BVwG I405 2130994-1

BVwGI405 2130994-130.4.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:I405.2130994.1.01

 

Spruch:

I405 2193224-1/12E

 

I405 2120034-1/7E

 

I405 2130994-1/7E

 

I405 2172467-1/8E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerden von

 

1.) XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX,

 

2.) XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl.XXXX,

 

3.) XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX,

 

4.) XXXX, geb.XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX,

 

alle vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, Steinergasse 3/12, 1170 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.04.2019, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass es XXXX betreffend in Spruchpunkt III. (erster Satz) zu lauten hat:

 

1. "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt."

 

Spruchpunkt III. (letzter Satz) zu lauten hat:

 

2. "Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist Lebensgefärte der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), beide sind Eltern des Dritt- und Viertbeschwerdeführers (im Folgenden: BF3 und BF4).

 

1.1. Der BF1 reiste nicht rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 25.06.2013 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

 

1.2. Der BF2 wurde am 27.06.2019 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und brachte als Fluchtgrund vor, dass er in seiner Heimat von Ritualisten, die Menschen umbringen würden, aufgefordert worden sei, ihrer Gruppierung beizutreten. Als der BF1 dies abgelehnt hätte, sei er verfolgt worden, weshalb er Nigeria verlassen habe.

 

1.3. Eine EURODAC-Abfrage ergab hinsichtlich des BF1 einen Treffer in Griechenland vom 06.08.2011 und einen Treffer in Ungarn vom 21.06.2013.

 

1.4. Der Antrag des BF2 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.07.2013 gem. § 5 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen. Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz sei gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig (Spruchpunkt I). Weiters wurde der BF1 gem. § 10 (1) 1 AsylG nach Ungarn ausgewiesen; demzufolge sei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF1 gem. § 10 Abs. 4 AsylG nach Ungarn zulässig (Spruchpunkt II).

 

1.5. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichthsofes vom 26.08.2013 gem. §§ 5, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF als unbegründet abgewiesen.

 

1.6. In der Folge reiste der BF1 aus dem Bundesgebiet aus und stellte am 26.02.2014 in der Schweiz und am 18.12.2015 in Italien jeweils einen Asylantrag.

 

1.7. Der BF1 reiste am 21.02.2017 erneut ins Bundesgebiet ein und stellte seinen gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

 

1.8. Das BFA wies den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 15.05.2017 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Italien gemäß 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF1 gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Italien zulässig sei.

 

1.9. Der dagegen gerichteten Beschwerde des BF1 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2017 gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben, und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

1.10. Nach Zulassung seines Verfahrens wurde der BF1 am 11.07.2017 einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen. Dabei wiederholte der BF1 seine Angaben zu seinem Fluchtgrung bzgl. der drohenden Verolfgung durch Riutalisten aufgrund seiner Weigerung, sich ihnen anzuschließen.

 

1.11. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag des BF1 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF1 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.). Schließlich wurde einer Beschwrede gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

 

1.12. Der Bescheid des BFA wurde dem BF1 samt einem Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise sowie einer Verfahrensanordnung vom XXXX, mit welcher dem BF1 eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt wurde, am 05.04.2018 zugestellt.

 

1.13. Mit dem am 17.04.2018 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF1 fristgerecht Beschwerde und beantragte darin die Evaluierung seines Falles.

 

1.14. Mit Teilerkenntnis des erkennenden Gerichts vom 26.04.2018 wurde der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VII. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

 

2.1. Die BF2 reiste den eigenen Angaben nach am 20.11.2013 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2.2. Die BF2 wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und brachte als Fluchtgrund vor, dass es in ihrer Heimat sehr schwer für sie gewesen sei, weshalb sie ihr Land verlassen habe.

 

2.3. Eine EURODAC-Abfrage ergab hinsichtlich der BF2 einen Treffer in Griechenland vom 08.05.2008 und einen Treffer in Ungarn vom 11.10.2013.

 

2.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 24.02.2014 wurde der Antrag der BF2 auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, als unzulässig zurückgewiesen und Ungarn für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates für zuständig erklärt (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde die BF2 gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn gemäß § 10 Abs. 4 AsylG für zulässig erklärt.

