BVwG W126 2100006-1

BVwGW126 2100006-131.1.2018

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
VwGVG §14
VwGVG §15
VwGVG §28 Abs1
ZustG §8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W126.2100006.1.00

 

Spruch:

W126 2100006-1/20E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX , gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 19.12.2014 betreffend Zurückweisung wegen verspäteter Einbringung des Vorlageantrages und Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung, und vom 08.01.2014 betreffend Vorschreibung von Beitragszuschlägen, Zl. jeweils VA/ED-STB-0017/2013, nach Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2014, nach der Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen zu Recht:

 

A)

 

I. Der Beschwerde vom 16.01.2015 wird stattgegeben und der Bescheid vom 19.12.2014 ersatzlos behoben.

 

II. Die Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2014 wird ersatzlos behoben.

 

III. Die Beschwerde vom 12.02.2014 gegen den Bescheid vom 08.01.2014 wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden NÖGKK) vom 08.01.2014, Zl. VA/ED-STB-0017/2013, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG ein Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 2.800,- vorgeschrieben.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen der am 09.12.2013 erfolgten Betretung durch Organe der NÖGKK auf der Baustelle in XXXX , festgestellt worden sei, dass für die Versicherten XXXX , VSNR XXXX , XXXX , VSNR XXXX , XXXX , VSNR XXXX , und XXXX , VSNR XXXX , (in der Folge als Betretene bezeichnet) die Anmeldungen nicht vor Arbeitsbeginn erstattet worden seien.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte vor, dass es sich bei den genannten Personen um Kleinunternehmer handle, die das Spachtlergewerbe ausüben. Sie habe von ihnen ein Angebot zur Verspachtelung der Wohnungen erhalten, wobei jeder Gewerbetreibende seinen eigenen definierten Bereich übernommen habe. Sie seien selbstständige Gewerbetreibende und bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert. Sie seien nicht weisungsgebunden gewesen und das Material und das Werkzeug sei von ihnen gestellt worden. Nach der Fertigstellung habe jeder Gewerbetreibende für seinen übernommenen Bereich eine Rechnung gelegt.

 

Der Beschwerde beiliegend wurden die einzelnen Angebote und Rechnungen in Vorlage gebracht.

 

3. Am 06.03.2014 erließ die NÖGKK als belangte Behörde gemäß § 14 VwGVG eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde vom 12.02.2014 als unbegründet abgewiesen wurde.

 

4. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der NÖGKK am 09.10.2014 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass das Beitragszuschlagsverfahren in Rechtskraft erwachsen sei und ihr der Akteninhalt ausgefolgt.

 

5. Mit Schriftsatz vom 14.10.2014 stellte die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung einen Vorlageantrag und in eventu einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Begründend wurde dargelegt, dass die Beschwerdeführerin erstmals am 09.10.2014 im Zuge einer persönlichen Vorsprache bei der NÖGKK Kenntnis von der ergangenen Beschwerdevorentscheidung erlangt habe und ihr diese erst am 09.10.2014 durch persönliche Übergabe zugestellt worden sei. Sie habe ihre Ortsabwesenheit vom 28.02.2014 bis 31.05.2014 fristgerecht und umfassend bekannt gegeben, sodass eine Zustellung erst nach Rückkehr wirksam vorgenommen werden hätte können. Es sei aber nie eine diesbezügliche Zustellung an ihre aufrecht gemeldete Adresse erfolgt, sodass die Beschwerdevorentscheidung nie wirksam zugestellt worden sei und sohin auch die Frist zur Erhebung eines Vorlageantrages nicht ausgelöst werden habe können.

 

Es würden im gegenständlichen Fall sämtliche Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen. Es liege keinesfalls ein Organisationsverschulden der Beschwerdeführerin vor, vielmehr habe sie ihre Ortsabwesenheit fristgerecht bekannt gegeben. Zumal sie erst am 12.02.2014 fristgerecht Beschwerde erhoben habe, habe sie auch nicht mit einer umgehenden Entscheidung der Behörde rechnen müssen, zumal sie die Ortsabwesenheit fristgerecht bekannt gegeben habe. Es liege sohin auch ein unabwendbares und ein unvorhergesehenes Ereignis vor, es habe keinen Grund für sie gegeben, anzunehmen, dass in der Zeit der Ortsabwesenheit eine Entscheidung der Behörde ergehen werde und die Meldung der Ortsabwesenheit nicht ausreiche. Zumal ein Vorlageantrag nicht fristgerecht gestellt werden habe können, erleide sie auch einen Rechtsnachteil, sodass diese Voraussetzung für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung gegeben sei. Da sie erst am 09.10.2014 Kenntnis von der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung erhalten habe, sei der Antrag auch innerhalb der vierzehntägigen Frist erfolgt.

