VwGH 2004/21/0279

VwGH2004/21/027922.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerden des S, vertreten durch Dr. Klaus Kocher und Mag. Wilfried Bucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sackstraße 36/II, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark jeweils vom 26. April 2004, Zlen. FR 521/2003, betreffend 1. Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes und 2. Feststellung gemäß § 75 des Fremdengesetzes 1997, den Beschluss gefasst:

Normen

ZustG §8 Abs2;
ZustG §8;
ZustG §8 Abs2;
ZustG §8;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 24. Februar 2003 wurde über den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Liberia, ein auf § 36 Abs. 2 Z 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, gestütztes Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Mit Bescheid vom 10. April 2003 stellte die Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 75 Abs. 1 FrG fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Liberia gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Gegen beide Bescheide erhob der Beschwerdeführer durch seinen (damaligen) Rechtsvertreter Berufung an die belangte Behörde. Danach gab der Rechtsvertreter gegenüber der belangten Behörde mit Schriftsätzen vom 19. Februar 2004 die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses des Beschwerdeführers bekannt und ersuchte gleichzeitig, in Hinkunft "sämtliche Ladungen, Verfügungen, Entscheidungen etc." an den Beschwerdeführer selbst zuzustellen. Eine aktuelle Zustelladresse des Beschwerdeführers wurde in den genannten Schriftsätzen vom 19. Februar 2004 nicht angeführt und ist auch den erwähnten Berufungen nicht zu entnehmen.

Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof erstangefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 24. Februar 2003 "mit der Maßgabe abgewiesen", dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes fünf Jahre betrage. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen den Bescheid vom 10. April 2003 abgewiesen. Beide Bescheide adressierte die belangte Behörde an den Beschwerdeführer unter seiner (entsprechend einer aktenkundigen Meldeanfrage vom 19. April 2004) aufrechten Meldeadresse in G., E.G. 38 (nach der Aktenlage die Adresse eines Heimes der Caritas). Beide Bescheide wurden am 28. April 2004 vom zuständigen Zustellpostamt mit dem Vermerk "verzogen" retourniert.

Nachdem eine neuerliche Meldeanfrage der belangten Behörde vom 3. Mai 2004 die weiterhin aufrechte Meldung des Beschwerdeführers in G., E.G. 38, bestätigt hatte, hinterlegte die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide an dieser Adresse ohne Zustellversuch gemäß § 8 iVm. § 23 ZustellG beim zuständigen Zustellpostamt. Dort begann die Abholfrist am 8. Mai 2004.

Im Hinblick auf eine im Akt befindliche Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark (UVS) vom 4. Oktober 2004, in dem die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zum Zwecke seiner Abschiebung für rechtswidrig erklärt worden war, stellte die belangte Behörde die beiden angefochtenen Bescheide am 6. Oktober 2004 dem nunmehrigen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (dieser hatte den Beschwerdeführer auch im Verfahren vor dem UVS vertreten), zu. Der UVS hatte seine Entscheidung nämlich damit begründet, dass die Zustellung des zweitangefochtenen Bescheides der belangten Behörde nach § 8 iVm § 23 ZustG nicht rechtswirksam gewesen sei, weil die belangte Behörde durch einfache Hilfsmittel, so durch eine Auskunft des zentralen Melderegisters, hätte feststellen müssen, dass der Beschwerdeführer "am 08. Mai 2004 ordnungsgemäß gemeldet" gewesen sei.

In den beiden an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten (am 17. November 2004 zur Post gegebenen) Beschwerden wird als Zustellzeitpunkt der angefochtenen Bescheide der 6. Oktober 2004 genannt. Die Richtigkeit dieses Zustelldatums (und damit die Einhaltung der sechswöchigen Beschwerdefrist gemäß § 26 Abs. 1 VwGG) setzt jedoch voraus, dass die erwähnte Zustellung der angefochtenen Bescheide durch Hinterlegung ohne Zustellversuch am 8. Mai 2004 rechtsunwirksam war, weil gemäß § 6 ZustG bei mehreren gültigen Zustellungen die erste Zustellung maßgebend ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Beschwerdeführer zur Frage des Zustellzeitpunktes der angefochtenen Bescheide das Parteiengehör gewährt, der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 18. Jänner 2005 im Wesentlichen auf die genannte Entscheidung des UVS verwiesen.

Zutreffend hat die belangte Behörde zunächst erkannt, dass sie auf Grund der Kündigung des Vollmachtsverhältnisses im Berufungsverfahren die angefochtenen Bescheide nicht mehr an den (damaligen) Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zustellen durfte. Nach den im Akt befindlichen Meldeauskünften war der Beschwerdeführer (abgesehen von zwei Aufenthalten in Haft) seit dem Jahr 2002, so auch am 8. Mai 2004, an der genannten Adresse eines Caritas-Heimes in G., E.G. 38, gemeldet (eine Abmeldung erfolgte erst am 12. Mai 2004). Von dieser aufrechten Meldung ging die belangte Behörde (anders als dem erwähnten Bescheid des UVS zu Grunde gelegt wurde und anders als der Beschwerdeführer daher nun in seiner Stellungnahme vom 18. Jänner 2005 meint) offenbar auch aus, weil sie einen Zustellversuch der angefochtenen Bescheide zunächst unter dieser Adresse vornahm. Auf Grund der Retournierung der entsprechenden Postsendungen durch das zuständige Zustellpostamt am 28. April 2004 mit dem Vermerk "verzogen" durfte die belangte Behörde mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen, der Beschwerdeführer habe seine bisherige Abgabestelle im Sinn des § 8 Abs. 1 ZustG geändert, weil es dabei (anders als der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 18. Jänner 2005 meint) nicht auf die polizeiliche Meldung ankommt, sondern auf den nach den Umständen anzunehmenden Zeitpunkt der tatsächlichen Verlegung der Abgabestelle (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/01/0384). Angesichts der von der belangten Behörde eingeholten Meldeauskünfte - eine solche wurde, wie erwähnt, auch nach dem erfolglosen Zustellversuch am 3. Mai 2004 beigeschafft - hat die belangte Behörde den nach der hg. Rechtsprechung bestehenden Anforderungen im Sinn des § 8 Abs. 2 ZustG, eine neue Abgabestelle zu eruieren, entsprochen (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis, Zl. 2000/01/0384). Die Zustellung der angefochtenen Bescheide durch Hinterlegung ohne (weiteren) Zustellversuch am 8. Mai 2004 erweist sich somit als rechtswirksam.

Dem genannten rechtskräftigen Bescheid des UVS vom 4. Oktober 2004 kommt in diesem Zusammenhang schon deshalb keine Bindungswirkung zu, weil dort der Zustellzeitpunkt der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheide keine Hauptfrage bildete.

Da die vorliegenden Beschwerden nach dem Gesagten nicht innerhalb der sechswöchigen Frist des § 26 Abs. 1 VwGG eingebracht wurden, waren sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 leg. cit., in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. Februar 2005

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