BVwG W113 2115723-1

BVwGW113 2115723-118.3.2016

AVG 1950 §59 Abs1
AVG 1950 §68 Abs3
AVG 1950 §68 Abs4
AVG 1950 §74 Abs1
AWG 2002 §37
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 Anh.1 Z1
UVP-G 2000 Anh.1 Z2
UVP-G 2000 Anh.1 Z3
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs6
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §39
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 §46 Abs26
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §35
AVG 1950 §59 Abs1
AVG 1950 §68 Abs3
AVG 1950 §68 Abs4
AVG 1950 §74 Abs1
AWG 2002 §37
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 Anh.1 Z1
UVP-G 2000 Anh.1 Z2
UVP-G 2000 Anh.1 Z3
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs6
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §39
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 §46 Abs26
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §35

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W113.2115723.1.00

 

Spruch:

W113 2115723-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Katharina DAVID als Vorsitzende und die Richter Dr. Silvia KRASA und Mag. Georg PECH als Beisitzer in der Beschwerdesache gegen diese Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung betreffend die UVP-Feststellung "Bestehende Deponiebetriebe Marchfeldkogel" zu Recht:

1. Bescheid vom 07.09.2015, Zl. RU4-U-831/001-2015, mit dem der Antrag von XXXX (BF 1), vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH, auf Erlassung eines UVP-Feststellungsbescheides zurückgewiesen wird

2. Bescheid vom 07.09.2015, Zl. RU4-U-831/001-2015, mit dem der Antrag vom XXXX (BF 2), vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH, auf Erlassung eines UVP-Feststellungsbescheides zurückgewiesen wird

3. Bescheid vom 07.09.2015, Zl. RU4-U-831/001-2015, mit dem von Amts wegen festgestellt wird, dass die Ablagerungen (bestehende Deponiebetriebe) sowie die Aufbereitung von Baurestmassen (bestehende Baurestmassenrecycling) im Bereich des zukünftigen Areals des Vorhabens "Deponie Marchfeldkogel" nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer UVP nach dem UVP-G 2000 unterliegen

A) Die Beschwerde des BF 2 gegen den 3. Bescheid (UVP-Feststellung)

wird abgewiesen.

B)

I. Die Beschwerde des BF 1 gegen den 1. Bescheid (Antragszurückweisung) wird abgewiesen.

II. Die Beschwerde des BF 2 gegen den 2. Bescheid (Antragszurückweisung) wird abgewiesen.

C)

Die Anträge der BF 1 und BF 2 auf Kostenersatz werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 AVG abgewiesen.

Und fasst den Beschluss:

D) Die Beschwerde des BF 1 gegen den 3. Bescheid (UVP-Feststellung)

wird zurückgewiesen.

E)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die XXXX, vertreten durch die schwartz huber-medek & partner OG, stellte mit Eingabe vom 28.02.2012 den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach dem UVP-G 2000 bei der NÖ Landesregierung als UVP-Behörde für das Vorhaben "Deponie Marchfeldkogel". Gegen dieses Vorhaben erhob der BF 1 während der Auflagefrist Einwendungen. Das Genehmigungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

2. XXXX (BF 1) sowie der XXXX (BF 2), beide vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH, stellten an die Niederösterreichische Landesregierung (idF belangte Behörde) den Antrag, diese möge als zuständige UVP-Behörde gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 feststellen, dass die bereits bestehenden Baurestmassendeponien im Bereich des Projektes "Deponie Marchfeldkogel" nach dem ordentlichen UVP-Verfahren zu genehmigen seien und allenfalls bereits erteilte materienrechtliche Genehmigungen nichtig seien. Begründend führten die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass im Bereich der Gemeinde Markgrafneusiedel, in dem der sogenannte Marchfeldkogel errichtet und betrieben werden solle, sich diverse Baurestmassendeponien befinden würden, auf denen seit längerem, jedenfalls seit mindestens einem Jahr - soweit bekannt - mehr als 1 Mio. t Baurestmassen abgelagert worden seien.

3. Am 21.08.2015 fand auf dem betreffenden Gelände eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung der Anlagenbetreiber, der Deponieaufsicht, der mitwirkenden Behörden sowie eines Deponietechnikers als Sachverständigen statt. Die Behörde erließ in der Folge drei Bescheide, welche alle dieselbe Geschäftszahl und das gleiche Datum tragen:

1. Bescheid vom 07.09.2015, Zl. RU4-U-831/001-2015, mit dem der Antrag von BF 1 auf Erlassung eines UVP-Feststellungsbescheides zurückgewiesen wird

2. Bescheid vom 07.09.2015, Zl. RU4-U-831/001-2015, mit dem der Antrag von BF 2 auf Erlassung eines UVP-Feststellungsbescheides zurückgewiesen wird

3. Bescheid vom 07.09.2015, Zl. RU4-U-831/001-2015, mit dem von Amts wegen festgestellt wird, dass die Ablagerungen (bestehende Deponiebetriebe) sowie die Aufbereitung von Baurestmassen (bestehende Baurestmassenrecycling) im Bereich des zukünftigen Areals des Vorhabens "Deponie Marchfeldkogel" nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer UVP nach dem UVP-G 2000 unterliegen

Begründend führte die belangte Behörde zu den zurückweisenden Entscheidungen aus, dass nach nationaler Rechtslage keinem der Antragsteller die Legitimation zur Einbringung eines Antrags gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zukomme und darüber hinaus im Feststellungsverfahren auch niemandem Parteistellung zukomme und dies nach der Rechtsprechung des EuGH und dieser folgend des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) auch nicht geboten sei.

Zum 3. genannten Bescheid führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund der angeführten Bestimmungen des UVP-G 1993, des UVP-G 2000 sowie der Übergangsbestimmungen des UVP-G 1993 und des UVP-G 2000 sowie des Umstandes, dass die Kumulationsbestimmungen im Sinn des § 3 und des § 3a UVP-G 2000 erst mit dem UVP-G 2000 eingeführt worden seien, sowie der Regelungen des § 3 Abs. 6 iVm § 39 Abs. 3 UVP-G 2000 davon auszugehen sei, dass die bestehenden Inertabfall- und Baurestmassendeponien zum Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen materienrechtlichen Genehmigungen nicht dem Regime des jeweils geltenden UVP-G unterlegen seien. Selbst für den Fall, dass die Baurestemassendeponie XXXX im Hinblick auf Kumulationsbestimmungen einzelfallprüfungspflichtig gewesen wäre, könne aus der Genehmigung abgeleitet werden, dass zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten gewesen wären, wobei die Prüftiefe des AWG weit über eine Grobprüfung hinausgehe. Dies betreffe auch die Beurteilung im Zusammenwirken mit bestehenden Anlagen, da die Auswirkungen dieser jedenfalls in der Grundbelastung mit beurteilt würden. Außerdem würden für alle angeführten Deponien alle (zur Betriebsaufnahme) erforderlichen Genehmigungen rechtkräftig vorliegen und könnten nicht mehr für nichtig erklärt werden. Nach herrschender Ansicht liege nach Ablauf der Frist von drei Jahren jedenfalls ein rechtmäßiger Betrieb vor.

