vorheriges Dokument
nächstes Dokument

BGBl I 77/2023

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

77. Bundesgesetz: Zivilverfahrens-Novelle 2023
(NR: GP XXVII RV 2093 AB 2155 S. 226 . BR: AB 11288 S. 957 .)

77. Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Heimaufenthaltsgesetz, die Insolvenzordnung, die Exekutionsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2023 - ZVN 2023)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung (ZPO), RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 61/2022, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 132 wird folgender § 132a eingefügt:

§ 132a. (1) Das Gericht kann eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung ohne persönliche Anwesenheit von Parteien, ihren Vertretern und sonst der Verhandlung beizuziehenden Personen unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen sowie auf diese Weise auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 277 Gutachten von gerichtlich bestellten Sachverständigen mündlich erstatten lassen oder erörtern und die Parteien und informierte Personen (§ 258 Abs. 2) in der vorbereitenden Tagsatzung vernehmen. Voraussetzung ist, dass diese Vorgangsweise unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie tunlich ist, die technischen Voraussetzungen vorhanden sind, um die Tagsatzung verfahrenskonform abzuhalten, und nicht eine Partei innerhalb einer vom Gericht festgesetzten angemessenen Frist dem angekündigten Vorgehen widerspricht oder die ausdrückliche Zustimmung der Parteien dazu vorliegt. Die Parteien können eine solche Vorgangsweise bei Gericht lediglich anregen.

(2) Wird eine Tagsatzung nach Abs. 1 durchgeführt und die mündliche Verhandlung in dieser geschlossen, so gilt das bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorzulegende Kostenverzeichnis als rechtzeitig vorgelegt, wenn es spätestens bis zum Ablauf des auf die mündliche Verhandlung folgenden Tages dem Gericht übermittelt wird; eine unvertretene Partei kann es überdies in der Tagsatzung mündlich zu Protokoll anbringen. Die Frist des § 54 Abs. 1a beginnt diesfalls mit der Zustellung des Kostenverzeichnisses durch das Gericht an den Gegner.

(3) Wollen die Parteien in einer Tagsatzung, die nach Abs. 1 durchgeführt wird, einen Vergleich schließen, so hat das Gericht entweder den Text des Vergleichs den Parteien auf dem Bildschirm sichtbar zu machen oder den Vergleichstext deutlich vorzulesen beziehungsweise den auf einem Tonträger aufgenommenen Vergleichstext für alle deutlich hörbar abzuspielen. Der Wille der nicht persönlich anwesenden Parteien, diesen gerichtlichen Vergleich abzuschließen, muss unter Bedachtnahme auf die technischen Gegebenheiten klar und deutlich zum Ausdruck kommen; § 209 Abs. 3 zweiter und dritter Satz ist nicht anzuwenden. Gleiches gilt für den Abschluss eines prätorischen Vergleichs.“

2. In § 134 Z 1 wird nach dem Wort „Schaden“ die Wortfolge „oder, für den Fall einer technischen Störung der Wort- und Bildübertragung bei einer nach § 132a anberaumten Tagsatzung, prozessualen Nachteil“ eingefügt.

3. Nach § 460 Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

  1. „1a. Parteien dürfen nur dann unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung an einer nach § 132a anberaumten Tagsatzung teilnehmen, wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten sind.“

4. In § 619 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) § 132a, § 134 Z 1 und § 460 Z 1a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 treten mit 14. Juli 2023 in Kraft.“

Artikel 2

Änderung des Außerstreitgesetzes

Das Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 147/2022, wird wie folgt geändert:

1. In § 18 erhält der bisherige Text die Absatzbezeichnung „(1)“ und es werden folgende Abs. 2 und 3 angefügt:

„(2) Das Gericht kann eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung ohne persönliche Anwesenheit von Parteien, ihren Vertretern und sonst der Verhandlung beizuziehenden Personen unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen. Voraussetzung ist, dass diese Vorgangsweise unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie tunlich ist, die technischen Voraussetzungen vorhanden sind, um die Tagsatzung verfahrenskonform abzuhalten, und nicht eine Partei innerhalb einer vom Gericht festgesetzten angemessenen Frist dem angekündigten Vorgehen widerspricht oder die ausdrückliche Zustimmung der Parteien dazu vorliegt. Die Parteien können eine solche Vorgangsweise bei Gericht lediglich anregen.

