG 19. 6. 2020, W273 2231776-1/2E; BVwG 3. 11. 2023, W187 2278331-2/32E; zur medizinischen Universität Graz BVwG 21. 12. 2020, W187 2237702-1/4E; zur Medizinischen Universität Innsbruck BVA 29. 12. 2011, N/0122-BVA/07/2011-EV8). Bei den behaupteten Aufträgen handelt es sich um Dienstleistungsaufträge. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens liegt – nach dem Antragsvorbringen – jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 sodass gemäß § 12 Abs 1 BVergG 2018 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
3.2.1.2 Zur verpflichtenden Zusammenrechnung der Auftragswerte der in diesem Verfahren strittigen Aufträge mit dem Vergabeverfahren AZ: 12699 ist anzumerken, dass aus dem im Vergabeverfahren AZ: 12699 abzuschließenden Vertrag im relevanten Zeitraum Dezember 2023 bis 22. Jänner 2024 noch nicht abgerufen werden konnte, da er noch nicht abgeschlossen war und angesichts der einstweiligen Verfügung W187 2285829-1/2E auch gemäß § 351 Abs 2 BVergG 2018 rechtswirksam nicht abgeschlossen werden konnte. Dennoch handelt es sich um Leistungen, die der Art der im genannten Vergabeverfahren ausgeschriebenen Leistungen gleichen. Gemäß § 13 Abs 1 BVergG 2018 sind alle zu einem Vorhaben gehörenden Leistungen bei der Berechnung des geschätzten Auftragswerts zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist eine – in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht – funktionelle Betrachtungsweise, bei der auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang zu berücksichtigen ist (VwGH 20. 4. 2016, Ro 2014/04/0071). Die Auftraggeberin vergibt gleichartige Leistungen laufend, ohne dass es dazu eines speziellen Projekts bedürfte. Der Zusammenhang besteht in der Zuverfügungstellung des Körpers für Aufgaben der Medizinischen Universität, sogenannte Köperspenden, im Abholen der Körperspende, wenn der Körperspender verstirbt, und im Kremieren. Da nicht zuletzt das Sterbedatum eines Körperspenders nicht feststeht und Körperspenden für den Betrieb der Auftraggeberin unerlässlich sind, besteht zwischen den Aufträgen, auch wenn sie einzeln vergeben worden sein sollten, ein wirtschaftlicher und technischer Zusammenhang. Im Grunde handelt es sich um einen laufenden Betrieb mit immer wiederkehrenden gleichartigen Leistungen. Daraus ergibt sich ein einheitlicher Charakter in Bezug auf die wirtschaftliche und technische Funktion (VwGH 27. 10. 2014, Ra 2014/04/0022). Damit wären auch die behaupteten vergebenen Leistungen vom geschätzten Auftragswert umfasst. Damit wäre das 48-fache des monatlichen Entgelts anzusetzen. Bei Bestehen eines dringenden Bedarfs, den die Auftraggeberin aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags glaubhaft gemacht hat, bestehen Ausnahmeregelungen. Um einen dringend Bedarf während eines anhängigen Vergabeverfahrens zu decken, kann sich der Auftraggeber auch vereinfachter Verfahren bedienen (EuGH 14. 6. 2007, C-6/05, Medipac-Kazantzidis, ECLI:EU:C:2007:337, Rn 61).
3.2.1.2 Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 327 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit d B-VG ist sohin gegeben.
3.2.1.3 Da darüber hinaus Aufträge erteilt wurden und damit die Vergabeverfahren abgeschlossen sind, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 3 Z 3 und 4 BVergG 2018 zur Feststellung und gemäß § 334 Abs 3 Z 6 und 7 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung von Verträgen und zur Verhängung von Sanktionen zuständig.
