BVwG I403 2122429-1

BVwGI403 2122429-112.6.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:I403.2122429.1.00

 

Spruch:

I403 2122429-1/22E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Kongo, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, Burggasse 115/17-19, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.02.2016, Zl. 831275304/1714125, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.05.2017 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es anstelle des ersten Spruchteiles des Spruchpunktes III. wie folgt zu lauten hat:

 

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt."

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsbürgerin der Republik Kongo, stellte am 03.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 06.09.2013 stattfindenden Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie im Mai 1998 bei der Einwanderungsbehörde der Republik Kongo gearbeitet habe. Man habe zu dieser Zeit Staatsbürger, welche nach dem Bürgerkrieg aus der Demokratischen Republik Kongo in die Republik Kongo zurückgekehrt seien, registriert. Die Beschwerdeführerin habe die Männer nach politischer Zugehörigkeit in die Gruppe der nördlichen bzw. der südlichen Gebiete aufgeteilt. Sie habe beobachtet, wie die aus dem Süden stammenden Personen mit Militärwagen weggebracht worden seien; im Laufe der Jahre habe sich herausgestellt, dass man diese Männer nie wieder gesehen habe. Es sei zu Fragen von Seiten der Bevölkerung bzw. von Angehörigen gekommen und die Regierung habe einen Gerichtsprozess eingeleitet. Die Beschwerdeführerin selbst sei vor diesem Prozess im Jahr 2005 von Militärs angehalten und verhaftet worden. Man habe ihr vorgeworfen, dass sie die Registrierungsdokumente an Dritte verkauft habe und so am Bekanntwerden des Verschwindens der Männer Schuld sei. Sie sei ohne Verhandlung ins Militärgefängnis gebracht worden. Dies sei im Juli 2005 gewesen. Bis August 2013 habe sie sich in Haft befunden, sie sei körperlich misshandelt, geschlagen und regelmäßig vergewaltigt worden. Ihr Ehemann habe die ganze Zeit versucht, sie aus dem Gefängnis zu holen. Schlussendlich sei dies mit Hilfe von Bestechung gelungen. Mit einem Schlepper sei sie dann aus der Republik Kongo ausgereist.

 

Am 20.08.2014 wurde ein Zertifikat der ÖSD-Prüfung A2-Grundstufe Deutsch 2 vom 16.02.2014 vorgelegt.

 

Am 18.09.2014 langte ein Urgenzschreiben des Vereins Menschenrechte Österreich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein; zugleich wurde noch einmal das Zertifikat Deutsch A2 übermittelt sowie eine Teilnahmebestätigung für einen Kurs vom 25.02.2014 und Bestätigungen über die Absolvierung von Kinderbetreuung im Flüchtlingsheim XXXX sowie eine Geburtsurkunde aus dem Kongo.

 

In weiterer Folge wurde von einem Unternehmen mit Datum vom 18.03.2015 bestätigt, dass die Beschwerdeführerin als Erntehelferin tätig gewesen sei. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 14.04.2015 wurde der Beschwerdeführerin wiederum eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Erntearbeiterin für die Zeit vom 01.06.2015 bis 30.09.2015 erteilt.

 

Ein weiteres Urgenzschreiben wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18.06.2015 übermittelt. In einem ebenfalls vorgelegten Schreiben des damaligen Bischofs von XXXX, XXXX, an die Bundesministerin für Inneres, Mag. Johanna Mikl-Leitner, vom 06.07.2015 weist dieser darauf hin, dass ihn die Beschwerdeführerin beim Besuch des Flüchtlingsheims besonders beeindruckt habe und dass sie noch immer auf ihre erste Einvernahme warten würde. Dem beigelegt war ein Schreiben der Beschwerdeführerin, in welchem sie darauf hinweist, dass sie verheiratet sei und zwei Kinder im Kongo zurückgelassen habe. Sie arbeite freiwillig im Altersheim, gebe Nachhilfe und habe schon gut Deutsch gelernt. Sie verstehe nicht, warum sie noch immer warten müsse.

 

Die Beschwerdeführerin wurde am 22.09.2015 niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD Tirol, einvernommen und legte die folgenden Unterlagen vor:

 

• Bestätigung des XXXX vom 14.09.2015, dass sie als außerordentliche Hörerin an ausgewählten Lehrveranstaltungen der FH Studiengänge "Unternehmensführung einer Tourismus- und Freizeitwirtschaft" und "Entrepreneurship&Tourismus" teilnehmen könne;

 

• eine Teilnahmebestätigung für den Kurs zur Vorbereitung der ÖSD-Prüfung B1 vom 01.09.2015

 

• eine Arbeitsbestätigung eines Altersheims vom 02.10.2014;

 

• eine Arbeitsbestätigung für die Tätigkeit als Erntehelferin vom 18.03.2015 sowie die entsprechende Arbeitsbescheinigung des AMS für die Beschäftigung vom 01.07.2015 bis 21.08.2015;

 

• die Bestätigung über von der Beschwerdeführerin vorgenommene Kinderbetreuung im Flüchtlingsheim vom 25.07.2014;

 

• ein Empfehlungsschreiben vom 18.03.2015;

 

• die Deutschzertifikate A2 vom 16.06.2014 bzw. B1 vom 11.08.2015.

 

Die Beschwerdeführerin erklärte, gesund zu sein. Sie stehe in ständigem Kontakt mit ihrem Mann. Dieser gehe weiterhin seiner Beschäftigung nach, die Kinder würden die Schule besuchen, ihr Sohn habe allerdings Probleme mit dem Herzen. Die Beschwerdeführerin wiederholte im Wesentlichen ihr Vorbringen, dass sie für die Registrierungsbehörde tätig gewesen sei und im Juli 2005 inhaftiert worden sei. Ihr Mann habe eine eigene Firma, sie selbst habe das Studium abgeschlossen und sie würden keine finanziellen Probleme gehabt haben.

 

Eine weitere niederschriftliche Einvernahme mit der Beschwerdeführerin fand am 02.02.2016 statt. Wiederum wurde die Beschwerdeführerin nach ihrem Fluchtgrund befragt.

 

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Tirol, vom 10.02.2016 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 03.09.2013 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Kongo abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Republik Kongo zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV). Der abweisenden Entscheidung wurde zu Grunde gelegt, dass alle Angaben bezüglich des angeblichen Arbeitsortes und der Tätigkeit der Beschwerdeführerin für das Registrierungsbüro unglaubwürdig gewesen seien. Auch in Bezug auf die angebliche achtjährige Gefangenschaft habe die Beschwerdeführerin weder den Tagesablauf genauer beschreiben können noch die Umgebung. Ein krasser Widerspruch wurde auch darin gesehen, dass die Beschwerdeführerin bei der Erstbefragung angegeben habe, dass ihr Ehemann die ganze Zeit über versucht habe, sie aus dem Gefängnis zu holen und ihm dies schließlich mit Bestechung gelungen sei, während sie bei den sonstigen Einvernahmen erklärt habe, dass sie von einem fremden Mann im Gefängnis aufgesucht worden wäre und dieser sie befreit habe, da er ihren Vater gekannt habe. Zusammengefasst kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin tatsächliche Begebenheiten in ihrer Heimat zum Anlass genommen habe, um daraus eine eigene Fluchtgeschichte zu konstruieren, ohne auch nur ansatzweise tatsächlich von den Geschehnissen persönlich betroffen gewesen zu seien. Von einer allgemeinen Rückkehrgefährdung könne nicht ausgegangen werden.

 

Gegen den am 19.02.2016 zugestellten Bescheid wurde fristgerecht am 25.02.2016 Beschwerde erhoben und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerdeführerin den Status einer Asylberechtigten verleihen; in eventu den Status einer subsidiär Schutzberechtigten gewähren; in eventu einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen; die gegen sie ausgesprochene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung in die Republik Kongo aufheben.

 

Der Beschwerdeführerin sei, insbesondere in der Einvernahme am 22.09.2015, nicht ausreichend die Möglichkeit eingeräumt worden, ihre Fluchtgeschichte so zu schildern, wie sie es gewollt habe. Sie habe daher der Beschwerde Ausführungen in französischer Sprache beigelegt, welche die sogenannten "krassen Widersprüche" entkräften würden. In der Beschwerde wurden zudem verschiedene Länderberichte zitiert, welche unter anderem verschiedene Verletzungen der Menschenrechte in der Republik Kongo belegen würden. Die Beschwerdeführerin könne im Fall einer Rückkehr in die Republik Kongo mit einer Verfolgung durch das Militär oder gar ihrem Tod rechnen. Sie befinde sich seit September 2013 in Österreich und habe Deutsch auf einem hohen Niveau erlernt. Sie sei auch als außerordentliche Hörerin in einer Fachhochschule eingeschrieben. Sie habe auch gemeinnützige Arbeiten geleistet und verfüge über einen großen Freundeskreis in Österreich. Der Beschwerde waren fünf Unterstützungsschreiben beigelegt. Es sei daher auch von einem schützenswerten Privatleben auszugehen.

 

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.03.2016 vorgelegt.