 

Es wurde zudem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

6. Mit Bescheid vom 19.12.2014, Zl. VA/ED-STB-0017/2013, der NÖGKK wurde der Vorlageantrag gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

 

Die belangte Behörde führte zum festgestellten Sachverhalt aus, dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2014 mittels Rückschein an die Beschwerdeführerin auf die Adresse XXXX in XXXX verfügt worden sei. Am 11.03.2014 sei diese Beschwerdevorentscheidung samt Rückscheinbrief mit dem Vermerk "Ortsabwesend bis 31.05.2014" retourniert worden. Die Beschwerdeführerin habe der Österreichischen Post AG ihre Ortsabwesenheit, aber keine weitere Abgabenstelle bekannt gegeben, sodass es der NÖGKK nicht möglich gewesen sei, eine andere Abgabenstelle zu ermitteln, weshalb mit Aktenvermerk vom 26.03.2014 die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung ohne vorgehenden Zustellversuch gemäß § 23 iVm. § 8 Abs. 2 ZustellG angeordnet worden sei. Die Beschwerdeführerin habe unzweifelhaft, insbesondere durch ihre eingebrachte Beschwerde, Kenntnis vom Verfahren gehabt. Zudem sei durch Erhebung vor Ort am 14.03.2014 an ihrer gemeldeten Adresse durch Organe der NÖGKK versucht worden, die Beschwerdevorentscheidung durch persönliche Übergabe zuzustellen oder Zustellbevollmächtigte ausfindig zu machen. Die Beschwerdeführerin habe zudem weder eine E-Mail-Adresse noch eine Telefonnummer in ihrer Beschwerde angegeben, die es der NÖGKK eventuell möglich gemacht hätten, mit ihr in der Zeit ihrer Ortsabwesenheit Kontakt aufzunehmen. Es sei am 16.10.2014 bei der NÖGKK der Vorlageantrag eingelangt.

 

In ihrer rechtlichen Würdigung führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass es gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei stehe, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurück- oder abzuweisen. Da die Beschwerde bei der NÖGKK am 17.02.2014 eingelangt sei, habe die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung, sofern mittels Beschwerdevorentscheidung seitens der Behörde über die Beschwerde selbst entschieden werde, innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Beschwerde an die Beschwerdeführerin zu erfolgen. Durch die Ortsabwesenheit der Beschwerdeführerin bis 31.05.2014 sei eine neuerliche Zustellung mittels Rückscheinbrief nach Ablauf der Ortsabwesenheit nicht innerhalb dieser Frist von zwei Monaten möglich gewesen. Es sei daher mittels Aktenvermerk vom 26.03.2014 die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung durch Zustellung in Anlehnung an den § 8 ZustellG ohne vorhergehenden Zustellversuch gemäß § 23 ZustellG durch Hinterlegung im Akt und Bereitstellung zur Abholung angeordnet worden. Als erster Tag der Frist für ein Rechtsmittel sei daher der 26.03.2014 anzusehen und hätte der Vorlageantrag somit bis zum 09.04.2014 bei der NÖGKK einlangen sollen. Es handle sich bei dieser zweiwöchigen Frist um eine unerstreckbare gesetzliche Frist.

 

Die Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach die Beschwerdevorentscheidung nie wirksam zugestellt worden sei, sei in sich widersprüchlich, wäre die Zustellung nicht rechtswirksam erfolgt, würde der Fristenlauf gar nicht ausgelöst werden, sodass auch keine Frist versäumt werden könne und die Wiedereinsetzung als Rechtsmittel in Betracht komme. Es sei auch kein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis, wenn die Beschwerdeführerin ohne Mitteilung an die Behörde bzw. ohne Nennung eines Zustellbevollmächtigten während eines Verfahrens insgesamt drei Monate in Österreich ortsabwesend sei. Ein dreimonatiger Auslandsaufenthalt sei kein Ereignis, sondern vielmehr ein dauerhafter Zustand und sei davon auszugehen, dass dieser nicht völlig unvorhergesehen "passiere". Von Unabwendbarkeit sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung ebenfalls nicht auszugehen bzw. sei diese im Antrag nicht näher konkretisiert worden. Die Partei müsse jene Umstände, durch die sie an der Vornahme einer Prozesshandlung gehindert worden sei, konkret beschreiben. Die Beschwerdeführerin habe auch Kenntnis vom geführten Verfahren gehabt, sodass kein minderer Grad des Versehens vorliege, wenn dieses Verfahren von einer Partei über Monate hinweg "vergessen" werde. Einer sorgfältigen Partei wäre dieser Fehler in dieser Situation keinesfalls unterlaufen. Ihr Verhalten sei als offenkundige Sorglosigkeit zu werten.

