B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W103.2125063.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, vertreten durch den XXXX, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.01.2018, Zl. 1020419410-14670707, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 31.05.2014 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist war.
Anlässlich seiner am Tag der Antragstellung durchgeführten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zunächst an, der Volksgruppe der Gabooye und der moslemischen Glaubensrichtung anzugehören. In Bezug auf seinen Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er habe sein Land verlassen, da ihm die Gruppe Al Shabaab gedroht hätte, ihn zu töten. Sie wollten den Beschwerdeführer als Kämpfer für den Heiligen Krieg rekrutieren, was dieser abgelehnt hätte. Seine Mutter habe gemeint, die Lage sei zu gefährlich und ihm geraten, das Land zu verlassen.
Am 10.06.2014 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen des Zulassungsverfahrens im Beisein eines Rechtsberaters sowie eines Dolmetschers für die somalische Sprache niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen (vgl. Verwaltungsakt, Seiten 49 ff). Seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass Zweifel an einer Minderjährigkeit seiner Person bestünden und stimmte dieser daraufhin der Durchführung einer medizinischen Alterseinschätzung zu.
Aus dem daraufhin durch einen Sachverständigen erstellten Gutachten vom 12.07.2014 ergibt sich zusammenfassend ein Mindestalter des Beschwerdeführers von 17,5 Jahren zum Zeitpunkt der Asylantragstellung, wodurch eine Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zu jenem Zeitpunkt nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne.
Am 19.11.2015 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die somalische Sprache sowie seines gesetzlichen Vertreters niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Eingangs erklärte der Beschwerdeführer, gesund zu sein und sich auf die durchzuführende Einvernahme konzentrieren zu können, die Verständigung mit dem anwesenden Dolmetscher funktioniere sehr gut. Seine bisherigen Angaben seien wahrheitsgemäß gewesen und seien ihm diese korrektermaßen rückübersetzt worden. Nach Befragung zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich nahm die weitere Einvernahme des Beschwerdeführers den folgenden Verlauf:
"(...) F: Was haben Sie gearbeitet?
A: Ich habe Autos gewaschen und Schuhe geputzt.
F: Wie viel haben Sie dabei monatlich verdient?
A: Unterschiedlich. Mal mehr, mal weniger. So viel, dass ich davon leben konnte, und meiner Familie auch etwas geben konnte.
F: Wie viel kostete die Reise?
A: Ich erinnere mich nicht. Die Kosten für die Bootsfahrt waren 800 US-Dollar. Den Rest weiß ich nicht, das hat meine Familie bezahlt.
F: Woher haben Sie so viel Geld?
A: Mitbewohner haben mir das Geld gegeben. Mehrere Mitbewohner in Libyen.
F: Woher hat Ihre Familie so viel Geld?
A: Meine Familie hat kein Geld. Mein Vater näht Schuhe. Andere somalische Mitflüchtlinge haben das bezahlt.
V: Es erscheint nicht glaubhaft, dass "andere somalische Mitflüchtlinge" für Sie bezahlt haben. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ich war so jung damals, ca. 14 Jahre alt. Ich war mit meiner Tante unterwegs, sie ist dort gestorben.
F: Vorhin haben Sie erwähnt, dass die Bootsfahrt 800 US-Dollar gekostet hätte, den Rest hätte Ihre Familie bezahlt. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ich habe ja auch gearbeitet. Die Leute, die mich begleitet habe, haben das für mich bezahlt, sie waren für mich meine Familie, ich hatte keine andere Familie dabei.
...
F: Welche Verwandten haben Sie noch in Somalia?
A: Meine Mutter XXXX, Alter weiß ich nicht, meinen Vater XXXX, Alter weiß ich nicht, meine Schwester XXXX, geb. 2000, meinen Bruder XXXX, geb. 1996.
F: Wo lebt Ihre Familie in Somalia?
A: InXXXX. Das ist ein kleines Dorf, eine nähere Adresse gibt es nicht.
F: Was ist der nächstgrößere Ort?
A: XXXX.
F: Wovon lebt Ihre Familie in Somalia?
A: Mein Vater näht Schuhe. Meine Familie züchtet Ziegen und Schafe.
F: Auf eigenem Grund?
A: In der Nähe des Flusses hat meine Familie ein kleines Grundstück.
F: Haben Sie noch Verwandte in anderen Ländern?
A: Mein Onkel väterlicherseits lebt in den USA.
F: Sind Sie verheiratet?
A: Nein.
F: Haben Sie Kinder?
A: Nein.
F: Beschreiben Sie Ihre allgemeinen Lebensverhältnisse in Somalia?
A: Ich habe gearbeitet. Viel habe ich nicht verdient. Mein Vater hat gearbeitet. Meine Familie hat Ziegen und Schafe gezüchtet.
F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie?
A: Nein. Ich habe ihre Nummer nicht.
F: Warum haben Sie Somalia verlassen?
A: Ich habe Somalia Ende 2012 verlassen. Damals hat man uns gezwungen mit Al Shabaab zu arbeiten. Sie haben die jungen Männer im Dorf gesammelt. Sie sagten, dass die Jungen am heiligen Krieg teilnehmen müssen, sonst gilt man als Ungläubiger, und wird getötet. Die jungen Männer und Jugendlichen, die Fußballspielen waren, haben sie mitgenommen. Die anderen waren zu Hause und haben sich in ihren Häusern versteckt. Ich war ca. 2 Tage im Stall der Ziegen und Schafe versteckt. Später hat meine Tante mütterlicherseits mich mitgenommen, und mit mir das Land verlassen.
F: Warum sollte Al Shabaab ausgerechnet Sie rekrutieren wollen?
A: Sie wollten alle jungen Männer im Dorf rekrutieren.
F: Wenn Al Shabaab Sie hätte rekrutieren wollen, warum hätten sie es nicht sofort mit Gewalt erzwingen sollen?
A: Ich war die bei der Stelle damals, als sie die jungen Männer mitgenommen haben.
F: Das ist logisch, dass nicht alle jungen Männer genau zu diesem Zeitpunkt an dieser Stelle im Dorf waren. Warum hätte Al Shabaab nicht wiederkommen sollen, um die Restlichen zu finden?
A: Sie sind ja ab und zu wieder zurückgekommen. Ich habe heimlich im Dorf gelebt.
F: Wann genau war dieser Vorfall von dem Sie berichten?
A: Das war 2012. Ich kann mich nicht daran erinnern in welchem Monat. Aber in diesem Jahr haben sie viele Männer gesammelt.
F: Zu welcher Jahreszeit war das?
A: In Somalia ist alles gleich. Es gibt in diesem Sinn keine Jahreszeiten. Ich kann mich nicht erinnern wann genau das war.
F: Sie haben angegeben, dass Sie Somalia Ende 2012 verlassen haben. Stimmt das?
A: Ja.
F: Wie viele Monate später, nach dem angeführten Vorfall, haben Sie Somalia verlassen?
A: Zirka 15 bis 20 Tage danach.
V: Bei der Erstbefragung im Mai 2014 haben Sie angegeben, dass Sie Somalia im Februar 2013 verlassen haben. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ja, da stimmt, zu diesem Datum haben wir Somalia verlassen. Vorher habe ich heimlich in Somalia gelebt, jedes Mal woanders versteckt.
V: Vor wenigen Minuten noch haben Sie angeführt, dass Sie Somalia Ende 2012 verlassen haben. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Zu diesem Zeitpunkt haben wir uns entschieden. Inzwischen war ich heimlich in Somalia. Bis an die Grenze hat es etwas gedauert.
F: Gibt es andere junge Männer, die sich vor Al Shabaab verstecken?
A: Ja, es gibt mehrere. Einige haben Richtung Äthiopien das Land verlassen, andere Richtung Kenya.
F: Warum hätte Al Shabaab Sie nicht finden sollen, wenn sie Sie suchen würden?
A: Weil ich versteckt wurde. Meine Familie hat mir geholfen. Sie haben mit jedes Mal woanders versteckt.
F: Warum sind Sie nicht innerhalb von Somalia verzogen?
A: Ich war so jung. Ich hatte Angst. Ich habe die Entscheidung nicht selbst getroffen, ich war in Begleitung von anderen Erwachsenen.
F: Was würde passieren wenn Sie morgen in Somalia, z.B. Mogadishu, aus dem Flugzeug aussteigen würden?
A: Ich werde nicht nach Somalia zurückkehren. Dort gibt es keine Ausbildungsmöglichkeit, wenn ich etwas lernen möchte.
F: Warum sind Sie nicht nach Mogadishu verzogen?
A: Ich kann nicht in Somalia irgendwo anders leben, in einer Region, aus der ich nicht stamme. Ich würde schlecht behandelt werden oder versklavt.
F: Sie haben vorhin angegeben, dass es in Somalia keine Ausbildungsmöglichkeiten gibt, wenn Sie etwas lernen möchten.
A: Ich habe fünf Jahre in Somalia die Schule besucht, aber ich wurde von anderen Mitschülern immer diskriminiert, weil ich einen minderwertigen Beruf ausübe.
V: Nach Ansicht der erkennenden Behörde erscheint es unglaubwürdig, dass Al Shabaab Sie nicht finden sollte, wenn sie es wollen würden. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ich war versteckt im Stall. Dort erwartet man nicht, dass man einen Menschen findet.
V.: Nach Ansicht der erkennenden Behörde haben Sie Ihr Herkunftsland verlassen, mit dem Wunsch nach Migration, um hier in Österreich wirtschaftlich besser leben zu können. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ich habe Somalia verlassen um ein besseres Leben zu haben, ohne Ängste. Dort hatte ich jeden Tag Angst, dass ich getötet werde. Ich habe immer daran gedacht zu sterben.
F: Wer hätte Sie töten sollen?
A: Ich hatte immer Angst, dass ein Konflikt passiert.
F: Welchen Konflikt meinen Sie?
A: Dass die Regierung das Dorf angreift, dass man getötet wird.
F: Warum sollte die Regierung das Dorf angreifen?
A: Damit sie die Islamisten, also Al Shabaab, aus dem Dorf vertreiben.
F: War Al Shabaab in Ihrem Dorf ansässig?
A: Ja.
F: In Ihrem Dorf lebte Al Shabaab?
A: Ja. Im Jahr 2008 haben sie unser Dorf erobert.
V: Es ist nicht glaubhaft, dass Sie sich vor Al Shabaab verstecken können, wenn Angehörige von Al Shabaab in Ihrem Dorf leben. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ab 2008 bis 2012 war ich jung. Später, als ich älter geworden bin, wollten sie mich mitnehmen, damit ich mitmache, bei dem was sie machen. Anschläge verüben, Selbstmordanschläge und so was.
Früher haben sie kein Interesse an mir gehabt. Ich habe gearbeitet. Führer haben sie mich angehalten und nach meiner Familie gefragt. Ich habe gesagt, dass ich arbeite. Sie haben Steuergeld von mir kassiert, und mich gelassen. (...)"
Abschließend bestätigte der Beschwerdeführer nach erfolgter Rückübersetzung seiner Angaben die Richtigkeit und Vollständigkeit des Protokollierten durch seine Unterschrift.
Mit Eingabe vom 02.12.2015 wurde durch den Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme eingebracht, im Rahmen derer zusammenfassend ausgeführt wurde (im Detail vgl. die Seiten 236 ff des Verwaltungsaktes), dass zufolge Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für eine Ansiedlung selbst in Mogadischu spezielle Grundvoraussetzungen im Sinne des Vorhandenseins eines familiären Netzes oder der Möglichkeit der Aufnahme in einen Clanverband vorhanden sein müssten. Verwiesen wurde auf näher angeführtes Berichtsmaterial, aus welchem sich die prekäre Sicherheits- und Menschenrechtslage in Somalia sowie die Gefährdung von in jenes Land zurückkehrende Personen ableiten ließe.
2. Mit Bescheid vom 29.03.2016 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Partei zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte III. und IV.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Staatsangehörigkeit, nicht jedoch die präzise Identität, des Beschwerdeführers fest (vgl. Aktenseite 309) und legte seiner Entscheidung einen allgemeinen Ländervorhalt zur Lage in Somalia mit Stand November 2014 zugrunde (vgl. die Seiten 11 bis 25 des angefochtenen Bescheids).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging von einer Unglaubwürdigkeit der seitens des Beschwerdeführers dargelegten Fluchtgründe aus und erkannte auch darüber hinaus keine einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Somalia entgegenstehenden Umstände.
Beweiswürdigend wurden im Wesentlichen die folgenden Erwägungen getroffen:
"(...) Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:
Als Fluchtgrund gaben Sie im Wesentlichen an: "Ich habe Somalia Ende 2012 verlassen. Damals hat man uns gezwungen mit Al Shabaab zu
arbeiten. Sie haben die jungen Männer im Dorf gesammelt. ... Ich war
ca. 2 Tage im Stall der Ziegen und Schafe versteckt."
...
"F: Warum sollte Al Shabaab ausgerechnet Sie rekrutieren wollen?
A: Sie wollten alle jungen Männer im Dorf rekrutieren.
F: Wenn Al Shabaab Sie hätte rekrutieren wollen, warum hätten sie es nicht sofort mit Gewalt erzwingen sollen?
A: Ich war nicht bei der Stelle damals, als sie die jungen Männer mitgenommen haben.
F: Das ist logisch, dass nicht alle jungen Männer genau zu diesem Zeitpunkt an dieser Stelle im Dorf waren. Warum hätte Al Shabaab nicht wiederkommen sollen, um die Restlichen zu finden?
A: Sie sind ja ab und zu wieder zurückgekommen. Ich habe heimlich im Dorf gelebt."
Hierzu ist anzuführen, dass Sie zu keinem Zeitpunkt Ihre Angaben plausibel und logisch nachvollziehbar begründen konnten.
Weiters gaben Sie im Wesentlichen an:
"F: Wann genau war dieser Vorfall von dem Sie berichten?
A: Das war 2012. Ich kann mich nicht daran erinnern in welchem Monat. ...
...
F: Sie haben angegeben, dass Sie Somalia Ende 2012 verlassen haben. Stimmt das?
A: Ja.
F: Wie viele Monate später, nach dem angeführten Vorfall, haben Sie Somalia verlassen?
A: Zirka 15 bis 20 Tage danach.
V: Bei der Erstbefragung im Mai 2014 haben Sie angegeben, dass Sie Somalia im Februar 2013 verlassen haben. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ja, das stimmt, zu diesem Datum haben wir Somalia verlassen. Vorher habe ich heimlich in Somalia gelebt, jedes Mal woanders versteckt.