 

Am 12.05.2016 wurde bekannt gegeben, dass die Beschwerdeführerin Rechtsanwältin Mag. Nadja Lorenz, 1070 Wien, Vollmacht erteilt habe. Am 31.05.2016 wurde ein Schriftsatz eingebracht, mit dem eine Ergänzung der Beschwerde vorgenommen wurde. Der belangten Behörde wurde vorgeworfen, es verabsäumt zu haben, konkrete Länderinformationen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin einzuholen. Ihre Fluchtgründe würden im Zusammenhang mit Vorfällen stehen, die als "Beach-Missing" bekannt geworden seien. In weiterer Folge wurden verschiedene Medienberichte zitiert, wonach in der Republik Kongo am 19.07.2005 das Gerichtsverfahren gegen 16 Personen begonnen habe, die beschuldigt worden seien, Dutzende Gegner des Präsidenten ermordet zu haben, nachdem sie im Jahr 1999 aus dem Exil zurückgekehrt und in weiterer Folge verschwunden seien. Am 13.08.2005 seien die angeklagten hochrangigen Armee- und Polizeiangehörigen von der Anklage freigesprochen worden. Laut Medienberichten seien die Familien der Opfer sowie Zeuginnen und deren Familien unter Druck gesetzt und eingeschüchtert worden. Die belangte Behörde habe außerdem die vorgelegte Geburtsurkunde keiner Untersuchung unterzogen. Die herangezogenen Widersprüche würden sich durch leichte sprachliche Missverständnisse erklären lassen. Es erscheine auch nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin unmittelbar vor dem Prozess Opfer der gegen sie gerichteten Verfolgungshandlungen wurde; dies sei auch dann noch plausibel, wenn, wie das BFA hinweist, bereits 2003 in Frankreich Ermittlungsschritte gesetzt worden seien. Aktenwidrig sei der Vorhalt der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin bezüglich ihrer achtjährigen Gefangenschaft weder den Tagesablauf noch die direkte Umgebung habe beschreiben können. Dies sei sehr wohl erfolgt. Die belangte Behörde habe sich mit dem konkreten Vorbringen nicht auseinandergesetzt. Es wurde ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt und wurden verschiedene Unterstützungsschreiben in Vorlage gebracht.

 

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin per 01.02.2017 zur Behandlung zugeteilt.

 

Für den 05.05.2017 wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt, an welcher die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsvertreterin teilnahmen. Im Vorfeld war der Rechtsvertreterin das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation übermittelt worden; im Rahmen der Verhandlung wurde von der erkennenden Richterin auf den Bericht "Still in Search of Justice" der International Refugee Rights Initiative vom Mai 2009 hingewiesen und der Bericht übergeben. Am 22.05.2017 langte dazu eine Stellungnahme der Rechtsvertreterin beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher erklärt wurde, dass vor dem Hintergrund des im Bericht geschilderten Geschehens das Vorbringen der Beschwerdeführerin für glaubhaft zu erachten sei.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik Kongo und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b Asylgesetz.

 

Die Beschwerdeführerin leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten der Beschwerdeführerin in Österreich. Sie hat sich in den dreieinhalb Jahren ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet außergewöhnlich gut integriert und sich sehr gute Deutschkenntnisse angeeignet. Von einer nachhaltigen Verfestigung kann allerdings insbesondere aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer und des fehlenden Familienlebens in Österreich nicht gesprochen werden.

 

Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.

 

Entgegen ihrem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in der Republik Kongo von den Behörden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung zu befürchten hat. Es ist nicht glaubhaft, dass sie an dem Geschehen rund um das Verschwinden Hunderter Männer am "Beach de Brazzaville" im Jahr 1999 beteiligt war und infolgedessen von den Sicherheitsbehörden inhaftiert wurde.

 

Es besteht auch keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde. Ihr Ehemann (nach traditionellem Recht) und ihre Kinder sowie ihr Bruder leben in der Republik Kongo. Sie steht mit ihrem Mann in Kontakt.

 

1.2. Zur allgemeinen Situation in der Republik Kongo:

 

Politische Lage

 

Die Republik Kongo ist eine parlamentarische Republik, in welcher die meisten Entscheidungsbefugnisse und die größte politische Macht beim Präsidenten und Premierminister liegen (USDOS 3.3.2017). Der Präsident, der gleichzeitig Regierungschef ist, wird direkt vom Volk auf sieben Jahre gewählt; die absolute Mehrheit ist erforderlich und die einmalige Wiederwahl zulässig. Der Präsident kann vom Parlament nicht abgewählt werden; er selbst kann das Parlament aber auch nicht auflösen. Er kann jedoch vor dem Obersten Gerichtshof wegen Hochverrats angeklagt werden (AA 3 .2016).

 

Am 25.10.2015 wurde ein Referendum zur Änderung der kongolesischen Verfassung abgehalten, um unter anderem dem derzeitigen Präsidenten zu ermöglichen, 2016 für eine dritte Amtszeit zu kandidieren (AI 7.2.2017). Die im Oktober 2015 per Referendum angenommene Verfassungsänderung sieht die Schaffung des Postens des Premierministers und die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf 5 Jahre mit Möglichkeit zu zweimaliger Wiederwahl vor (AA 3 .2016).

 

Am 20.3.2016 hatte in Kongo-Brazzaville die Präsidentenwahl stattgefunden, welche der seit knapp 20 Jahren amtierende Denis Sassou Nguesso gewann (NZZ 4.4.2016). Der seit drei Jahrzehnten regierende 72-jährige Staatschef hat nach amtlichen Angaben die Wahl am 20.3.2016 mit 60% der Stimmen gegen seinen Oppositionkandidaten Guy-Brice Parfait Kolelas gewonnen. Nach dem umstrittenen Wahlsieg kam es in der Hauptstadt Brazzaville zu gewaltsamen Ausschreitungen, bei denen auch Todesopfer zu beklagen waren (DAS 8.4.2016).

 

Das Parlament besteht aus Nationalversammlung und Senat. Die Nationalversammlung umfasst 137 auf fünf Jahre gewählte Mitglieder, die 66 Senatoren werden auf sechs Jahre gewählt (AA 3 .2016)

 

Die Rechtsprechung wird insbesondere durch den Obersten Gerichtshof, den Rechnungshof und das Verfassungsgericht wahrgenommen. Weitere Verfassungsorgane sind der Wirtschafts- und Sozialrat, der Rat für die Pressefreiheit, der Schiedsmann der Republik, die nationale Menschenrechtskommission, öffentliche Gewalt (Polizei, Armee) und die Kommunen (AA 3 .2016).

 

Das Staatsgebiet ist in 11 Departements gegliedert, die von Präfekten geleitet werden - mit Ausnahme der autonomen Stadt Brazzaville, die von einem (gewählten) Bürgermeister geleitet wird. Die Departements gliedern sich in 26 Distrikte, an deren Spitze ernannte Unterpräfekte stehen. Ernannte Bürgermeister stehen den größeren Städten Dolisie, Nkayi und Pointe Noire vor (AA 3 .2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

Die Regierung schloss im März 2003 ein Friedensabkommen mit den Ninja-Rebellen. Die Sicherheitslage hat sich seither gebessert und ist weitgehend stabil, mit Ausnahme des westlichen Teils der Region Pool. Seit Anfang April 2016 kommt es in Brazzaville, Pointe Noir und in der Pool Region zu vereinzelten lokalen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen (EDA 8.3.2017). Von der kanadischen Regierung wird die Lage als ruhig, aber angespannt beschrieben (GC 8.3.2017). In der gesamten Südregion werden Suchaktionen gegen Rebellengruppen durchgeführt, bei denen neben Militär und Polizei auch irreguläre Milizen eingesetzt werden (AA 8.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

Pool Region

 

Die Pool-Region hat zwischen 1998 und 2003 einige Bürgerkriege erlebt. Ein Programm zur Entwaffnung, Demobilisierung und Rehabilitation von 30.000 ehemaligen Kämpfern war in Pool im Jahr 2008 eingeleitet worden (IRIN 7.10.2010, vgl. BS 2016). Unter den Zielpersonen befanden sich 5.000 ehemalige Kämpfer des Milizenführers Frédéric Bintsamou (alias Pasteur Ntumi), bekannt als Ninjas. Sie kämpften im Bürgerkrieg gegen die Armee (IRIN 7.10.2010). Nach Jahren andauernden Konflikts wurde die Pool Region aufgrund der Friedensabkommen in den Jahren 2003 und 2007 weitgehend in den Staat eingegliedert. Seit Oktober 2010 kann das kongolesische Militär sich in Gebieten aufhalten, die vorher als "No-Go" Gebiete klassifiziert wurden (BS 2016). Sporadische Kämpfe finden in der Pool Region, welche die Hauptstadt Brazzaville und den östlichen Teil von Bouenza einschließt, weiterhin statt (GC 8.3.2017). In einigen Regionen des südlichen Departments Pool waren und sind großangelegte Militäroperationen zu beobachten (AA 8.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Rechtsschutz/Justizwesen

 

Auch wenn die Verfassung und die Gesetze eine unabhängige Justiz vorsehen, war diese politischer Einflussnahme und Korruption unterworfen, kontinuierlich überlastet und unterfinanziert (USDOS 3.3.2017).