 

7. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und wendete hinsichtlich der Verspätung des Vorlageantrages ein, dass ihr die Beschwerdevorentscheidung erst im Zuge der am 09.10.2014 durchgeführten persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde ausgefolgt worden sei. Die belangte Behörde habe sie am 09.10.2014 nicht angehört und seien sämtliche Beweismittel, die sie zur Vorlage gebracht habe, völlig unzulässig nicht angenommen und nicht berücksichtigt worden. Die Beschwerdevorentscheidung sei ihr an ihre aufrecht gemeldete Adresse nie zugestellt worden. Sie habe ihre Ortsabwesenheit fristgerecht und umfassend bekannt gegeben, sodass die Zustellung erst nach ihrer Rückkehr wirksam vorgenommen hätte werden können. Die belangte Behörde führe diesbezüglich selbst aus, von der Ortsabwesenheit bis 31.05.2014 in Kenntnis gewesen zu sein, sodass sie auch ihrer Verpflichtung gemäß § 8 ZustellG umfassend nachgekommen sei, zumal die Behörde während eines laufenden Verfahrens von der Ortsabwesenheit in Kenntnis gesetzt worden sei. Dass im Fall der Ortsabwesenheit eine andere Abgabestelle zu nennen wäre, sei nicht vorgesehen und könne ihr diese Verpflichtung auch nicht auferlegt werden.

 

Hinsichtlich des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand brachte die Beschwerdeführerin vor, dass gegenständlich keinesfalls ein Organisationsverschulden vorliege, vielmehr habe sie ihre Ortsabwesenheit bekannt gegeben und sei der belangten Behörde auch bewusst und bekannt gewesen, dass sie bis 31.05.2014 ortsabwesend gewesen sei. Da sie auch erst am 12.02.2014 Beschwerde erhoben habe, habe sie nicht mit einer umgehenden Entscheidung der Behörde rechnen müssen. Zudem sei die Ortsabwesenheit ohnehin fristgerecht bekannt gegeben worden. Sie habe überdies im Zuge der Beschwerdeerhebung telefonisch mit der belangten Behörde Kontakt aufgenommen und Vorsprache gehalten. Der zuständige Bearbeiter, Herr Mag. XXXX , sei im Zuge eines persönlichen Telefonates vor der Abreise von der Ortsabwesenheit und der Dauer informiert worden. Diesbezüglich sei auch die Sach- und Rechtslage mit ihr erörtert worden. Es sei ihr aber nicht mitgeteilt worden, eine allfällige Ersatz- Zustelladresse bekannt geben zu müssen, vielmehr sei seitens der NÖGKK, aufgrund der Unterlagen und ihren Ausführungen, avisiert worden, dass die Vorschreibung der Beitragszuschläge zu Unrecht erfolgt und eine weitere Verfolgung der Angelegenheit nicht zu erwarten sei. Aufgrund der mit 31.05.2014 befristeten und bekannt gegebenen Ortsabwesenheit habe sie auch keine Ersatzzustellung bekannt geben müssen. Zudem wäre es ihr auch nicht möglich gewesen eine Ersatzzustelladresse bekannt zu geben, weil sie sich als medizinische Begleitperson auf einer Auslandsrundreise und stets an wechselnden Orten befunden habe. Es gehe der Einwand der belangten Behörde, innerhalb von zwei Monaten eine Entscheidung zu treffen, ins Leere, zumal während ihrer Ortsabwesenheit eine Unterbrechung dieser Frist eingetreten sei.

 

Es wurde erneut die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

8. Die Beschwerde(n) wurde(n) dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss des Verwaltungsaktes und einer Stellungnahme der NÖGKK am 02.02.2015 vorgelegt.

 

In ihrer Stellungnahme führt die belangte Behörde zu gegenständlichem Verfahren aus, dass die Beschwerdeführerin weder im Zuge der eingebrachten Beschwerde vom 12.02.2014 noch per E-Mail oder telefonisch mit dem zuständigen Sachbearbeiter Kontakt aufgenommen habe. Es sei weder eine mögliche andere Abgabenstellen, noch eine Zustellbevollmächtigung oder ein Nachsendeauftrag ihrerseits bekannt gegeben bzw. erteilt worden. Die belangte Behörde habe erst durch die versuchte Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2014 von ihrer Ortsabwesenheit Kenntnis erlangt. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass sie vor der Abreise im Zuge eines persönlichen Telefonats den zuständigen Sachbearbeiter von der Ortsabwesenheit informiert habe. Richtig sei, dass der Beschwerdeführerin der Akteninhalt am 09.10.2014 übergeben wurde. Eine mündliche Verhandlung lasse eine weitere Klärung der Rechtsfrage, ob die Zustellung im Sinne des Zustellgesetzes korrekt vorgenommen worden sei, nicht erwarten.