Die belangte Behörde erörterte im Weiteren, dass alleine die Ablagerung der ca. 100.000 m³ Siebrückstände im Bereich XXXX einen Tatbestand iSd der Bestimmungen des UVP-G 2000 erfüllen könnte. Bei dem Vorhaben handle es sich um Anlagen zur Aufbereitung von Baurestmassen sowie eine Deponie handle und hierfür die Tatbestände der Z 1 und Z 2 Anhang 1 zum UVP-G 2000 entscheidungsrelevant seien. Zusammengefasst führte die belangte Behörde aus, dass bei dem Vorhaben keine gefährlichen Abfälle deponiert würden, der Betrieb einer Massenabfall- oder Reststoffdeponie sowie der Betrieb einer Untertagdeponie für nicht gefährliche Abfälle nicht vorliege, sodass die Tatbestände der Z 1 lit. a, Z 2 lit. a und Z 2 lit. b Anhang 1 des UVP-G 2000 nicht erfüllt würden. Auch sei kein Tatbestand der Z 2 lit. d, lit. f, lit. g und lit. h Anhang 1 des UVP-G 2000 erfüllt.

Da bei den Anlagen zur Aufbereitung von Baurestmassen keine gefährlichen Abfälle behandelt werden sollen, sei zu prüfen, ob ein Tatbestand der Z 2 Anhang 1 zum ZVP-G 2000 erfüllt werde. Bei der Z 2 lit. e Anhang 1 zum UVP-G 2000 handle es sich in Bezug auf die Behandlung von Baurestmassen um eine lex specialis zu Z 2 lit. c Anhang 1 zum UVP-G 2000. Derartige Anlagen zur Aufbereitung von Baurestmassen seien speziell in lit. e. geregelt. Dies bedeutet, dass derartige Anlagen ausschließlich unter dieser litera erfasst seien. Dies habe zur Folge, dass unter lit. e grundsätzlich alle gängigen Aufbereitungsverfahren für Baurestmassen erfasst seien. Im Weiteren hat sich aus den Erhebungen der Behörde nicht ergeben, dass in einer ortsfesten Anlage 200.000 t/a Baurestmassen aufgearbeitet werden sollen (Genehmigungen würden für nicht tatbestandsrelevanten Zwischenlagerungen von aufbereiteten und nicht aufbereiteten Baurestmassen vorliegen). Damit werde der Schwellenwert der Aufbereitung von Baurestemassen von 200.000 t/a jedoch nicht erreicht und der Tatbestand der Z 3 lit. e Anhang 1 zum UVP-G 2000 nicht erfüllt. Die belangte Behörde merke hiezu an, dass mobile Anlagen nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen würden.

Die belangte Behörde führte im Weiteren aus, dass auch wenn sich beim gegenständlichen Verfahren nicht im eine Einzelprüfung im eigentlichen Sinne handle, da kein einschlägiger Tatbestand verwirklich worden sei, so sei doch auf den Charakter und die Prüftiefe eines Feststellungsverfahrens im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 einzugehen. Vom Gesetzgeber sei für Feststellungsverfahren eine Entscheidungsfrist von sechs Wochen vorgegeben. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass in einem Feststellungsverfahren nicht dieselben Kriterien wie in einem Genehmigungsverfahren angelegt werden können oder müssen. Im Hinblick auf durch die vor Ort durchgeführte Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes sei eine fachkundige Abschätzung durch die Behörde unter Beiziehung eines deponietechnischen Sachverständigen ausreichend gewesen. Die Erhebung von Kubaturen im Wege einer Vermessung sei nicht notwendig gewesen, zumal regelmäßig Vermessungen durch die Deponieaufsichten erfolgen müssen und von diesen die im Zuge des Lokalaugenscheins durchgeführten Grobanschätzungen bestätigt worden seien. Die Abschätzung der Kubaturen im Wege einer Plausibilitätsprüfung sei zur Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes ausreichend gewesen. Da weder die Ablagerungen (bestehende Deponien) noch die Aufbereitung von Baurestmassen im Bereich des Vorhabens "Deponie Marchfeldkogel" einen Tatbestand im Sinn der Z 1 und Z 2 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 erfüllen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

4. Gegen den jeweils zurückweisenden Bescheid erhoben BF 1 und BF 2 Beschwerden. BF 1 vermeint auf Grund des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts in Form der RL 2011/92/EU Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren zu haben. BF 2 führt aus, dass sich die belangte Behörde über die Judikatur hinweggesetzt habe, demnach Umweltorganisationen in jenen Fällen, in denen kein Feststellungsverfahren von der UVP-Behörde eingeleitet werde, ein Antragsrecht auf Erlassung einer derartigen Entscheidung zu gewähren sei.

In ihren Beschwerden gegen den von Amts wegen erlassenen UVP-Feststellungsbescheid bringen die Beschwerdeführer inhaltlich vor, warum die gegenständlichen Vorhaben einer UVP zu unterziehen seien. Vorweg monieren sie, dass alle drei Bescheide dieselbe Geschäftszahl und dasselbe Bescheiddatum tragen, womit das Bestimmtheitsgebot verletzt wäre. Zudem bestehe eine Beschwerdelegitimation des BF 2 auf Grund des § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 und eine ebensolche des BF 1 auf Grund unionsrechtlicher Judikatur und Richtlinien.

Bisher erteilte materienrechtliche Genehmigungen seien als nichtig zu erklären. Der EuGH habe mit Urteil vom 21.03.2013, Rs. C-244/12, festgestellt, dass Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 4 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 03.03.1997 geänderten Fassung einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für Projekte zur Erweiterung der Infrastruktur des Flughafens, die unter Anhang II dieser Richtlinie fielen, ausschließlich davon abhängig mache, dass durch diese Projekte eine Erhöhung der Anzahl der Flugbewegungen um mindestens 20.000 pro Jahr zu erwarten sei. Lege ein Mitgliedstaat gemäß Art 4 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung für Projekt im Sinne ihres Anhanges II einem mit den Verpflichtungen aus Art 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie unvereinbaren Schwellenwert fest, haben die Bestimmungen von Art. 2 Abs. 1 sowie von Art. 4 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 der Richtlinie unmittelbare Wirkung, sodass die zuständigen nationalen Behörden sicherstellen müssen, dass zunächst geprüft werde, ob die betreffenden Projekte möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben würden, und, wenn ja, sodann eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werde. Es sei festzuhalten, dass ein Schwellenwert mit der in Art. 2 Abs. 1 der genannten Richtlinie zwecks ordnungsgemäßer Erfassung der Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei, aufgestellten allgemeinen Verpflichtung unvereinbar sei. Das alleinige Abstellen auf die Schwellenwerte, so wie es die belangte Behörde vorgenommen habe, sei nicht im Sinne der Judikatur des EuGH. Es sei davon auszugehen, dass das Vorhaben einer Prüfung zu unterziehen sei, ob das geplante Vorhaben möglicherweise Auswirkungen auf die Umwelt habe und wenn ja, sodann einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Das Areal des zukünftigen Vorhabens "Deponie Marchfeldkogel" befinde sich in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie A (Natura 2000 Vogelschutzgebiet) und D (belastetes Gebiet Luft).