 

Beschuldigte haben das Recht auf Berufung, das Recht auf Anwesenheit beim Prozess und das Recht auf einen Anwalt. Wenn es sich um schwere Kriminalverbrechen handelt, werden vom Staat Pflichtverteidiger gestellt. Die Verfassung sieht das Recht auf einen fairen Prozess vor, allerdings wurde dieses Recht in der Praxis nicht immer gewährleistet (USDOS 3.3.2017). Als Folge der Schwächen des "modernen" Systems (BS 2016) behandeln – insbesondere im ländlichen Raum – traditionelle Gerichte viele lokale Streitigkeiten; vor allem Eigentums- und Erbschaftsfälle, sowie häusliche Konflikte, die nicht innerhalb der Familie gelöst werden können (USDOS 3.3.2017; vgl. BS 2016).

 

Quellen:

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Die Sicherheitskräfte umfassen die Polizei, die Gendarmerie und das Militär, Marine und Luftwaffe (USDOS 3.3.2017, vgl. CIA 12.1.2017). Die Polizei und die Gendarmerie sind für die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung zuständig. Die Polizei ist vor allem in Städten, die Gendarmerie in ländlichen Regionen anderen Gebieten präsent. Das Militär ist für die äußere Sicherheit zuständig, hat aber auch innerstaatliche Sicherheitsaufgaben, wie etwa den Schutz des Präsidenten. Dem Verteidigungsminister unterstehen Militär und Gendarmerie, dem Ministerium für Inneres und Dezentralisierung die Polizei. Eine zivile Polizeieinheit, die unter die Zuständigkeit des Ministeriums für Inneres und Dezentralisierung fällt, ist für die Überwachung der Grenzen zuständig. Eine andere Einheit, die Militärpolizei, besteht aus Soldaten und Polizisten und ist für Disziplinarvergehen von Angehörigen der Sicherheitskräfte zuständig (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

Folter und unmenschliche Behandlung

 

Die Verfassung verbietet Folter und das Gesetz enthält ein allgemeines Verbot gegen Körperverletzung, aber es gibt kein spezielles Verbot von Folter im Strafgesetzbuch (USDOS 3.3.2017). Es gibt zahlreiche Berichte von Folter, ausgeführt von Regierungsbeamten, und anderen grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlungen (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017).

 

Die Verfassung und Gesetze verbieten willkürliche Verhaftungen, dennoch waren willkürliche Verhaftungen in der Praxis ein Problem. Lokale NGOs berichteten von Hunderten von willkürlichen Verhaftungen im Zeitraum der Präsidentschaftswahlen im März 2016, obwohl es Beweise für nur 88 solcher Vorfälle gab (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

Korruption

 

Das Gesetz sieht Strafen für Korruption vor, allerdings hat die Regierung die Umsetzung der Gesetze nicht effektiv überwacht. Behördenmitarbeiter betrieben Korruption unter Straflosigkeit. Gemäß der Weltbank ist staatliche Korruption ein schweres Problem und ist auf allen Ebenen vorhanden (USDOS 3.3.2017). Auf dem Index von Transparency International rangierte der Kongo im Jahr 2013 auf Platz 159 von insgesamt 176 (TI 25.1.2017).

 

Quellen:

 

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Mehrzahl der internationalen Menschenrechtskonventionen wurde von der Republik Kongo ratifiziert (AA 3 .2016).

Menschenrechtsorganisationen beklagen Fälle von Selbstjustiz, schlechte Haftbedingungen und Gewalt in Gefängnissen, bewaffnete Übergriffe, Straflosigkeit, willkürliche Verhaftungen, überlange Untersuchungshaft, ineffiziente Justiz, vereinzelt Einschränkungen von Freiheitsrechten, Korruption und häusliche Gewalt. Ebenso werden Diskriminierung gegen Frauen und Minderheiten sowie Fälle von Menschenhandel und Kinderarbeit beanstandet (AA 3 .2016; vgl. USDOS 3.3.2017).

 

Die Verfassung und die Gesetze gewähren Meinungs- und Pressefreiheit, kriminalisieren allerdings bestimmte Dinge, wie zum Beispiel ethnisch basierte Verhetzung, Gewalthetze etc. Die Regierung schränkt manchmal die Rede- und Pressefreiheit ein, Journalisten praktizieren Selbstzensur. Die meisten Bürger beziehen Informationen aus dem Radio oder Fernsehen, in ländlichen Gebieten vor allem von staatlich kontrollierten Sendern. Im Laufe des Jahres 2015 kam es wiederholt zu Unterbrechungen des Internetzugangs durch die Regierung (USDOS 13.4.2016). Vor dem Referendum vom 25.10.2015 kam es zu massiven Einschränkungen der Medienfreiheit (u.a. Sperre des Internetzugangs) sowie der Versammlungsfreiheit. Zahlreiche Demonstrationen wurden verboten oder gewaltsam aufgelöst (AI 7.2.2017). Auch am Wahltag, den 20.3.2016, wurde der Zugang zu den meisten Internetlinks, Glasfasernetzte und SMS gesperrt, um so effektiv die parallellaufende Stimmenauszählung durch die Opposition zu verhindern (USDOS 3.3.2017).

 

Die Verfassung und Gesetze garantieren Versammlungsfreiheit. Allerdings respektiert die Regierung diese Rechte nicht im Kampagnenzeitraum der Wahlen vom 20.3.2016 (USDOS 3.3.2017). Die Versammlungsfreiheit wurde während dieser Zeit eingeschränkt und viele Demonstrationen verboten oder mit unnötiger und unverhältnismäßiger Gewalt aufgelöst, auch unter Einsatz von scharfer Munition. Es gab Todesopfer und zahlreiche Verletzte (AI 7.2.2017). Für Versammlungen müssen Genehmigungen eingeholt werden, welche gelegentlich verweigert werden. Hingegen respektiert die Regierung zumindest zeitweise die verfassungsrechtlich zugesicherte Vereinigungsfreiheit (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 27.1.2016). Mehr als 100 politische Parteien sind im Kongo registriert. Die meisten Parteien sind nur regional vertreten und haben einen kleinen auf die Ethnie basierenden Wahlkreis mit wenig nationaler Macht. Einschüchterung und Unterdrückung der politischen Opposition ist üblich (FH 27.1.2016).

 

Die neue Verfassung, die per Referendum am 25.10.2015 verabschiedet wurde, enthält die gleichen Bestimmungen, wie die bisherige Verfassung. Die neue Verfassung sieht die Glaubensfreiheit vor und verbietet religiöse Diskriminierung. Die neue Verfassung enthält weiterhin die Verbote Religion für politische Zwecke anzuwenden und politische Parteien, die an sich einer bestimmten religiösen Gruppe zuordnen (USDOS 10.8.2016). Religionsfreiheit wird im Allgemeinen eingehalten. Im Mai 2015 verbot die Regierung das Tragen des Niqab, den Gesichtsschleier, in der Öffentlichkeit (FH 27.1.2016, vgl. USDOS 10.8.2016). Katholische und muslimische Führer berichteten, dass sie keine Berichte über religiös motivierte Vorfälle gegen die islamische Gemeinde erhalten hatten (USDOS 10.8.2016).

 

Einige Reihe von lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann generell uneingeschränkt agieren. Die Regierung beschränkt weder die Arbeit an, noch die Untersuchungen oder die Publizierung der Resultate von Menschenrechtsfällen. Einige lokale Menschenrechtsgruppen tendieren dazu, bestimmte Zwischenfälle nicht zu berichten, um möglichen Hindernissen seitens der Regierung aus dem Wege zu gehen (USDOS 3.3.2017).

 

Die von der Regierung finanzierte Menschenrechtskommission (Human Rights Commission, HRC) ist beauftragt, als Überwachungsorgan zu fungieren und öffentliche Bedenken bezüglich Menschenrechten zu behandeln. Einige Beobachter bemängeln, dass die Kommission völlig ineffektiv sei und es ihr an Unabhängigkeit mangle. Der Präsident ernennt die meisten, wenn nicht sogar alle Mitglieder der Kommission (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Haftbedingungen

 

Die Haftbedingungen sind hart und lebensbedrohlich (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 27.1.2016). Die Gefängnisse sind überbelegt, die meisten Gefangenen schlafen auf dem Boden auf Karton oder dünnen Matratzen. Die Ernährung und die medizinische Versorgung sind mangelhaft. Es gibt separate Unterbringungen für Frauen und Männer. Jugendliche werden manchmal gemeinsam mit Erwachsenen inhaftiert, Untersuchungshäftlinge mit Straftätern. Die Regierung gestattet lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen einen limitierten Zugang zu den Haftanstalten (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

Todesstrafe

 

Im Jahr 2015 hat die Republik Kongo die Todesstrafe für alle Delikte abgeschafft (AI 5.4.2016; vgl. USDOS 13.4.2016)

 

Quellen:

 

 

 

Ethnische Minderheiten

 

Das Gesetz verbietet eine auf ethnischer Zugehörigkeit fußende Diskriminierung. Regionale ethnische Diskriminierung existiert, ist aber nicht mehr so weit verbreitet wie in den Jahren nach dem im Jahr 2003 beendeten Bürgerkrieg (USDOS 3.3.2017).