 

9. Am 29.11.2016 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an der die Beschwerdeführerin und ein Vertreter der belangten Behörde sowie zur Frage der Versicherungspflicht geladene Zeugen teilnahmen.

 

Zum Beitragszuschlagsverfahren gab die Beschwerdeführerin an, dass falsch sei, dass der belangten Behörde keine Abgabestelle bekannt gegeben worden sei. Sie habe mit Frau Dr. XXXX gesprochen und ihr mitgeteilt, dass sie länger abwesend sein werde. Die Beschwerdeführerin habe gebeten, ob sie vorsprechen könne bei der Behörde, aber ihr sei gesagt worden, dass das nicht nötig sei. Der Post gegenüber habe sie mitgeteilt, dass sie länger abwesend sein werde.

 

Der Vertreter der belangten Behörde sagte dazu aus, dass er der Organisation Versicherungsabteilung und Frau Dr. XXXX Beitragseinbringung angehöre und ihm keineswegs die Ortsabwesenheit bekannt gegeben worden sei. Es sei nichts Schriftliches im Akt und es gebe diesbezüglich keinen Aktenvermerk.

 

Auf den Einwand des Vertreters der belangten Behörde erwiderte die Beschwerdeführerin, dass es sein könne, dass sie doch mit jemandem anderen gesprochen habe. Sie sei immer weiterverbunden worden. Die Beschwerdeführerin habe sich damals in Amerika aufgehalten. Sie sei Ärztin für Seniorenreisen und habe dort eine ärztliche Begleitung gemacht. Sie sei auch lange in Italien gewesen. Es seien drei Reisen gewesen, die aneinander gefolgt seien. Sie könne Unterlagen dazu vorlegen.

 

10. Im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 19.12.2016 an das Bundesverwaltungsgericht führt diese ergänzend aus, dass sie am 17.01.2014 das Schreiben der belangten Behörde vom 08.01.2014 übernommen habe. Sie habe daraufhin telefonisch sofort interveniert, weil sie gedacht habe die Vorschreibung sei ein Irrtum. Sie habe daraufhin mit Frau XXXX , die auf dem Schreiben aufscheinende Sachbearbeiterin, gesprochen. Diese habe ihr mitgeteilt, dass Frau Mag. XXXX , die das Schreiben unterzeichnet habe, im Fall einer Beschwerde nicht zuständig sei, sondern Herr XXXX , mit welchem sie verbunden worden sei. Sie habe ihm mitgeteilt, dass sie längere Zeit, nämlich bis zum 31.05.2014 verreisen werde und daher an einer raschen Klärung des Missverständnisses interessiert sei. Sie habe den Eindruck gehabt, dass ihre Worte nicht wahrgenommen worden seien. Die Abgabestelle sei der belangten Behörde bekannt gewesen. Der zuständige Mitarbeiter der belangten Behörde hätte völlig mühelos durch Einsicht in das Zentrale Melderegister feststellen können, dass sich die Adresse der Beschwerdeführerin nicht geändert habe.

 

Dem Schreiben beigefügt war unter anderem der Aktenvermerk der belangten Behörde vom 26.03.2012 (Anm: gemeint 2014), eine Information der Post über die Ortsabwesenheit sowie eine Bestätigung der Ortsabwesenheit der Beschwerdeführerin im Zeitraum 28.02.2014 bis 31.05.2014 durch die XXXX GmbH vom 20.12.2016.

 

11. Am 19.06.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung durch. Zur Ortsabwesenheit der Beschwerdeführerin gab der Behördenvertreter zu Protokoll, dass er der Vorgesetzte von Herrn XXXX sei und bei derartigen Vorgängen immer Aktenvermerke aufgenommen werden würden. Hiezu gebe es keinen Aktenvermerk. Wenn es nicht dokumentiert sei, würden weitere Nachfragen in der Behörde nicht zielführend erscheinen. Es sei keine neuerliche Zustellung erfolgt, da die Frist für die Beschwerdevorentscheidung zwei Monate betrage.

 

12. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.01.2018, in den parallel geführten Verfahren betreffend die Dienstnehmereigenschaft der Betretenen zu den Zlen. W126 2109543-1, W126 2109546-1, W126 2109547-1, W126 2109550-1, wurden die Beschwerden der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide der NÖGKK vom 09.03.2015 und vom 16.03.2015 nach Beschwerdevorentscheidungen vom 09.06.2015, VA/ED-STB-0017/2013, betreffend Einbeziehung in die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 ASVG als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt.