 

2.5. Der dagegen gerichteten Beschwerde der BF2 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.2014 gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben, und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

2.6. Nach Zulassung ihres Verfahrens wurde die BF2 am 03.12.2015 einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen. Dabei gab sie zu ihren Fluchtgründen an, dass sie geflüchtet sei, um ihrer Darbringung als Opfer für einen Schrein zu entkommen.

 

2.7. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 28.12.2015 wurde der Antrag der BF2 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ihr nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF2 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei. Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).

 

2.8. Der Bescheid des BFA wurde der BF2 samt einem Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise sowie einer Verfahrensanordnung vom 28.12.2015, mit welcher der BF2 eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt wurde, am 31.12.2015 zugestellt.

 

2.9. Mit dem am 13.01.2016 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob die BF2 fristgerecht Beschwerde und beantragte darin die Evaluierung ihres Falles.

 

3.1. Der minderjährige BF3 wurde als Sohn des BF1 und der BF2 am 14.12.2015 in Österreich nachgeboren.

 

3.2. Für ihn wurde von seiner gesetzlichen Vertretung am 05.02.2016 im Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz gestellt, ohne für den BF3 eigene Fluchtgründe vorzubringen. Im Zuge der Antragstellung wurden eine Kopie der Geburtsurkunde des BF3 sowie ein Meldezettel vorgelegt.

 

3.3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF3 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 idgF erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF3 gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

 

3.4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

 

3.5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 27.07.2016 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

 

4.1. Der minderjährige BF4 wurde als Sohn des BF1 und der BF2 und als Bruder des minderjährigen BF3 am 11.08.2017 in Österreich nachgeboren.

 

4.2. Für ihn wurde von seiner gesetzlichen Vertretung am 19.09.2017 im Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz gestellt, ohne für den BF4 eigene Fluchtgründe vorzubringen. Im Zuge der Antragstellung wurden eine Kopie der Geburtsurkunde des BF3 sowie ein Meldezettel vorgelegt.

 

4.3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF4 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 idgF erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF4 gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

 

4.4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

 

4.5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 05.10.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

 

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.04.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Englisch, des BF1 und der BF2 sowie der Vertreterin der BF eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei wurden der BF1 und die BF2 über die Gründe für ihren gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und ihre privaten und persönlichen Verhältnisse einvernommen. Mit den anwesenden Parteien wurden auch die im Akt zur jederzeitigen Einsicht befindlichen Länderfeststellungen zu Nigeria samt den Erkenntnisquellen, welche mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt worden waren, erörtert und Parteien die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Zur Person der BF:

 

Der BF1 ist Lebensgefährte der BF2, beide sind Eltern des BF3 und BF4. Sie sind Staatsangehörige von Nigeria, Angehörige der Volksgruppe Ika und christlichen Glaubens. Sie führen die im Spruch angeführte Identität.

 

Die BF leiden weder an einer schweren Krankheit noch sind sie längerfristig pflege- oder rehabilationsbedürftig. Der BF1 und die BF2 sind arbeitsfähig.

 

Der BF1 verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Verkäufer.

 

Die BF2 verfügt ebenfalls über eine mehrjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Verkäuferin und Farmerin.

 

Vor Ihrer Ausreise lebten der BF1 und die BF2 in Agbor bzw. Lagos. Ihre Familien leben nach wie vor in Nigeria.

 

Familiäre Bezüge sind in Österreich nicht hervorgekommen, eben sowenig schützenswerte Aspekte des Privatlebens, wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH 26.02.2007, Z. 1802,1803/06-11). Derartige Umstände sind von den BF auch zu keinem Zeitpunkt behauptet worden.

 

Der BF1 befindet sich seit Februar 2017 durchgehend im Bundesgebiet. Die BF2 befindet sich seit November 2013 durchgehend im Bundesgebiet. Der BF3 und BF4 befinden sich seit ihrer Geburt im Bundesgebiet.

 

Der BF1 und die BF2 sind aktive Mitglieder einer Kirche.

 

Der BF1 verkauft eine Straßenzeitung, wodurch er etwa € 100,-

monatlich verdient. Eine Selbsterhaltungsfähigkeit liegt jedoch nicht vor. Die BF2 verkaufte ebenfalls eine Straßenzeitung, jedoch geht sie seit der Schwangerschaft mit dem BF3 keiner geregelten Beschäftigung mehr nach. Die BF beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.

 

Der BF1 hat zwei Deutschkurse (A1 und A2) und die BF2 einen A1 Kurs besucht, beide haben jedoch keine qualifizierte Sprachprüfung abgelegt.