 

Zu den großen ethnischen Gruppen zählen: Kongo (48%), Sangha (20%), M'Bochi (12%), Teke (17%) (CIA 12.1.2017);

 

Quellen:

 

 

 

Frauen/Kinder

 

Es gibt verschiedene gesetzliche Regelungen, welche Frauen diskriminieren (SFH 19.3.2014; vgl. FH 26.1.2016). Beispielsweise haben Frauen kein Recht, Land zu erben. Die Legalität von Polygamie und die unverhältnismäßigen Strafen für Frauen, die Ehebruch begehen, schwächen die Position der Frau in der kongolesischen Gesellschaft zusätzlich (SFH 19.3.2014).

 

Vergewaltigung, inklusive Vergewaltigung in der Ehe, ist illegal. Es wird nur selten Anzeige erstattet (FH 27.1.2016). Das kongolesische Strafgesetz sieht für Vergewaltigung eine Haftstrafe von fünf bis zehn Jahren vor, jedoch bleiben die Täter oftmals unbestraft, da die Gesetze nicht effizient umgesetzt werden. Gemäß Angaben von Frauenorganisationen im Kongo wurden weniger als 25% aller gemeldeten Vergewaltigungen strafrechtlich verfolgt. Häusliche Gewalt gegen Frauen, darunter Vergewaltigung und Schläge, ist weit verbreitet. Es gibt im Gesetz keine spezifischen Vorkehrungen gegen eheliche Gewalt. Fälle häuslicher Gewalt werden traditionellerweise in der Großfamilie oder in der Dorfgemeinschaft abgehandelt, nur die extremen Vorfälle werden der Polizei gemeldet (USDOS 3.3.2017).

 

Es gibt in der Republik Kongo weder finanzielle noch soziale staatliche Unterstützungsangebote für alleinstehende Mütter; lediglich einige NGOs unterstützen alleinstehende Frauen, die mindestens ein Kind haben. Für alleinstehende Mütter, die keine höhere Ausbildung absolviert haben und nicht auf die Unterstützung der Familie zählen können, ist es kaum möglich, eine Arbeitsstelle zu finden. Die meisten alleinstehenden Mütter leben bei ihren Familien (SFH 19.3.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

Bewegungsfreiheit

 

Die Verfassung und die Gesetze garantieren Reisefreiheit innerhalb des Landes, das Recht auf Auslandsreisen, Auswanderung und Rückkehr und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen auch in der Praxis. Die Regierung kooperiert mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz und Hilfe für Vertriebene, Flüchtlinge, zurückkehrende Flüchtlinge, Asylwerber, Staatenlose und andere bedürftige Personen (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

Grundversorgung und Wirtschaft

 

Die Republik Kongo konnte in den vergangenen Jahren zwar hohe Wachstumszahlen verzeichnen (IWF: 2013: 3,3%, Schätzungen: 2014: 6%). Dieses Wachstum wird jedoch fast ausschließlich vom Ölsektor getragen. Die Republik Kongo ist einer der größten Ölproduzenten in Subsahara-Afrika und leidet unter dem Ölpreisverfall. Der IWF hat die geschätzten Wachstumszahlen für 2015 auf nur noch etwa 1% korrigiert. Die Diversifizierung anderer Wirtschaftszweige insbesondere beim Bergbau und in der Landwirtschaft kommt aufgrund des schlechten Investitionsklimas nur schleppend voran, ebenso wie der Ausbau der Infrastruktur. Der Internationale Währungsfond (IWF) und die Weltbank haben die Diversifizierung zur Priorität erklärt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in den beiden größten Städten, Pointe Noire und Brazzaville. Die Republik Kongo muss 70% ihrer Lebensmittel einführen. Die Regierung bezeichnet die eigene Lebensmittelsicherheit als prekär. Diese Abhängigkeit führt zu einer größtenteils importierten Inflation. Die Republik Kongo ist Mitglied der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (CEMAC), der Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten (CEEAC) sowie der Organisation zur Harmonisierung des Handelsrechts in Afrika (OHADA). Die Landeswährung Franc CFA ist mit einem festen Wechselkurs an den Euro gekoppelt. Die Republik Kongo liegt auf Rang 136 von 188 des Human Development Index (HDI) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP, 2015). Etwa 32% der Bevölkerung leben in absoluter Armut mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag (AA 3 .2016).

 

Es gibt nur wenige formelle Arbeitsstellen. Die meisten Menschen bemühen sich um eine Arbeit im informellen Sektor. Durch die massive Landflucht der letzten zwei Jahrzehnte hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt in den Städten zusätzlich verschärft (SFH 19.3.2014). Die Arbeitslosenquote ist sehr hoch (SFH 19.3.2014; vgl. USDOS 5.7.2016). Es gibt keine zuverlässigen Arbeitslosenquoten, jedoch kann gesagt werden, dass ein Großteil der Bevölkerung von weniger als 2 Dollar pro Tag lebt (BTI 2016). Eine Studie des Forschungsinstitutes Centre d'Etudes et de Recherche sur les Analyses et les Politiques Econo-miques (CERAPE) in Brazzaville, beschreibt die Lebensbedingungen in der Hauptstadt als prekär (SFH 19.3.2014). Laut den Angaben vom U.S. Departement of State liegt der nationale Mindestlohn in Kongo bei 90.000 CFA (ca. $153) pro Monat (USDOS 3.3.2017). Dieser Mindestlohn gilt jedoch nur für den formellen Sektor (USDOS 3.3.2017, vgl. SFH 19.3.2014). Personen, die im informellen Sektor arbeiten, verdienen weniger. Die hohen Lebenskosten in den Städten führen dazu, dass viele Personen, auch wenn sie beispielsweise als Lehrperson oder im Gesundheitsbereich arbeiten, einer zweiten Anstellung im informellen Sektor nachgehen müssen, um genügend finanzielle Mittel zu generieren. Für eine weitere Studie, welche die Lebensbedingungen in Brazzaville untersucht, wurden Haushalte in der Hauptstadt über ihr monatliches Einkommen befragt. 53% aller befragten Haushalte gaben an, dass sie über ein monatliches Einkommen von maximal 100.000 CFA verfügen, dies bei einer Haushaltsgröße von durchschnittlich 5,52 Personen. In gewissen Haushalten muss jedoch dieses Einkommen auch für zehn Personen ausreichen. Gut qualifizierte Personen, die beispielsweise im Gesundheitsbereich oder im öffentlichen Dienst arbeiten, verdienen laut dieser Studie durchschnittlich zwischen 75.000 CFA und 100.000 CFA. Weniger gut qualifizierte Personen, die typischerweise in der Landwirtschaft oder auf dem Markt arbeiten, haben gemäß dieser Studie ein Einkommen von maximal 45.000 CFA pro Monat zur Verfügung. Gemäß Angaben der kongolesischen Regierung fehlen im Kongo ungefähr 140.000 Wohnungen. Aufgrund der Landflucht in den letzten Jahren ist der Mangel an Wohnraum in den Großstädten Brazzaville und Pointe Noire besonders groß. Brazzaville ist in den letzten 20 Jahren von 72 auf 110 Quadratkilometer gewachsen. Üblicherweise wird eine Wohnung von vier bis zehn Personen bewohnt (SFH 19.3.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Grundversorgung ist in den Städten gewährleistet. Krankenhäuser verlangen eine Vorschusszahlung (Bargeld) bevor sie Patienten behandeln. Ernsthafte Erkrankungen oder Verletzungen müssen im Ausland behandelt werden (Südafrika oder Europa) (EDA 2.3.2017). Die medizinische Versorgung im Lande (auch in Brazzaville und Pointe-Noire) ist nicht mit europäischen Standards vergleichbar. Sie ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch hoch problematisch (AA 2.3.2017). Das Land verfügt über 0,28 Ärzte und 1,91 Krankenschwestern und Hebammen pro 10.000 Einwohner (GHWA o. D.).

 

Die Gesundheitsversorgung besteht im Kongo aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor sowie der traditionellen Medizin. Der private Sektor deckt rund 50% der benötigten medizinischen Versorgung ab und gliedert sich in zwei Bereiche: a) in den privaten gewinnorientierten Sektor, mit paramedizinischer Versorgung (Rettungsassistenten, Krankenschwestern, Hebammen, Psychotherapeuten), Arztpraxen von Allgemeinmedizinern und Fachärzten, Kliniken und Labors der biomedizinischen Analyse; b) in den privaten Non-Profit-Sektor, vertreten durch Gesundheitszentren (CMS), einschließlich der von religiösen Organisationen und NGOs geführten CMS (BDA 30.6.2014).