Auch bei einer Grobprüfung habe die Behörde die Merkmale des Vorhabens, den Standort des Vorhabens, die Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt sowie Veränderungen der Auswirkungen auf die Umwelt bei Verwirklichung des Vorhabens im Vergleich zu der Situation ohne Verwirklichung des Vorhabens zu beurteilen. Dies habe die belangte Behörde unterlassen.

Im Weiteren führten die Beschwerdeführer an, dass die belangte Behörde gemäß § 68 AVG ermächtigt sei, den Bescheid im öffentlichen Interesse abzuändern, als das zur Beseitigung von Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Missständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich sei, wobei auch die dreijährige Frist einer amtswegigen Nichtigerklärung gemäß § 68 AVG nicht im Wege stehe. Die Behörde sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für rechtskräftig genehmigte Anlagen ausgeschlossen wäre. Im Übrigen sei die belangte Behörde ihrer Prüfpflicht nicht nachgekommen, da sie von der gebotenen sorgfältigen Sachverhaltserhebung mit Verweis auf eine lediglich erforderliche nicht hinreichend definierte Grobprüfung nicht Abstand genommen habe. Mangels ausreichender Erhebung des Sachverhaltes habe der Verdacht, es handle sich um Vorleistungen für das UVP-Projekt Marchfeldkogel, die bereits der UVP-Pflicht unterliegen würden, nicht wirksam entkräftet werden können.

Auch sei die Kumulationsbestimmung des UVP-G 2000 nicht ausreichend angewandt worden, indem etwa die Belassung der Überschüttung der bescheidgemäßen Oberkante der Deponie XXXX mit rund 240.000 m³ Bodenaushubmaterial nicht miteinbezogen worden sei bzw. erst ausreichend sorgfältige Massenermittlungen ergeben hätten, dass der Tatbestand der Kumulation erfüllt sei.

Die Beschwerdeführer stellten die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 feststellen, dass die bestehenden Abbaufelder einem Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 zu genehmigen seien, in eventu den UVP-Feststellungsbescheid aufheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückverweisen und erkennen, das Land Niederösterreich sei als Rechtsträger der belangten Behörde schuldig, die Verfahrenskosten zu Handen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

6. Nach einer Beschwerdemitteilung erstatteten die Deponiebetreiber als mitbeteiligte Parteien, vertreten durch schwartz huber-medek & Partner Rechtsanwälte OG, eine Stellungnahme, in der sie im Wesentlichen vorbringen, dass die Beschwerdeausführungen nicht nachvollziehbar seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der BF 1 ist Hauseigentümer und Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen (Anbau Aroniabeeren), welche in der Nähe der bestehenden Deponiebetriebe im Bereich "Marchfeldkogel" situiert sind. Somit ist er Nachbar iSd des § 19 UVP-G 2000. Dies ergibt sich aus seinen Beschwerden und blieb im Verfahren unbestritten.

Beim BF 2 handelt es sich um eine mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 17.12.2013, Zl. BMLFUW-UW.1.4.2/0070-V/1/2013, anerkannte Umweltorganisation. Der Tätigkeitsbereich dieser Umweltorganisation erstreckt sich auf ganz Österreich.

Mit Schriftsatz vom 15.07.2015 stellten die Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 den Antrag, das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung möge feststellen, dass die bereits bestehenden Baurestmassendeponien im Bereich des Projektes "Deponie Marchfeldkogel" nach dem ordentlichen UVP-Verfahren zu genehmigen seien und allenfalls bereits erteilte materienrechtliche Genehmigungen nichtig seien.

Mit Bescheiden der Niederösterreichischen Landesregierung vom 07.09.2015, Zl. RU4-U-831/001-2015, wurden die verfahrenseinleitenden Anträge vom 15.07.2015 als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Mit weiterem Bescheid der belangten Behörde vom 07.09.2015, Zl. RU4-U-831/001-2015, wurde von Amts wegen festgestellt, dass die Ablagerungen (bestehende Deponiebetriebe) und die Aufbereitung von Baurestmassen (bestehende Baurestmassenrecycling) keinen Tatbestand im Sinn der Z 1 und Z 2 des Anhanges zum UVP-G 2000 erfüllen und damit nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen. Auch dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Auf Grund der unbestritten gebliebenen Ausführungen im Feststellungsbescheid (samt einer mündlichen Verhandlung am 21.08.2015 unter Beiziehung eines deponiefachlichen Sachverständigen) und den im von der belangten Behörde übermittelten Verfahrensakt aufliegenden zahlreichen Genehmigungs- und anderen Bescheiden ergeben sich folgende Kubaturen auf Grund rechtskräftig genehmigter Bescheide betreffend Deponien für Baurestmassen und Inertabfall im Bereich des künftigen Vorhabens "Marchfeldkogel":

470.200 m³ [1995+2010] + 100.000 m³ [1999+2014] + 100.000 m³ [1999+2014] + 690.000 m³ [2006] = 1.360.200 m³ (vgl. dazu die Ausführungen im Feststellungsbescheid S. 14-16).

In den Bereichen lagern weiters 67.000 m³ Baurestmassen, welche dort nicht endgültig abgelagert werden sollen. Die Aufbereitung von Baurestmassen erfolgt mit mobilen Anlagen. Dies ergibt sich vor allem aus den Ausführungen des deponiefachlichen Sachverständigen im Rahmen der Verhandlung der belangten Behörde vom 21.08.2015.

Schließlich sollen 100.000 m³ Siebrückstände auf der Deponie XXXX eingebaut werden. Nach Angabe der Deponiebetreiber als mitbeteiligte Parteien wurde diese Aufhöhung von der Behörde mit Bescheid vom 30.10.2015, Zl. RU4-K-76/234-2015, zur Kenntnis genommen.

Die Vorhaben befinden sich in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie A (Natura 2000 Vogelschutzgebiet) und Kategorie D (belastetes Gebiet Luft).

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Allgemeines:

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Daher wird der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren in der Beschwerde begrenzt. Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützen kann, umfassen insbesondere Verfahrensfehler, materielle Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit der Behörde (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K3). Somit erstreckt sich der Prüfungsumfang des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich auf die geltend gemachten Beschwerdegründe; dies bedeutet, dass dem Bundesverwaltungsgericht abseits der geltend gemachten Beschwerdegründe grundsätzlich keine amtswegige Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung obliegt (siehe Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht, § 27, K6). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften von Amts wegen aufgreifen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht, § 27, K2).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz Antrags gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht konnte nach Einsicht in den Verfahrensakt der UVP-Behörde aufgrund des schriftlichen Beschwerdevorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 Grundrechte-Charta bedeutet hätte (VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146 und VwGH 27.02.2013, 2010/05/0080, jeweils mit Hinweisen auf die Judikatur des EGMR). Eine mündliche Erörterung lässt eine weitere Klärung der Rechtssache auch nicht erwarten, zumal im Beschwerdeverfahren keine neuen fachlichen Argumente vorgebracht wurden. Bezüglich der zurückweisenden Entscheidungen der Behörde war zudem eine bloße formale Rechtsfrage zu klären.