V: Vor wenigen Minuten noch haben Sie angeführt, dass Sie Somalia Ende 2012 verlassen haben. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Zu diesem Zeitpunkt haben wir uns entschieden, Inzwischen war ich
heimlich in Somalia. ... "
Auch diesbezüglich ist anzuführen, dass Ihre Angaben wenig plausibel und nicht logisch nachvollziehbar erscheinen.
So gaben Sie Weiters im Wesentlichen an:
"F: Warum hätte Al Shabaab Sie nicht finden sollen, wenn sie Sie suchen würden?
A: Weil ich versteckt wurde. Meine Familie hat mir geholfen. Sie haben mich jedes Mal woanders versteckt.
...
V: Nach Ansicht der erkennenden Behörde erscheint es unglaubwürdig, dass Al Shabaab Sie nicht finden sollte, wenn sie es wollen würden. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ich war versteckt im Stall. Dort erwartet man nicht, dass man einen Menschen findet.
...
F: War Al Shabaab in Ihrem Dorf ansässig?
A: Ja.
F: In Ihrem Dorf lebte Al Shabaab?
A: Ja. Im Jahr 2008 haben sie unser Dorf erobert.
V: Es ist nicht glaubhaft, dass Sie sich vor Al Shabaab verstecken können, wenn Angehörige von Al Shabaab in Ihrem Dorf leben. Möchten Sie sich dazu äußern?
A: Ab 2008 bis 2012 war ich jung. Später, als ich älter geworden bin, wollten sie mich mitnehmen, damit ich mitmache, bei dem was sie machen. Anschläge verüben, Selbstmordanschläge und so was. Früher haben sie kein Interesse an mir gehabt. Ich habe gearbeitet. Früher haben sie mich angehalten und nach meiner Familie gefragt. Ich habe gesagt, dass ich arbeite. Sie haben Steuergeld von mir kassiert, und mich gelassen."
Es erscheint wenig plausibel, dass Sie für Al Shabaab nicht greifbar wären wenn diese es wollten, zumal Al Shabaab laut Ihren Angaben in Ihrem Dorf ansässig waren.
Zusammengefasst haben Sie in keinem Fall Ihrer Erzählungen asylrelevante Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftsstaates glaubhaft machen können. (...)"
Hinsichtlich der Nichtgewährung subsidiären Schutzes wurden im Rahmen der Beweiswürdigung zudem die folgenden Erwägungen getroffen:
"(...) Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:
Da Ihnen wie bereits erörtert im Herkunftsstaat keine Verfolgung droht, man davon ausgehen kann, dass Sie über Anknüpfungspunkte verfügen, auch weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf Ihre Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behaupteten oder bescheinigten, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, weil eine landesweite allgemeine, extreme Gefährdungslage, in der jeder Antragsteller im Fall seiner Abschiebung dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde, nicht gegeben ist.
Sie sind ein arbeitsfähiger und gesunder junger Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Sie werden daher in Ihrem Herkunftsstaat in der Lage sein, sich mit Ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Darüber hinaus kann im gegenständlichen Fall davon ausgegangen werden, dass Ihnen im Fall Ihrer Rückkehr nach Somalia, ebenso wie vor dem Verlassen Ihres Heimatstaates, eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteil wird, mit der Ihre elementaren Lebensbedürfnisse, insbesondere Nahrung und Wohnraum - wenn auch nicht immer im gleichen Umfang - gesichert sind. Sie selbst haben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht behauptet und auch sonst nicht darauf hingewiesen, dass auf Grund der derzeitigen allgemeinen Versorgungssituation in Somalia oder mangels sonstiger Unterstützung für Sie eine Rückkehr nach Somalia nicht möglich oder zumutbar wäre.
So gaben Sie unter anderem an:
"F: Wovon haben Sie in Somalia gelebt?
A: Ich habe gearbeitet. ... Ich habe Autos gewachsen und Schuhe
geputzt.
F: Wie viel haben Sie dabei monatlich verdient?
A: Unterschiedlich. Mal mehr, mal weniger. So viel, dass ich davon leben konnte, und meiner Familie auch etwas geben konnte.
...
F: Wovon lebt Ihre Familie in Somalia?
A: Mein Vater näht Schuhe. Meine Familie züchtet Ziegen und Schafe.
F: Auf eigenem Grund?
A: In der Nähe des Flusses hat meine Familie ein kleines Grundstück." (...)"
Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur ausgesprochenen Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Wiedergabe der entsprechenden rechtlichen Grundlagen und auf Art. 8 EMRK bezugnehmender höchstgerichtlicher Judikatur aus, dass weder ein Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit knapp zwei Jahren in Österreich aufgehalten hätte und er in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen hätte. Er sei illegal eingereist und seien keine für einen Verbleib in Österreich sprechenden Gründe vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gefunden worden.
Mit Verfahrensanordnung vom 31.03.2016 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation im Hinblick auf eine allfällige Beschwerdeerhebung zur Seite gestellt.
3. Gegen den oben angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtete sich die fristgerecht am 18.04.2016 eingebrachte Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Begründend wurde zusammenfassend geltend gemacht, die Behörde habe es unterlassen, auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen und dieses anhand der vorliegenden Länderberichte sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu würdigen. Die Behörde habe es auch verabsäumt, das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem kulturellen Kontext zu würdigen. Aufgrund der nach wie vor bestehenden Präsenz von Al Shabaab im Gebiet Somalias und deren Strategie, erklärte Gegner gezielt zu verfolgen bzw. (junge) Männer zu rekrutieren, müsse von einer ausreichend aktuellen Verfolgungsgefahr ausgegangen werden. Von einer Schutzfähigkeit und -willigkeit somalischer Behörden könne hierbei nicht ausgegangen werden. Es bestünde ein hohes Risiko, dass der Beschwerdeführer im Zuge einer willkürlichen Zwangsrekrutierung von der Miliz zum Kampf gezwungen werde, im Falle einer Weigerung müsse er damit rechnen, durch Al Shabaab getötet zu werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs komme auch einer von einer privaten Gruppierung ausgehenden Verfolgung asylrechtliche Relevanz zu, wenn der Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, Schutz zu gewähren. Gegenwärtig bestünden in Somalia weder ein funktionierender Polizei- noch ein funktionierender Justizapparat. Schon gar nicht könne davon ausgegangen werden, dass im "aktiven" Wirkungsbereich der Al Shabaab effektive Mechanismen zur Verhinderung von Zwangsrekrutierung bestünden, weshalb anzunehmen sei, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr Verfolgung durch diese Gruppe drohen würde. Aufgrund der sich aus den Länderberichten ergebenden schlechten Sicherheitslage lasse sich im Übrigen nicht erkennen, weshalb die Behörde dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt hätte. Vielmehr ergebe sich vor dem Hintergrund der vorliegenden Berichtslage ein Bild, welches eine Rückkehr des Beschwerdeführers als eine Gefährdung seiner durch Artikel 3 EMRK gewährten Rechte erscheinen ließe.
4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 20.04.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.05.2017, Zl. W103 2125063-1, wurde der bekämpfte Bescheid in Erledigung der Beschwerde behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
6. Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen, nunmehr hinsichtlich Spruchpunkt I. angefochtenen, Bescheid vom 03.01.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers vom 31.05.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und diesem gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 03.01.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).
Mit Verfahrensanordnung vom 04.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für eine allfällige Beschwerdeerhebung zur Seite gestellt.
7. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht am 12.01.2018 eingebrachte Beschwerde. Unter einem wurde das im Spruch ersichtliche Vollmachtsverhältnis bekannt gegeben. Geltend gemacht wurden eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, infolgedessen eine mangelhafte Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde habe es unterlassen, auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen. Verwiesen werde auf das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere die Problematik, dass ihn Mitglieder der Al Shabaab-Miliz hätten zwangsrekrutieren wollen. Bezüglich Al Shabaab werde auf die Ausführungen des BVwG in zwei Erkenntnissen vom 15.06.2015 verwiesen. Aus aktuellem Berichtsmaterial sei ableitbar, dass es nur wenige Informationen zum Rekrutierungsprozess der Al Shabaab geben würde. Laut einer UNO-Quelle komme es in städtischen Gebieten, die nicht von Al Shabaab kontrolliert würden, zu einer Rekrutierung durch Al Shabaab, aber im Vergleich zu ländlichen Gebieten in anderer Form. Eine unabhängige Organisation und eine anonyme Quelle hätten angegeben, dass eine Weigerung, sich der Al Shabaab anzuschließen, ernsthafte Konsequenzen haben könnte. Aufgrund der nach wie vor bestehenden Präsenz von Al Shabaab in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers und der Problematik von Zwangsrekrutierungen durch diese, müsse davon ausgegangen werden, dass die Verfolgungsgefahr ausreichend aktuell sei. Von einer Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit somalischer Behörden könne mangels einer flächendeckenden Staatsgewalt nicht ausgegangen werden. Es bestünde daher ein reelles Risiko, dass der Beschwerdeführer entweder gezielt ein Opfer aufgrund seines Ungehorsams gegenüber der Miliz werde oder auch im Zuge der nach wie vor anhaltenden Zwangsrekrutierungen von der Miliz zum Kampf gezwungen werde.
8. Die neuerliche Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 17.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in Somalia, wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:
1.1. Zur Person
Der Beschwerdeführer, dessen Identität nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, ist volljähriger Staatsangehöriger Somalias, der Volksgruppe der Gabooye und dem moslemischen Glauben zugehörig. Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX, wo sich zuletzt die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers aufgehalten haben. Der Beschwerdeführer reiste als Minderjähriger in das Bundesgebiet ein und stellte am 31.05.2014 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte.
Der Beschwerdeführer lebt als subsidiär Schutzberechtigter aufgrund einer befristeten Aufenthaltsberechtigung in Österreich.
1.2. Zum Herkunftsstaat:
1.2.1. Die aktuelle politische und menschenrechtliche Situation in Somalia stellt sich unter (auszugsweiser) Heranziehung der erstinstanzlichen Feststellungen dar wie folgt:
...
1. Sicherheitslage
Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen. Es wurden die unterschiedlichen Akteure in Somalia kategorisiert:
* Die farbigen Gebiete zeigen Akteure, die über signifikanten Einfluss verfügen. Diese Akteure verfügen auch über Ressourcen, um diesen Einfluss zu garantieren. Derartige Akteure sind: Somaliland, Puntland, die Galmudug Interim Administration (GIA), AMISOM und die Somali National Army (SNA), die Jubbaland Interim Administration (JIA), al Shabaab (AS) und die Ahlu Sunna Wal Jama'a (Zentralsomalia; ASWJ). Einige Städte werden von anderen Parteien beherrscht: Von der Clan-Miliz SSC (Dulbahante; Khatumo), von der Clan-Miliz der Warsangeli, von ASWJ (Fraktion Gedo), von Clan-Milizen an der Grenze zu Äthiopien (in den Regionen Gedo, Bakool und Hiiraan). Eine Gebiete - und hier vor allem in Süd-/Zentralsomalia - werden von zwei dieser relevanten Akteure beeinflusst.
* In mit strichlierten Linien umrandeten Gebieten gibt es zusätzliche Akteure mit eingeschränktem Einfluss. Diese Akteure agieren neben den oben erwähnten Hauptakteuren, und sie verfügen nur über eingeschränkte Ressourcen (EASO 2.2016).
Kommentare zu den Eintragungen auf der Karte:
* In Puntland und Jubbaland wurden Zellen des Islamischen Staates markiert; diese Markierungen erfolgten auf der Grundlage anekdotischer Berichte über größere Gruppen von AS-Deserteuren.
* Einige der kleineren Ortschaften der al Shabaab wurden auf der Grundlange anekdotischer Berichte eingetragen.
* Hinsichtlich der Städte Buuhoodle (Togdheer) und Taalex (Sool) gibt es unterschiedliche Berichte und Informationen, die keine Grundlage bieten, diese Ortschaften mit einem relevanten Akteur zu verbinden.
* Die Karte zeigt für Qoryooley keine Garnison der AMISOM. Allerdings gibt es einen Stützpunkt und auch verfügbare Truppen. Allerdings scheinen diese Truppen den Stützpunkt nicht permanent besetzt zu halten. Daher ist Qoryooley die einzige von AMISOM kontrollierte Bezirkshauptstadt, für welche keine Garnison eingetragen worden ist (wiewohl es eine Garnison der somalischen Armee gibt).
* Dhusamareb wurden deshalb als AMISOM markiert, da die Garnison äthiopischer AMISOM-Truppen in der Stadt der wichtigste Akteur ist. Allerdings hat dort nach wie vor ASWJ die politische Kontrolle.
* Das gleiche gilt für die Städte Ceel Buur und Wabxo: Sie sind zwar unter der politischen Kontrolle der GIA, der jeweils wichtigste Akteur im Ort ist aber AMISOM.
* Dies gilt auch für Städte in Gedo: Sie mögen unter der politischen Kontrolle der JIA sein, trotzdem ist ungewiss, ob die Führung in Kismayo tatsächlich die Kontrolle über die Armee in Gedo innehat. So bleibt als wichtigster Akteur AMISOM.
* Äthiopische Flaggen markieren nicht nur äthiopische AMISOM-Garnisonen sondern auch Garnisonen äthiopischer Truppen, die nicht Teil von AMISOM sind sowie Kräfte der äthiopischen Liyu Police. Letztere operiert im mit "Government Allied Militias" markierten Gebiet entlang der äthiopischen Grenze.
* Während die kenianischen, burundischen, ugandischen und dschibutischen Garnisonen nahezu abgedeckt zu sein scheinen, gibt es mehr äthiopische Garnisonen als auf der Karte vermerkt. Es ist unmöglich, ein klares Bild über die oben erwähnten äthiopischen Truppen außerhalb von AMISOM zu erlangen.
* Jene AMISOM-Garnisonen, die als "Strongholds" (Bastionen) markiert sind, können als permanent erachtet werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese an al Shabaab fallen können.
* Die meisten AMISOM-Garnisonen, die als "Forward Position" markiert sind, haben taktische Relevanz und scheinen permanent zu sein. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass diese unter starkem Druck der al Shabaab geräumt werden können (EASO 2.2016).
Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);
Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);
Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016).
Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).
Quellen:
- BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:
Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf , Zugriff 23.3.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
1.1. Süd-/Zentralsomalia
Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz
gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten ums Leben oder werden verwundet (AI 24.2.2016). Aus verschiedenen Garnisonsstädten heraus werden Vorstöße tief ins Gebiet der al Shabaab unternommen. Diese werden teilweise von Luftschlägen begleitet (BFA 10.2015). Al Shabaab betreibt auch asymmetrische Kriegsführung (EASO 2.2016; vgl. UNHRC 28.10.2015), gekennzeichnet durch Sprengstoffanschläge und komplexe Angriffe, von welchen Zivilisten überproportional betroffen sind. Daneben führt al Shabaab auch gezielte Attentate (UNHCR 28.10.2015; vgl. UKHO 15.3.2016) und sogenannte hit-and-run-Angriffe aus (DIS 9.2015).
Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 10.2015). Politische Anstrengungen zur Etablierung von Bundesländern verstärkten die Clankämpfe in einigen Bereichen (ÖB 10.2015; vgl. BS 2016, USDOS 13.4.2016). Dabei kam es auch zu zahlreichen Todesopfern und Vertreibungen, z.B. zwischen Dir und Hawadle im Jänner 2015 (USDOS 13.4.2016).
Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet und deren Eigentum wird zerstört. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 10.2015). Neben den Kampfhandlungen gegen al Shabaab gibt es aus dem ganzen Land auch Berichte über Inter- und Intra-Clankonflikte um Land und Wasserressourcen (EASO 2.2016).
AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 10.2015). Bei gemeinsamen Offensiven mit der somalischen Armee wurde al Shabaab aus Städten in Hiiraan, Bay, Bakool, Gedo und Lower Shabelle vertrieben (AI 24.2.2016). Bei den beiden jüngeren Offensiven (Operation Indian Ocean, Operation Jubba Corridor) trafen AMISOM und Regierungskräfte aufgrund taktischer Rückzüge der al Shabaab nur auf wenig Widerstand. Eingenommen wurde die letzte Bastion der al Shabaab in der Region Gedo - Baardheere - und Diinsoor in der Region Bay. Der al Shabaab wurde zwar die Kontrolle über diese Städte entzogen, doch ist sie ansonsten nicht relevant geschwächt worden. Dahingegen kann AMISOM aufgrund einer Überdehnung der zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr in jeder Stadt und in jedem Dorf eine Präsenz aufrecht halten (EASO 2.2016). Auch die Haupttransportrouten werden von al Shabaab kontrolliert (HRW 27.1.2016).
In der Folge kam es zu schweren Angriffen der al Shabaab auf Janaale (am 1.9.2015) (UNSC 8.1.2016) und Leego (am 26.6.2015) mit insgesamt rund 100 Toten Soldaten der AMISOM und zahlreichen Vermissten (BFA 10.2015; vgl. UNSC 8.1.2016, EASO 2.2016). Als Reaktion auf diese Angriffe begann AMISOM mit einer Umgruppierung, wobei einige Städte und Ortschaften geräumt wurden, darunter Kurtunwarey, Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley (Lower Shabelle); Buq-Aqabla und Xarar-Lugoole in Hiiraan; und Fidow an der Grenze zu Middle Shabelle. Al Shabaab hat all diese Orte unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016). Auch Qoryooley und Wanla Weyne blieben über Tage ohne permanente Truppen der AMISOM (allerdings mit Besatzungen der somalischen Armee). Insgesamt ist einzelnen, exponierten und schwach besetzten Außenposten ein permanenter Status abzusprechen. Spätestens seit dem Angriff der al Shabaab auf den AMISOM-Stützpunkt in Leego werden einzelne Orte zugunsten einer Konzentration von Truppen in größeren Stützpunkten aufgegeben, teilweise wurde der Schutz an die - nur eingeschränkt widerstandsfähige - somalische Armee übertragen (BFA 10.2015).
Es ist nicht möglich, zu definieren, wie weit der Einfluss oder die Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee von einer Stadt hinausreicht. Der Übergang zum Gebiet der al Shabaab ist fließend und unübersichtlich. Im Umfeld (Vororte, Randbezirke) der meisten Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung in Süd-/Zentralsomalia verfügt al Shabaab über eine verdeckte Präsenz, in den meisten Städten selbst über Schläfer (DIS 9.2015). Manche Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung können als Inseln auf dem Gebiet der al Shabaab umschrieben werden (BFA 10.2015; vgl. DIS 9.2015). Jedenfalls verfügt al Shabaab über ausreichend Kapazitäten, um in Städten unter Kontrolle von AMISOM und Regierung asymmetrische Kriegsführung (hit-and-run-Angriffe, Sprengstoffanschläge, gezielte Attentate) anzuwenden. Es gibt in allen Regionen in Süd-/Zentralsomalia Gebiete, wo al Shabaab Präsenz und Einfluss hat, und wo sie die lokale Bevölkerung zu Steuerzahlungen zwingt. Die Bastion der al Shabaab ist dabei die Region Middle Juba (DIS 9.2015).
Die Sicherheitslage in von der Regierung kontrollierten Städten bleibt also volatil (HRW 27.1.2016). Al Shabaab ist nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 24.2.2016). Bei aller Fragilität der Lage hat aber auch UNHCR festgestellt, dass es Zeichen zunehmender Stabilität gibt (UNHRC 28.10.2015). Seitens der Regierung, AMISOM und der internationalen Gemeinde gibt es Anstrengungen, die neu eroberten Bezirke zu stabilisieren. So wurden etwa nach Diinsoor unmittelbar Verwaltungsbeamte entsendet (UNSC 11.9.2015). Dass al Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen Städte zurückerobert, in denen starke Garnisonen ("strongholds") der AMISOM stationiert sind, ist sehr unwahrscheinlich (EASO 2.2016; vgl. DIS 9.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html , Zugriff 22.3.2016
- BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:
Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf , Zugriff 23.3.2016
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 24.3.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html , Zugriff 22.3.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf , Zugriff 25.2.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf , Zugriff 1.4.2016
- UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf , Zugriff 23.3.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
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1.1.1. Al Shabaab (AS)
Ziel der al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an (EASO 2.2016).
Völkerrechtlich kommen der al Shabaab als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu (AA 1.12.2015). Staatlicher Schutz ist in der Gebieten der al Shabaab nicht verfügbar (UKHO 15.3.2016).
Seit 2011 wurden die militärischen Kapazitäten der al Shabaab durch AMISOM und somalische Kräfte sowie durch innere Streitigkeiten beachtlich dezimiert (UKHO 15.3.2016). In der jüngeren Vergangenheit hat al Shabaab schwere Niederlagen erlitten. Einerseits wurde der Anführer, Ahmed Godane, im September 2014 von einer US-Drohne eliminiert. Andererseits hat al Shabaab nach dem Verlust der wichtigen Hafenstadt Baraawe im Oktober 2014 noch weitere, strategisch wichtige Städte verloren (EASO 2.2016). Zuletzt wurden al Shabaab auch herbe Verluste zugefügt. Alleine bei einem Luftschlag gegen ein Lager der Terroristen in Raso (Hiiraan) wurden mehr als 150 frisch ausgebildete Kämpfer getötet und zahlreiche weitere verletzt. Bei einem Vorstoß der al Shabaab entlang der Küste in Nugaal wurden weitere 115 Kämpfer der al Shabaab getötet und 110 gefangen gesetzt. Bei einem ähnlichen Vorstoß im Hinterland fügten Kräfte der GIA der al Shabaab ebensolche Verluste zu. Allein im März 2016 betrugen die Verluste für al Shabaab mindestens 500 Mann, weitere 210 wurden gefangen gesetzt (A 4.2016). Trotz der Verluste ist al Shabaab immer noch in der Lage, große Teile des ländlichen Raumes in Süd-/Zentralsomalia zu halten (EASO 2.2016; vgl. AI 24.2.2016). Die Gruppe kontrolliert auch Versorgungsrouten (UKHO 15.3.2016). Über wie viele Kämpfer die al Shabaab verfügt, ist nicht exakt bekannt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Miliz über mehr als 6.000 Mann verfügt (EASO 2.2016). Al Shabaab ist jedenfalls noch weit davon entfernt, besiegt zu sein (BS 2016).
Allerdings entwickelten sich Mitte 2015 innerhalb der al Shabaab die ersten Risse hinsichtlich einer Neuorientierung zum Islamischen Staat (IS). Mehrere IS-Sympathisanten wurden verhaftet; es kam auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen (EASO 2.2016; vgl. AI 24.2.2016, UNSC 8.1.2016).
Die Menschen auf dem Gebiet der al Shabaab sind einer höchst autoritären und repressiven Herrschaft unterworfen. Während dies zwar einerseits zur Stärkung der Sicherheit beiträgt (weniger Kriminalität und Gewalt durch Clan-Milizen) (BS 2016), versucht al Shabaab alle Aspekte des öffentlichen und privaten Lebens der Menschen zu kontrollieren (BS 2016; vgl. DIS 9.2015). Alle Bewohner der Gebiete von al Shabaab müssen strenge Vorschriften befolgen, z. B. Kleidung, Eheschließung, Steuerzahlung, Teilnahme an militärischen Operationen, Rasieren, Spionieren, Bildung etc. (DIS 9.2015). Mit den damit verbundenen harten Bestrafungen wurde ein generelles Klima der Angst geschaffen (BS 2016). Das Brechen von Vorschriften kann zu schweren Strafen bis hin zum Tod führen (DIS 9.2015).
Quellen:
- A - Sicherheitsanalyseabteilung (4.2016): Sicherheitsbericht für März 2016
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html , Zugriff 22.3.2016
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 24.3.2016
- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 4.4.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
- UKHO - UK Home Office (15.3.2016): Country Information and Guidance South and Central Somalia -Fear of Al-Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1458121464_som-cig-fear-of-al-shabaab.pdf , Zugriff 22.3.2016
- UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf , Zugriff 1.4.2016
2. Rechtsschutz/Justizwesen
In Süd-/Zentralsomalia und in Puntland sind die Grundsätze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt (AA 1.12.2015; vgl. UKHO 15.3.2016; USDOS 13.4.2016).
Laut Verfassung sollte es ein Verfassungsgericht, Bundesgerichte und Gerichte der Bundesstaaten geben. Alle diese Institutionen müssen erst geschaffen werden (EASO 2.2016). Insgesamt existiert nur ein rudimentärer Justizapparat (BS 2016). Die Justiz bleibt unterfinanziert, ineffektiv (UKHO 15.3.2016) und korrupt (UKHO 15.3.2016; vgl. BS 2016; USDOS 13.4.2016). Es mangelt an Ausbildung und Personal (UKHO 15.3.2016; vgl. EASO 2.2016). Gleichzeitig wird die Justiz durch Drohungen beeinflusst (UKHO 15.3.2016). Frauen, Arme, IDPs und vulnerable Personen sehen sich beim Zugang zur Justiz Hindernissen ausgesetzt. Diese sind z.B. Protektion, politische Einflussnahme und Mangel an Transparenz (UNHRC 6.11.2015).
Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 1.12.2015). Es gibt zwar sowohl in Süd-Zentralsomalia als auch in Puntland einen Instanzenzug, aber in der Praxis werden Zeugen eingeschüchtert und Beweismaterial nicht ausreichend herbeigebracht (AA 1.12.2015).
Das formelle Justizsystem ist in vielen Teilen Somalias nicht vorhanden. Einige Regionen haben lokale Gerichte eingerichtet, die vom lokal dominanten Clan abhängen (USDOS 13.4.2016).
Es gibt kein einheitliches Justizsystem, vielmehr herrscht eine Mischung aus formellem, traditionellem (xeer) und islamischem (Scharia) Recht (BS 2016; vgl. USDOS 13.4.2016; EASO 2.2016).
Zur Anwendung kommt xeer bei Konflikten und bei Kriminalität (EASO 2.2016). Im traditionellen Recht vermitteln Älteste. Sie verhandeln auch über Friedensabkommen und einigen sich auf Kompensationszahlungen (BS 2016). Die traditionelle Justiz wird oft herangezogen, da sie zu schnellen Entscheidungen gelangt. Allerdings werden in diesem System oft ganze Clans für die Tat Einzelner zur Verantwortung gezogen (USDOS 13.4.2016).
In den nicht von den jeweiligen Regierungen kontrollierten Gebieten werden Urteile häufig nach traditionellem Recht von Clan-Ältesten gesprochen. Diese Verfahren betreffen in der Regel nur den relativ eng begrenzten Bereich eines bestimmten Clans. Bei Sachverhalten, die mehrere Clans betreffen, kommt es häufig zu außergerichtlichen Vereinbarungen (Friedensrichter), auch und gerade in Strafsachen. Repressionen gegenüber Familie und Nahestehenden (Sippenhaft) spielen dabei eine wichtige Rolle (AA 1.12.2015).
Familien- und Standesangelegenheiten (Heirat, Scheidung, Erbschaft) werden im Rahmen der Scharia abgehandelt. Allerdings sind Schariagerichte oftmals von Clans beeinflusst (BS 2016).
Vor Militärgerichten, wo manchmal auch Zivilisten angeklagt werden, wird Angeklagten nur selten das Recht auf eine Rechtsvertretung oder auf Berufung zugestanden. Internationale Standards werden nicht eingehalten (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2016). Begründet wird die Verfolgung von Zivilisten durch das Militärgericht damit, jede Person, welche sich mit Waffengewalt gegen den Staat richtet, dem Militärgesetz unterliegt (UNHRC 28.10.2015).
Aufgrund der anhaltend schlechten Sicherheitslage sowie mangels Kompetenz der staatlichen Sicherheitskräfte und Justiz muss der staatliche Schutz in Süd-/Zentralsomalia als schwach bis nicht gegeben gesehen werden (ÖB 10.2015). Der Regierung gelingt es nicht, Zivilisten Schutz zukommen zu lassen (HRW 27.1.2016).
In den unter Kontrolle der al Shabaab stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al Shabaab nicht anerkannt (AA 1.12.2015). Dort gibt es kein formelles Justizsystem, es gilt die strikte Interpretation der Scharia (EASO 2.2016; vgl. USDOS 13.4.2016; BS 2016). Insgesamt gibt es nur wenige Informationen darüber, wie die Schariagerichte aufgebaut sind und wie sie arbeiten (BS 2016). Angeklagte vor einem Schariagericht haben kein Recht auf Verteidigung, Zeugen oder einen Anwalt (USDOS 13.4.2016; vgl. BS 2016). Gerichte verhängen harte Strafen, wie Steinigung, Enthauptung, Amputation oder Auspeitschung (EASO 2.2016; vgl. BS 2016). Außerdem setzt al Shabaab strikte Moralgesetze durch, welche Kleidervorschriften oder das Verbot von Rauchen und öffentlichem Khat-Konsum umfassen (BS 2016).
Es gilt das Angebot einer Amnestie gegenüber Kämpfern der al Shabaab, die die Waffen ablegen, der Gewalt abschwören und sich zur staatlichen Ordnung bekennen (AA 1.12.2015).
Auch wenn diese in der puntländischen Verfassung festgeschrieben ist, gibt es in Puntland keine Gewaltenteilung. Sowohl die Legislative als auch die Justiz werden von der Exekutive substantiell beeinflusst. Die Unabhängigkeit der Justiz wurde mehrmals unterminiert (BS 2016).