 

In Bezug auf die geographische Lage ist das Netzwerk von Einrichtungen der öffentlichen Gesundheitsversorgung im Staatsgebiet dichter und besser ausgelegt. Private Einrichtungen befinden sich meist in den großen Städten, wie in Brazzaville und Pointe-Noire, sowie in einigen Städten im Hinterland, wie Dolisie und Nkayi. In Bezug auf die angebotenen Dienste bieten öffentliche Einrichtungen im Vergleich zu den privaten Einrichtungen ein breiteres Spektrum an, während in den privaten Einrichtungen die Spezialisten (Gynäkologie, Kardiologie, Dermatologie, Augenheilkunde und HNO) vorherrschen. Darüber hinaus ist im privaten Sektor, da die meisten dieser Kliniken nur tagsüber geöffnet sind, keine permanente Versorgung verfügbar. Einige private Einrichtungen verfügen über eine ziemlich gute Ausstattung an technischen Geräten, die Ausstattung in den Einrichtungen im öffentlichen Sektor ist jedoch vielfältiger (BDA 30.6.2014).

 

Es bestehen Unterschiede beim Zugang zu medizinischer Versorgung in städtischen und ländlichen Wohngebieten (BDA 30.6.2014). Die ungleiche geographische Verteilung der medizinischen Versorgung, 66% der Ärzte und 28% der Krankenhausbetten befinden sich in Brazzaville, wo 37% der Bevölkerung lebt, ist eine weitere Herausforderung (GHWA o.D.).

 

In der gesamten Bevölkerung sank die Zugangsrate zur medizinischen Versorgung von 68,7% im Jahr 2005 auf 65,8% in 2011; der Anteil der Nutzung der Gesundheitsdienstleistungen sank von 26,7% im Jahr 2005 auf 23,8% im Jahr 2011. Allerdings gibt es allgemein einen positiven Trend: Der Anteil der Frauen, welche eine Schwangerschaftsbetreuung erhalten, erhöhte sich von 88,9% im Jahr 2005 auf 91,9% im Jahr 2011. Maßnahmen zur Sicherstellung einiger kostenloser medizinischer Behandlungen für Mütter (kostenloser Kaiserschnitt und Notfallbehandlung von Malaria bei schwangeren Frauen) haben zu Verbesserungen im Gesundheitswesen für Mütter beigetragen. Die Republik Kongo hat sich der Förderungsstrategie von lebensnotwendigen Arzneimitteln, die von der WHO befürwortet werden, angeschlossen. Folglich führt sie seit 1982 eine "Essential Drugs List", welche regelmäßig in den Jahren 2000, 2004, 2006, 2008 und zuletzt 2012 überarbeitet wurde. Sie enthält die notwendigen Medikamente für eine Behandlung der wichtigsten Krankheiten im Land. Ihr Ziel ist es, die Versorgung in den Gesundheitseinrichtungen zu rationalisieren, um die medizinischen Bedürfnisse und Medikamente für eine viel größere Anzahl von Patienten verfügbar und zugänglich zu machen (BDA 30.6.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Rückkehr

 

Weder eine Recherche in den Datenbanken des Bundesamtes noch eine Internet-Recherche ergab Anhaltspunkte dafür, dass abgelehnten kongolesischen Asylbewerbern gegenwärtig bei einer Rückkehr in die Republik Kongo (allein) wegen ihrer Asylantragstellung Probleme seitens ihrer Heimatbehörden drohen könnten. Auch eine Nachfrage bei einem Kongo-Brazzaville-Entscheider ergab keine Anhaltspunkte für eine diesbezügliche Rückkehrgefährdung. In der einzigen hier vorliegenden erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung zur Republik Kongo (Urteil des VG Minden v. 05.10.2009, Az.: 10 K 2417/06.A) aus dem Jahre 2009, die das Asylvorbringen der Antragstellerin inhaltlich würdigt, wurde der Sachverhalt einer möglichen Verfolgungsgefahr wegen Asylantragstellung nicht erwähnt (BAMF 26.11.2009). Zeitweise arbeitet die Regierung mit UNHCR und anderen humanitären Organisation zusammen, um Schutz und Hilfe für Binnenvertriebene, Flüchtlinge, rückkehrende Flüchtlinge, Asylbewerber und Staatenlose bereitzustellen (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

1.3. Zu den Vorfällen am Brazzaville Beach:

 

Im Jahr 1998 flohen zahlreiche Personen aus dem Kongo. Bei der Rückkehr im Jahr 1999 verschwanden zahlreiche Flüchtlinge im "Le Beach" genannten Hafen von Brazzaville. Mitte August 2005 wurden 15 angeklagte hochrangige Armee- und Polizeiangehörige von der Anklage freigesprochen, 353 Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr getötet zu haben (Integrated Regional Information Network: CONGO: Court acquits top army, police officers of mass murder, 18.08.2005). Das Gericht habe anerkannt, dass 85 Personen verschwunden seien, habe aber nicht feststellen können, wie dies erfolgt sei. Die Verwandten dieser 85 Personen würden Entschädigungszahlungen erhalten haben (BBC World News: Congo officers cleared of murders, 17.08.2005). General Dabira wurde im Jahr 2013 in Frankreich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt und unter "Hausarrest" gestellt (Online Artikel der Panapress vom 23.08.2013: Brazzaville Beach missing people: Lawyer welcomes indictment of Congolese general).

 

Einem Bericht über die Affäre rund um den "Brazzaville Beach" ist Folgendes zu entnehmen: Zwischen der Republik Kongo, der Demokratischen Republik Kongo (die viele Flüchtlinge beherbergte) und dem UN High Commissioner for Refugees wurde ein Abkommen über die freiwillige Rückkehr abgeschlossen. Daraufhin entschieden sich zwischen 5. und 14. Mai 1999 insgesamt 6599 Flüchtlinge von Kinshasa freiwillig den Fluss Kongo zu überqueren und sich nach Brazzaville Beach zu begeben. Nach Augenzeugenberichten wurden sie am Hafen von zahlreichen verschiedenen undisziplinierten Militäreinheiten empfangen. Nach dem Abschluss der Polizeiformalitäten seien einige der Flüchtlinge ohne erkennbaren Grund verhaftet worden, viele von ihnen seien bis heute verschwunden. Erste Untersuchungen wurden auf Druck der Opferfamilien im Jahr 2000 durchgeführt, der Prozess begann allerdings erst im Juli 2005. Es kam zu keinen Verurteilungen, nur zu Entschädigungszahlungen, die im Berufungsverfahren 2007 erhöht wurden. In Frankreich begannen 2001 parallel Ermittlungen (Trial International vom 03.06.2016, abrufbar unter https://trialinternational.org/latest-post/guy-edouard-taty/ ).

 

Insgesamt kehrten etwa 6500 Flüchtlinge von der Demokratischen Republik Kongo zurück, rund 350 Personen wurden von den Sicherheitsbehörden festgehalten und verschwanden (IRIN-Bericht vom 21.11.2007, Disappeared but not forgotten: Brazzaville¿s missing refugees, abrufbar unter https://www.irinnews.org/fr/node/239316 sowie Bericht der International Refugee Rights Initiative vom Mai 2009, Still in Search of Justice: Ten Years since the Disappearances of Over 350 in Republic of Congo, abrufbar unter http://www.refugee-rights.org/Publications/RRN/2009/May/V5.I3.StillInSearchofJustice.html ).

In anderen Quellen werden allerdings abweichende Zahlen genannt: Das US Department of State erklärte in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Berichtsjahr 2015, dass zwischen 70 und 353 Personen verschwunden seien (USDOS, Country Reports on Human Rights Practices for 2015: Republic of the Congo vom 13.04.2016), die Vereinten Nationen dagegen sprechen in einem Bericht von 23 Opfern (UN General Assembly vom 13.09.2016, Report of the Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances, Missions to Congo and Pakistan, Seite 5).

 

In Frankreich wurden aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen einige hochrangige Politiker und Beamte wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, darunter der Oberbefehlshaber der Armee Norbert Dabira und Polizeichef Jean-Francois Ndengue. Beide wurden in Frankreich auch kurzfristig festgenommen, kehrten dann aber wieder in den Kongo zurück. 2007 kam es neuerlich zu Anklagen in Frankreich, insbesondere auch auf Initiative von Marcel Touanga, einem in Frankreich lebenden Menschenrechtsaktivisten, dessen Sohn im Zuge der Vorfälle verschwand. Die Regierung des Kongo übte daraufhin Druck auf die Opferfamilien aus und verbot eine für den November 2007 geplante Demonstration (Bericht der International Refugee Rights Initiative vom Mai 2009, Still in Search of Justice:

Ten Years since the Disappearances of Over 350 in Republic of Congo, abrufbar unter

http://www.refugee-rights.org/Publications/RRN/2009/May/V5.I3.StillInSearchofJustice.html ).