 

Der BF3 und BF4 sind für den Kindergarten im Herbst 2019 vorgemerkt.

 

Der BF1 wurde in Österreich zweimal strafgerichtlich rechtskräftig verurteilt.

 

1. Erstmals wurde er mit Urteil des des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX, wegen §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, davon 7 Monate auf eine Probezeit von Jahren bedingt, rechtskräftig verurteilt.

 

2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wegen §§ 223 (2) und 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

 

Die BF2 ist strafrechtlich unbescholten.

 

Der Reiseweg der BF (Zeitpunkt und Art der Reise von Nigeria nach Österreich) kann nicht festgestellt werden.

 

1.2. Zur Lage in Nigeria:

 

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende Peoples Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

 

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

 

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

 

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

 

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

 

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

 

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

 

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45 % Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

 

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

 

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

 

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80 % aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

 

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

 

1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat:

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF tatsächlich in Nigeria verfolgt wurden. Die von den BF vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF ihr Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen haben, bzw. eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten hätten.

 

Für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann auch nicht festgestellt werden, dass die BF in eine ausweglose Situation geraten würde.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und der vorliegenden Gerichtsakte des BVwG, der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 03.04.2019, sowie aus den Akten zu den vorangegangenen Asylverfahren. Auskünfte aus dem Strafregister, dem zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung(GVS) wurden ergänzend zu den vorliegenden Akten eingeholt.

 

2.2. Zu den Personen der BF:

 

Die Feststellungen zur Volljährigkeit des BF1 und der BF2 und der Minderjährigkeit der zwei weiteren BF ergibt sich aus den Akten und ist augenscheinlich. Dass der BF1 und die BF2 Eltern des BF3 und BF4 sind, ergibt sich aus den vorgelegten Geburtsurkunden. Die Feststellungen zum Familienstand, der Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF1 und der BF2 vor der belangten Behörde.

 

Es wurden keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnten; dies ergibt sich aus den Angaben des BF1 und der BF2.

 

Der bisherige Aufenthalt der BF leitet sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ab. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zu den Personen der BF aufkommen lässt.

 

Nachdem der BF und die BF2 den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente mit Lichtbildern vorgelegt haben, stehen ihre Identitäten nicht fest.

 

Glaubhaft sind die gleichbleibenden Aussagen des BF1 und der BF2, wonach sie in Agbor bzw. Lagos gelebt haben.

 

Die Feststellungen, dass der BF1 eine Straßenzeitung verkauft sowie er und die BF2 Mitlgieder einer Kirche sind, ergibt sich aus den Angaben der BF.

 

Glaubhaft erachtet die erkennende Richterin auch die Angaben, wonach die zwei minderjährigen Kinder (BF3 und BF4) aus der Lebensgemeinschaft des BF1 und der BF2 entstammen.

 

Dass die BF in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügen und sie hier keine maßgeblichen sprachlichen, sozialen und integrativen Verfestigungen aufweisen, ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des BF1 und der BF2 anlässlich ihrer Befragung im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.04.2019. Die Feststellung, dass die BF ihren Lebensunterhalt in Österreich aus Mitteln der Grundversorgung bestreiten, ist durch einen aktuellen Auszug des Betreuungsinformationssystems belegt.

 

Die strafgerichtlichen Verurteilgungen des BF1 und die Unbescholtenheit der BF2 leiten sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich ab.

 

2.3. Zum Vorbringen der BF:

 

Die Feststellungen zu den Vorverfahren, den gegenständlichen Asylverfahren und zu den darin vom BF1 und von der BF2 geltend gemachten Fluchtgründen stützen sich auf ihre Angaben im im verwaltungsbehördlichen Asylverfahren und die vorliegenden Verwaltungsakte sowie auf den diesbezüglichen Angaben der BF vor der belangten Behörde und vor dem erkennenden Gericht.

 

Das Vorbringen des BF1 und der BF2 zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates und ihrer Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht auf deren Angaben vor der belangten Behörde sowie auf den Ausführungen vor dem erkennenden Gericht.

 

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen des BF1 und der BF2 zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft ist. Sie machten im Zuge ihrer Befragung vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht unplausible und widersprüchliche Angaben, sodass - wie darzulegen sein wird - von der Konstruiertheit ihres gesamten Fluchtvorbringens auszugehen war.