In Puntland gibt es zwar funktionierende Gerichte (EASO 2.2016; vgl. USDOS 13.4.2016), doch können diese nicht gewährleisten, dass vor dem Recht alle gleich sind (USDOS 13.4.2016). Außerdem leidet die Justiz an Unterfinanzierung, Kapazitätsproblemen, ausgebildetem Personal, Erfahrung und Reichweite (BS 2016). Trotzdem werden in Puntland Verfahrensrechte besser respektiert als in Süd-/Zentralsomalia (AA 1.12.2015). Es gilt die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein öffentliches Verfahren und das Recht auf einen Anwalt (USDOS 13.4.2016).
Das Justizsystem in Puntland ist eine Mischung aus traditionellem Recht (xeer), islamischem Recht (Scharia) und formellem Recht (EASO 2.2016; vgl. BS 2016). Die meisten Fälle werden durch Clanälteste im xeer abgehandelt. Ins formelle Justizsystem gelangen vor allem jene Fälle, wo keine Clan-Repräsentation gegeben ist (USDOS 13.4.2016).
Zu den weder von Regierung noch von al Shabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z. B. "Clanältesten") liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 1.12.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 24.3.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html , Zugriff 22.3.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf , Zugriff 25.2.2016
- UKHO - UK Home Office (15.3.2016): Country Information and Guidance South and Central Somalia -Fear of Al-Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1458121464_som-cig-fear-of-al-shabaab.pdf , Zugriff 22.3.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (6.11.2015): Summary prepared by the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights in accordance with paragraph 15 (c) of the annex to Human Rights Council resolution 5/1 and paragraph 5 of the annex to Council resolution 16/21; Somalia [A/HRC/WG.6/23/SOM/3], http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1455718419_g1525228.pdf , Zugriff 4.4.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
3. Sicherheitsbehörden
Die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) wurde im Jänner 2015 mit Resolutionen der Afrikanischen Union und der UN ins Leben gerufen. Die Mission hat eine militärische, eine polizeiliche und eine zivile Komponente. Truppenstellerstaaten für die militärische Komponente sind gegenwärtig Uganda, Burundi, Dschibuti, Kenia und Äthiopien (EASO 2.2016). Das AMISOM-Mandat wurde am 24.3.2016 vom UN Sicherheitsrat auf März 2017 verlängert (UNNS 24.3.2016). Die AMISOM arbeitet mit der somalischen Armee zusammen, um in Süd-/Zentralsomalia für Ordnung zu sorgen (USDOS 13.4.2016). Die Stärke von AMISOM (Soldaten und Polizisten) beträgt zurzeit mehr als 22.000 (ÖB 10.2015; vgl. BS 2016).
Allerdings ist nur ein Teil der äthiopischen Truppen in Somalia in die AMISOM integriert, Äthiopien verfügt über 2.000-9.000 weitere, nationale Kräfte im Land (EASO 2.2016).
Zusätzlich gibt es noch eine UN Guard Unit (UNGU) mit 530 ugandischen Soldaten, deren einzige Aufgabe der Schutz der UN-Einrichtungen in Mogadischu ist (EASO 2.2016)
Die Polizei untersteht einer Mischung an lokalen und regionalen Verwaltungen und der Bundesregierung. Die nationale Polizei untersteht dem Ministerium für Nationale Sicherheit; außerdem betreiben regionale Behörden eigene Polizeikräfte, die den jeweiligen regionalen Sicherheitsministerien unterstehen. In Mogadischu gibt es zwei getrennte Polizeikräfte: Eine unter der Kontrolle der Bundesregierung, einen andere unter Kontrolle der Regionalverwaltung Benadir. Die Bundespolizei ist in allen 17 Bezirken der Stadt präsent. Oft verdanken Polizisten in Mogadischu ihren Job familiären oder Clan-Kontakten (USDOS 13.4.2016). Von der somalischen Regierung sind zirka 4.000 (EASO 2.2016), nach anderen Angaben 5.200 (UNSC 11.9.2015) oder 6.000 (ÖB 10.2015) oder schließlich 6.748 Polizisten biometrisch erfasst. Der neueste Bericht der UN beziffert die Zahl der Lohnempfangenden somalischen Polizisten mit 12.500 Mann (UNSC 8.1.2016).
Zusätzlich gibt es in Mogadischu noch Polizeieinheiten der AMISOM. Rund 300 AMISOM-Polizisten bilden die somalischen Polizisten in den Bereichen Polizeiarbeit; Menschenrechte; Verbrechensprävention; Gemeindepolizei und Fahndungsmethoden weiter (USDOS 13.4.2016). Im Bereich der Polizeiausbildung bestehen außerdem bilaterale Initiativen, etwa durch Italien und die Türkei (Ausbildung von Polizeikräften in Mogadischu), weiteres durch UNDP, UNODC (v.a. Strafvollzug) sowie durch die IOM (Counter-Trafficking) und in jüngster Zeit auch durch die Vereinigten Arabischen Emirate. Die EU plant zusätzliche 15 Millionen Euro für die Ausbildung der Polizei zur Verfügung zu stellen (ÖB 10.2015).
Die Polizei ist generell nicht effektiv (USDOS 13.4.2016).
Das Verteidigungsministerium ist für die Kontrolle der Armee verantwortlich. Dabei bleibt die ausgeübte Kontrolle dürftig, hat sich aber mit Hilfe internationaler Partner etwas verbessert. Letzteres gilt etwa für die Kräfte im Großraum Mogadischu bis Merka, Baidoa und Jowhar (USDOS 13.4.2016).
Über die Gesamtzahl der somalischen Armee gibt es unterschiedliche Angaben. Laut US Außenministerium betrug diese Ende 2015 rund 23.000 Soldaten (USDOS 13.4.2016). EASO und die UN nennen für August 2015 die Zahl von insgesamt 16.780 biometrisch erfassten Angehörigen der Armee (EASO 2.2016; vgl. UNSC 11.9.2015), EASO geht jedoch davon aus, dass die Anzahl der tatsächlich aktiven Truppe vermutlich geringer sei. Auch werden Quellen genannt, welche die Gesamtzahl der somalischen Armee auf lediglich 10.000 schätzen (EASO 2.2016). Die neueste Zahl der UN berichtet von 19.800 biometrisch erfassten und 22.000 insgesamt vorhandenen somalischen Armeeangehörigen (UNSC 8.1.2016).
Die Masse der Truppe befindet sich in Middle und Lower Shabelle sowie in Bay, Bakool und Gedo. Die Armee ist in 17 unabhängige Brigaden unterteilt. Kräfte der Armee und von pro-Regierungs-Milizen operieren Seite an Seite mit der AMISOM (USDOS 13.4.2016). Sowohl Schlüsselpositionen als auch Mannschaften der somalischen Armee werden von Hawiye dominiert (EASO 2.2016).
Die Rolle des Staatsschutzes liegt in der Hand der National Intelligence and Security Agency (NISA). NISA ist mit exekutiven Vollmachten ausgestattet (AA 1.12.2015). Die Bundesregierung greift regelmäßig auf die Kräfte des NISA zurück, um polizeiliche Arbeit zu erledigen. Hierbei werden Zivilisten ohne Haftbefehl festgehalten (USDOS 13.4.2016). Zwar hat auch die somalische Polizei eine eigene Anti-Terror-Einheit gegründet, trotzdem ist die NISA bei der Reaktion auf Terrorangriffe in Mogadischu hauptverantwortlich (EASO 2.2016).
Mehrere hundert Somali sind von der äthiopischen Armee ausgebildet worden, um das äthiopisch-somalische Grenzgebiet zu schützen. Diese Einheiten operieren unabhängig von AMISOM und somalischer Armee (EASO 2.2016).
Sowohl die Bundesregierung als auch die Interim Juba Administration (IJA) und die Interim South West Administration (ISWA) arbeiten an der Einrichtung von regionalen Polizeikräften. Die UN-Mission UNSOM unterstützt sie dabei; so wurden in Baidoa und Kismayo je 200 Rekruten für die Polizei ausgewählt (UNSC 11.9.2015). Die Ausbildung wird von AMISOM und vom Vereinigten Königreich unterstützt (UNSC 8.1.2016). Außerdem hat die IJA zugestimmt, die eigenen Kräfte in die somalische Armee zu integrieren. Die Integration der ersten
1.350 von insgesamt rund 3.000 Mann erfolgte im Juli 2015 (EASO 2.2016).
Auch für die jüngst eroberten Gebiete wurden Polizeikräfte rekrutiert. Ziel ist es, in jedem der dreizehn neu eroberten Bezirke je zehn Polizisten der somalischen Polizei zu stationieren und diese mit je 35 lokal rekrutierten Gemeindepolizisten zu verstärken (UNSC 11.9.2015). Die betroffenen 130 Polizisten waren gegen Ende 2015 fertig ausgebildet, jedoch gab es hinsichtlich der Verlegung in die Zielgebiete Probleme (UNSC 8.1.2016).
Puntland verfügt ebenso wie Somaliland und die Juba Interim Administration (JIA) über eigene Polizeikräfte (EASO 2.2016). Die Zahl der puntländischen Sicherheitskräfte wird auf ca. 4.000 geschätzt - inklusive staatlicher Milizen und Polizeikräfte. Dabei handelt es sich um die Puntland Darawish Force, die Puntland Maritim Police Force (PMPF) und die Puntland Intelligence Agency (PIA). Letztere wird von den Darod/Majerteen dominiert (EASO 2.2016). Die nachrichtendienstlich arbeitende Innenbehörde verfügt über exekutive Vollmachten (AA 1.12.2015).
Zwar ist die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte in Puntland etwas stärker ausgeprägt, als in Süd-/Zentralsomalia, doch entzieht sich das Handeln der Sicherheitskräfte auch dort weitgehend Kontrolle der öffentlichen Kontrolle. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden keine erhoben (AA 1.12.2015).
Die Sicherheitskräfte in Puntland wurden in der Vergangenheit nicht immer regelmäßig entlohnt, wodurch es zu Protesten von Soldaten und dem Errichten illegaler Straßensperren kam (EASO 2.2016).
Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere der NISA entziehen sich oftmals der öffentlichen Kontrolle (AA 1.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und bei Verstößen straffrei davonkommen (AA 1.12.2015). Nur selten kommt es zur Untersuchung von durch Polizei, Armee oder Milizen begangene Vergehen, es herrscht eine Kultur der Straflosigkeit (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 1.12.2015).
Der Bundesregierung ist es nicht gelungen, das Gewaltmonopol des Staates wiederherzustellen. Vielmehr hängt die Regierung von den Kräften der AMISOM und von alliierten lokalen und regionalen Milizen ab. Die Abhängigkeit von lokalen Milizen verläuft dabei nicht friktionsfrei. Die Loyalität der Milizen liegt - trotz offizieller Allianz mit der Regierung - zuallererst bei den Kommandanten und beim Clan. Die Spannungen zwischen lokalen Milizen und der Armee traten bereits zutage, als die Verwaltungsstrukturen im Sinne der Föderalisierung geändert worden sind (BS 2016).
Das Verhalten der Sicherheitskräfte entspricht nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 1.12.2015). AMISOM und nationale Sicherheitskräfte geben ihr Bestes, um die Gefahr durch al Shabaab in Mogadischu einzudämmen. Auch wenn die Arbeit der Polizei Defizite aufweist, so trägt sie doch ihren Teil bei (UKUT 3.10.2014). In Mogadischu und anderen urbanen Gebieten unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten können die Behörden schutzwillig sein; jedoch sind sie meist nicht in der Lage, einen effektiven Schutz zu gewährleisten. Dies kann der strukturellen Schwäche der Sicherheitskräfte, dem Mangel an Ressourcen, Ausbildung und Ausrüstung, schwachen Kommandostrukturen, der Korruption und der Straflosigkeit für schwerste Verbrechen angelastet werden (UKHO 15.3.2016).
Der durchschnittliche Sold somalischer Soldaten beträgt 100 US-Dollar. Es kommt vor, dass manche Soldaten nur mit Nahrungsmitteln (ÖB 10.2015) oder sehr unregelmäßig bezahlt werden (AA 1.12.2015; vgl. EASO 2.2016). Die geringe Entlohnung führt immer wieder dazu, dass Soldaten und Polizisten zu Clan-Milizen oder sogar zur al Shabaab überlaufen (EASO 2.2016; vgl. ÖB 10.2015), da sie dort besser bezahlt werden. Um diese Überläufer zu ersetzen, werden nach wie vor mehr Sicherheitsbeamte rekrutiert (ÖB 10.2015). Außerdem verkaufen Soldaten ihre Ausrüstung oder wurden kriminell (z.B. Errichtung illegaler Straßensperren (EASO 2.2016; vgl. UNSC 8.1.2016). Ende 2015 ist es gelungen, an 5.200 somalische Polizisten einen achtmonatigen Gehaltsrückstand auszuzahlen (UNSC 8.1.2016).
Die EU hat seit 2010 im Rahmen der Trainingsmission EUTM Somalia bereits über 4.000 somalische Soldaten ausgebildet. Die Besoldung der Rekruten wurde in erster Linie von den USA und Italien finanziert. Mittlerweile ist EUTM verstärkt zu Beratungstätigkeiten für die somalische Armee in Mogadischu sowie zu Offiziersausbildung übergegangen (ÖB 10.2015).
Das Ziel der AMISOM ist es, innerhalb der nächsten Jahre bis zu 30.000 somalische Uniformierte auszubilden (ÖB 10.2015). Die UN betreibt eine Ausbildung hinsichtlich Menschenrechte, diese findet auch dezentral in Kismayo und Ceel Waaq statt (UNSC 11.9.2015). Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt, für die Mehrzahl der regulären Kräfte muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur äußerst begrenzt bekannt sind. Für die regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Vonseiten der Kämpfer der al Shabaab wird der völkerrechtliche Rahmen für die Arbeit von Sicherheitsorganen als solcher nicht anerkannt (AA 1.12.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 24.3.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf , Zugriff 25.2.2016
- UKHO - UK Home Office (15.3.2016): Country Information and Guidance South and Central Somalia -Fear of Al-Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1458121464_som-cig-fear-of-al-shabaab.pdf , Zugriff 22.3.2016
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016
- UNNS - UN News Service (24.3.2016): Security Council extends mandate of UN mission in Somalia through March 2017, http://www.refworld.org/docid/56fa1fbd40b.html , Zugriff 15.4.2016
- UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf , Zugriff 1.4.2016
- UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf , Zugriff 23.3.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
4. Folter und unmenschliche Behandlung
Auch wenn die Übergangsverfassung Folter und unmenschliche Behandlung verbietet, kommt es zu derartigen Vorfällen. Es wurden Anschuldigungen erhoben, dass Angehörige des Geheimdienstes NISA Folter anwenden würden (USDOS 13.4.2016). NISA führt Razzien durch und verhaftet Menschen, obwohl der Dienst dafür über kein Mandat verfügt (HRW 27.1.2016). Die NISA hält Beschuldigte über lange Zeit ohne Anklage fest und misshandelt Verdächtige bei Verhören (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2016). Auch gegen Kräfte der Juba Interim Administration wurden Foltervorwürfe erhoben (USDOS 13.4.2016).