 

Zusammengefasst wurde die Dienstgebereigenschaft der Beschwerdeführerin bejaht und zur Tätigkeit der Betretenen im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich um keine Werkverträge handle und bei den Verspachtelungsarbeiten von Hilfstätigkeiten mit fehlendem Gestaltungsspielraum der Betretenen und von einer Integration der Betretenen in den Betrieb der Beschwerdeführerin (die Baustelle) auszugehen ist, weshalb bei einer Gesamtbetrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - Beschäftigungsverhältnisse in persönlicher Abhängigkeit und wirtschaftlicher Abhängigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG vorliegen würden.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zum Zustellvorgang der Beschwerdevorentscheidung:

 

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 06.03.2014 wurde die Beschwerde vom 12.02.2014 gegen den Bescheid vom 08.01.2014, mit welchem der Beschwerdeführerin ein Beitragszuschlag in Höhe von EUR 2.800,-- vorgeschrieben wurde, abgewiesen.

 

Die NÖGKK verfügte die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung mittels Rückschein an die Beschwerdeführerin an die Adresse der Beschwerdeführerin. Am 11.03.2014 wurde die Beschwerdevorentscheidung samt Rückscheinbrief mit dem Vermerk "ortsabwesend bis 31.05.2014" an die NÖGKK retourniert. Am 26.03.2014 wurde seitens der Behörde eine Hinterlegung im Akt ohne Zustellversuch verfügt und die Beschwerdevorentscheidung ab diesem Tag zur Abholung bereitgehalten.

 

Von 28.02.2014 bis 31.05.2014 war die Beschwerdeführerin ortsabwesend. Die Beschwerdeführerin war in diesem Zeitraum durchgehend als medizinische Begleitperson auf einer Auslandsrundreise tätig.

 

Am 09.10.2014 wurde die Beschwerdevorentscheidung der Beschwerdeführerin im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der NÖGKK persönlich übergeben.

 

1.2. Zu den verhängten Beitragszuschlägen:

 

Im Rahmen einer am 09.12.2013 durchgeführten Kontrolle durch Organe der NÖGKK wurden die Betretenen bei Verspachtelungsarbeiten für die Beschwerdeführerin angetroffen, ohne vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet worden zu sein.

 

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2018, Zlen. W126 2109543-1, W126 2109546-1, W126 2109547-1, W126 2109550-1, wurde die Dienstnehmereigenschaft der Betretenen nach § 4 Abs. 2 ASVG festgestellt.

 

Es erfolgte keine Mindestangaben-Anmeldung vor Arbeitsantritt und auch keine vollständige Anmeldung zur Sozialversicherung durch die Beschwerdeführerin. Die Anmeldungen wurden nicht nachgeholt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt.

 

2.1. Die Feststellungen zur Übermittlung bzw. zum Zustellvorgang der Beschwerdevorentscheidung gehen aus den Angaben von Vertretern der belangten Behörde in den vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlungen am 29.11.2016 und am 19.06.2017 und den diesbezüglichen Unterlagen im Akt, insbesondere dem Aktenvermerk der NÖGKK vom 26.03.2014, sowie den Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihren Schriftsätzen vom 14.10.2014 und 16.01.2015 hervor. Dass die Beschwerdevorentscheidung der Beschwerdeführerin am 09.10.2014 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde ausgefolgt wurde, ergibt sich aus ihren diesbezüglichen Angaben im Vorlageantrag vom 14.10.2014 und der Beschwerde vom 16.01.2015 und wird in der Stellungnahme der belangten Behörde vom 26.01.2015 bestätigt. Da die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung durch Hinterlegung im Akt verfügt und die Beschwerdevorentscheidung ab dieser Verfügung vom 26.03.2014 von der belangten Behörde im Akt zur Abholung bereit gehalten wurde, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin mit dem Akteninhalt – entsprechend ihren Angaben – die Beschwerdevorentscheidung im Original ausgefolgt wurde und wurde Gegenteiliges von den Parteien auch nicht geltend gemacht.

 

Die Ortsabwesenheit der Beschwerdeführerin von 28.02.2014 bis 31.05.2014 ergibt sich aus den Aussagen der Beschwerdeführerin, welche durch die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Bestätigung der XXXX GmbH vom 20.12.2016 bescheinigt wird. Auch im Aktenvermerk bezüglich des Lokalaugenscheins der NÖGKK am 14.03.2014 wurde festgehalten, dass eine Ortsabwesenheit seit 28.02.2014, wie bei der Post angegeben, nachvollziehbar erscheine. Dass die Ortsabwesenheit der Post gemeldet wurde, ist unstrittig. Die Beschwerdeführerin wies im gesamten Verfahren immer wieder darauf hin, dass sie ihre Ortsabwesenheit der belangten Behörde gemeldet hat, was von der belangten Behörde bestritten wird. Es sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass das dahingehende Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht den Tatsachen entspräche. Auch wenn die Beschwerdeführerin beispielsweise unterschiedliche Namen als Kontaktpersonen bei der Behörde genannt hat, erscheinen ihre diesbezüglichen Schilderungen plausibel und nachvollziehbar, sodass von einer Verständigung der Behörde ausgegangen wird. Die belangte Behörde ist der Darstellung der Beschwerdeführerin auch nur vage entgegengetreten, in der mündlichen Verhandlung lediglich mit dem Hinweis, dass bei derartigen Vorgängen immer Aktenvermerke aufgenommen werden würden und es hiezu keinen Aktenvermerk gebe. Selbst wenn man aber den Angaben der Beschwerdeführerin nicht folgen würde, würde dies nichts am Ergebnis der gegenständlichen Entscheidung ändern und zu keiner anderen Beurteilung führen (vgl. dazu die Ausführungen in der Rechtlichen Beurteilung unter A) I. in Punkt 3).