 

Zum BF1:

 

Die Unglaubwürdigkeit des BF2 setzt schon bei seinen persönlichen Angaben an. In seinem ersten Asylverfahren gab er nämlich zu seiner Staatsangehörigkeit Ghana an, welche er im weiteren Verlauf des Verfahrens revidierte. Insofern er auf entsprechenden Vorhalt ausführt, dass er dies in Griechenland auf Anraten von Dritten getan habe, um einer Abschiebung zu entgehen, erklärt dies nicht seine Falschangabe in Österreich. Er scheute auch nicht davor zurück, mit einer gefälschten Identitätskarte nach Österreich zu reisen, weswegen er auch strafgerichtlich verurteilt wurde. Im dargestellten Verhalten ist der Versuch des BF1 zu erblicken, österreichische Behörden über seine wahre Identität zu täuschen, um so aufenthaltsbeende Maßnahmen zu verhindern.

 

Die Unglaubwürdigkeit des BF1 setzt sich auch in seinen weiteren Einlassungen betreffend den Fluchtweg fort, wonach er für seine Reise von Nigeria nach Europa nichts gezahlt habe, was jedoch nicht glaubhaft ist, zumal er nicht plausibel darlegen konnte, weshalb jemand ihn ohne jegliche Gegenleistung nach Europa bringen sollte. In diesem Aussageverhalten wird wiederum die Absicht des BF1, seinen Reiseweg zu verschleiern und so die Behörden diesbezüglich zu täuschen, verdeutlicht. Anzumerken ist in diesem Zusammang auch, dass den Angaben des BF1, wonach er von Italien nach Nigeria abgeschoben worden sei, nicht gefolgt werden kann, da er diese durch keinerlei Belege untermauern konnte und sie sich zudem widersprüchlich erweisen. So konnte er zunächst hinsichtlich des konkreten Zeitpunktes seiner Abschiebung sich nicht festlegen. Einmal gab er dazu an, dass es 2015 gewesen sei, an anderer Stelle hingegen 2016. Auch konnte er nicht nachvollziehbar darlegen, wo er die Zeit zwischen seiner behaupteten Abschiebung aus Italien und seiner erneuten Einreise ins Bundesgebiet im Jahr 2017 verbracht hat, wie dies aus seinen Einlassungen in seiner Einvernahme am 11.07.2017 hervor geht.

 

Der BF1 erweist sich aber auch bei seinen Schilderungen zu seinem Fluchtvorbringen nicht glaubwürdig, da diese mit diversen Widersprüchen und Ungereimtheiten behaftet sind. Zunächst gab er bei seiner Erstbefragung am 27.06.2013 zum Zeitpunkt der ersten Konfrontation mit seinen behaupteten Verfolgern an, dass dies 2009 gewesen sei. Abweichend dazu gab er bei seiner Erstbefragung im Zuge des gegenständlichen Verfahrens am 21.02.2017 an, dass dies 2011 gewesen sei. Im Verlauf des weiteren Verfahrens berief er sich wiederum auf einen früheren Zeitpunkt, nämlich 2008 bzw. 2009, was jedoch nicht nachvollziehbar ist, zumal bei Wahrunterstellung gleichbleibende Angaben zu erwarten wären, da die behaupteten Ereignisse einschneidend waren und ihn zur Ausreise veranlasst haben.

 

Der BF1 vermochte auch nicht übereinstimmend darzulegen, von wievielen Personen und wie oft er aufgesucht bzw. bedroht worden sei, was wiederum für die Konstruiertheit seines Vorbringens und somit seiner Unglaubwürdigkeit spricht. Während er bei seiner Erstbefragung am 27.06.2013 noch angab, dass er beim ersten Vorfall von einem unbekannten Mann angesprochen worden sei, gab er divergierend dazu bei seiner Einvernahme am 11.07.2017 an, dass er von einigen Leuten angsprochen worden sei. Wiederum abweichend dazu führte er in der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus, dass es zwei Personen gewesen seien, die ihn bei der ersten Begegnung angsprochen hätten, welche ihm jedoch nicht völlig unbekannt gewesen seien.