(3) In Verfahren in Ehe- und Kindschaftsangelegenheiten sowie in Verlassenschaftsverfahren dürfen Parteien nur dann unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung an einer nach Abs. 2 anberaumten Tagsatzung teilnehmen, wenn sie, unbeschadet des § 6 Abs. 3, durch einen Rechtsanwalt oder Notar vertreten sind.“

2. In § 30 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

§ 132a Abs. 3 ZPO gilt sinngemäß.“

3. In § 31 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Das Gericht kann bei einer nach § 18 Abs. 2 anberaumten Tagsatzung auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 277 ZPO Gutachten von gerichtlich bestellten Sachverständigen mündlich erstatten lassen oder erörtern und in der ersten Tagsatzung auch Parteien vernehmen.“

4. In § 78 Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

§ 132a Abs. 2 ZPO gilt ebenso sinngemäß.“

5. In § 95 Abs. 2 wird nach dem Wort „anzuleiten“ der Halbsatz „ ; § 30 Abs. 2 ist anzuwenden“ eingefügt.

6. Nach § 107 Abs. 1 Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

  1. „2a. ist § 31 Abs. 6 auf die Anhörung des Kinder- und Jugendhilfeträgers und die Erstattung und Erörterung von Berichten der Familiengerichtshilfe sinngemäß anzuwenden.“

7. Nach § 118 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Das Gericht kann die Erstanhörung unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen und der Anhörung beizuziehende Personen teilnehmen lassen, wenn die Gesundheit einer am Verfahren beteiligten Person durch ihre persönliche Teilnahme aufgrund einer allgemein vorherrschenden Krisensituation ernstlich gefährdet wäre und die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.“

8. In § 120a wird am Ende folgender Satz angefügt:

„§ 31 Abs. 6 ist unter der Voraussetzung anzuwenden, dass die betroffene Person die Erörterung des Gutachtens unter Verwendung technischer Kommunikationsmittel begreifen kann.“

9. In § 121 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Das Gericht kann die mündliche Verhandlung unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen, auf diese Weise Beweise in der mündlichen Verhandlung oder außerhalb dieser aufnehmen und sonst der Verhandlung beizuziehende Personen teilnehmen lassen, wenn die Gesundheit einer am Verfahren beteiligten Person durch ihre persönliche Teilnahme aufgrund einer allgemein vorherrschenden Krisensituation ernstlich gefährdet wäre und die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann. § 18 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.“

10. In § 131 Abs. 4 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Die Zulässigkeit der Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung ist nach § 118 Abs. 4, § 120a und § 121 Abs. 6 zu beurteilen.“

11. Nach § 207p wird folgender § 207q samt Überschrift eingefügt:

„Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023

§ 207q. § 18 Abs. 2 und 3, § 30 Abs. 2, § 31 Abs. 6, § 78 Abs. 4, § 95 Abs. 2, § 107 Abs. 1 Z 2a, § 118 Abs. 4, § 120a, § 121 Abs. 6 und § 131 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 treten mit 14. Juli 2023 in Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Unterbringungsgesetzes

Das Unterbringungsgesetz, BGBl. I Nr. 155/1990, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 147/2022, wird wie folgt geändert:

1. In § 19 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Das Gericht kann die Anhörung unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen und auf diese Weise der Anhörung beizuziehende Personen teilnehmen lassen, wenn die Gesundheit einer am Verfahren beteiligten Person durch ihre persönliche Teilnahme aufgrund einer allgemein vorherrschenden Krisensituation ernstlich gefährdet wäre und die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.“

2. In § 25 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Das Gericht kann die mündliche Verhandlung unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen, auf diese Weise Beweise in der mündlichen Verhandlung oder außerhalb dieser aufnehmen und sonst der Verhandlung beizuziehende Personen teilnehmen lassen, wenn die Gesundheit einer am Verfahren beteiligten Person durch ihre persönliche Teilnahme aufgrund einer allgemein vorherrschenden Krisensituation ernstlich gefährdet wäre und die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann. § 18 Abs. 2 AußStrG ist nicht anzuwenden.“

3. In § 29 Abs. 2 wird am Ende folgender Satz angefügt:

„§ 25 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.“

4. Die Paragrafenüberschrift des § 31 entfällt.

5. In § 38 Abs. 1 wird am Ende folgender Satz angefügt:

„§ 25 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.“

6. In § 38 Abs. 3 wird der Verweis „§ 36 Abs. 2 und 3“ durch den Verweis „§ 36a“ ersetzt.

7. In § 39c Abs. 3 wird der Verweis „§ 32b Abs. 1“ durch den Verweis „§ 32b Abs. 3“ ersetzt.

8. In § 40d lautet Abs. 3:

„(3) Wenn der Minderjährige dies nach entsprechender Belehrung verlangt sowie auf Verlangen seines Vertreters oder des Abteilungsleiters hat das Gericht vor der Behandlung über deren Zulässigkeit zu entscheiden.“

9. In § 40d ist in Abs. 4 nach dem Wort „hat“ das Wort „außerdem“ einzufügen.

10. In § 40f ist in Abs. 1 vor dem Wort „Informationen“ das Wort „erforderliche“ einzufügen und entfällt der letzte Satz.