 

Einem im Jahresbericht 2005 der International Federation for Human Rights enthaltenen und einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 27.05.2016 entnommenen Auszug ist zu entnehmen, dass die Familien der Opfer sowie Zeuginnen und deren Familien im Zuge des Verfahrens rund um die Verschwundenen vom Brazzaville Beach unter Druck gesetzt und eingeschüchtert wurden, besonders von den Leibwächtern der Angeklagten und von bestimmten Personen im Publikum. Einer der Zeugen, welcher den Tötungen entkommen war, gab an, von Bewaffneten bedroht worden zu sein.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

 

2.1. Zum Verfahrensgang:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

 

2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:

 

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

 

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der Beschwerdeführerin nicht abschließend festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der Beschwerdeführerin als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet. Die Beschwerdeführerin legte dem BFA zwar eine Geburtsurkunde vor, deren Echtheit von der Behörde nicht in Zweifel gezogen wurde. Diese Geburtsurkunde trägt ein Ausstellungsdatum wenige Tage nach der Geburt der Beschwerdeführerin; in der mündlichen Verhandlung meinte sie dann allerdings, es habe sich um eine Zweitausfertigung gehandelt, da das Original bei einer Explosion, die sich während ihres Gefängnisaufenthaltes in ihrem Viertel ereignet habe, zerstört worden sei. Nun ist verwunderlich, dass ein Duplikat keine entsprechende Kennzeichnung und das alte Ausstellungsdatum enthält, noch mehr aber, dass ihr Mann während des Gefängnisaufenthaltes ein Duplikat bei den Behörden angefordert und dieses auch erhalten haben soll. Der Vollständigkeit halber wird auch darauf hingewiesen, dass sich die Beschwerdeführerin auch sonst bei der Frage nach Identitätsdokumenten in Widersprüche verwickelte: In der Erstbefragung am 06.09.2013 erklärte die Beschwerdeführerin nie ein "Reisedokument oder sonstiges Identitätsdokument" besessen zu haben. In der Einvernahme durch das BFA im Jahr 2015 meinte sie, sie habe zuhause einen Führerschein gehabt. Dies verneinte sie gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2017; hingewiesen auf den Widerspruch erklärte sie, gemeint zu haben, dass sie im Kongo ein Fahrzeug auch ohne Ausweis habe lenken können. Zudem gab sie in der Verhandlung – in klarem Widerspruch zur Erstbefragung – an, dass sie die Kopie eines Personalausweises gehabt habe. Bereits diese widersprüchlichen Aussagen lassen gewisse Zweifel an der Identität und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin aufkommen.

 

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände der Beschwerdeführerin in Österreich beruhen auf ihren Aussagen vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.05.2017 sowie auf den vorgelegten Unterlagen. Daraus geht hervor, dass sie als außerordentliche Hörerin eine Fachhochschule besuchte, dass sie sowohl die Deutschprüfung A2 wie auch B1 bestand und aktuell den Deutschkurs zur Vorbereitung der ÖSD-Prüfung B2 besucht sowie dass sie als Erntehelferin, in einem Altersheim und in der Kinderbetreuung tätig war. Den Unterstützungsschreiben ist zu entnehmen, dass sie sich einen Freundeskreis in Österreich aufgebaut hat.

 

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

 

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus ihren Aussagen vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

 

Die Feststellung betreffend die Familie der Beschwerdeführerin im Kongo ergeben sich aus ihren diesbezüglichen Aussagen vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes.

 

2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin:

 

Unbestritten ist, dass nach Ende des Bürgerkriegs im Jahr 1999 Flüchtlinge aus dem Nachbarstaat Demokratische Republik Kongo bzw. aus der Pool-Region im Süden von Brazzaville wieder in ihre Herkunftsregionen zurückkehren wollten. In Absprache mit dem UN High Commissioner for Refugees sollte eine sichere Rückkehr gewährt werden, doch verschwanden junge Männer am Hafen von Brazzaville. Die Anzahl ist umstritten, Quellen berichten von 23 bis zu 353 Personen. Dieser Vorfall fand seinen Niederschlag in zahlreichen Medienberichten. Erste Ermittlungen begannen 2001 parallel in der Republik Kongo und in Frankreich. In weiterer Folge kam es im Jahr 2005 im Kongo zu keiner Verurteilung der 15 angeklagten hochrangigen Offiziere und Beamte, allerdings wurden 85 Familien mit Zahlungen entschädigt. In Frankreich wurden Jean-Francois Ndengue und Norbert Dabira angeklagt.

 

Diese Geschehnisse sind, wie erwähnt, in öffentlich zugänglichen Quellen dokumentiert und werden von keiner der Verfahrensparteien bestritten. Die zentrale Fragestellung im gegenständlichen Verfahren ist, ob die Beschwerdeführerin, wie sie behauptet, an diesen Geschehnissen beteiligt war. Sie hatte erklärt, im Jahr 1999 für die Einwanderungsbehörde gearbeitet und beobachtet zu haben, wie Hunderte von Männern auf Lastwägen geladen wurden. 2005 sei sie vom Militär verhaftet worden und dann bis 2013 inhaftiert gewesen. Ihr sei vorgeworfen worden, Informationen weitergegeben zu haben. Die Flucht sei ihr mit Hilfe eines Gefängniswärters gelungen.

 

Dieses Vorbringen wurde vom BFA als nicht glaubhaft qualifiziert. Der Beschwerdeführerin wurde vorgehalten, weder Details über ihren Arbeitsplatz (rund um die Registrierung der Flüchtlinge) noch über ihren achtjährigen Gefängnisaufenthalt geschildert zu haben. Im Rahmen der Erstbefragung habe sie angegeben, dass ihr vorgeworfen worden sei, Dokumente zur Registrierung weiterverkauft zu haben, während sie später erklärt hatte, man habe ihr vorgeworfen, Informantin des Regierungsgegners Colonel Touanga, dessen Sohn im Zuge der Registrierung verschwunden war, zu sein. Außerdem sei ein Mitglied der Regierung wegen seiner Beteiligung an dem Geschehen bereits 2003 in Frankreich verhaftet worden, so dass nicht logisch sei, dass sie erst 2005 Schwierigkeiten bekommen habe. Auch die Darlegung ihrer Flucht aus dem Gefängnis wurde vom BFA für unglaubhaft befunden.

 

In der Beschwerde wurde dem entgegengehalten, dass die Erstbefragung nicht der Schilderung des Fluchtgrundes diene und auch die anderen Einvernahmen nervös und oberflächlich gestaltet worden seien. Inhaltlich wurde vor allem darauf verwiesen, dass sich das von der Beschwerdeführerin geschilderte Geschehen auch in den Länderberichten widerspiegle.

 

Von einem Antragsteller in einem Asylverfahren ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert. Diesen Anforderungen wurde die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht gerecht.

 

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich dem BFA dahingehend an, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen nicht glaubhaft ist, dies aus folgenden Erwägungen:

 

Auch wenn die Erstbefragung nicht der näheren Beurteilung der Fluchtgründe dienen soll, ist es der Behörde und auch dem Bundesverwaltungsgericht auch auf dem Boden des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben in der Erstbefragung zu späteren Angaben – unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind – einzubeziehen (VwGH, Erkenntnis vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0090 oder auch Beschluss vom 10. November 2015, Ra 2015/19/0189 bzw. Beschluss vom 02.01.2017, Ra 2016/18/0323).

 

Die Beschwerdeführerin hatte in der Erstbefragung am 06.09.2013 erklärt, bis 1998 die Schule besucht zu haben und im Mai 1998 bei der Einwanderungsbehörde gearbeitet zu haben. Dies steht in Widerspruch zu den öffentlichen Quellen und zu ihren eigenen späteren Aussagen, welche die Ereignisse im Jahr 1999 verorten. Allerdings wird vom Bundesverwaltungsgericht nicht verkannt, dass ein Irrtum in Bezug auf Jahreszahlen bzw. die falsche Niederschrift von Daten schnell erfolgen kann und dies für sich genommen keinesfalls ausreichen würde, um die Glaubwürdigkeit zu verneinen. Eine einmalige Verwechslung eines Jahres mag daher durchaus zu erklären sein.

 

In der Einvernahme durch das BFA am 22.09.2015 erklärte die Beschwerdeführerin allerdings dann, von 1999 bis Anfang 2001 bei der Einwanderungsbehörde am Hafen Brazzaville gearbeitet zu haben, nachdem sie 1999 die Schule abgeschlossen habe. Dies bedeutet erstens, dass sie das Jahr des Schulabschlusses anders angab, zweitens aber auch, dass sie erklärte, jedenfalls über ein Jahr bei der Einwanderungsbehörde am Hafen Brazzaville gearbeitet zu haben. Dies steht im Widerspruch zur Erstbefragung (in der nur der Monat Mai erwähnt wurde), aber auch – was schwerer wiegt – zu späteren Aussagen: So gab sie in der Beschwerde an, dass sie von März 1999 bis September 1999 im "l¿office de l¿immigration au port de Brazzaville" gearbeitet habe. Im Übrigen ist in den öffentlich zugänglichen Quellen die Rede davon, dass die Registrierung von April bis November 1999 gedauert habe (International Refugee Rights Initiative vom Mai 2009, Still in Search of Justice: Ten Years since the Disappearances of Over 350 in Republic of Congo).