 

Hinsichtlich der Häufigkeit der Begenungen bzw. Konfrontation mit seinen Verfolgern gab er im gesamten Verwaltungsverfahren an, dass dies lediglich zweimal gewesen sei. Hingegen erklärte er in der mündlichen Verhandlung, dass es sogar vier Male gewesen seien, und zwar drei Mal vor seiner ersten Ausreise aus NIgeria und ein weiteres Mal nach seiner Abschiebung aus Italien. Seine Angaben hinsichtlich der Geschehnisse nach seiner Abschiebung aus Italien waren auch nicht kongruent. Denn vor der belangten Behörde gab er an, dass er gespürt habe, dass das Problem noch aktuell sei und aus diesem Grund ausgereist sei. Im Widerspruch dazu gab er jedoch in der mündlichen Verhandlung an, dass er bezüglich seines Problems von einer Person angesprochen worden sei und deshalb erneut ausgereist sei.

 

Auch konnte der BF nicht übereinstimmend angegeben, wie viel Zeit zwischen den behaupteten Bedrohungen bzw. persönlichen Begegnungen mit den Verfolgern verstrichen ist. Vor der belangten Behörde legte er dazu dar, dass zwischen der ersten und zweiten Kontaktaufnahme etwa acht bis neun Monate vergangen wären. In der mündlichen Verhandlung meinte er jedoch, dass es lediglich ein paar Wochen gewesen seien. Insoweit der BF auf Vorhalt dieser Widersprüche entgegnet, dass er bisher gleichbleibende Angaben gemacht habe bzw. die Widersprüche vermutlich auf Missverständnisse vor der belangten Behörde zurückzuführen seien, vermag dies nicht zu überzeugen, zumal diesfalls zu erwarten gewesen wäre, dass er diese in der Beschwerde geltend macht, was jedoch unterblieben ist.

 

Ein weiterer Aspekt der Unglaubwürdigkeit des BF1 ist in seine Angaben zu den räumlichen Gegebenheiten, wo er angeblich bedroht worden sei, zu sehen. Vor der belangten Behörde gab er hierzu noch an, dass er die Ritualisten in einem ganz normalen Haus getroffen habe. In der mündlichen Verhandlung führte er dagegen aus, dass es kein richtiges Wohnhaus gewesen sei.

 

Der BF1 konnte auch nicht plausibel erklären, warum seine Verfolger nicht schon mit Erreichen seiner Volljährigkeit, nämlich mit 18 Jahren, wie dies laut seinen Angaben zwischen seinem verstorbenen Vater und den Ritualisten vereinbart gewesen sei, an ihn herangetreten sind, sondern erst fünf bis sechs Jahre später. Hinsichtlich der Position seines Vaters in der besagten Geheimgesellschaft konnte der BF auch keine deckungsgleichen Angaben machen. Während er vor der belangten Behörde hierzu keinerlei Angaben zu machen vermochte, gab er im Zuge der mündlichen Verhandlung an, dass es sich dabei um eine Führungsposition gehandelt habe. Bei Zutreffen dieses Vorbringens wäre jedoch zu erwarten gewesen, dass er es schon zu einem früheren Zeitpunkt geltend macht.

 

Das weitere Vorbringen des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung im Zusammenhang mit seiner Mutter war weder plausibel noch identisch. So gab er zunächst auf die Frage der erkennenden Richterin, ob seine Mutter etwas von der Vereinbarung zwischen seinem Vater und den Kultmitgliedern gewusst habe, an: "Ich weiß nicht, ob sie es von Anfang an gewusst hat. Nachdem das passiert war, musste ich es ihr aber erklären und sie mit der Situation vertraut machen. Ob sie es gewusst hat, kann ich nicht sagen." An anderer Stelle gab er auf die Frage, ob er seine Mutter nicht nach der Vereinbarung gefragt habe, an: "Ich habe sie nicht gefragt. Ich war mir irgendwie sicher, dass sie es wusste, mir aber nichts davon erzählen wollte. Gefragt habe ich sie aber nicht."

 

Aufgrund der dargelegten Ausführungen gelangt daher die erkennende Richterin somit zusammenfassend zu dem Schluss, dass der BF1 die von ihm geschilderten Ereignisse tatsächlich nicht erlebt hat und seinem Vorbringen somit insgesamt die Glaubhaftigkeit zu versagen war.