 

2.2. Dass keine Anmeldung zur Sozialversicherung durchgeführt wurde, wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten; vielmehr hat sie sich auf die fehlende Dienstnehmereigenschaft der Betretenen berufen, welche jedoch mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2018, Zlen. W126 2109543-1, W126 2109546-1, W126 2109547-1, W126 2109550-1, bejaht und festgestellt wurde.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) I. Stattgabe der Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.12.2014 und Behebung des Bescheides:

 

Beim ersten Zustellversuch der Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2014 wurde diese aufgrund der Ortsabwesenheit der Beschwerdeführerin vom 28.02.2014 bis 31.05.2014 am 11.03.2014 an die belangte Behörde retourniert, weshalb diese Zustellung nicht wirksam wurde.

 

Die belangte Behörde verfügte daher am 26.03.2014 eine Hinterlegung im Akt ohne Zustellversuch gemäß § 23 iVm § 8 Abs. 2 ZustG mit der Begründung, dass von der Beschwerdeführerin keine Mitteilung über die Änderung der Abgabestelle erfolgt sei. Die Beschwerdevorentscheidung wurde ab diesem Tag zur Abholung bereitgehalten.

 

Gemäß § 8 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen (Abs. 1). Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (Abs. 2).

 

Im Zeitraum der Ortsabwesenheit der Beschwerdeführerin war ein Verfahren, von dem die Beschwerdeführerin Kenntnis hatte, anhängig. Die Beschwerdeführerin bringt diesbezüglich vor, dass sie nicht mit einer umgehenden Entscheidung der Behörde rechnen habe müssen und die Ortsabwesenheit der belangten Behörde bekanntgegeben habe.

 

Zu prüfen ist zunächst, ob überhaupt eine Änderung der Abgabestelle vorliegt, welche zur Anwendung des § 8 ZustG führt.

 

Der Begriff der Änderung der Abgabestelle erfordert nicht auf jeden Fall eine dauernde Verlegung; es kommt nicht auf die polizeiliche Abmeldung, sondern auf den nach den Umständen anzunehmenden Zeitpunkt der tatsächlichen Verlegung der Wohnung an (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0384; 22.2.2005, 2004/21/0279). Die Partei ändert ihre Abgabestelle vielmehr auch dann, wenn sie an dieser zumindest für einen unverhältnismäßig längeren Zeitraum nicht mehr anzutreffen ist. Dabei ist auch die Vorhersehbarkeit der Zustellung während dieser Zeit zu berücksichtigen (OGH 9 ObA 172/92; ähnlich 2 Ob 44/02p). Maßgeblich sind die faktischen Verhältnisse, wobei der Freiwilligkeit der Änderung keine Bedeutung zukommt. Bei einer 14-monatigen Abwesenheit muss daher eine Änderung der Abgabestelle iSd § 8 Abs 1 angenommen werden. Eine Änderung liegt erst dann vor, wenn die Partei die Abgabestelle nicht nur vorübergehend, sondern längerfristig verlässt (VwGH 17.10.2006, 2005/20/0217; VwGH 24.2.2005, 2004/20/0462; vgl auch VwGH 24.2.2005, 2004/20/0462; 17.10.2006, 2005/20/0217); daher stellt eine Haftzeit von circa zwei Monaten noch keine Änderung der Abgabestelle dar (VwGH 21.6.2001, 2001/20/0050). Eine Ortsabwesenheit von über drei Monaten stellte für den OGH (13 Os 31/92) aber eine längerfristige Abwesenheit dar. Bei einer Ortsabwesenheit von einem fünfmonatigen Zeitraum liegt eine dauernde Abwesenheit vor, weshalb die (als einzig bekannt gegebene) Abgabestelle nicht als Zustelladresse verwendet und folglich nach § 8 Abs 2 hinterlegt werden darf (VwGH 26.1.2007, 2006/02/0240). (Frauenberger-Pfeil/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 8 ZustG, Rz 5a f mwN) Anders sieht die Sachlage aber aus, wenn eine Partei die Abgabestelle nur vorübergehend, etwa wegen Urlaubs oder Krankenhausaufenthalts, verlässt (OGH 9 ObA 172/92). Daher ist die Urlaubsadresse nicht bekannt zu geben. Eine kurzfristige Abwesenheit von zwei Wochen stellt zB keine Änderung iSd § 8 Abs 1 dar (VwGH 23.11.1993, 93/11/0085). Maßgebend sind neben der Dauer auch der Anlass der Abwesenheit und die Vorhersehbarkeit von Zustellungen (so OGH 9 Ob 296/00w; 9 ObA 172/92).