2.2. Zu Spruchpunkt A.I.) Abweisung der Beschwerde gegen den UVP-Feststellungsbescheid:

2.2.1. Beschwerdelegitimation:

Nach § 3 Abs. 1 UVP-G 2000 sind Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.

Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 hat die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine UVP nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben.

Gemäß § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 ist dann, wenn die Behörde gemäß Abs. 7 feststellt, dass für ein Vorhaben keine UVP nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist, eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.

Beim BF 2 handelt es sich um eine anerkannte Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000. Das verfahrensgegenständliche Vorhaben ist auf Grundstücken der Gemeinde Markgrafneudiesel in Niederösterreich situiert, welche sich innerhalb des Tätigkeitsbereiches des BF 2 als anerkannter Umweltorganisation befinden.

§ 3 Abs. 7a UVP-G 2000 räumt den Umweltorganisationen zwar keine formelle Parteistellung im Feststellungsverfahren, so aber doch die Berechtigung ein, Beschwerde gegen Feststellungsbescheide der Landesregierung einzubringen, mit denen die UVP-Pflicht eines Vorhabens verneint wird.

Aus den genannten Bestimmungen und der Einhaltung der vorgeschriebenen Fristen ergibt sich für das gegenständliche Verfahren, dass der BF 2 als anerkannte Umweltorganisation zur Erhebung der "Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht über die UVP-Pflicht" berechtigt ist und diese daher zulässig ist. Die Beschwerde ist jedoch nicht berechtigt.

2.2.2. Zu den einzelnen Beschwerdegründen:

2.2.2.1. Der BF 2 rügt, dass sowohl der Zurückweisungs- als auch der Feststellungsbescheid der belangten Behörde dieselbe Geschäftszahl sowie dasselbe Bescheiddatum tragen würden und deswegen das Bestimmtheitsgebot verletzt worden sei sowie ein schwerer Verfahrensfehler vorliege.

Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben weder Datum noch Geschäftszahl Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Bescheide. Demnach handelt es sich bei der Geschäftszahl nicht um ein für die Qualifizierung einer Erledigung als Bescheid wesentliches Merkmal. Das Fehlen der Geschäftszahl hat - ebenso wie die Nennung einer unzutreffenden Geschäftszahl (VwGH 27.11.2007, 2004/06/0062) - keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides (VwGH 17.12.2014, 2013/10/0103).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein schriftlicher Bescheid mit seiner Zustellung an die Partei erlassen und erst ab diesem Zeitpunkt rechtswirksam. Dem Datum hingegen, mit dem eine schriftliche Ausfertigung eines Bescheides versehen ist, kommt keine rechtliche Bedeutung zu; die darin zum Ausdruck gekommene Zeitangabe ist für den Eintritt der mit einem Bescheid verbundenen Rechtswirkungen ohne Belang (VwGH 30.09.2010, 2007/07/0053).

Das von BF 2 eingeforderte Bestimmtheitsgebot fußt auf § 59 Abs. 1 AVG und verlangt, dass aus dem Spruch des Bescheides klar und unzweideutig hervorgeht, worüber und wie entschieden wurde; die Anforderungen an das Maß der Bestimmtheit hängen allerdings von den Umständen des Einzelfalls ab (VwGH 27.11.2012, 2009/10/0259). Gegenständlich geht aus dem jeweiligen Spruch der Bescheide in Verbindung mit dem oder den jeweiligen Adressaten (Zurückweisung der Anträge auf UVP-Feststellung und Feststellung, dass für die Vorhaben keine UVP-Pflicht besteht) klar hervor, wie und worüber entschieden wird.

Dass alle drei Bescheide dieselbe Geschäftszahl und dasselbe Datum tragen, begründet sohin keine Rechtswidrigkeit dieser Bescheide und ist auch das von BF 2 relevierte Bestimmtheitsgebot nicht verletzt.

2.2.2.2. Darüber hinaus gilt grundsätzlich: Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechtes).

Der Umfang der Beschwerdebefugnis, somit die Frage, was in einer Beschwerde geltend gemacht werden kann, bestimmt sich nach dem Umfang der Parteistellung. Die Beschwerdelegitimation kommt dem BF 2 jedoch nicht als Träger subjektiver Rechte (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG) zu, sondern er leitet dieses Recht aus Art. 132 Abs. 5 B-VG iVm § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 ab (siehe ähnlich: VwGH 25.06.2015, 2015/07/0009). Da es sich bei § 3 Abs. 7a UVP-G somit um eine Beschwerde nach Art. 132 Abs. 5 B-VG handelt, gelten grundsätzlich die Verfahrensregeln des VwGVG (siehe ErlRV 2252 BlgNR XXIV. GP , 4.).

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 leg. cit.) zu überprüfen.

Da das Vorliegen der Verletzung eines subjektiven Rechtes nicht Voraussetzung ist, kann die Beschwerdeberechtigung gemäß Art. 132 Abs. 5 B-VG somit nur in bestimmten, auf die Wahrung des objektiven Rechtes gerichteten Fällen begründet werden.

Die Verletzung eines objektiven Rechtes wurde durch den BF 2 nicht einmal behauptet bzw. vermochte der BF 2 nicht darzulegen, inwiefern eine Verletzung des objektiven Rechtes stattgefunden hätte. Ebenso mangelt es dem Vorbringen, welcher Tatbestand des Anhangs 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 UVP-G 2000 durch das Vorhaben verwirklicht werde und somit eine UVP-Pflicht begründen würde. Dies aufzuzeigen wäre jedoch Voraussetzung, um über die Frage des Vorliegens einer Rechtsverletzung abzusprechen. Das Vorbringen erweist sich über weite Strecken (zu konkreten Beschwerdepunkten vgl. die Ausführungen zu Pkt. 2.3.2.3.) als unsubstantiiert und war dieses grundsätzlich nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des negativen Feststellungsbescheides aufzuzeigen (vgl. VwGH 18.12.2012, 2009/07/0095; 18.12.2012, 2009/07/0179; 22.10.2012, 2010/03/0014).

2.2.2.3. Aber auch darüber hinaus kann sich das Bundesverwaltungsgericht den Ausführungen der belangten Behörde in ihrem Bescheid anschließen:

Bei den verfahrensgegenständlichen Vorhaben handelt es sich fast ausschließlich um solche, für die bereits seit mehr als 3 Jahren rechtskräftige materienrechtliche Genehmigungen vorliegen. § 3 Abs. 6 UVP-G 2000 lautet:

(6) Vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Einzelfallprüfung dürfen für Vorhaben, die einer Prüfung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 unterliegen, Genehmigungen nicht erteilt werden und kommt nach Verwaltungsvorschriften getroffenen Anzeigen vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung keine rechtliche Wirkung zu. Entgegen dieser Bestimmung erteilte Genehmigungen können von der gemäß § 39 Abs. 3 zuständigen Behörde innerhalb einer Frist von drei Jahren als nichtig erklärt werden.