3.2.2 Zulässigkeit der Anträge
3.2.2.1 Voraussetzung für die Zulässigkeit des Feststellungsantrages ist gemäß § 353 Abs 1 BVergG 2018, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG 2018 unterliegenden Vertrags hat und ihr ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Gemäß Art 1 Abs 3 RL 89/665/EWG besteht bei diesen Mindestvoraussetzungen für den Zugang zum vergaberechtlichen Rechtsschutz (EuGH 9. 2. 2023, C-53/22, VZ, ECLI:EU:C:2023:88, Rn 30) kein Unterschied, in welcher Form der innerstaatliche Gesetzgeber die RL 89/665/EWG in nationales Recht umgesetzt hat, sodass – entgegen dem Vorbringen der Auftraggeberin – diese Mindestvoraussetzungen für alles Arten von innerstaatlichen Rechtsschutzinstrumenten gleich ausgelegt werden müssen. Insofern umfasst der unionsrechtliche Begriff „Nachprüfungsverfahren“ alle Arten von innerstaatlichen vergabespezifischen Rechtsbehelfe in Umsetzung der RL 89/665/EWG (dies andeutend EuGH 18. 1. 2024, C-303/22, CROSS Zlín, ECLI:EU:C:2024:60, Rn 46), da schlussendlich auch die Zuerkennung von Schadenersatz gemäß Art 2 Abs 1 Z 3 RL 89/665/EWG zu den Mindestbefugnissen der nationalen Vergabekontrolleinrichtungen gehören und Österreich Feststellungsverfahren als Teil der Zuerkennung von auf Vergabeverstoß gestütztem Schadenersatz eingeführt hat. Weiters muss der Feststellungsantrag die in § 354 Abs 1 BVergG 2018 genannten Inhalte aufweisen.
3.2.2.2 Unstrittig erbrachte die Antragstellerin seit Jahren Leistungen der Überstellung von Körperspenden an die Medizinische Universität und der Kremierung und Beisetzung dieser Körperspenden. Insofern kann von einem Interesse ausgegangen werden. Dennoch stellt sich die Frage, welche Leistungen sie genauer bezeichnen will.
3.2.2.3 Der Begriff des Schadens ist weit auszulegen (EuGH 26. 1. 2023, C-682/21, HSC Baltic u.a., ECLI:EU:C:2023:48, Rn 63). Ein Schaden kann der Antragstellerin möglicherweise entstanden sein. Nach dem Vorbringen der Auftraggeberin hätte sie die Antragstellerin beauftragt, wenn die Antragstellerin nicht Probleme bei der Erbringung der Leistung gehabt hätte. Die Antragstellerin muss jedoch ein Vorbringen erstatten, das einen drohenden oder eingetretenen Schaden plausibel macht (VwGH 29. 1. 2018, Ra 2016/04/0086, 0087, Rn 34).
3.2.2.4 Der verfahrenseinleitende Feststellungsantrag enthält die Inhalte des § 354 Abs 1 BVergG 2018. Strittig ist nur, ob das Vergabeverfahren gemäß § 354 Abs 1 Z 1 BVergG 2018 genau genug bezeichnet ist, um erkennen zu können, welche Feststellung die Antragstellerin begehrt. In seiner Rechtsprechung verlangt der Verwaltungsgerichtshof die zeitliche Konkretisierung des als rechtswidrig festzustellenden Vorgehens des Auftraggebers (VwGH 16. 6. 2020, Ro 2018/04/0015, Rn 23 und 25). Dennoch kann nur auf einen möglichen Wissensstand der Antragstellerin abgestellt werden, den sie bei der Bezeichnung der strittigen Leistungen so weit wie möglich ausschöpfen muss (BVwG 28. 2. 2020, W273 2227591-1/26E). Die Antragstellerin hat – positiv – kein Vergabeverfahren der Auftraggeberin konkret bezeichnet. Sie hat lediglich – negativ – dargelegt, welchen Umsatzrückgang sie erlitten hat. Die Zuschlagsempfängerin hat sie konkret bezeichnet. Allerdings konnte sie wohl auch Vergabeverfahren nicht konkret bezeichnen, da auch keine Veröffentlichung abgeschlossener Verträge stattfand. Dennoch kann die Darstellung eines Umsatzrückgangs noch keinen Vertragsabschluss nachweisen, sondern ihn lediglich wahrscheinlich machen.
3.2.2.5 Ein Antrag auf Nichtigerklärung oder Aufhebung eines Vertrags oder Verhängung einer Geldbuße ist grundsätzlich unzulässig und daher zurückzuweisen, da das Bundesverwaltungsgericht nach einer Feststellung gemäß § 334 Abs 3 Z 3 bis 5 BVergG 2018, die ein Unternehmer beantragen kann, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen den Vertrag von Amts wegen für nichtig erklären oder aufheben und eine Geldbuße verhängen muss (zB VwGH 26. 9. 2022, Ra 2021/04/0005, Rn 18; VwGH 27. 6. 2023, Ra 2020/04/0027, Rn 12).