(Frauenberger-Pfeil/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 8 ZustG, Rz 5c mwN)

 

Im vorliegenden Fall wird aus Sicht des erkennenden Gerichts nach Maßgabe der angeführten höchstgerichtlichen Judikatur bei der insgesamt drei Monate dauernden Ortsabwesenheit der Beschwerdeführerin keine Änderung der Abgabestelle angenommen. Die Höchstgerichte gingen in ihrer Rechtsprechung bisher nur bei Abwesenheiten von über drei Monaten von einer Änderung der Abgabestelle aus. Die Beschwerdeführerin war zwar in Kenntnis über das gegenständliche Verfahren und musste grundsätzlich mit weiteren Entscheidungen und damit einhergehend Zustellungen an sie rechnen (so hat sie ja auch die Ortsabwesenheit bei der Post mitgeteilt), jedoch ist gegenständlich auch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin in dieser Zeit beruflich als Medizinerin auf Rundreisen tätig war und dadurch zudem die Bekanntgabe einer Ersatzadresse erschwert wurde.

 

Da es zu keiner Änderung der Abgabestelle gekommen ist, war die von der belangten Behörde verfügte Hinterlegung im Akt ohne Zustellversuch gemäß § 23 iVm § 8 Abs. 2 ZustG nicht zulässig. Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerdeführerin erst am 09.10.2014 durch persönliche Übergabe gemäß § 7 ZustG zugestellt.

 

Der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin vom 14.10.2014 erfolgte daher innerhalb der zweiwöchigen Frist und erwies sich als rechtzeitig, weshalb der Beschwerde vom 16.01.2015 stattzugeben und der Bescheid vom 19.12.2014, mit dem der Vorlageantrag als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde, ersatzlos zu beheben war.

 

Zu A) II. Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2014:

 

Für die Beschwerdevorentscheidung steht der Behörde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG eine Frist von zwei Monaten ab Einlangen der Beschwerde bei der belangten Behörde offen. Die Beschwerde ist vom 12.02.2014. Mit Beschwerdevorentscheidung (mit 06.03.2014 datiert) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Die Erlassung eines schriftlichen Bescheides hat durch Zustellung bzw. Ausfolgung zu erfolgen. Wie unter A) I. ausgeführt wurde die Beschwerdevorentscheidung erst am 09.10.2014 durch persönliche Übergabe zugestellt. Die Beschwerde langte bei der belangten Behörde am 17.02.2014 ein. Die zweimonatige Frist für den Erlass einer Beschwerdevorentscheidung ist zum Zeitpunkt der Zustellung am 09.10.2014 daher jedenfalls bereits verstrichen.

 

Versäumt es die Behörde die Beschwerdevorentscheidung innerhalb der vorgesehenen Frist zu treffen, geht die Zuständigkeit zur Entscheidung ex lege auf das Verwaltungsgericht über. Eine nach Verstreichen der Frist ergangene Beschwerdevorentscheidung ist infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde rechtswidrig. Da jedoch die von der nunmehr unzuständig gewordenen Behörde erlassene Beschwerdevorentscheidung rechtswirksam ist, kann diese durch das Verwaltungsgericht nur infolge eines zulässigen Vorlageantrages nach § 15 VwGVG behoben werden (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, RN 768). Im vorliegenden Fall wurde die verspätete Beschwerdevorentscheidung durch den zulässigen und rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag der Beschwerdeführerin angefochten. Daher ist die Beschwerdevorentscheidung der NÖGKK zu beheben.

 

Zu A) III. Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.01.2014 (Verhängung eines Beitragszuschlages):

 

Gegenständlich ist somit die Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.01.2014, mit welchem der Beschwerdeführerin ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wurde.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 eine Teilversicherung begründet.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes u.a., wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs. 1a ASVG normiert, dass der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen kann, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

 

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

 

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können dem Dienstgeber, den sonstigen nach § 36 ASVG meldepflichtigen Personen (Stellen) oder den gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Bevollmächtigten Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde (Ziffer 1) oder die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde (Ziffer 2).