Nach Ablauf der 3-jährigen, nicht verlängerbaren Frist erlischt die Befugnis zur Nichtigerklärung. Dies muss umso mehr für Fälle, wie dem gegenständlichen, gelten, wo die materienrechtlichen Genehmigungen nicht vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Einzelfallprüfung erlassen wurden, sondern weder das eine noch das andere durchgeführt wurde.

Die Genehmigung ist also nach § 3 Abs. 6 nicht mehr angreifbar, jedoch besteht nach Ablauf der 3-Jahres-Frist nach wie vor die Möglichkeit einer amtswegigen Nichtigerklärung bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 und 4 AVG, wie der BF 2 treffend vorbringt. Die in § 68 Abs. 3 und Abs. 4 Z 2 und 3 AVG normierten Aufhebungsgründe (zB Lebens- und Gesundheitsgefährdung, strafgesetzwidriger Erfolg) sind auch außerhalb der 3-Jahres-Frist zusätzlich zu § 3 Abs. 6 anwendbar (Schwarz/Schmelzer, UVP-G-ON, § 3 Rz 121). Worin aber etwa eine Lebens- oder Gesundheitsgefährdung durch die bereits bewilligten Vorhaben liegen soll und wie sich diese auswirkt, bringt der BF 2 nicht im Ansatz vor, weshalb auch nicht weiter darauf einzugehen war.

Die Rechtssicherheit gehört zu den im Gemeinschaftsrecht anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Daher verlangt das Gemeinschaftsrecht nicht, dass eine Verwaltungsbehörde verpflichtet ist, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen (EuGH 13.01.2004, C-453/00 Kühne & Heitz, Rz 24). Weder besteht eine Verpflichtung noch eine Möglichkeit, nach bereits erfolgter Genehmigung ein UVP-Verfahren auch nach dem österreichischen UVP-G 2000 zu beantragen. Die Errichtung und der Betrieb auf der Basis der ergangenen Genehmigungsbescheide sind als rechtskonform anzusehen und es besteht keine Handhabe, gegen die Anlagen wegen der fehlenden UVP mit Verwaltungsstrafsanktionen oder Schließungsanordnungen vorzugehen (Schwarz/Schmelzer, UVP-G-ON, § 3 Rz 120). Der normative Gehalt des § 3 Abs. 6 besteht insbesondere darin, dass nach Ablauf der 3-Jahres-Frist das Vorhaben auf Grundlage der materiengesetzlichen Genehmigungen rechtmäßig errichtet und betrieben werden darf.

Der Ansicht des Umweltsenates, dass UVP-Feststellungsbescheide auch noch nach Ablauf der 3-Jahres-Frist erlassen werden können (US 23.03.2009, 7B/2009/2-6 Oberstorcha; US 27.06.2008, 7B/2008/13-8 Hainsdorf Dev), ist deswegen nicht entgegenzutreten, weil keine Frist für die Durchführung von Feststellungsverfahren vorgesehen ist. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Feststellungsbescheids erscheint jedoch fraglich (Schwarz/Schmelzer, UVP-G-ON, § 3 Rz 120 dazu, dass eine UVP für bereits rechtskräftig abgeschlossene Verfahren eine überzogene Einschränkung der Rechtskraft bedeutet und verfassungswidrig wäre). Die Durchführung eines UVP-Verfahrens über Vorhaben, für die bereits sämtliche materienrechtliche Genehmigungen vorliegen, wäre auch deswegen verfehlt, weil eine solche Genehmigung dann neben den rechtskräftigen materienrechtlichen Genehmigungen stehen würde (US 23.05.2001, 5A/2001/3-14 Ansfelden).

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass hinsichtlich aller materienrechtlichen Genehmigungen, die bereits seit mehr als 3 Jahren rechtskräftig sind, zwar der Feststellungsbescheid zu Recht erlassen wurde, da die Bestimmung des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 keine Frist für die Erlassung eines solchen vorsieht. Der Feststellungsbescheid entfaltet aber keine rechtliche Wirkung, da selbst im Fall der Bejahung der UVP-Pflicht, die materienrechtlichen Genehmigungen rechtskräftigt und nicht mehr aufhebbar sind.

Die materienrechtliche Genehmigung über die Anpassung an die DVO 2008 und den Weiterbetrieb als Inertabfalldeponie vom 23.07.2014, RU4-K-141/161-2008, mit einem Verfüllvolumen von insgesamt 200.000 m³ für die Abschnitte 4 und 5 der Deponie XXXX ist noch nicht seit 3 Jahren rechtskräftig: Es handelt sich dabei um eine ursprünglich im Jahr 1999 bewilligte Bodenaushubdeponie im Umfang von rund 1,2 Mio. m³, die im Zuge der Anpassung an die DVO 2008 im Wege eines Anzeigeverfahrens nach § 37 Abs. 4 Z 1 AWG 2002 iVm mit § 45 Abs. 2 DVO 2008 in den Abschnitten 4 und 5 als Inertabfalldeponie weiterbetrieben wird. Die Abfallklasse Inertabfall wurde mit zitierter DVO 2008 eingeführt und wurden entsprechende Übergangsbestimmungen aufgenommen. Ein Weiterbetrieb einer Deponie erfordert nach der Judikatur des EuGH nur dann die Durchführung eines UVP-Verfahrens, wenn mit dieser Entscheidung eine Änderung oder Erweiterung der Anlage oder des Platzes genehmigt wird, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben kann und damit ein Projekt im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der UVP-RL darstellt (EuGH 19.04.2012, Rs. C-121/11, Pro Braine). Aus dem zitierten Bescheid ist nicht ersichtlich, dass der Weiterbetrieb der Deponie als Inertabfalldeponie in den Abschnitten 4 und 5 eine Änderung oder Erweiterung (im Vergleich zum bisher genehmigten Konsens) umfasst. Es handelt sich vielmehr um die Weiterführung einer im Jahr 1999 bewilligten Bodenaushubdeponie als Inertabfalldeponie (mit nur mehr 200.000 m³ statt ursprünglich rund 1,2 Mio. m³ nach einer in der DVO 2008 enthaltenen Übergangsbestimmung.

Konkret bringt der BF 2 vor, dass die Kumulationsbestimmungen des UVP-G 2000 nicht ausreichend angewandt worden seien, da etwa die Belassung der Überschüttung der bescheidgemäßen Oberkannte der Deponie XXXX mit. rd. 240.000 m³ Bodenaushubmaterial nicht miteinbezogen worden sei. Tatsächlich führte die belangte Behörde die Belassung dieser Überschüttung im UVP-Feststellungsbescheid unter Pkt. 5.1.2. an und führte dazu aus, dass auf die Tatbestände der Z 1 und Z 2 Anhang 1 des UVP-G 2000 hingewiesen werde, wonach Bodenaushub kein Tatbestandselement darstelle und demnach auch Ablagerungen mit Bodenaushubqualität nicht entscheidungsrelevant seien. Dem ist nicht entgegenzutreten, da nach den genannten Bestimmungen Bodenaushubdeponien unbestritten nicht tatbestandsrelevant sind (Schwarz/Schmelzer, UVP-G-ON, Z 2 des Anhangs 1 Rz 9).