11. In § 42 wird nach Abs. 5 folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) § 19 Abs. 4, § 25 Abs. 3, § 29 Abs. 2, § 38 Abs. 1 und 3, § 39c Abs. 3, § 40d Abs. 3 und 4 und § 40f Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 treten mit 14. Juli 2023 in Kraft und die Paragrafenüberschrift vor § 31 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 tritt mit 14. Juli 2023 außer Kraft.“

Artikel 4

Änderung des Heimaufenthaltsgesetzes

Das Heimaufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 11/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 59/2017, wird wie folgt geändert:

1. In § 12 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Das Gericht kann die Anhörung unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen und auf diese Weise der Anhörung beizuziehende Personen teilnehmen lassen, wenn die Gesundheit einer am Verfahren beteiligten Person durch ihre persönliche Teilnahme aufgrund einer allgemein vorherrschenden Krisensituation ernstlich gefährdet wäre und die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.“

2. In § 14 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Das Gericht kann die mündliche Verhandlung unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung auch außerhalb der Einrichtung durchführen, auf diese Weise Beweise aufnehmen und sonst der Verhandlung beizuziehende Personen teilnehmen lassen, wenn die Gesundheit einer am Verfahren beteiligten Person durch ihre persönliche Teilnahme aufgrund einer allgemein vorherrschenden Krisensituation ernstlich gefährdet wäre und die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann. § 18 Abs. 2 AußStrG ist nicht anzuwenden.“

3. In § 17 Abs. 2 wird am Ende folgender Satz eingefügt:

„§ 14 Abs. 4 gilt entsprechend.“

4. In § 19a Abs. 2 lautet der letzte Satz:

„§ 14 Abs. 2 und 4 gilt entsprechend.“

5. In § 22 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die § 12 Abs. 3, § 14 Abs. 4, § 17 Abs. 2 und § 19a Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 treten mit 14. Juli 2023 in Kraft.“

Artikel 5

Änderung der Insolvenzordnung

Die Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 199/2021, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 254 Abs. 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt:

„(3a) Das Gericht kann mündliche Verhandlungen und Einvernehmungen unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen, sofern die persönliche Anwesenheit des Schuldners oder der zu vernehmenden Person für die Durchführung des Verfahrens und die Entscheidungsfindung nicht erforderlich ist, diese Vorgangsweise unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie tunlich ist und die technischen Voraussetzungen vorhanden sind, um die Durchführung verfahrenskonform sicherzustellen. Die Parteien können eine solche Vorgangsweise bei Gericht lediglich anregen. Die persönliche Anwesenheit des Schuldners ist jedenfalls erforderlich, wenn ein Sanierungs- oder Zahlungsplan zur Abstimmung kommen soll. Der Schuldner und sonstige geladene Personen sind berechtigt, persönlich am Gericht anwesend zu sein, wenn sie dies mindestens drei Tage vor der mündlichen Verhandlung oder Einvernehmung schriftlich bekanntgeben.“

2. Nach § 284 wird folgender § 285 samt Überschrift angefügt:

„Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung zum BGBl. I Nr. 77/2023

§ 285. § 254 Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 tritt mit 14. Juli 2023 in Kraft.“

Artikel 6

Änderung der Exekutionsordnung

Die Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 61/2022, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 59 wird folgender § 59a samt Überschrift eingefügt:

„Virtuelle Durchführung

§ 59a. Das Gericht kann mündliche Verhandlungen, Tagsatzungen und Einvernehmungen mit Ausnahme des Versteigerungstermins unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung durchführen, sofern die persönliche Anwesenheit der Parteien oder der zu vernehmenden Person für die Durchführung des Verfahrens und die Entscheidungsfindung nicht erforderlich ist, diese Vorgangsweise unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie tunlich ist und die technischen Voraussetzungen vorhanden sind, um die Durchführung verfahrenskonform sicherzustellen. Die Parteien können eine solche Vorgangsweise bei Gericht lediglich anregen. Die Parteien und sonstige geladene Personen sind berechtigt, persönlich am Gericht anwesend zu sein, wenn sie dies mindestens drei Tage vor der mündlichen Verhandlung, Tagsatzung oder Einvernehmung schriftlich bekanntgeben.“