3.3 Zu Spruchpunkt A) – Abweisung der Feststellungsanträge
3.3.1 Die Antragstellerin beantragt die im Spruch genannten Feststellungen und behauptet die Unzulässigkeit der Vergabe in einem Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, in eventu ohne Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung. Zu prüfen sind daher die Zulässigkeit der Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen besonderer Dringlichkeit. Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (zB VwGH 16. 12. 2022, Ro 2021/04/0028, Rn 29) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 18. 11. 2004, C-126/03, Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:2004:728, Rn 23) ist die Rechtfertigung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung an den Kriterien zur Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zu messen. Damit ist vorerst das Vorliegen der Voraussetzungen für die Losregel oder Verfahren für den Unterschwellenbereich nicht zu prüfen.
3.3.2 Die Auftraggeberin ist verpflichtet, laufend Körperspenden entgegenzunehmen und nach der Behandlung in ihrem wissenschaftlichen Betrieb kremieren zu lassen. Das laufende Vergabeverfahren hat den Abschluss eines Rahmenvertrags zum Ziel. Wie oben ausgeführt kann die Auftraggeberin bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens ein vereinfachtes Verfahren zur Deckung ihres laufenden Betriebs wählen.
3.3.3 Die Auftraggeberin kann ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wählen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, wobei es sich um eine Ausnahme von der generellen Verpflichtung zur Bekanntmachung von Vergabeverfahren handelt. Daher ist der Ausnahmetatbestand eng auszulegen und die Auftraggeberin muss nachweisen, dass die Voraussetzungen für den Ausnahmetatbestand vorliegen.
3.3.4 In Frage kommt der Ausnahmetatbestand des § 37 Abs 1 Z 4 BVergG 2018. Es müssen äußerst dringliche, zwingende Gründe, die nicht dem Verhalten des öffentlichen Auftraggebers zuzuschreiben sind, im Zusammenhang mit Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder in einem gemäß § 34 BVergG 2018 durchzuführenden Verhandlungsverfahren vorgeschriebenen Fristen einzuhalten.
3.3.5 Dass die Abholung und Kremierung von Leichen dringend und zwingend erfolgen muss, steht außer Zweifel. Die Auftraggeberin versuchte im relevanten Zeitraum, einen Rahmenvertrag abzuschließen. Zum einen ist es nicht nur ihr alleiniges Verschulden, dass noch kein Rahmenvertrag abgeschlossen ist. Sie hat glaubhaft dargelegt, dass die Dauer des Vergabeverfahrens wegen des nicht vorhersehbaren Verhaltens der Bieter unvorhersehbar lange gedauert hat. Andererseits hat sie wohl auch durch die Führung des Vergabeverfahrens dazu beigetragen. Die Art der Leistung, das Abholen von gerade verstorbenen Menschen und das Kremieren von Leichen müssen sofort erfolgen. Sie lassen es nicht zu zuzuwarten. Damit lassen sich die Fristen in Vergabeverfahren nicht einhalten, selbst wenn sie im zulässigen Maß verkürzt werden. Bei den vergebenen Aufträgen handelt es sich auch um Leistungen bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens zu überbrücken (EuGH 3. 4. 2008, C-444/06, Kommission/Spanien, ECLI:EU:C:2008:190, Rn 55). Damit war dazu die Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zulässig. In einem solchen Verfahren ist gemäß § 143 Abs 2 Z 2 BVergG 2018 auch keine Zuschlagsentscheidung bekanntzugeben. Daher sind die Anträge gemäß § 353 Abs 1 Z 2 und 3 BVergG 2018 abzuweisen.
3.4 Zu Spruchpunkt B) – Unzulässigkeit der Revision
3.4.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.4.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Dazu ist auf die unter 3.2 und 3.3 zitierte Rechtsprechung zu verweisen. Weiters handelt es sich um eine Einzelfallbeurteilung, die grundsätzlich nicht revisibel ist. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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