In den von der al Shabaab kontrollierten Gebieten ist regelmäßig von unmenschlicher Behandlung auszugehen, wenn einzelne Personen gegen die Interessen der al Shabaab handeln oder dessen verdächtigt werden (AA 1.12.2015). Al Shabaab misshandelt Menschen auf dem Gebiet unter eigener Kontrolle und setzt diese harten Bestrafungen aus (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html , Zugriff 22.3.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
5. Militär, Rekrutierungen, Deserteure
In Somalia gibt es keinen verpflichtenden Militärdienst. Allerdings rekrutieren die Clans regelmäßig eigenmächtig und unter Androhung von Zwangsmaßnahmen für die Familie junge Männer zum Dienst in einer der Milizen, bei den staatlichen Sicherheitskräften oder sogar bei der al Shabaab, um einen gewissen Schutz des eigenen Clans oder Sub-Clans zu erreichen (AA 1.12.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
5.1. (Zwangs‑)Rekrutierungen und Kindersoldaten
Kinder werden - weniger durch die Regierung, regelmäßig jedoch in Verbänden der al Shabaab oder von Clan-Milizen - als Kindersoldaten rekrutiert (AA 1.12.2015) und eingesetzt (USDOS 13.4.2016). Bis 5.6.2015 hat die UN 819 Fälle der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldaten durch al Shabaab, die somalische Armee, alliierte Milizen, Ahlu Sunna Wal Jama'a und andere bewaffnete Gruppen dokumentiert (AI 24.2.2016). Während sich in den Reihen der Regierungskräfte v.a. Minderjährige finden, deren Alter im Rahmen des Rekrutierungsprozesses nicht eindeutig festgestellt wurde, setzt al Shabaab Kindersoldaten systematisch ein. Erfreulicherweise geht die Zahl der Rekrutierung von Kindern tendenziell zurück. Die somalische Regierung hat 2012 einen Aktionsplan zur Verwirklichung einer "kinderfreien" somalischen Armee verabschiedet, die Umsetzung schreitet allerdings langsam voran. UNSOM und UNICEF unterstützen die Regierung bei der Umsetzung ihrer Vorgaben in diesem Bereich (ÖB 10.2015).
In welchem Ausmaß al Shabaab heute noch Kinder rekrutiert, kann nicht genau gesagt werden (LI 11.6.2015). Die UN haben von 82 Fällen berichtet, bei welchen Kinder in Moscheen oder während religiösen Veranstaltungen der al Shabaab rekrutiert worden sind (USDOS 13.4.2016).
Hauptrekrutierungsbereich von al Shabaab ist Süd-/Zentralsomalia. Die Rekrutierung als solche wird von UNHCR nicht als Fluchtgrund gesehen. Somalische Flüchtlinge - v.a. jene, die das Land nach 2011 verlassen haben - seien nicht vor al Shabaab geflohen sondern vor der Hungersnot (ÖB 10.2015). Es ist zwar weniger wahrscheinlich, aber auch in Städten unter der Kontrolle der Regierung und von AMISOM wird durch al Shabaab rekrutiert (DIS 9.2015).
Die wichtigste Personengruppe für Rekrutierungen ist für al Shabaab jene der 12-16jährigen Buben. Als wichtige Werkzeuge bei der Rekrutierung gelten Propaganda; die Rekrutierung über Clanführer und Koranschulen; Gehirnwäsche und Indoktrinierung; wie Deserteure berichten, stehen letztere zwei Methoden im Vordergrund. Gleichzeitig wird manchmal Zwang angewendet, meist aber erfolgt die Rekrutierung durch Überzeugungsarbeit - und durch die Aussicht auf Sold. Denn al Shabaab ist für junge Männer attraktiv, die keine Bildung haben oder arbeitslos sind. Gleichzeitig ist es für Familien attraktiv, ein bis zwei Angehörige bei al Shabaab unterzubringen, um so Einkommen zu generieren (LI 10.9.2015) bzw. um die Familie abzusichern (DIS 9.2015). Am leichtesten kann al Shabaab folglich in IDP-Lagern rekrutieren (LI 10.9.2015). Al Shabaab rekrutiert normalerweise in Moscheen oder bei religiösen Veranstaltungen (EASO 2.2016; vgl. ÖB 10.2015).
Es ist schwer einzuschätzen, wie systematisch und weitverbreitet Zwangsrekrutierungen stattfinden. Die UN führt jegliche Rekrutierung von Kindern als Zwangsrekrutierung (LI 10.9.2015).
In Mogadischu gibt es kein Risiko hinsichtlich einer Zwangsrekrutierung durch al Shabaab (UKUT 3.10.2014; vgl. UKUT 5.11.2015). Al Shabaab führt in Städten wie Mogadischu keine Zwangsrekrutierungen von Kindern mehr durch. Allerdings bezahlt al Shabaab in Mogadischu Kinder für Aktivitäten (Informationen; aber auch das Werfen von Handgranaten) (LI 11.6.2015). In jenen ländlichen Gebieten, die unter Kontrolle der al Shabaab sind, kommt die (Zwangs‑)Rekrutierung von Kindern immer noch vor (LI 11.6.2015; vgl. USDOS 13.4.2016), ist aber die Ausnahme (EASO 2.2016). Es ist ein Fall dokumentiert, wo al Shabaab in einer Koranschule im Gebiet der Regierung - in Baidoa - sechs Buben rekrutiert hat. Generell ist es aber unwahrscheinlich, dass al Shabaab in Gebieten, die nicht unter ihrer Kontrolle stehen, Zwangsrekrutierungen vornimmt (LI 10.9.2015).
Die Weigerung, der al Shabaab beizutreten, kann für die Person selbst, aber auch für Familienangehörige tödlich sein. Eine andere Konsequenz, um einer Rekrutierung zu entgehen, wäre die Übersiedlung in ein anderes Gebiet (DIS 9.2015).
Die UN unterstützen die Reintegration von 500 ehemaligen Kindersoldaten in ihre Familien und Gemeinden. Die Aktivitäten umfassen psycho-soziale Unterstützung, "back-to-school"-Programme und Berufsausbildung (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html , Zugriff 22.3.2016
- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 4.4.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
- LI - Landinfo (10.9.2015): Somalia: Rekruttering til al-Shabaab, http://www.landinfo.no/asset/3221/1/3221_1.pdf , Zugriff 4.4.2016
- LI - Landinfo (11.6.2015): Barn og unge , http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1436864948_3151-1.pdf , Zugriff 4.4.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf , Zugriff 25.2.2016
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence - weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/docid/5669ccf64.html , Zugriff 7.4.2016
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
5.2. Deserteure und ehemalige Kämpfer der al Shabaab
Hinsichtlich Deserteuren der al Shabaab gibt es nur wenige Informationen. Es gibt keine Aufzeichnungen über diese Personen, und auch nicht darüber, was später mit ihnen geschah. Ein bis zwei Drittel der Deserteure scheinen unmittelbar zu ihren Gemeinden zurückzukehren, ohne sich vorher der Armee oder AMISOM zu ergeben (LI 5.8.2015).
Eigentlich gilt gegenwärtig eine bereits 2014 ausgerufene Amnestie für al-Shabaab-Mitglieder, die sich ergeben; allerdings scheint es hier Ausnahmen zu geben. Jene Deserteure, die sich ergeben, werden vom Geheimdienst NISA einem Screening unterzogen. Dabei wird nach "high risk" und "low risk" kategorisiert. Erstere bleiben in Haft und warten auf ein Gerichtsverfahren; letztere werden rehabilitiert und/oder in die somalischen Sicherheitskräfte integriert. Sie stellen die Mehrheit (LI 5.8.2015).
In Belet Weyne bleiben low-risk-Deserteure beispielsweise nur kurze Zeit in Rehabilitationszentren, bevor sie nach Hause entlassen werden. Mindestens 1.200 Deserteure sind alleine durch ein Rehabilitationszentrum in Mogadischu gegangen. Die Gesamtzahl für Somalia ist unbekannt. Von diesen 1.200 sind rund 700 nach Hause (Mogadischu und Lower Shabelle) zurückgekehrt, weitere 200 wurden in die Sicherheitskräfte übernommen (LI 5.8.2015).
In Süd-/Zentralsomalia gibt es mehrere Rehabilitationszentren, z.B. das Serendi Centre in Mogadischu oder das Hiil Walaal Rehabilitation Centre in Belet Weyne (LI 5.8.2015) sowie ein Zentrum in Baidoa (UNSC 8.1.2016). Das Lager in Baidoa wird von IOM betrieben und von Deutschland finanziert. Ein weiteres Lager in Mogadischu wird von Großbritannien finanziert (ÖB 10.2015).
Die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards wird von UNSOM überwacht (UNSC 11.9.2015). Im Dezember 2015 befanden sich im Serendi Centre 225 Männer, im Hiil Walaal Centre 25, in Baidoa 95 (UNSC 8.1.2016). Außerdem hat IOM mit der Unterstützung von UNSOM in Baidoa ein eigenes Frauenhaus für weibliche, ehemalige al-Shabaab-Mitglieder eingerichtet (UNSC 8.1.2016; vgl. ÖB 10.2015).
In den Zentren werden Berufsausbildung, eine Ausbildung zur Konfliktlösung und eine Traumabehandlung angeboten (UNSC 8.1.2016; vgl. ÖB 10.2015). Einzelpersonen werden nach Feststellung des exit board in die Gesellschaft reintegriert (UNSC 8.1.2016). Als Integrationsmaßnahme wird Entlassenen auch Geld zur Verfügung gestellt, um eventuell ein Unternehmen zu gründen (ÖB 10.2015).
Da es aufgrund der Militäroperationen im Jahr 2015 zu einem Anstieg der Zahl an al-Shabaab-Kämpfern gekommen ist, die sich ergeben haben oder die gefangen genommen worden sind, mussten diese teils in privaten Unterkünften und temporären Einrichtungen untergebracht werden (UNSC 11.9.2015).
Für ehemalige Kindersoldaten gibt es eigene Zentren, wie z.B. das Interim Care Centre in Mogadischu, das auch von UNICEF unterstützt wird (LI 5.8.2015). UNICEF Somalia betreibt zwei Zentren für minderjährige ehemalige al Shabaab-Kämpfer, in denen die Minderjährigen gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung resozialisiert und unterrichtet werden (ÖB 10.2015). Alle Kinder, die sich früher im Serendi Centre befanden, wurden an UNICEF übergeben (UNHRC 28.10.2015). Außerdem bietet UNICEF ein Reintegrationsprogramm für Kinder an, die bei bewaffneten Gruppen - darunter al Shabaab - Dienst versahen. Davon profitieren 625 Kinder (UNSC 11.9.2015).
Es herrscht allgemein Einigkeit darüber, dass al Shabaab schon Deserteure ermordet hat (LI 5.8.2015). Es herrscht auch Einigkeit darüber, dass al Shabaab in der Lage ist, Deserteure auch auf dem Gebiet unter Kontrolle von AMISOM und Regierung aufzuspüren (DIS 9.2015; vgl. LI 5.8.2015).
Allerdings herrscht Uneinigkeit darüber, in welchem Ausmaß al Shabaab der Jagd nach Deserteuren Priorität einräumt. Ein Bericht der norwegischen COI-Einheit Landinfo kommt zum Schluss, dass al Shabaab für Deserteure zwar ein Risiko darstellt, jedoch aus den vorhandenen Informationen geschlossen werden kann, dass al Shabaab der Suche nach Deserteuren auf dem Gebiet von AMISOM und Regierung keine Priorität einräumt (LI 5.8.2015).
Zwar gaben mehrere Quellen an, dass al Shabaab beachtliche Ressourcen aufwendet, um Deserteure aufzuspüren und zu töten (LI 5.8.2015). Andere Quellen aber erklären, dass Deserteure von al Shabaab auf dem Gebiet von AMISOM und Regierung nicht systematisch verfolgt und getötet werden (DIS 9.2015; vgl. ÖB 10.2015). Vielmehr kommt es zu Einschüchterungsversuchen (ÖB 10.2015); sowie in Einzelfällen zur Tötung. Bisher hat al Shabaab nur eine geringe Zahl an Deserteuren getötet und war auch nicht in der Lage, deren Familienmitglieder zu bedrohen oder anzugreifen (DIS 9.2015).
Eine mögliche Erklärung ist, dass starke Clans in der Lage sind, al Shabaab von einer Rachenahme an Deserteuren des eigenen Clans abzubringen. Dies kann der Grund dafür sein, warum so viele Deserteure in ihre Gemeinden zurückkehren können. Dementsprechend riskieren Deserteure schwacher Clans ihr eigenes Leben und das ihrer Familienangehörigen. Eine andere mögliche Erklärung ist, dass al Shabaab nicht mehr über die Ressourcen verfügt, um Deserteure systematisch verfolgen zu können (LI 5.8.2015).
Hinsichtlich minderjähriger Deserteure wird al Shabaab kaum motiviert sein, diese auf dem Gebiet von AMISOM und Regierung aufzuspüren und zu töten. Die Minderjährigen verfügen i.d.R. über keine wichtigen Informationen über die al Shabaab; trotzdem sind in Baidoa in der Vergangenheit auch minderjährige Deserteure getötet worden - vermutlich, um ein Exempel zu statuieren (DIS 9.2015).
Trotzdem befürchten z.B. Deserteure im Rehabilitationszentrum in Mogadischu die Rache der al Shabaab. Viele trauen sich nicht, das Lager zu verlassen. Andererseits sind z.B. 700 Deserteure aus dem Rehabilitationszentrum nach Hause (Mogadischu und Lower Shabelle), in Regionen unter der Kontrolle von AMISOM und Regierung zurückgekehrt. Keiner von ihnen wurde von al Shabaab getötet (LI 5.8.2015).
Wenn aber al Shabaab eine Person als ausreichend wichtiges Ziel erachtet, wird sie diese zu töten versuchen. Bei ranghohen Deserteuren wird dies mit dem Wissen über al Shabaab gerechtfertigt werden. Manchmal wird al Shabaab aber einfach nur ein Exempel statuieren; davon sind auch niedrigere Ränge und deren Familienangehörige betroffen (DIS 9.2015).