Auch die Ausführungen der belangten Behörde auf S. 37-38 des Feststellungsbescheides betreffend die Siebrückstände von 100.000 m³ im Bereich XXXX sind nachvollziehbar und rechtsrichtig - dies hat der BF 2 im Übrigen gar nicht moniert: letztlich wird kein Tatbestand der Z 1 und Z 2 des Anhangs 1 des UVP-G 2000 erfüllt und auch der Kumulationstatbestand nicht, da das Vorhaben jeweils nicht die 25 %-Schwelle (Z 2 lit. d und h) erreicht.

Das Vorbringen des BF 2 war daher nicht nur unsubstantiiert und schon aus diesem Grund nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, sondern zeigen sich auch sonst keine Hinweise, dass die Entscheidung des Nichtvorliegens der UVP-Pflicht mangelhaft ist.

2.2.2.4. Der BF 2 moniert schließlich unter Darlegung der Rechtsprechung des EuGH 21.03.2013, Rs. C-244/12, Salzburger Flughafen, dass das alleinige Abstellen auf die Schwellenwerte nicht im Sinne der Judikatur sei und die belangte Behörde zu prüfen habe, ob das geplante Vorhaben Auswirkungen auf die Natur habe.

Art. 4 UVP-RL 2011/92/EU (idF UVP-RL) lautet:

"(1) Projekte des Anhangs I werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.

(2) Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand

a) einer Einzelfalluntersuchung

oder

b) der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien.

Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a und b genannten Verfahren anzuwenden.

(3) Bei der Einzelfalluntersuchung oder der Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien im Sinne des Absatzes 2 sind die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die gemäß Absatz 2 getroffenen Entscheidungen der zuständigen Behörden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden."

Art. 4 UVP-RL bestimmt, dass bestimmte Projekte laut Anhang I jedenfalls (zwingend) einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Wie dieses Verfahren durchzuführen ist, regeln die Art. 5-10 dieser Richtlinie.

Für alle anderen Projekte (laut Anhang II) überlässt die Richtlinie den Mitgliedstaaten die Regelung eines Verfahrens zur Prüfung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Dieses Verfahren kann entweder in einer Einzelfallprüfung bestehen oder in der Erreichung von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerten oder Kriterien (Abs. 2 lit. a, lit. b leg. cit.) oder in der Anwendung beider Möglichkeiten.

Die bestehenden Deponiebetriebe sowie das bestehende Baurestmassenrecycling im Bereich des zukünftigen Vorhabens "Deponie Marchfeldkogel" sind unter Anhang II Z 11 lit. b der UVP-RL zu subsumieren.

Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten bestimmen können, welches Verfahren zur Feststellung einer UVP-Pflicht anzuwenden ist. Das österreichische UVP-G 2000 sieht ein eigenes Feststellungsverfahren auf Basis einer Einzelfall- und/oder Schwellenwertprüfung vor, sodass keine Verletzung der UVP-RL erblickt werden kann.

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass die Beschwerdeausführungen in ihrer Gesamtheit nicht geeignet waren, den angefochtenen Bescheid und die Feststellung, dass weder für die Ablagerungen (bestehende Deponiebetriebe) noch die Aufbereitung von Baurestemassen (bestehende Baurestmassenrecycling) im Bereich des zukünftigen Areals des Vorhabens "Deponie Marchfeldkogel" einen Tatbestand im Sinne der Z 1 und Z 2 des Anhanges zum UVP-G 2000 erfüllen würden und damit keine Umweltverträglichkeitsprüfung UVP-G 2000 durchzuführen sei, in Frage zu stellen.

2.4. Zu den Spruchpunkten B.I.) und D.):

Mit dem im Spruch unter Pkt. 1 angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der verfahrenseinleitende Antrag des BF 1 auf UVP-Feststellung als unzulässig zurückgewiesen.

BF 1 bringt nun sinngemäß vor, er sei als Nachbarn vom Vorhaben betroffen und hätte auf Grund des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts, nämlich der RL 2011/92/EU , Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren. Er macht in seiner Beschwerde jedoch weder konkrete Angaben zu seiner Nachbareigenschaft noch zu seiner Betroffenheit. Er merkt nur allgemein an, dass er Aroniabeeren anbaut und diese keine Schadstoffe vertragen. Dieser Beschwerdemangel ist allerdings nicht relevant, da Nachbarn im Feststellungsverfahren ohnehin weder eine Parteistellung noch eine Beschwerdelegitimation zukommt.

§ 3 Abs. 7 UVP-G 2000 regelt das Feststellungsverfahren. In einem solchen wird die UVP-Pflicht eines Vorhabens geklärt. Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ergibt sich, dass einen zulässigen Antrag auf Feststellung, ob für ein Vorhaben eine UVP durchzuführen ist, der Projektwerber, der Umweltanwalt oder die mitwirkende Behörde stellen kann. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das BVwG zu erheben, haben auf Grund des Wortlautes des § 3 Abs. 7 leg. cit. der Projektwerber, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Gegen einen negativen UVP-Feststellungsbescheid ist auch eine anerkannte Umweltorganisation und seit der UVP-G-Novelle idF BGBl. I Nr. 4/2016 ein Nachbar gemäß § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 berechtigt, Beschwerde an das BVwG zu erheben.

Nachbarn haben im UVP-Feststellungsverfahren daher weder Parteistellung, noch können sie einen zulässigen Antrag auf Einleitung eines solchen Feststellungsverfahrens stellen, was in (bisheriger) ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes, des Bundesverwaltungsgerichtes sowie des Umweltsenates immer wieder bestätigt wurde (zB VwGH 22.04.2009, 2009/04/0019; VfGH vom 23.11.2003, B 1212/02; BVwG 17.06.2014, W113 2006688-1, Spielberg-Formel-1-Rennen; 14.10.2015, W180 2003747-1, 110-kV Leitungsverbindung Vorchdorf-Kirchdorf; US 30.7.2010, 7B/2010/4-28, Hofstätten/Raab).

Nach seiner Entscheidung im Fall Gruber, die auf Grundlage des EuGH-Urteils (EuGH 16.04.2015, Rs C-570/13) am 22.06.2015, 2015/04/0002, ergangen ist, folgt nun nach Ansicht des VwGH für den dort entschiedenen konkreten Fall folgendes: Zwar ist die Durchführung einer sog. "de-facto- UVP" durch Materienbehörde ausgeschlossen; sie ist jedoch verpflichtet, ihre Zuständigkeit von Amts wegen unter Berücksichtigung einer allfälligen UVP-Pflicht des eingereichten Vorhabens zu prüfen und - u.a. aufgrund des Vorbringens eines betroffenen Nachbarn - in ihrem Bescheid darzulegen, warum sie vom Fehlen einer UVP-Pflicht und damit von ihrer Zuständigkeit ausgeht. Der VwGH verweist in diesem Erkenntnis auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach in einem materienrechtlichen Verfahren Nachbarn im Rahmen ihres Mitspracherechts mit dem Vorbringen, es sei keine UVP durchgeführt worden, die Frage der Zuständigkeit der vollziehenden Behörde aufwerfen können. Nach dem Urteil des EuGH im Fall Gruber seien die Bestimmungen des Art. 11 der UVP-Richtlinie nicht restriktiv auszulegen und daher müsse auch zur Frage der UVP-Pflicht Nachbarn ein Rechtsbehelf offen stehen, und zwar gegen die Entscheidung, keine UVP durchzuführen oder in einem späteren Genehmigungsverfahren. Folge des EuGH-Urteils im Fall Gruber sei gleichzeitig, dass der Feststellungsbescheid nach UVP-G 2000 keine Bindungswirkung für Nachbarn mehr entfalte.