 

Zur BF2:

 

Zunächst ist hinsichtlich Glaubwürdigkeit der BF2 anzumerken, dass sie im Rahmen ihrer Erstbefragung mit keinem Wort auf das später behauptete Fluchtvorbingen eingegangen ist, sondern lediglich ausführte, ihre Heimat verlassen zu haben, da sie es sehr schwer gehabt hätte. Wäre die BF2 tatsächlich verfolgt worden, wäre von ihr vor allem aufgrund ihrer Vorerfahrungen mit Asylverfahren in Griechenland und Ungarn zu erwarten gewesen, dass sie in Österreich ihr Vorbringen betreffend gravierender Eingriffe bei der ersten sich bietenden Gelegenheit erstattet. Insoweit die BF2 auf entsprechenden Vorhalt ausführt, dass sie damals alle ihre Fluchtgründe genannt habe, widerspricht dies der Aktenlage. Schließlich wurde ihr das Protokoll der Erstbefragung rückübersetzt und bestätigte sie mit ihrer Unterschrift die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben.

 

Unbeschadet dessen erweisen sich jedoch ihre Angaben zum später behaupteten Fluchtgrund bzgl. der Opferung für einen Schrein durch ihre Familie grob widersprüchlich und vage. So gab sie zunächst vor der belangten Behörde an, dass sie bis zu ihrem 12. Lebensjahr im Dorf bei ihren Eltern gelebt hätte und dann zur ihrer Tante nach Lagos gegangen sei, bei der sie drei Jahre gelebt habe und danach wegen der drohenden Ofperung geflüchtet sei. In der mündlichen Verhalundlung stellte sie dies jedoch anders dar. So gab sie an, dass ihre Familie sie bereits mit 12 Jahren dem Schrein hätte opfern wollen, weshalb sie dann zu ihrer Tante nach Lagos geflüchtet sei. Ihre Tante hätte sie danach jedoch zu ihren Eltern zurückgeschickt, von denen sie dann geflüchtet sei. Auch in Abetracht ihres jungen Alters bei den Befragungen vor der belangten Behörde wäre jedoch zu erwarten, dass die BF die Reihefolge der Geschehnisse übereinstimmend wiedergibt.

 

Der belangten Behörde ist auch beizupflichten, dass die Glaubwürdigkeit der BF2 auch deshalb angezweifelt wird, weil sie nicht in der Lage war, irgendwelche Angaben zur behaupteten Geheimgesellschaft zu machen. So konnte sie weder deren Namen nennen, noch deren Praktiken schildern, obwohl ihren Angaben nach jährlich ein Kind geopfert worden sei.

 

Die Unglaubwürdigkeit der BF2 wird jedoch auch dadurch unterstrichen, dass sie trotz einer solch massiven Bedrohung es unterlassen hat, sich an die Sicherheitsbehörde zu wenden. Soweit sie auf entsprechenden Vorhalt hierzu erwidert, sie habe dies nicht tun können, da es in ihrem Dorf keine Polizei gegeben habe, ist dem zu entgegnen, dass sich sich in Lagos oder auf dem Weg von dort nach Agbor sehr wohl an die Polizei hätte wenden können.

 

Auch vermochte sie nicht plausibel zu erklären, warum ihre Tante sie angesicht der ihr drohenden Gefahr nach drei Jahren zu ihren Eltern zurückgeschickt habe.

 

Ingesamt zeigt sicht also somit aufgrund der dargelegten Widersprüche und Ungereimtheiten, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass die BF2 ein unglaubhaftes Fluchtvorbringen erstattet hat und ihr diesbezüglich auch die persönliche Glaubwürdigkeit zu versagen war.

 

Zum BF3 und BF4:

 

Es wurden keine eigenen Fluchtgründe zu Nigeria geltend gemacht. Ihre gesetzliche Vertretung hat explizit angegeben, dass ihre Fluchtgründe auch für den BF3 und BF4 gelten.

 

2.4. Zum Herkunftsstaat:

 

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

 

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Die BF traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

 

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z. 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z. 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z. 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z. 4).

 

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z. 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z. 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. §66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder einzustellen ist.

 

§ 34 AsylG 2005 lautet:

 

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

 

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

 

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

 

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

 

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

 

Gemäß § 2 Absatz 1 Z 22 leg. cit. ist somit ein Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren mit den oa. Familienangehörigen (BF1 bis BF4) vor.

 

Zu A)

 

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

 

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass der BF1 und die BF2, die von ihnen behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnten.

 

Insgesamt sind somit die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfüllt.