 

Zudem geht die Unstimmigkeit der Darstellung weiter und betrifft sie auch den Kern des Fluchtvorbringens: In der Erstbefragung am 06.09.2013 meinte die Erstbeschwerdeführerin laut dem von ihr unterschriebenen Protokoll: "Ich musste die Männer nach politischer Zugehörigkeit aufteilen. Dabei handelt es sich um die Gruppe der nördlichen Gebiete und der südlichen Gebiete." In der Einvernahme durch das BFA am 22.09.2015 dagegen erklärte sie, dass die Flüchtlinge aus dem Norden bereits wieder zurückgekehrt seien und "jetzt die Registrierung der Menschen aus dem Süden anstand."

Während sie also in der Erstbefragung erklärte, sie habe die Männer nach ihrer Herkunft getrennt, erklärte sie dem BFA, dass es sich nur mehr um Flüchtlinge aus dem Süden gehandelt habe. Ebenso gab sie in der Beschwerde an, dass die Flüchtlinge aus dem Norden bereits zurückgekehrt seien. Dieser Widerspruch zur Erstbefragung ist kaum erklärbar.

 

Die Beschwerdeführerin meinte im Zuge dieser Befragung durch das BFA am 22.09.2015 weiter: "Im Zuge der Registrierung mussten die der Altersgruppe 15 – 45 zugehörigen Männer (es waren insgesamt über 300, die registriert wurden) an einen anderen Ort verbracht werden als die Alten und die Frauen. Aus diesem Grund kam jeden Abend ein Militär-Lkw, um diese Männer abzuholen. Die Registrierung dieser Personen nahm ca. 9 Tage in Anspruch." Relativ ähnlich wurde das Geschehen in einer weiteren Einvernahme durch das BFA am 02.06.2016 geschildert, doch ergänzte die Beschwerdeführerin auf Nachfrage, dass sie die 15 bis 45jährigen Männer durch eine andere Tür geschickt habe als Frauen, Kinder und alte Menschen. Der Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass die Beschwerdeführerin diesbezüglich keine klaren Angaben machte, ist zu folgen, wenn man den folgenden Auszug aus dem Protokoll der Einvernahme durch das BFA am 02.06.2016 betrachtet:

 

"Frage: Was befindet sich hinter den Türen? Wenn Sie dort gearbeitet haben, sollten Sie angeben können, was es bei den beiden Türen auf sich hatte bzw. was sich dahinter befand!

 

Antwort: Die Türen führten zu anderen Räumlichkeiten, wo weitere Formalitäten erledigt wurden. Aber ich kann das nicht genau sagen. Wir waren nur instruiert, diese Informationen zu geben."

 

Auch in der mündlichen Verhandlung war die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, den Eindruck zu vermitteln, dass sie ein reales Geschehen wiedergibt. Ihre Schilderung von den Arbeitsbedingungen am Hafen bleiben vage und wenig plausibel (im Folgenden ein Auszug aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 05.05.2017):

 

RI: Was genau war Ihre Tätigkeit?

 

BF: Bevor wir mit der Arbeit beginnen konnten, wurden wir eingewiesen. Es wurde uns gezeigt, was wir zu tun hatten. Unsere Aufgabe war ausschließlich, die Namen der Flüchtlinge aufzunehmen. Frauen und alte Leute mussten wir an die Tür auf der einen Seite verweisen, während 15 – 45 jährige Männer durch die andere Türe gehen mussten.

 

[ ]

 

RI: Sie mussten alle Männer zwischen 15 und 45 durch diese Türe schicken?

 

BF: Ja.

 

RI: Also unabhängig davon, woher sie kamen?

 

BF: Anhand des Namens erkannte man sofort, ob die Männer aus dem Süden stammten. Dann mussten sie durch diese Türe. Männer aus dem Norden gab es praktisch nicht.

 

[ ]

 

RI: Wie lange dauerte die Registrierung der Flüchtlinge insgesamt?

 

BF: Ein Großteil der Registrierungen wurde innerhalb von neun Tagen abgewickelt. Dann kamen nur hie und da mal Leute.

 

RI: Wann waren diese neun Tage?

 

BF: Das war im Mai.

 

RI: Was haben Sie die restlichen Monate gemacht?

 

BF: Wir waren im Büro. Wenn jemand gekommen ist, haben wir ihn registriert. Sonst gab es nicht sehr viel zu tun.

 

[ ]

 

RI: Wie viele Personen wurden insgesamt registriert?

 

BF: Wir haben wirklich viele Leute registriert. Von den Leuten, die für uns wichtig waren, das waren die Männer zwischen 15 und 45, haben wir mehr als 300 registriert.

 

RI: Wie viele Personen wurden von Ihnen registriert?

 

BF: Es waren viele. Die genaue Zahl kann ich nicht nennen. Ich schätze zwischen 400 und 500.

 

RI: Sie sagten, sie hatten zwei Kolleginnen?

 

BF: Ja. Zu dritt machten wir die ganze Arbeit.

 

RI: Welche Personen waren sonst noch dort aufhältig?

 

BF: Neben unserem Büro gab es noch andere Büros, in denen Leute arbeiteten. Um diese haben wir uns jedoch nicht gekümmert. Uns ging es um uns drei Personen und um unseren Vorgesetzten, der manchmal vorbeischaute.

 

RI: Im Zusammenhang mit der Registrierung waren außer Ihnen drei und Ihrem Vorgesetzten XXXX sonst niemand am Hafen?

 

BF: Ja, das war so. Ich spreche nur von der Zeit, in der die Registrierungen stattfanden.

 

RI: Was passierte mit den registrierten Personen?

 

BF: Die Männer zwischen 15 und 45 wurden am Abend von LKWs abgeholt. Um die Frauen und die Älteren mussten wir uns nicht kümmern.

 

RI: Sie müssen ja eine Idee haben, was mit den Frauen und den Älteren passiert ist, wenn sie durch die Türe gegangen sind?

 

BF: Die Frauen und älteren Menschen konnten nach der Registrierung gehen. Die Männer mussten jedoch bleiben. Uns wurde aufgetragen, dass wir im Fall von Nachfragen antworten sollten, dass sie zum Zweck der Überprüfung und der nationalen Sicherheit bleiben mussten.

 

RI: Die Männer warteten widerstandslos und begaben sich widerstandslos auf die LKW?

 

BF: Ob es Probleme gab, kann ich nicht sagen. Ich kann nur sagen, dass sie gewartet haben.

 

Die Schilderung der Situation am Hafen scheint wenig plausibel, insbesondere dass die Beschwerdeführerin sich in der Darlegung der handelnden Personen nur auf sich, ihre zwei Kolleginnen und ihren gelegentlich zur Kontrolle vorbeischauenden Vorgesetzten von der Einwanderungsbehörde bezieht. Dass Tausende von rückkehrenden Flüchtlingen von so wenigen Menschen in Empfang genommen werden sollten, erscheint abwegig. Im Laufe der Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin dazu nochmals von ihrer Rechtsvertreterin befragt:

 

RV: Wir reden über die Räumlichkeiten im Hafen von Mpila. Was befand sich hinter der Tür, durch die die Männer geschickt wurden? Wissen Sie das?

 

BF: Vorher befand sich hinter der Tür ein Warenlager, was sich danach dort befand, weiß ich nicht.

 

RV: Sind die Männer, die Sie dorthin geschickt haben, von anderen empfangen worden?

 

BF: Ja, es gab zwei Personen, die die Männer hinter der Türe in Empfang nahmen.

 

RV: Warum sagten Sie dann vorher, dass Sie nur mit Ihren zwei Kolleginnen und Ihrem Vorgesetzten zusammen gearbeitet haben?

 

BF: Weil diese Personen nicht im selben Büro wie ich gearbeitet haben.

 

RV: Aber sie gehörten zur selben Behörde?

 

BF: Ja, ich wurde ja gefragt, wer noch mit mir zusammen im Büro gearbeitet hat.

 

Doch auch diese ergänzende Schilderung vermag nicht zu überzeugen:

Es erscheint einfach nicht plausibel, dass die Ankunft Tausender Menschen von wenigen Personen organisiert wird und dass diese zudem alle der Einwanderungsbehörde zuzuordnen wären. Die Beschwerdeführerin erklärte zwar auch, dass ihr Vorgesetzter, der Leiter der Einwanderungsbehörde, seine Befehle vom Polizeichef Jean-Francois Ndengue bekommen habe; tatsächlich aber muss davon ausgegangen werden, dass am Hafen ein Großaufgebot von Sicherheitsbehörden und Armeekräften zugegen war – entsprechend wurden auch die Leiter der jeweiligen Behörden und Truppen in der Republik Kongo und in Frankreich angeklagt. Dass alleine 5 Personen der Einwanderungsbehörde alles gemeistert hätten, ist nicht glaubhaft. Das Bild, das die Beschwerdeführerin für die Registrierung am Hafen entwirft, bleibt vage und nicht nachvollziehbar.