Somit sieht das Bundesverwaltungsgericht nach der Entscheidung des VwGH im Fall Gruber, wie auch bereits in seinen anderen Entscheidungen, wie zB 07.09.2015, W109 2111284-1, Prambachkirchen Gewerbepark oder 27.01.2016, W104 2115704-1/18E, 110-kV-Freileitung Villach, keinen Grund anzunehmen, die Rechtslage habe sich in der Weise geändert, dass Nachbarn nun unmittelbar auf Grund des Unionsrechtes ein Antragsrecht auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens zuzugestehen sei. Die Bindungswirkung eines Feststellungsbescheides kann Nachbarn nicht mehr entgegengehalten werden. Im Umkehrschluss führt dies aber auf Basis der zitierten Entscheidung des VwGH nicht automatisch dazu, dass Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 Parteistellung einzuräumen ist. Vielmehr kann dem Unionsrecht auch dadurch Genüge getan werden, dass dem Nachbarn das Recht auf Klärung der Frage der UVP-Pflicht in einem (materienrechtlichen) Genehmigungsverfahren zusteht (vgl. jüngst VwGH 05.11.2015, Ro 2014/06/0078, wonach für die Durchführung eines Feststellungsverfahrens auf Antrag von Nachbarn aus diesem Grund kein Raum bleibt).

Gegenständlich wurden die materienrechtlichen Verfahren betreffend die bestehenden Deponiebetriebe am zukünftigen Areal des Vorhabens "Deponie Marchfeldkogel" großteils durchgeführt und war der BF 1 in den damaligen Genehmigungsverfahren nach WRG oder AWG zum Teil sogar beteiligt (vgl. zB Genehmigungsbescheid der Abfallrechtsbehörde NÖ vom 17.11.1995, Zl. R/4-K-076/005, XXXX, Genehmigung einer Deponie für Bauschutt und Erdaushub). Selbst in noch durchzuführenden Verfahren ist dem BF 1 die Möglichkeit einzuräumen, die Unzuständigkeit der Materienbehörde vorzubringen und die UVP-Pflicht einzuwenden.

Die zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde hinsichtlich des BF 1 erfolgte daher zu Recht.

Ebenso kommt dem BF 1 keine Beschwerdelegitimation gegen den vorliegenden negativen UVP-Feststellungsbescheid zu und war die diesbezügliche Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Zur Begründung ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

Ergänzend ist auf die aktuelle Bestimmung des § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 hinzuweisen. Diese lautet in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2016:

"(7a) Stellt die Behörde gemäß Abs. 7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation oder ein Nachbar/eine Nachbarin gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation oder einem solchen Nachbarn/ einer solchen Nachbarin Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Für die Beschwerdelegitimation der Umweltorganisation ist der im Anerkennungsbescheid gemäß § 19 Abs. 7 ausgewiesene Zulassungsbereich maßgeblich."

Die maßgebliche Übergangsbestimmung des § 46 Abs. 26 UVP-G 2000 dazu lautet:

"(26) § 3 Abs. 7a idF BGBl. I Nr. 4/2016 gilt auch für jene Fälle, in denen der Bescheid vor Inkrafttreten dieser Novelle erlassen wurde und die Beschwerdefrist noch nicht abgelaufen ist. In diesen Fällen beginnt die Beschwerdefrist für die Nachbarinnen/Nachbarn gegen den Feststellungsbescheid mit dem Tag des Inkrafttretens dieser Novelle zu laufen. [...]"

Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber die Möglichkeit für Nachbarn geschaffen, eine Beschwerde gegen einen negativen UVP-Feststellungsbescheid zu erheben. Mit der zitierten Übergangsvorschrift wird diese Beschwerdemöglichkeit gegen alle Bescheide eröffnet, bei denen der Bescheid vor Inkrafttreten der Novelle erlassen wurde, aber die Beschwerdefrist noch nicht abgelaufen ist. Die Novelle trat mit 24.02.2016 in Kraft. Der angefochtene Feststellungsbescheid wurde am 07.09.2015 erlassen und war die Beschwerdefrist von 4 Wochen somit mit Inkrafttreten der Novelle bereits abgelaufen.

Somit besteht für den BF 1 nach dem innerstaatlichen Recht keine Beschwerdelegitimation.

Wie oben ausgeführt ergibt sich weder aus dem aus dem eindeutigen Wortlaut der nationalen Bestimmung des § 3 Abs. 7 und 7a iVm § 46 Abs. 26 UVP-G 2000 noch aus einem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht eine Beschwerdelegitimation der Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren.

2.5. Zu Spruchpunkt B.II.):

Mit dem im Spruch unter Pkt. 2 angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der verfahrenseinleitende Antrag des BF 2 auf UVP-Feststellung als unzulässig zurückgewiesen.

Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, ist anhand der Vorschriften des materiellen Rechts zu ermitteln (Hengstschläger/Leeb, AVG2 [2014] § 8 Rz 4 mit Hinweis auf VwGH 27.08.2013, 2013/06/0128).

Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren haben nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 der Projektwerber, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde.

Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) idgF, lautet:

"(1) Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die

a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

(2) Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.

(3) Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 1 Absatz 2 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a dieses Artikels. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels verletzt werden können.

(4) Dieser Artikel schließt die Möglichkeit eines vorausgehenden Überprüfungsverfahrens bei einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis einer Ausschöpfung der verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

Die betreffenden Verfahren werden fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer durchgeführt.

(5) Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Öffentlichkeit praktische Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zugänglich gemacht werden."