Quellen:
- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 4.4.2016
- LI - Landinfo (5.8.2015): Somalia: Reaksjoner mot al-Shabaab-avhoppere,
http://www.landinfo.no/asset/3204/1/3204_1.pdf , Zugriff 4.4.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf , Zugriff 25.2.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf , Zugriff 1.4.2016
- UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf , Zugriff 23.3.2016
6. Allgemeine Menschenrechtslage
Sowohl in der Verfassung von Somalia als auch in jener von Puntland ist der Schutz der Menschenrechte in der Verfassung ebenso verankert, wie die prägende Rolle der Scharia als Rechtsquelle (AA 1.12.2015).
Bei Kämpfen zwischen AMISOM und äthiopischer und somalischer Armee auf der einen und al Shabaab auf der anderen Seite kommt es zu zivilen Opfern (USDOS 13.4.2016; vgl. AI 24.2.2016; UNSC 11.9.2015). In den Monaten September bis Dezember 2015 zählte die UN 123 zivile Opfer des Konfliktes; im Zeitraum Mai bis August 2015 waren es 113 gewesen (UNSC 8.1.2016).
Alle Konfliktparteien sind für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich (AI 24.2.2016). Die schwersten Menschenrechtsverletzungen sind: Tötung von Zivilisten durch al Shabaab, somalische Kräfte und unbekannte Angreifer; Gewalt und Diskriminierung von Frauen und Mädchen, darunter Vergewaltigungen und FGM (USDOS 13.4.2016). In Süd-/Zentralsomalia werden extralegale Tötungen in der Regel von der al Shabaab in von ihr kontrollierten Gebieten durchgeführt (AA 1.12.2015).
Bei staatlichen somalischen Sicherheitskräften stellen extralegale Tötungen kein strukturelles Problem dar. Im Falle einer solchen Tötung ist jedoch aufgrund des dysfunktionalen Justizsystems in der Regel von Straflosigkeit auszugehen (AA 1.12.2015). Es liegen keine Berichte über "Verschwindenlassen vor (AA 1.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Vermeintliche Sympathisanten der radikalen Islamisten werden unter Missachtung völkerrechtlicher Verfahrensgarantien unter Staatsschutzaspekten festgehalten (AA 1.12.2015).
Weitere Menschenrechtsverletzungen sind Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung; lebensbedrohliche Haftbedingungen und willkürliche Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; exzessive Gewaltanwendung; die Einschränkung von Meinungs-, Presse-, Bewegungsfreiheit; Delogierung von IDPs; Korruption; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans (USDOS 13.4.2016).
Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen. Bei Konflikten zwischen Clans kam es in den Regionen Lower Shabelle, Middle Shabelle, Hiiraan, Galgaduud und Gedo zu Toten (USDOS 13.4.2016).
Al Shabaab begeht Morde, entführt Menschen, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen; Bürgerrechte und Bewegungsfreiheit werden eingeschränkt. Al Shabaab rekrutiert Kindersoldaten (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2016; BS 2016). Da auf dem Gebiet der al Shabaab eine strikte Interpretation der Scharia zur Anwendung gebracht wird, kommt es dort zu Folter und körperlichen Strafen, wenn die Interpretation nicht eingehalten wird (UKHO 3.2.2015; vgl. EASO 2.2016; AI 24.2.2016). Außerdem richtet al Shabaab regelmäßig und ohne ordentliches Verfahren Menschen unter dem Vorwurf hin, diese hätten mit der Regierung, einer internationalen Organisation oder einer westlichen Hilfsorganisation zusammengearbeitet oder spioniert (AA 1.12.2015; vgl. AI 24.2.2016). Moralgesetze verbieten das Rauchen, das öffentliche Einnehmen von Khat, weltliche Musik und das Tanzen (BS 2016), Filme, und Sport (EASO 2.2016); Verschleierung und Männerhaarschnitte werden vorgeschrieben (BS 2016). Die Rekrutierung von Kindersoldaten und Zwangsehen haben bei al Shabaab laut einem UN-Bericht zugenommen (EASO 2.2016).
Generell ist Straflosigkeit die Norm. Die Regierung ergreift nur minimale Schritte, um öffentlich Bedienstete strafrechtlich zu verfolgen (USDOS 13.4.2016).
Die somalische Bundesregierung arbeitet daran, mit der Unterstützung der UN und der Afrikanischen Union und bilateralen Partnern die Menschenrechtssituation zu verbessern (UNHRC 28.10.2015).
Zu Puntland liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich extralegaler Tötungen, willkürlicher Festnahmen, "Verschwindenlassen" oder Menschenhandel vor. Vorwürfe dieser Art werden nicht erhoben (AA 1.12.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html , Zugriff 22.3.2016
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 24.3.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html , Zugriff 22.3.2016
- UKHO - UK Home Office (3.2.2015): Country Information and Guidance
- Somalia: Women fearing gender-based harm / violence, http://www.refworld.org/docid/54d1daef4.html , Zugriff 14.4.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf , Zugriff 1.4.2016
- UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf , Zugriff 23.3.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
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7. Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in Somalia sind sehr schlecht (EASO 2.2016). Zu den Haftbedingungen ist zusammenfassend für ganz Somalia festzuhalten: Sie sind hart und gelten zum Teil als lebensbedrohlich (AA 1.12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Dabei sind die Lebensbedingungen in Haftanstalten aber in Puntland und Somaliland generell etwas besser, als in anderen Landesteilen (USDOS 13.4.2016). Überfüllung, fehlende sanitäre Einrichtungen und fehlende Gesundheitsversorgung sind Regelerscheinungen. Neben Krankheiten wie Tuberkulose und HIV/AIDS stellen Übergriffe des häufig ungeschulten Bewachungspersonals eine kontinuierliche Bedrohung für die Insassen dar (AA 1.12.2015).
Aktivitäten von UNDP und UNODC sowie des IKRK beim Gefängnisaufbau und der Schulung von Gefängnispersonal in allen Regionen schaffen nur langsam Abhilfe. Die Haftbedingungen entsprechen nur in den UNODC-unterstützten Anstalten den international gültigen Mindeststandards (AA 1.12.2015). UNSOM (UNSC 8.1.2016) und andere UN-Agenturen haben in unterschiedlichen Regionen Somalias Haftanstalten verbessert und Ausbildungsmaßnahmen für Gefängnispersonal durchgeführt. Den Inhaftierten kamen Ausbildungs- und Rehabilitierungsprogramme zu Gute (USDOS 13.4.2016).
Die Regierungen von Somalia, Puntland und Somaliland gestatten unabhängigen Beobachtern Zutritt zu Haftanstalten (USDOS 13.4.2016).
Von al Shabaab werden Personen für verhältnismäßig geringfügige Vergehen und unter inhumanen Bedingungen in Haft gehalten (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf , Zugriff 1.4.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
8. Todesstrafe
Die Todesstrafe wird in allen Landesteilen verhängt und vollzogen, allerdings deutlich seltener in Gebieten unter der Kontrolle der jeweiligen Regierung/Behörden und dort nur für schwerste Verbrechen. In den von der Regierung kontrollierten Gebieten und in Puntland kommt es unter anderem infolge von Staatsschutzdelikten auch nach Verfahren, die nicht internationalen Standards genügen, zur Ausführung der Todesstrafe (AA 1.12.2015). Auf dem Gebiet der somalischen Regierung werden Todesurteile von Militärgerichten ausgesprochen; dies gilt sowohl für angeklagte Militärpersonen und Rebellen als auch für Zivilisten. Urteile werden oft noch am selben Tag vollstreckt (UNHRC 28.10.2015) - oftmals durch Erschießungskommandos (AI 24.2.2016).
Im Jahr 2014 wurden in Süd-/Zentralsomalia 21 Exekutionen vollstreckt, in Puntland eine. Im ersten Halbjahr 2015 in Süd-/Zentralsomalia sechs, in Puntland vier (UNHRC 28.10.2015). Bis Jahresende 2015 ist mindestens noch eine weitere Person exekutiert worden (HRW 27.1.2016).
Auch in von der al Shabaab kontrollierten Gebieten kommt es zu Hinrichtungen, oftmals wegen des Verdachts der Spionage (UNHRC 28.10.2015); aber auch wegen Ehebruchs oder wegen des Vorwurfs der Zusammenarbeit mit der Regierung, einer internationalen Organisation oder einer westlichen Hilfsorganisation bzw. der "Kooperation mit den Feinden des Islam" (d.h. mit der Regierung, AMISOM, UNO oder Hilfsorganisationen) (AA 1.12.2015).
Exekutionen durch al Shabaab werden öffentlich (AA 1.12.2015; vgl. UNHRC 28.10.2015) und meist innerhalb weniger Stunden vollzogen (UNHRC 28.10.2015). Es gibt aktuelle Berichte über Steinigungen und Enthauptungen (USDOS 13.4.2016).
Eine Zusicherung der Nichtverhängung oder des Nichtvollzugs der Todesstrafe erscheint im Hinblick auf die jeweiligen Regierungen sehr unwahrscheinlich, im Hinblick auf die von der al Shabaab kontrollierten Gebiete aussichtslos (AA 1.12.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html , Zugriff 22.3.2016
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html , Zugriff 22.3.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
9. Religionsfreiheit
9.1. Religiöse Gruppen
Die somalische Bevölkerung bekennt sich zum sunnitischen Islam (AA 1.12.2015). Gleichzeitig ist die große Mehrheit der Bevölkerung Anhänger der Sufi-Tradition (EASO 8.2014).
Über die verschwindend geringe Zahl von Christen in Somalia liegen keine Informationen vor (AA 1.12.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 24.3.2016
9.2. Gebiete der somalischen Regierung, Somaliland, Puntland
Repressionen aufgrund der Religion spielen in Somalia fast keine Rolle, da es außer den Entsandten, z.B. bei den Vereinten Nationen, praktisch keine Nicht-Muslime im Land gibt (AA 1.12.2015).
Die Verfassungen für Gesamtsomalia, Puntland und Somaliland bestimmen den Islam zur Staatsreligion und das islamische Recht (Scharia) zur grundlegenden Quelle für die staatliche Gesetzgebung. Die Verfassungen bekennen sich aber gleichzeitig zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Unabhängig von staatlichen Bestimmungen und insbesondere jenseits der Bereiche, in denen die staatlichen Stellen effektive Staatsgewalt ausüben können, sind islamische und lokale Traditionen und islamisches Gewohnheitsrecht weit verbreitet (AA 1.12.2015).
Die neue Übergangsverfassung sieht eine eingeschränkte Freiheit der Glaubensausübung vor. Der Islam ist Staatsreligion, Missionierung für andere Religionen ist verboten. Alle Gesetze müssen mit den generellen Prinzipien der Scharia konform sein. Der Übertritt zu einer anderen Religion ist nicht explizit verboten (USDOS 14.10.2015).
In Puntland und Somaliland gelten eigene Verfassungen. Auch dort ist der Islam als Staatsreligion festgeschrieben und es ist Moslems verboten zu einer anderen Religion überzutreten; auch Missionierung ist verboten. In der somaliländischen Verfassung ist die Religionsfreiheit verankert. In der puntländischen Verfassung wird nicht-Muslimen freie Glaubensausübung garantiert. Diesbezüglich gibt es keine Berichte, wonach Puntland diese Rechte verletzt hätte (USDOS 14.10.2015).
Es herrscht ein starker sozialer Druck, den Traditionen des sunnitischen Islam zu folgen. Eine Konversion vom Islam zu einer anderen Religion wird überall in Somalia als sozial inakzeptabel erachtet. Jene, die unter dem Verdacht stehen, konvertiert zu sein, müssen mit Belästigungen seitens der Gesellschaft rechnen (USDOS 14.10.2015). Andererseits gibt es keine Anzeichen dafür, dass Atheisten bzw. Personen, welche nicht die Moschee aufsuchen, Misshandlungen im Sinne des Artikels 3 EMRK zu erleiden hätten (UKUT 5.11.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence - weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/docid/5669ccf64.html , Zugriff 7.4.2016
- USDOS - US Department of State (14.10.2015): 2014 Report on International Religious Freedom - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/313289/451553_de.html , Zugriff 24.3.2016
9.3. Gebiete der al Shabaab
Al Shabaab setzt gewaltsam die eigene Interpretation des islamischen Rechts und Praxis durch. Dabei wird auch gegen andere Salafistengruppen (z.B. al-Takfir) (USDOS 14.10.2015) oder muslimische Sufis vorgegangen (EASO 8.2014). Al Shabaab verfolgt auf eigenem Gebiet somalische Christen. Die Gruppe drangsaliert, verstümmelt oder tötet Personen, die sie unter Verdacht stellt, zu einer anderen Religion konvertiert zu sein oder jene, die sich nicht an die Edikte von al Shabaab halten. Vertreter der Regierung und ihrer Verbündeten werden unter dem Vorwand getötet, sie seien Nicht-Muslime und Glaubensabtrünnige (USDOS 14.10.2015).
In Gebieten, wo al Shabaab die Kontrolle ausübt, wurden Kinos, Musik, das Zusehen bei Sportübertragungen, der Verkauf von Khat, Rauchen und anderes, von der Gruppe als "nicht-islamisch" qualifiziertes Verhalten, verboten (USDOS 14.10.2015). Aus religiösen Gründen verboten ist etwa auch Fußballspielen. Auch Singen sowie das Anhören von nicht der al Shabaab gehörenden Radiosendern (EASO 8.2014) sowie Tanzen ist untersagt (BS 2016). Es gilt das Gebot der Vollverschleierung, zuletzt wurde auch gegen buntes Gewand vorgegangen (USDOS 14.10.2015).
Außerdem gibt es zahlreiche Berichte darüber, dass al Shabaab Personen aus religiösen Gründen in Haft hält. Die Angst vor Vergeltung durch al Shabaab verhindert, dass religiöse Gruppen ungestört aktiv sein können. Auch gegen AMISOM wird Propaganda betrieben (USDOS 14.10.2015).
Quellen:
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 24.3.2016
- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 24.3.2016
- USDOS - US Department of State (14.10.2015): 2014 Report on International Religious Freedom - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/313289/451553_de.html , Zugriff 24.3.2016
10. Minderheiten und Clans
10.1. Bevölkerungsstruktur und Clanschutz
Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft (USDOS 13.4.2016). Die somalische Bevölkerung ist aber nur auf den ersten Blick homogen (EASO 8.2014). In ganz Somalia gibt es eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Sub-Clans und Sub-Sub-Clans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015). Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).
Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).
Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).
Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).
* Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).
* Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.
* Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).
* Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.
* Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).
Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 13.4.2016). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).