 

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

 

3.3. Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

 

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

 

Den BF droht in Nigeria - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

 

Auch dafür, dass den BF im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059). Der BF1 und die BF2 als gesetzliche Vertreterin der (ebenfalls gesunden) BF3 und BF4 sind volljährig, gesund und erwerbsfähig. Sie weisen eine mehrjährige Schul- bzw. Berufsausbildung auf und waren der BF1 und die BF2 bislang im Stande, ihren Lebensunterhalt in Nigeria als Verkäufer zu bestreiten.

 

Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb sie ihren Lebensunterhalt nach ihrer Rückkehr nicht durch die Aufnahme einer adäquaten Hilfstätigkeit oder Gelegenheitsarbeiten bestreiten können sollten bzw. weshalb sie im Falle der Rückkehr nicht eine staatliche oder private Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könnten. Hinzukommt, dass sie nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Nigeria verfügen und steht es ihnen frei, sich mit den Familien in Kontakt zu setzten. Die BF kehren zudem als eine Familie zurück, können zusammen leben und gemeinsam für ihren Lebensunterhalt sorgen.

 

Zudem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

 

Damit sind die BF nicht durch die Außerlandesschaffung nach Nigeria in ihrem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber ihrer Situation in Nigeria besser gestellt sind, genügt nicht für die Annahme, sie würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

 

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf die Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

 

Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich der Spruchpunktes II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen waren.

 

3.4. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide:

 

3.4.1. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

 

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

 

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

 

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

3.4.2. Indizien dafür, dass die Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt seit mindestens einem Jahr iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch sind die BF Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.

 

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

 

3.4.3. Die gegenständlichen Anträge auf Gewährung von internationalem Schutz wurden vom BFA zu Recht gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen. Die Einreise des BF in das Gebiet der europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich ist nicht rechtmäßig erfolgt. Bisher stützte sich ihr Aufenthalt im Bundesgebiet alleine auf die Bestimmungen des AsylG für die Dauer des nunmehr abgeschlossenen Verfahrens. Ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch kein auf andere Bundesgesetze gestütztes Aufenthaltsrecht behauptet. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt der BF im Bundesgebiet mehr vor und fallen sie damit nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG betreffend Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung.

 

Die BF2 haltet sich seit ihrer nicht rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet im November 2013 (BF2) und der BF1 seit Februar 2017 sowie der BF3 und BF4 seit ihrer Geburt in Österreich faktisch im Bundesgebiet auf. Sie haben keine relevanten familiären bzw. verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte hierorts ins Treffen geführt.

 

Es war damit nicht vom Bestehen einer familiären Nahebeziehung iSd Judikatur des EGMR zu Art. 8 EMRK in Österreich auszugehen.

 

Eine Rückkehrentscheidung stellt somit (lediglich) einen Eingriff in das Recht auf ein Privatleben in Österreich dar.

 

3.4.4. Die BF waren seit ihrer Antragstellung im Gefolge der Einreise als Asylwerber in Österreich bloß vorübergehend aufenthaltsberechtigt. Das Gewicht ihres bisherigen Aufenthalts in Österreich war auch dadurch abgeschwächt, dass sie ihren Aufenthalt durch einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz zu legalisieren versuchten, sie konnten alleine durch die Stellung dieser Anträge jedoch nicht begründeter Weise von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung des Aufenthalts ausgehen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die anfänglichen Integrationsbemühungen der BF. So haben der BF1 und die BF2 Deutschkurse besucht, ohne jedoch qualifizierte Sprachprüfungen abzugleben, wie dies aus den vorgelegten Urkunden hervorgeht. Auch verrichtet der BF1 geringfügige Verkaufstätigketein und sind die BF Mitglieder einer (afrikanischen) Kirche, jedoch kann darin keine maßgebliche bzw. nachhaltige Integration erkannt werden.

 

Der BF1 und die BF2 verbrachten demgegenüber den weitaus überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstaat, wurden dort sozialisiert und sprechen die Mehrheitssprache ihrer Herkunftsregion auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso war festzustellen, dass sie dort über Bezugspersonen in Form ihrer nahen Verwandten verfügen. Es deutete daher nichts darauf hin, dass es ihm im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

 

Der sohin nicht besonders starken Rechtsposition der BF im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der strafrechtlichen und der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber.

 

Zulasten des BF1 wiegt zudem der Umstand, dass er in Österreich bereits zweimal strafgerichtlich rechtskräftig verurteilt wurde.