2. Dem § 389 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Wird eine Einvernehmung innerhalb einer drei Tage unterschreitenden Frist angeordnet, so kann diese nicht unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung (§ 59a) durchgeführt werden, wenn sich die geladene Person dagegen ausspricht.“

3. Nach § 503 wird folgender § 504 samt Überschrift angefügt:

„Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung zum BGBl. I Nr. 77/2023

§ 504. § 59a und § 389 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 treten mit 14. Juli 2023 in Kraft.“

Artikel 7

Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes

Das Gerichtsorganisationsgesetz (GOG), RGBl. Nr. 217/1896, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 205/2022, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 85a wird folgender § 85b samt Überschrift eingefügt:

„Datensicherheit bei mündlichen Verhandlungen im Wege von Bild- und Tonübertragungen

§ 85b. (1) Werden mündliche Verhandlungen oder sonstige von einem Gericht anberaumte Amtshandlungen im Wege der Bild- und Tonübertragung durchgeführt, sind folgende Grundsätze im Hinblick auf die Datensicherheit einzuhalten:

  1. 1. Für die Durchführung der Bild- und Tonübertragung sind die vom Bundesministerium für Justiz zur Verfügung gestellten Systeme heranzuziehen.
  2. 2. Bild und Ton sind verschlüsselt zu übermitteln.
  3. 3. Der Zugang zu den Bild- und Tonübertragungssystemen ist auf die nach den Verfahrensgesetzen zuzulassenden Personen zu beschränken und entsprechend dem Stand der Technik abzusichern.
  4. 4. Die für die Bild- und Tonübertragung allenfalls einzurichtenden Umgebungen sind für eine einmalige Verwendung auszulegen. Es ist vorzukehren, dass die dafür eingerichteten Umgebungen nach dem Ende der Bild- und Tonübertragung geschlossen und die Verbindungen vollständig beendet werden.
  5. 5. Die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen sowie Übertragungen der Verhandlungen und Amtshandlungen ist untersagt, sofern dies nicht im Einzelfall gesetzlich geboten ist. In diesem Fall sind alle daran teilnehmenden Personen über diesen Umstand zu informieren.
  6. 6. Bild- und Tonübertragungen sind durch Aufzeichnung von Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Übertragung, von Daten zur Identität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie des Zeitpunkts der Beitritte und Austritte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu protokollieren. Im Verhandlungsprotokoll ist darauf Bezug zu nehmen. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung einschließlich der Eigenüberwachung, der Sicherstellung der Integrität und Sicherheit der personenbezogenen Daten sowie in gerichtlichen Strafverfahren verwendet werden und sind zu diesem Zweck für 24 Monate aufzubewahren und danach zu löschen. Im Falle eines bereits eingeleiteten Verfahrens zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung dürfen die Protokolldaten über diesen Zeitraum hinaus bis zum Abschluss dieses Verfahrens aufbewahrt werden.

(2) Sofern es die Gewährleistung der Datensicherheit erfordert, kann die Bundesministerin oder der Bundesminister für Justiz die näheren Regelungen unter Berücksichtigung des Stands der Technik mit Verordnung festlegen.

(3) Bei Gefahr in Verzug oder wenn die Bild- und Tonübertragung auf andere Weise nicht durchführbar ist, kann von Abs. 1 Z 1 bis 4 abgewichen werden, soweit dies aufgrund der Umstände des Einzelfalls unbedingt erforderlich ist und durch sonstige technische und organisatorische Maßnahmen angemessene Datensicherheit gewährleistet werden kann.“

2. Dem § 98 wird folgender Abs. 33 angefügt:

„(33) § 85b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 tritt mit 14. Juli 2023 in Kraft.“

Artikel 8

Änderung des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes

Das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2021, wird wie folgt geändert:

1. In § 4 Abs. 6 wird nach der Wortfolge „Im Fall des Abs. 2 Z“ das Zitat „6 und“ eingefügt.

2. Dem § 8 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Die oder der Vorsitzende kann verfügen, dass die Beratung und Abstimmung nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten mit Mitteln der Telekommunikation durchgeführt oder durch Einholung der Zustimmung der anderen Senatsmitglieder im Umlaufweg ersetzt wird, wenn keines der anderen Senatsmitglieder widerspricht.“

3. In § 24a wird das Zitat „§§ 84 und 85“ durch das Zitat „§§ 84, 85 und 85b“ ersetzt.

4. Dem § 27 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) § 4 Abs. 6, § 8 Abs. 7 und § 24a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2023 treten mit 14. Juli 2023 in Kraft.“

Van der Bellen

Nehammer

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)