Die größte ethnische Minderheit stellen die Bantu (Jareer). Die Bantu leben traditionell als Bauern in und zwischen den fruchtbaren Flusstälern von Shabelle und Jubba. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli und Gobaweyne sind Namen, die den unterschiedlichen Bantu-Gruppen zugeschrieben werden. Manche der Gosha wurden in den Clan der Digil/Mirifle assimiliert. Viele Bantu sprechen Somali (Maay-tiri), manche - etwa Gosha und Mushunguli - pflegen eigene Bantusprachen (EASO 8.2014).
Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status' als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).
Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).
Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein. Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).
Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010).
Die wichtigsten Gruppen sind:
* Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)
* Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)
* Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)
Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).
Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).
Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 14.4.2016
- ÖIF - Österreichischer Integrationsfonds/BAA Staatendokumentation/Andreas Tiwald (12.2010): Die Parias Somalias:
Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/content/AT/Downloads/Publikationen/n8_Laenderinfo_Somalia.pdf , Zugriff 21.4.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
10.2. Aktuelle Situation
Die somalische und auch die puntländische Verfassung bekennen sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung (AA 1.12.2015). Grundsätzlich wurde bei der Bildung der föderalen Regierung Ende 2012 sowie beim letzten umfassenden Regierungsumbau auf eine möglichst breite Zusammensetzung aller Clans und Sub-Clans geachtet. Sowohl Regierung als auch Parlament sind entlang der sogenannten "4.5 Lösung" organisiert, das bedeutet, dass für jeden Sitz, den ein Vertreter der großen Clans in Regierung bzw. Parlament innehat, ein halber Sitz einem Vertreter der kleineren Clans (ÖB 10.2015) bzw. Minderheitenclans zufällt (USDOS 13.4.2016). So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft mit jeweils 61 Sitzen im Parlament. Dementsprechend sind die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2015). Die 4.5-Formel wurde aber auch schon zugunsten der Minderheiten gebrochen (USDOS 13.4.2016).
In den meisten Gegenden schließt der dominante Clan andere Gruppen von einer effektiven Partizipation an Regierungsinstitutionen aus (USDOS 13.4.2016). Auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten ist grundsätzlich von einer Diskriminierung im Lichte der jeweiligen Clan- bzw. Sub-Clan-Zugehörigkeit auszugehen (AA 1.12.2015).
Dabei kann es sich um wirtschaftliche Diskriminierung beispielsweise im Rahmen staatlicher Vergabeverfahren, aber auch um Diskriminierung beim Zugang zu Nahrungsmittelhilfe, natürlichen Ressourcen, Gesundheitsdienstleistungen oder anderen staatlichen Diensten (AA 1.12.2015) oder um Gerichtsverfahren handeln (USDOS 13.4.2016). Angehörige eines (Sub‑)Clans können in Gebieten, die von einem anderen (Sub‑)Clan dominiert werden, aber auch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, insbesondere in Konfliktsituationen bezüglich Unfällen, Eigentum oder Wasser (AA 1.12.2015). Es kann davon ausgegangen werden, dass der staatliche Schutz im Falle von Clan-Konflikten nicht zur Anwendung kommt, sondern die "Regelung" dieser Konflikte grundsätzlich den Clans selbst überlassen wird. Die staatlichen Sicherheitskräfte sind in der Regel zu schwach, um in Clankonflikte effektiv eingreifen zu können; zudem ist die föderale Regierung wohl auch nicht willens, sich in Konflikte dieser Art einzumischen und so den Unwillen einzelner Clans auf sich zu ziehen (ÖB 10.2015).
Viele Minderheitengemeinden leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 13.4.2016). Bantu werden aufgrund ihrer Ethnie diskriminiert (UNHRC 28.10.2015). Auch einzelne andere Minderheiten (u.a. Jareer, Benadiri, Midgan, Gabooye), leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich, da sie nicht in die Clan-Strukturen eingebunden sind, in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung - nicht aber systematisch von staatlichen Stellen - wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 1.12.2015; vgl. ÖB 10.2015). Viele Minderheitengemeinden leben in tiefer Armut. Sie sind auch überproportional von der im Land herrschenden Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.) (USDOS 13.4.2016). Allerdings datieren die letzten - unbestätigten - Berichte von Repressionen im engeren Sinn mit November 2013, als staatliche Sicherheitskräfte des Hawiye-Clans angeblich sesshafte Bantu-Landwirte von ihren Grundstücken vertrieben haben sollen (AA 1.12.2015). In den hier verwendeten Berichten werden keine aktuellen Beispiele gewaltsamer Repression oder der Verfolgung von Minderheiten genannt.
Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:
Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010). Mischehen - vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans - sind traditionell beschränkt (USDOS 13.4.2016; vgl. EASO 8.2014, ÖB 10.2015). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).
Auch in anderen Bereichen gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).
Die Existenz einer dynamischen Wirtschaftsgemeinde der Benadiri ist erwiesen (UKUT 5.11.2015). Ihnen ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben (B 10.2014). Benadiri können sich auf der Suche nach einem Lebensunterhalt an diese Gemeinde wenden (UKUT 5.11.2015).
In Mogadischu gibt es heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr. Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014; vgl. UKUT 5.11.2015). Zusätzlich gibt eines keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine Person angehört (LI 4.4.2016).
Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben - sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- B - Experte B (10.2014): Dieser Experte ist in Mogadischu tätig.
- C - Experte C (18.6.2014): Dieser Experte arbeitet seit mehreren Jahren zu Somalia.
- LI - Landinfo (4.4.2016): Somalia: Praktiske forhold og sikkerhetsutfordringer knyttet til reisevirksomhet i Sør-Somalia, http://www.landinfo.no/asset/3331/1/3331_1.pdf , Zugriff 4.4.2016
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf , Zugriff 25.2.2016
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence - weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/docid/5669ccf64.html , Zugriff 7.4.2016
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
11. Subjekte gezielter Attentate durch al Shabaab
In Gebieten, die von der al Shabaab kontrolliert werden, gelten eine Unterstützung der Regierung und Äußerungen gegen die al Shabaab als ausreichend, um als Verräter verurteilt und hingerichtet zu werden. Unterstützer der staatlichen Strukturen oder Mitarbeiter von Hilfsorganisationen werden als militärisches Ziel definiert und entsprechend zur Ermordung freigegeben (AA 1.12.2015). Auch Blockadebrecher (HRW 27.1.2016) und Dorfälteste in Ortschaften in der Nähe von AMISOM/Regierungsstädten wurden getötet (DIS 9.2015). Es gibt mehrere Berichte darüber, dass al Shabaab Personen wegen des Verdachts der Spionage angeklagt und binnen Stunden nach der Urteilsverkündung öffentlich exekutiert hat (UNHRC 28.10.2015; vgl. USDOS 13.4.2016, HRW 27.1.2016).
Neben militärischen Zielen der al Shabaab, wie AMISOM und somalische Sicherheitskräfte, werden auch bestimmte zivile Ziele erwähnt, die auf dem Gebiet von AMISOM und somalischer Regierung angegriffen werden. Darunter fallen die somalische Regierung (DIS 9.2015; vgl. UKHO 15.3.2016, HRW 27.1.2016); Zivilisten, die mit der Regierung in Verbindung stehen; Mitarbeiter humanitärer NGOs; UN-Mitarbeiter (USDOS 13.4.2016; vgl. UKHO 15.3.2016) bzw. Personen und Institutionen, welche die internationale Gemeinschaft repräsentieren; internationale NGOs (DIS 9.2015; vgl. UKHO 15.3.2016); diplomatische Missionen; prominente Friedensaktivisten, Gemeindeführer, Clanälteste und deren Angehörige (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2016); sowie Journalisten (UKHO 15.3.2016; vgl. HRW 27.1.2016) und Kleriker (HRW 27.1.2016). Auch Bildungseinrichtungen und Personen, die sich weigern, Zakat (Steuer) an al Shabaab abzuführen, werden als Ziele genannt (DIS 9.2015). Gezielte Attentate auf diese Personengruppen gibt es vor allem in Mogadischu, Baidoa und Belet Weyne (HRW 27.1.2016).
Es kommt also z.B. in Mogadischu regelmäßig zu Angriffen auf Zivilisten und zivile Strukturen (HRW 27.1.2016). Allerdings sind nicht alle Zivilisten gleichermaßen betroffen. Generell ist ein "normaler Zivilist" (keine Verbindung zur Regierung; zu Sicherheitskräften; zu Behörden; zu NGOs oder internationalen Organisationen) - auch bei einer Rückkehr nach Mogadischu - keinem derartigen Risiko ausgesetzt, dass dieses einen Schutz gemäß Artikel 3 oder Artikel 15c erforderlich machen würde (UKUT 3.10.2014; vgl. EGMR 10.9.2015). Im Zuge von Angriffen der al Shabaab auf Ziele in bewohnten Gebieten (durch Sprengsätze oder Handgranaten) kommen allerdings auch "normale Zivilisten" zu Schaden oder ums Leben. Zivilisten als solche werden aber nicht zum spezifischen Ziel der al Shabaab (DIS 9.2015). Alleine der Umstand, dass eine Person in einer Stadt in Süd-/Zentralsomalia wohnt, steigert weder das Risiko der Verfolgung noch das Risiko ernsthaften Schadens durch die al Shabaab (UKHO 15.3.2016). Bei der strategischen Zielauswahl der al Shabaab gibt es keine spezifische Kategorie der "Zivilisten" oder der aus der Diaspora Zurückgekehrten (UKUT 3.10.2014).
Für Personen, die in einem städtischen Gebiet leben, das von AMISOM und/oder der Regierung kontrolliert wird; und die weder mit der Regierung noch der internationalen Gemeinschaft in Verbindung stehen, diese unterstützen, oder von denen angenommen wird, dass sie diese unterstützen; ist es unwahrscheinlich, dass sie für al Shabaab von Interesse sind (UKHO 15.3.2016).
Auch "low level"-Ziele (z.B. lokale Mitarbeiter von internationalen oder nationalen NGOs) sind keine Priorität der al Shabaab. Sind allerdings keine "high profile"-Ziele (z.B. AMISOM, UN) verfügbar, dann könnten "low level"-Ziele ersatzweise angegriffen werden (UKHO 15.3.2016; vgl. DIS 9.2015).
Mehrere Quellen von Landinfo erwähnen ein erhöhtes Risiko für lokale Bedienstete von AMISOM. Andererseits strömen jeden Morgen zahlreiche Bedienstete in die gesicherte Zone von AMISOM. Eine Quelle erklärt, dass wenige von al Shabaab getötet worden sein, die meisten leben in relativer Sicherheit in der Nähe des Flughafens. Insgesamt scheint die Situation für lokale Bedienstete der UN ähnlich (LI 2.6.2015). Es gibt nur wenige dokumentierte Fälle, wo al Shabaab lokale Angestellte der UN angegriffen hat (DIS 9.2015). Zwischen Mai 2014 und Februar 2015 sind mindestens vier der rund 2.000 direkt und indirekt für die UN arbeitenden lokalen Bediensteten von al Shabaab ermordet worden (LI 2.6.2015). Lokale Angestellte der UN haben allerdings Angst vor Übergriffen der al Shabaab. Sie treffen Vorkehrungen, um nicht mit der UN in Verbindung gebracht zu werden (DIS 9.2015).
Hinsichtlich einer Tätigkeit für andere internationale Organisationen und NGOs hat Landinfo bei einigen Quellen Rückfrage gehalten. Lokalen Bediensteten werden spezielle Sicherheitsmaßnahmen auferlegt bzw. treffen diese selbst Sicherheitsvorkehrungen (LI 2.6.2015). Es kommt manchmal zu Drohungen per Telefon (LI 2.6.2015; vgl. DIS 9.2015). Keine der gefragten Quellen gab an, dass ein Mitarbeiter von al Shabaab ermordet worden war. Bei zwei Vorfällen (2011 und 2013) waren lokale Mitarbeiter von al Shabaab verhaftet, und erst nach Vermittlung von Clan-Ältesten wieder freigelassen worden. Manche Mitarbeiter werden von al Shabaab zur Kooperation (hinsichtlich Aufklärung) gezwungen; dabei kommt es auch zu Drohungen hinsichtlich der Tötung von Familienangehörigen (LI 2.6.2015).
Laut UNOCHA kommen Angriffe auf und Drohungen gegen Mitarbeiter humanitärer Organisationen immer öfter vor. In den ersten fünf Monaten 2015 hat es 60 Vorfälle gegeben (UNHRC 28.10.2015). Dabei scheint es nur wenige Angriffe zu geben (DIS 9.2015). Landinfo geht aufgrund der Informationslage nicht davon aus, dass die Tötung lokaler Bediensteter von AMISOM, UN oder anderer internationaler Organisationen für al Shabaab eine Priorität haben (LI 2.6.2015).
Einige nationale NGOs scheinen eine Steuer an al Shabaab abzuführen. Zusätzlich scheint al Shabaab momentan den Schwerpunkt auf hochrangige Ziele zu legen (z.B. AMISOM, Regierung, UN) (DIS 9.2015). Außerdem will al Shabaab die systematische Tötung von Zivilisten verhindern, die in keiner oder nur äußerst geringer Verbindung mit AMISOM, der Regierung, der UN oder NGOs stehen (z.B. Teeverkäufer), da derartige Morde sehr unpopulär sind (DIS 9.2015; vgl. EASO 2.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 4.4.2016
- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 22.3.2016
- EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (10.9.2015):
R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html , Zugriff 7.4.2015
- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html , Zugriff 22.3.2016
- LI - Landinfo (2.6.2015): Somalia: Al-Shabaab og lokalt ansatte i AMISOM, FN og andre internasjonale organisasjoner http://www.landinfo.no/asset/3159/1/3159_1.pdf , Zugriff 6.4.2016
- UKHO - UK Home Office (15.3.2016): Country Information and Guidance South and Central Somalia -Fear of Al-Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1458121464_som-cig-fear-of-al-shabaab.pdf , Zugriff 22.3.2016
- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016
- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.3.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015dlid=252727 , Zugriff 14.4.2016
...
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers, und die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Feststellungen zur aktuellen, im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren relevanten Situation in Somalia. Diese Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Auch der Beschwerdeführer ist dem Inhalt dieser Länderberichte nicht substantiiert entgegengetreten.
Der Beschwerdeführer hat weder vor der belangten Behörde noch vor dem Bundesverwaltungsgericht Dokumente, die seine Identität zweifelsfrei belegen hätten können, vorgelegt.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Clanzugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den gleichlautenden und diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in seinem Asylverfahren in Österreich sowie aus dem Umstand, dass er über entsprechende Sprach- und Ortskenntnisse verfügt.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.