 

Hinsichtlich des Umstandes, dass sich die BF2 in Österreich bis dato wohl verhalten hat, ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellung der strafrechtlichen Unbescholtenheit der Judikatur folgend weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420).

 

Im Hinblick auf den minderjährigen BF3 und BF4, die in Österreich geboren wurden und noch nie in Nigeria waren, ist die höchstgerichtliche Judikatur des Verwaltungsgerichthofes VwGH 21.4.2011, 2011/01/0132 mit zu berücksichtigen. Dieser verweist darauf, dass soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen sind (vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 18. Oktober 2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 46410/99, Randnr. 58, und vom 6. Juli 2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Rn. 146). Maßgebliche Bedeutung hat der EGMR dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Randnr. 66, vom 17. Februar 2009, Onur gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 27319/07, Randnr. 60, und vom 24. November 2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Randnr. 46; siehe dazu auch das hg. Erk. vom 17. Dezember 2007, 2006/01/0216 bis 0219) befinden.

 

Dahingehend ist hervorzuheben, dass der BF3 und BF4 zwar in Österreich geboren wurden, aber erst dreieinhalb bzw. eineinhalb Jahre alt und somit im anpassungsfähigen Alter sind. Sie wirden problemlos die Sprache ihres Herkunftslandes erlernen und mit den sozialen und kulturellen Gegebenheiten in Nigeria vertraut werden. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der BF3 und BF4 in Österreich noch keine Schulbildung bzw. den Kindergarten begonnen haben und im Kleinkindalter keinen Freundeskreis haben, die sie aufgeben müsste. Hinzu kommt, dass sich die weiteren familiären Angehörigen der BF nach wie vor in Nigeria aufhalten und das Familienleben der BF in Nigeria gemeinsam fortgesetzt werden kann. Ein überdurchschnittliches Maß an Schwierigkeiten ist im Falle einer Rückführung des Minderjährigen ist nicht gegeben.

 

3.4.5. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG war daher davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der BF im Bundesgebiet deren persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht bewirkt wird. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden.

 

3.4.6. Schließlich sind im Hinblick auf § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass eine Abschiebung der BF nach Nigeria unzulässig wäre (vgl. oben die Erwägungen und Feststellungen zur Frage der Gewährung subsidiären Schutzes).

 

3.4.7. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung in den Herkunftsstaat vorlagen, war auch die Beschwerde gegen den Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide gemäß §§ 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 FPG idgF als unbegründet abzuweisen.

 

3.4.8. Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Spruchteil des Spruchpunktes III. der angefochtenen Bescheide über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG 2005.

 

Der Verwaltungsgerichthof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 15.03.2016, Ra 2015/21/0174, mwN, klargestellt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen.

 

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung sowie die Zulässigkeit einer Abschiebung in den Herkunftsstaat gegeben waren, während die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 jedoch nicht vorlagen und (auch) über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 von der belangten Behörde angesichts der zugleich zulässigerweise getroffenen Rückkehrent-scheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG nicht abgesprochen werden durfte, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß

 

§ 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

 

3.5. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Die BF führten weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Beschwerdeverfahren besondere Umstände im Hinblick auf einen Regelungsbedarf ihrer persönlichen Verhältnisse ins Treffen, die dem Ausspruch einer Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides entgegenstünden. Solche sind auch amtswegig nicht hervorgetreten. Es ist daher für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen festzulegen.

 

Insofern wäre der belangten Behörde zunächst nicht entgegenzutreten, jedoch erweist sich der Ausspruch, dass die Frist für die freiwillige Ausreise "2 Wochen" betrage, dennoch als nicht zulässig, zumal § 55 Abs. 2 FPG eine solche Frist ausdrücklich mit "14 Tagen" (nicht mit "2 Wochen") festlegt und die Berechnung von Fristen gemäß § 32 AVG 1991, die nach Tagen bestimmt sind (Abs. 1 leg. cit.), sich von der Berechnung von Fristen, die unter anderem nach Wochen bestimmt sind (Abs. 1 leg. cit., erster Fall) zu unterschiedlichen - hier vor allem in Hinblick auf die Durchsetzbarkeit einer Rückkehrentscheidung - Ergebnissen führen können.

 

Insofern waren die Beschwerden auch gegen Spruchpunkt III. - unter der im Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses angeführten Maßgabe - als unbegründet abzuweisen.

 

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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