 

Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG setzt sich im Fall des Abs. 1 Z 1 der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 €. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

 

Nach § 113 Abs. 3 ASVG darf in den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 der Beitragszuschlag das Doppelte jener Beiträge nicht überschreiten, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der vollständigen Anmeldung oder bis zum Einlangen der verspäteten vollständigen Anmeldung beim Versicherungsträger bzw. bis zur Feststellung des Entgeltes oder bis zum Einlangen der verspäteten Meldung des Entgeltes beim Versicherungsträger entfallen; im Fall des Abs. 1 Z 4 darf der Beitragszuschlag nicht höher sein als das Doppelte des Unterschiedsbetrages zwischen den sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergebenden und den zu entrichtenden Beiträgen. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse der die Beiträge schuldenden Person und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen; der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären.

 

Im konkreten Fall wurden die Betretenen am 09.12.2013 auf der Baustelle der Beschwerdeführerin bei Verspachtelungsarbeiten angetroffen. Dass die Anmeldung für die Betretenen nicht erfolgte, wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Es wurde lediglich geltend gemacht, dass es sich bei den Betretenen nicht um Dienstnehmer, sondern selbständige Kleinunternehmer handelt. Dass die Beschwerdeführerin Dienstgeberin war und die Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt wurde, wurde bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2018, Zlen. W126 2109543-1, W126 2109546-1, W126 2109547-1, W126 2109550-1, festgestellt.

 

Dienstgeber sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Meldungen (termingerecht) erstattet werden. Die Frage des subjektiven Verschuldens des Dienstgebers (für das "ob" der Vorschreibung) ist nicht zu untersuchen: Bei dem Beitragszuschlag handelt es sich um keine Strafe. Da der Beitragszuschlag bloß als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten ist, kommt es für seine Vorschreibung nicht auf das subjektive Verschulden des Dienstgebers (bzw. des vertretungsbefugten Organs), sondern nur darauf an, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 24.01.2014, 2013/08/0271).

 

Im Beschwerdefall war die Meldung der Betretenen im Kontrollzeitpunkt nicht vorgenommen, weshalb der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG eindeutig erfüllt ist.

 

Es bleibt in einem weiteren Schritt zu überprüfen, ob eine Herabsetzung bzw. ein gänzliches Absehen von der Vorschreibung des Beitragszuschlages unter den Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 ASVG, also bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen bzw. bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe in Betracht kommt:

 

"Unbedeutende Folgen" liegen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa dann vor, wenn sie hinter dem typischen Bild eines Meldeverstoßes zurückbleiben, beispielsweise wenn die Anmeldung zwar verspätet erfolgte, im Zeitpunkt der Durchführung der Kontrolle aber bereits vollzogen gewesen ist (also entgegen dem typischen Regelfall feststeht, dass Schwarzarbeit nicht intendiert war, siehe etwa VwGH vom 26.05.2014, 2012/08/0228).

 

Es entspricht aber auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, und dass die Folgen des Meldeverstoßes in einem solchen Fall nicht iSd § 113 Abs. 2 ASVG als unbedeutend anzusehen sind (vgl. VwGH 10.04.2013, 2013/08/0041).

 

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 13.11.2013, 2011/08/0099) ist bei verspäteter Anmeldung von mehr als zwei gleichzeitig beschäftigten Dienstnehmern nicht mehr von unbedeutenden Folgen auszugehen.

 

Im vorliegenden Fall wurden vier gleichzeitig beschäftigte Dienstnehmer nicht angemeldet und die Anmeldungen waren im Kontrollzeitpunkt noch nicht nachgeholt, sodass im Sinne der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt und die Folgen des Meldeverstoßes nicht als unbedeutend anzusehen sind.

 

Auch besonders berücksichtigungswürdige Gründe hat die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners kommt es nach §°113 Abs. 2 ASVG bei der Bemessung des Beitragszuschlages nicht (mehr) an (vgl. VwGH 14.03.2013, 2012/08/0125).

 

Die Vorschreibung des Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG erfolgte folglich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die Entscheidungsfindung im gegenständlichen Fall war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von über den konkreten Einzelfall hinausgehender Bedeutung abhängig (vgl. VwGH 24.04.2014, Ra 2014/01/0010) und erging in Anlehnung an die zu Spruchpunkt A) dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ortsabwesenheit iSd Zustellgesetzes sowie zur Vorschreibung von Beitragszuschlägen nach §° 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG. Hinsichtlich der Aufhebung der Beschwerde-vorentscheidung, welche nicht innerhalb von zwei Monaten erlassen wurde, liegt eine klare Rechtslage vor, welche keine Auslegungsschwierigkeiten bereitete. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich somit insgesamt auf eine klare Rechtslage stützen.

 

Es war sohin insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

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