Die negative Feststellung zu potentieller Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat beruht auf dem in den wesentlichen Punkten unglaubwürdigen bzw. nicht asylrelevantem Vorbringen des Beschwerdeführers und ist der belangten Behörde dahingehend zu folgen, wenn diese im angefochtenen Bescheid insgesamt davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aufgrund asylfremder Motive verlassen hat.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers wird vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt gewürdigt:
Aufgabe eines Asylwerbers ist es, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25. 3. 1999, 98/20/0559).
"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH 9. 5. 1996, 95/20/0380).
Im gegenständlichen Fall kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers dieses hinsichtlich einer für den Beschwerdeführer angeblich bestehenden maßgeblichen Verfolgungsgefahr für unglaubwürdig erachtet. Der Beschwerdeführer vermag dieser Beurteilung mit seinen Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz nicht entscheidend entgegenzutreten.
Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV270 Blg. NR. 18. GP; AB 328 Blg NR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entnommen wurden):
1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.
2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u.
a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und
4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf seinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich Vorfälle geschildert habe, welche keine glaubwürdige Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Motiven ersichtlich werden ließen, schließt sich das Bundesverwaltungsgericht an und führt dazu aus wie folgt:
Die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf die vergangenen Ereignisse (vgl. VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Der Beschwerdeführer berief sich im gegenständlichen Verfahren auf eine ihm durch die damals in seinem Heimatort ansässig gewesene Al Shabaab drohende Zwangsrekrutierung, aus seinen diesbezüglichen Angaben im Laufe des Verfahrens lässt sich jedoch nicht auf eine diesem im Falle einer nunmehrigen Rückkehr gezielt drohende Verfolgung rückschließen:
Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen vor, in seinem Heimatort - wie auch alle anderen dort wohnhaften Jugendlichen - von einer Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab bedroht gewesen zu sein. Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist beizupflichten, dass der Beschwerdeführer die konkrete individuelle Bedrohungssituation, die ihn letztlich zur Flucht veranlasst hätte, nicht konkret und nachvollziehbar zu schildern vermochte. Aus seinen Angaben ergibt sich vielmehr der Eindruck, dass der Beschwerdeführer auf Grund der allgemeinen Gegebenheiten in seiner Heimatregion zwar eine generelle Sorge vor einer künftigen Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab aufgewiesen hat, dass es jedoch noch zu keinen konkreten Anwerbungsversuchen oder gar Bedrohungen seiner Person in diesem Zusammenhang gekommen ist. Der Beschwerdeführer gab dazu an, einer Rekrutierung bislang entkommen zu sein, da er sich im Stall bzw. an verschiedenen Orten versteckt gehalten hätte. Unabhängig von der - vom BFA angezweifelten - Plausibilität eines solchen Vorbringens, lässt sich den Angaben des Beschwerdeführers auch im Falle einer Wahrunterstellung demnach nicht entnehmen, dass dieser durch Al Shabaab bereits individuell mit einer Rekrutierung bedroht worden wäre bzw. dass zu diesem Zweck bereits eine Mitnahme seiner Person versucht worden wäre. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass diese als fluchtauslösend geschilderte Situation den Angaben des Beschwerdeführers zufolge zu einem - nicht näher spezifizierten Zeitpunkt - im Jahr 2012 stattgefunden hat, sohin zum Entscheidungszeitpunkt bereits mehr als sechs Jahre zurückliegt. Beim Beschwerdeführer hat es sich um einen damals rund 14-jährigen Jugendlichen gehandelt, welcher keine individuelle Bedeutung für die Al Shabaab besessen hat, sondern wie alle anderen jungen Männer in seinem Dorf von einer Zwangsrekrutierung gefährdet gewesen wäre (vg.
AS 216: "F: Warum sollte Al Shabaab ausgerechnet Sie rekrutieren wollen? A: Sie wollten alle jungen Männer im Dorf rekrutieren."). Vor dem Hintergrund der Angaben des Beschwerdeführers kann daher nicht angenommen werden, dass dieser im Falle einer aktuellen Rückkehr - rund sechs Jahre später - dem realen Risiko einer gezielten Verfolgung durch Al Shabaab unterliegen würde. Dies insbesondere, da aus den Länderberichten hervorgeht, dass die Herkunftsstadt des Beschwerdeführers zwischenzeitlich von Truppen der AMISOM eingenommen worden ist (vgl. Bescheid, Seite 15), sodass auch vor diesem Hintergrund nicht davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr konkret Gefahr liefe, in Zusammenhang mit den seiner Ausreise vorangegangenen Vorfällen von Al Shabaab wiedererkannt und individuell verfolgt zu werden.
Aus den Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich nicht, dass seine konkrete Person bereits gezielt ins Blickfeld der Al Shabaab geraten wäre und vor diesem Hintergrund noch mehrere Jahre später einer gezielten Verfolgung durch die Miliz ausgesetzt wäre. Sollte der Beschwerdeführer im Vorfeld seiner Ausreise tatsächlich bereits persönlich ins Blickfeld der Al Shabaab geraten sein bzw. sollte nach diesem im Hinblick auf eine Zwangsrekrutierung gezielt durch Al Shabaab gesucht worden sein, kann nicht angenommen werden, dass es dem Beschwerdeführer tatsächlich gelungen wäre, sich vor der damals in seinem Ort ansässigen Miliz in der von ihm beschriebenen Weise versteckt zu halten.
Eine gezielte Verfolgung des Beschwerdeführers alleine aufgrund seiner Zugehörigkeit zur XXXX der Gabooye lässt sich aus den Länderberichten nicht ableiten, der Beschwerdeführer brachte auch keine konkrete vor diesem Hintergrund bereits erlebte Verfolgungssituation vor, sodass sich auch insofern keine Gefahr einer gezielten Verfolgung des Beschwerdeführers erkennen lässt.
Auch in der Beschwerde wurde kein konkretes Vorbringen in diese Richtung erstattet.
Gegenständlich ist aufgrund der individuellen Situation des Beschwerdeführers sohin keine eine asylrelevante Eingriffsintensität erreichende Verfolgung aufgrund eines in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Motivs erkennbar.
Wie bereits angesprochen, vermochte der Beschwerdeführer diesem Ergebnis auch mit seinen Ausführungen in der Beschwerdeschrift in keinster Weise entgegenzutreten. Im konkreten Fall kann der Beschwerde kein substantiiertes Tatsachenvorbringen entnommen werden, das dazu geeignet wäre, das Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in Frage zu stellen.
Insgesamt kann den vom Beschwerdeführer als Gründe für seine Ausreise angegebenen Umständen daher keine (glaubhafte) Asylrelevanz zugebilligt werden. Ein aktuelles Verfolgungsinteresse der Al Shabaab-Milizen speziell an der Person des Beschwerdeführers wird aus dessen Angaben in Zusammenschau mit den herangezogenen Herkunftslandinformationen, ebenso wie eine ihm aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit drohende Gefährdung im asylrelevanten Ausmaß, nicht ersichtlich.
Im gegenständlichen Verfahren erscheint daher der Sachverhalt vor dem Hintergrund des unsubstantiierten Beschwerdevorbringens auf Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in hinreichender Weise geklärt und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Belangen nach wie vor als vollständig und aktuell anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ergibt sich zweifelsfrei, dass der vorgebrachte Sachverhalt nicht den Tatsachen entspricht bzw. keine Asylrelevanz aufweist.
Eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund ist sohin im zu beurteilenden Fall nicht gegeben. Die allgemein herrschende prekäre Sicherheitslage und damit einhergehende Risiken bzw. Beeinträchtigungen wurden durch die Gewährung subsidiären Schutzes im vorliegenden Fall, ebenso wie die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers, darunter auch seine Zugehörigkeit zur XXXX der Gabooye, hinreichend berücksichtigt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Verfahren:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i. d.F. BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183, 18.2.1999, 98/20/0468).
Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs.1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 leg.cit.)
Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Es sei weiters betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden es erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 5.4.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.1.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.4.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 3.9.1993, 93/18/0214).
Der Beschwerdeführer konnte aus den in der Beweiswürdigung ausgeführten Gründen keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen, und diese ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Soweit der Beschwerdeführer in seinem Verfahren auf die Gefahr hinwies, als junger Mann in Somalia von der Terrormiliz Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden, ist festzuhalten, dass aus den herangezogenen Länderberichten nicht hervorgeht, dass die Eigenschaft als junger Mann bereits eine diesbezüglich maßgebliche Verfolgungsgefahr bewirken würde. Für die Annahme einer entsprechenden Gefahr bedürfte es der Glaubhaftmachung besonderer Umstände im Einzelfall, warum ein Asylwerber im speziellen Visier der Al Shabaab stünde. Eine solche Glaubhaftmachung ist im vorliegenden Fall allerdings - wie dargelegt - nicht gelungen, zumal der Beschwerdeführer keinen Sachverhalt glaubhaft machte, welcher annehmen ließe, dass der Beschwerdeführer Al Shabaab als ihr gegenüber oppositionell gesinnte Person bekannt ist bzw. im Falle einer Rückkehr als solche wiedererkannt werden würde und aus diesem Grund dem Risiko einer gezielten Verfolgung unterliegen würde.
Insbesondere ist auch nicht zu ersehen, dass der Beschwerdeführer allein aufgrund seiner Zugehörigkeit zur XXXX der Gabooye eine asylrelevante Verfolgungswahrscheinlichkeit zu gewärtigen hätte. Aus den zitierten Länderberichten lässt sich in keiner Weise eine durchgehende, sämtliche Angehörige dieser Minderheitengruppe betreffende Verfolgungssituation ersehen. Ebenso sind keine Berichte vorhanden, aus denen eine derart schwerwiegende allgemeine Diskriminierung der Gabooye hervorginge, dass diese bereits von asylrelevanter Intensität wäre. Konkrete Verfolgungshandlungen gegen seine Person allein aus dem Grund seiner Zugehörigkeit zu den Gabooye brachte der Beschwerdeführer nicht vor.
Es ist folglich davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht besteht.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist.
3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
§ 21 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG; BGBl. I Nr. 68/2013 besagt:
Zu Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht ist das Bundesamt zu laden; diesem kommt das Recht zu, Anträge und Fragen zu stellen.
Gemäß Abs. 7 leg. cit. kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
§ 21 Abs. 7 stellt klar, dass eine mündliche Verhandlung auch dann unterbleiben kann, wenn sich aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht. Neben dieser Bestimmung ist § 24 VwGVG anzuwenden.
§ 21 Abs. 7 BFA-VG entspricht inhaltlich dem früheren § 41 Abs. 7 AsylG, wonach der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden hatte, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
§ 24 Abs. 1 VwGVG besagt:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß Abs. 2 leg. cit hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Abs. 4 leg. cit. besagt: Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Art. 6 EMRK besagt: "Jedermann hat Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen, oder, und zwar unter besonderen Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde, in diesem Fall jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang."
Art. 6 EMRK findet auf Asylverfahren keine Anwendung, da davon nur zivilrechtliche Ansprüche und strafrechtliche Verfahren erfasst sind.
Art. 47 GRC lautet:
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht
(1) Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
(2) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.
Aus den Erläuterungen der Grundrechtecharta geht hervor, dass die Charta im Unterschied zu Art. 6 EMRK eben nicht nur auf zivilrechtliche Ansprüche abzielt, weshalb hier eine Erweiterung auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit gemeint sein könnte.
Nach Art. 47 Abs. 2 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC) hat zwar jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb an-gemessener Frist verhandelt wird. Die in § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgesehene Einschränkung der Verhandlungspflicht i.S.d. Art. 52 Abs. 1 GRC ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zulässig, weil sie eben - wie in der GRC normiert - gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt des in Art. 47 Abs. 2 GRC verbürgten Rechts achtet. Die möglichst rasche Entscheidung über Asylanträge ist ein Ziel der Union, dem ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa Erwägungsgrund 11 der Präambel der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 [Asyl-VerfahrensRL]). Das Unterbleiben der Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt festgestellt werden kann, ohne dass der Entfall der mündlichen Erörterung zu einer Verminderung der Qualität der zu treffenden Entscheidung führt, trägt zur Erreichung dieses Zieles bei. Damit erfüllt die in § 21 Abs. 7 BFA-VG und in § 24 Abs.4 VwGVG vorgesehene Einschränkung auch die im letzten Satz des Art. 52 Abs. 1 GRC normierte Voraussetzung.
Zufolge der Rechtsprechung des VfGH (U 466/11 vom 14.03.2012) steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art 47 Abs. 2 GRC, wenn - wie im vorliegenden Fall - zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde.
Gegen eine Verhandlungspflicht spricht überdies, dass in Asylverfahren zwar direkt innerstaatliches Recht Anwendung findet, jedoch auch Unionsrecht (z.B. Statusrichtlinie, Verfahrensrichtlinie) angewendet wird. Aus Art. 12 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie geht jedoch eindeutig hervor, dass auf eine persönliche Anhörung des Asylwerbers unter bestimmten Umständen verzichtet werden kann.
Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass Art. 47 der Grundrechtecharta den Gerichten tatsächlich eine Verhandlungspflicht auferlegen wollte ? dies würde Art. 12 der Verfahrensrichtlinie widersprechen. Da der Art. 47 der Charta der Grundrechte allgemein das Recht auf ein unparteiisches (...) Gericht gewährleistet, die Verfahrensrichtlinie jedoch speziell die Mindestnormen für Asylverfahren regelt, ist die Statusrichtlinie in dieser Hinsicht lex specialis zur Charta der Grundrechte und daher vorrangig anzuwenden (AsylGH vom 16.12.2011, GZ C2 420722-1/2011).
Daher ist auch aus europarechtlicher Sicht eine Verhandlung im Asylverfahren nicht zwingend vorgesehen.
Zuletzt sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Wie in der Beweiswürdigung dargelegt sind die genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist (der angefochtene Bescheid wurde im Jänner 2018 erlassen, wobei sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise auf eine Änderung der entscheidungsmaßgeblichen Situation ergeben). Die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Punkten bestätigt, wobei das Anführen weiterer ? das Gesamtbild lediglich abrundender, für die Beurteilung jedoch nicht ausschlaggebender ? Argumente in diesem Zusammenhang nicht schadet (vgl. VwGH 18.?6.?2014, 2014/20/0002-7). Im Übrigen findet sich in der Beschwerdeschrift ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger konkreter Fluchtgründe und tritt der Beschwerdeführer den seitens der Behörde erster Instanz getätigten beweiswürdigenden Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.
Im gegenständlichen Verfahren konnte somit die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010 S. 389, entgegenstehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Entscheidend für die Nichtzulassung der Revision war, dass die angegebenen Verfolgungsgründe nicht glaubwürdig bzw. nicht asylrelevant waren, d.h. die Entscheidung nur von Tatfragen abhängig war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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