Beim BF 2 handelt es sich um eine anerkannte Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000. Das UVP-G 2000 räumt Umweltorganisationen gemäß § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 zwar eine Beschwerdemöglichkeit gegen einen von der UVP-Behörde erlassenen Feststellungsbescheid, nicht jedoch ein Antragsrecht für die Einleitung eines solchen Feststellungsverfahrens ein. Das Bundesverwaltungsgericht vermag sich den Ausführungen in der Beschwerde, wonach - unter Berufung auf die Entscheidung des BVwG vom 11.02.2015, W104 2016940-1, - anerkannte Umweltorganisationen berechtigt seien, einen Antrag auf Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zu stellen, aus folgenden Gründen nicht anzuschließen:

§ 3 Abs. 7a UVP-G 2000 wurde durch die Novelle BGBl. I Nr. 77/2012 in das UVP-G 2000 eingefügt. Den Erläuterungen zu § 3 Abs. 7 und 7a UVP-G 2000 ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bewusst die Möglichkeit zur Überprüfung des Ergebnisses der Feststellung, ohne Gewährung einer Antragslegitimation oder Zuerkennung einer Parteistellung während des Verfahrens, geschaffen hat. Mit dem vorgesehenen Antrags(nunmehr Beschwerde)recht auf Überprüfung bei negativen Feststellungsbescheiden wird dieser Forderung Rechnung getragen, da Umweltorganisationen erst durch eine negative Feststellungsentscheidung in Rechten verletzt werden können (vgl. ausführlich 28.10.2015, W225 2112512-1, B 147 - Umfahrung Mattighofen-Munderfing). Ein Analogieschluss zu § 3 Abs. 7 UVP-G 2000, um so ein Antragsrecht einer Umweltorganisation zu begründen, kommt sohin nicht in Frage, da keine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt.

Fraglich ist aber, ob sich unmittelbar aus dem Unionsrecht ein solches Antragsrecht einer Umweltorganisation ergibt. Aus Art. 10a der Vorgängerrichtlinie 85/337/EWG (bzw. nunmehr: Art. 11 der UVP-RL, 2011/92/EU) kann eine umfassende Parteistellung anerkannter Umweltorganisationen nicht abgeleitet werden. Zunächst ist zur Frage der Parteistellung anerkannter Umweltorganisationen in Verfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVPG 2000 auf die bisherige Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach in diesen Verfahren lediglich dem Projektwerber, den mitwirkenden Behörden, dem Umweltanwalt und der Standortgemeinde - und nicht auch anerkannten Umweltorganisationen - Parteistellung zukommt (zB VwGH 14.12.2004, 2004/05/0256, mwN; und jüngst VwGH 17.02.2016, 2016-04-0001, obiter diktum auf S. 7). Nach Meinung des VwGH steht die mit § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 eingeräumte Anfechtungsbefugnis im Einklang mit Art. 11 Abs. 2 UVP-RL, der es den Mitgliedstaaten überlässt, in welchem Verfahrensstadium Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen, für die die UVP-RL gilt, angefochten werden können. Ein subjektives Recht auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens kommt anerkannten Umweltorganisationen nicht zu (VwGH 18.11.2014, 2013/05/0022).

Gegenständlich hat die belangte Behörde von Amts wegen ein Feststellungsverfahren durchgeführt und festgestellt, dass keine UVP durchzuführen ist. Dagegen stand dem BF 2 das Beschwerderecht nach § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 zu, das er auch genutzt hat. In einem solchen Fall ergibt sich kein unmittelbar aus dem Unionsrecht abgeleitetes Antragsrecht auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens.

Die belangte Behörde hat den Antrag vom 15.07.2015 des BF 2 als Umweltorganisation auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens somit zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde war sohin als unbegründet abzuweisen.

2.6. Zu Spruchpunkt C.):

In § 35 VwGVG ist ein Kostenersatz lediglich für Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt geregelt. Sonstige Regelungen über die Kostentragung sind nicht statuiert. Nach der Grundregel des § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Im Anwendungsbereich des AVG gilt damit der Grundsatz der Kostenselbsttragung (VwGH 27.06.2007, 2005/04/0257). Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber der Behörde (VwGH 02.05.2006, 2004/07/0089). Ein Kostenersatz zwischen den Beteiligten findet nur dort statt, wo er in der Verwaltungsvorschrift geregelt ist. Da im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kein Kostenersatz vorgesehen ist, findet somit gemäß § 74 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG ein solcher nicht statt, weshalb der diesbezügliche Antrag abzuweisen war (VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0017 mVa 29.06.2005, 2004/04/0173).

3. Zu Spruchpunkt E.) Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfragen zu lösen waren, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegt zum einen keine erhebliche Rechtsfrage vor, da das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft bzw. auch eine Rechtsprechung des VwGH bzw. des EuGH vorliegt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor:

Die Revision gegen Spruchpunkt A.) ist deswegen unzulässig, weil das Vorbringen des BF 2 unsubstantiiert war und nicht im Ansatz aufzuzeigen vermochte, worin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt und welche Umweltauswirkungen sich durch die gegenständlichen Vorhaben ergeben (vgl. VwGH 18.12.2012, 2009/07/0095; 18.12.2012, 2009/07/0179; 22.10.2012, 2010/03/0014). Auch wenn Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob die Durchführung eines UVP-Feststellungsverfahrens über Vorhaben, die bereits seit mehreren Jahren nach den Materiengesetzen rechtskräftig genehmigt sind, überhaupt zulässig ist, war die Revision nicht zuzulassen, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bezüglich der tragfähigen Alternativbegründung vorliegt (VwGH 16.12.2014, 2014/11/0095).

Die Revision gegen die Spruchpunkte B.I.) und D.) ist nicht zulässig, weil die Frage, ob Nachbarn nach der nationalen oder unionsrechtlichen Rechtslage ein Antragsrecht auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens zukommt oder sie eine Beschwerdelegitimation gegen negativen UVP-Feststellungsbescheide haben, nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist. Sowohl der eindeutige Gesetzeswortlaut der § 3 Abs. 7 und 7a iVm § 46 Abs. 26 UVP-G 2000 und die ältere Judikatur des VwGH (VwGH 27.09.2007, 2006/07/0066) deuten darauf hin, also auch die aktuelle Judikatur des EuGH und des VwGH: In seiner Entscheidung vom 22.06.2015, 2015/04/0002-18, hat der VwGH die Frage der Bindungswirkung eines UVP-Feststellungsbescheides gegenüber Nachbarn besprochen (VwGH 28.05.2015, 2013/07/0105; EuGH 16.04.2015, C-570/13). Schließlich hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 05.11.2015, Ro 2014/06/0078, ausgesprochen, dass dem Unionsrecht auch dadurch Genüge getan werden kann, dass dem Nachbarn das Recht auf Klärung der Frage der UVP-Pflicht in einem (materienrechtlichen) Genehmigungsverfahren zusteht.

Die Revision gegen Spruchpunkt B.II.) ist unzulässig: Die mit § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 eingeräumte Anfechtungsbefugnis steht im Einklang mit Art. 11 Abs. 2 der UVP-RL, 2011/92/EU, der es den Mitgliedstaaten überlässt, in welchem Verfahrensstadium Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen, für die die UVP-RL gilt, angefochten werden können. Ein Recht auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens kommt anerkannten Umweltorganisationen nicht zu (VwGH 17.02.2016, 2016/04/0001).

Die Revision gegen Spruchpunkt C.) ist unzulässig, da zur Frage, ob den Beschwerdeführern ein Kostenersatz zuzusprechen ist, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Prinzip der Kostenselbsttragung im verwaltungsrechtlichen Verfahren einerseits und auf die eindeutige Rechtslage des VwGVG andererseits verwiesen werden kann (VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0017 mVa 29.06.2005, 2004/04/0173).

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