 

In der Beschwerde wiederholte die Beschwerdeführerin, dass sie und ihre Kolleginnen mehr als 300 Männer registriert haben würden. Diese Zahl gab sie auch in der mündlichen Verhandlung an. Konkret erklärte sie, dass sie mit zwei anderen Kolleginnen nur für die Registrierung der Flüchtlinge von März bis September 1999 eingestellt worden sei. Ein Großteil der Registrierungen sei in neun Tagen im Mai abgewickelt worden, danach seien nur mehr vereinzelt Personen gekommen.

 

In ihrer Stellungnahme vom 19.05.2017, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 22.05.2017, wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass es in ihrer Aussage in der Verhandlung eine "Unschärfe" gegeben habe, insofern als dass die Beschwerdeführerin auf die Frage der Richterin, wie viele Personen von ihr registriert worden seien, missverständlich geantwortet habe. Ihre Antwort "Ich schätze zwischen 400 und 500." hätte eigentlich heißen sollen: "Ich schätze zwischen 400 und 500 zusätzlich zu den mehr als 300 "aussortierten" Personen." Insgesamt schätze sie, dass sie zwischen "mehr als 700 oder mehr als 800 Personen" registriert habe. Auch wenn man diesem (späten) Vorbringen Glauben schenkt, steht es doch in Widerspruch zu allen Quellen, die insgesamt von jedenfalls mehr als 6000 Flüchtlingen sprechen. Auch die Zahl von 700 bis 800 von der Beschwerdeführerin registrierten Personen wäre angesichts des Umstandes, dass insgesamt nur 3 Frauen mit dieser Tätigkeit beschäftigt waren, als erstaunlich gering anzusehen.

 

Die Beschwerdeführerin erklärte in allen Einvernahmen, dass sie Mitte Juli 2005 festgenommen worden sei. Man habe ihr vorgeworfen, dass sie die Register weitergegeben habe. Dieser Zeitpunkt erscheint aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht plausibel. Allen öffentlich zugänglichen Berichten ist zu entnehmen, dass bereits im Jahr 2001 sowohl in Frankreich wie auch in der Republik Kongo mit behördlichen Ermittlungen begonnen worden war. Mitte August 2005 kam es bereits zum Urteil in dieser Rechtssache. Wenn die Beschwerdeführerin tatsächlich in das Geschehen involviert gewesen wäre, wäre davon auszugehen, dass sie bereits in den vorangegangenen Jahren von einer der betroffenen Parteien (den Angeklagten oder auch den Opfervertretern) kontaktiert worden wäre. Bereits im Jahr 2000 war von Seiten der Opferfamilien ein Prozess angestrengt worden, dh wenn es den Verdacht gegeben hätte, dass jemand Informationen weitergegeben hat, wäre anzunehmen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt entsprechende Schritte gegen diese Person gesetzt worden wären. In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 19.05.2017 wird darauf hingewiesen, dass sich die Republik Kongo auf internationaler Ebene gegen ein Verfahren durch den Internationalen Strafgerichtshof gewehrt habe, dass sie kein Interesse daran hatte, den Opfern dieses Menschenrechtsverbrechens Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sondern dass sich Präsident Nguesso vielmehr persönlich noch im Januar 2007 gegenüber den Familien der Opfer sowie der Menschenrechtsorganisation OCDH mit Einschüchterungen und drohenden Repressalien äußerte. Dem wird vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht entgegengetreten und wird durchaus anerkannt, dass ein Zeuge der damaligen Vorfälle, der sich in den betreffenden Jahren in der Öffentlichkeit geäußert hat, mit Repressionen rechnen musste. Dennoch erklärt dies nicht, warum die Beschwerdeführerin als – zumindest aus Sicht der angeklagten Personen – offensichtliche Mitwisserin bis ein Monat vor Urteilsverkündung völlig unbelangt geblieben ist und weder zum Prozess geladen worden war noch vorher mit irgendwelchen Repressalien konfrontiert war. In einer Zusammenschau mit den sonstigen Unstimmigkeiten, insbesondere der vagen und nicht nachvollziehbaren Schilderung des Geschehens am Hafen selbst, kann daher nur darauf geschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin nicht in die Vorfälle verwickelt war.

 

In der Stellungnahme vom 19.05.2017, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 22.05.2017, wurde dargelegt, dass bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen sei, dass diese viele Jahre ohne Gerichtsverfahren und ohne Kontakt zur Außenwelt unrechtmäßig inhaftiert gewesen sei und während dieser Zeit Folterungen und Misshandlungen ausgesetzt gewesen sei. Es muss dem aber entgegengehalten werden, dass im gegenständlichen Verfahren zu keinem Zeitpunkt ärztliche Befunde eingebracht worden waren, welche eine die Aussagefähigkeit beeinträchtigende Traumatisierung oder psychische Erkrankung nahelegen würden.

 

Es wird vom Bundesverwaltungsgericht nicht verkannt, dass eine jahrelange Inhaftierung in der Republik Kongo, insbesondere für eine Frau, mit hoher Wahrscheinlichkeit traumatische Erfahrungen und Misshandlungen mit sich bringt; im Fall der Beschwerdeführerin kann aus den oben dargelegten Gründen aber nicht davon ausgegangen werden, dass sie tatsächlich eine jahrelange Inhaftierung erleiden musste. Die Beschwerdeführerin verwickelte sich auch in Widersprüche über ihre sonstigen beruflichen Tätigkeiten, was dadurch erklärbar wäre, dass sie tatsächlich nicht in Haft war. Die belangte Behörde wies im angefochtenen Bescheid darauf hin, dass die Beschwerdeführerin in der Einvernahme am 02.02.2016 angegeben hatte, von März 1999 bis September 1999 bei der Einwanderungsbehörde gearbeitet zu haben und sich dann wieder ihren Kindern gewidmet zu haben; ihre Kinder kamen aber erst im Oktober 2000 zur Welt. Bereits dies ist schwer nachvollziehbar. In der mündlichen Verhandlung erklärte sie dann, dass sie zwischen 1999 und 2005 verschiedene Stellen innegehabt habe und dann wieder zu studieren begonnen habe. Nach ihren konkreten Tätigkeiten befragt erklärte sie, sie habe in einem Reisebüro und in einem Geschäft gearbeitet und dann wieder mit dem Studium begonnen. Auf die konkrete Frage, ob sie sonst noch wo gearbeitet habe, antwortete sie mit "Nein"; sie sei zuhause gewesen und habe sich um die Kinder gekümmert. In der Erstbefragung hatte sie allerdings als letzten Beruf die Tätigkeit als Sekretärin bei einer Sicherheitsfirma angegeben. Für sich genommen mag dies noch kein relevanter Widerspruch sein; es fügt sich aber anhand der sonstigen Unstimmigkeiten zu einem Bild zusammen, das kaum einen anderen Schluss zulässt, als dass die Beschwerdeführerin eine konstruierte Geschichte vorbringt.

 

Ein weiterer Punkt, der schwer erklärbar ist, ist der Umstand, dass die Beschwerdeführerin trotz der von ihr behaupteten achtjährigen Gefangenschaft nicht in der Lage war, anzugeben, ob sich im Gefängnis auch Männer befunden hatten. Bereits im angefochtenen Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass die geschilderte Flucht aus dem Gefängnis nicht nachvollziehbar ist; dem muss sich das Bundesverwaltungsgericht anschließen.

 

Insgesamt kommt das Bundesverwaltungsgericht daher zum Schluss, dass das BFA zu Recht davon ausgegangen war, dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft ist.

 

Die belangte Behörde hatte auch den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, unter Hinweis darauf, dass für die Beschwerdeführerin keine besondere Gefährdungssituation bestehe und nicht davon auszugehen sei, dass sie in eine ausweglose Situation geraten würde. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen des BFA zu den Voraussetzungen für den Status des subsidiär Schutzberechtigten an. Der Ehemann und die Kinder der Beschwerdeführerin leben in der Republik Kongo. Die Beschwerdeführerin hat eine umfassende Schulbildung und war in der Vergangenheit berufstätig. Eine besondere Vulnerabilität der Beschwerdeführerin liegt nicht vor, sie ist arbeitsfähig und gesund. Es wird nicht verkannt, dass die Situation in der Republik Kongo weder in Hinblick auf die allgemeine Situation, auf Menschenrechte oder medizinische Versorgung mit jener in Österreich vergleichbar ist; zugleich wurde von der Beschwerdeführerin aber nichts vorgebracht, was darauf schließen lassen würde, dass die reale Gefahr besteht, dass sie bei einer Rückkehr in eine unmenschliche oder existenzbedrohende Lage geraten würde. Auch wenn es, wie in dem Länderinformationsblatt beschrieben, in Brazzaville, woher die Beschwerdeführerin stammt, zu vereinzelten lokalen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und lokalen Gruppierungen kommt, reicht dies nicht aus, um eine konkrete Gefahr für die Beschwerdeführerin aufzuzeigen.

 

2.4. Zu den Länderfeststellungen

 

Die Feststellungen zur aktuellen Lage in der Republik Kongo wurden auf Basis des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation; Stand 14.03.2017 getroffen. Zudem wurde auf verschiedene öffentlich zugängliche Quellen zurückgegriffen. Soweit es sich um Medienberichte handelt, wurde versucht, verschiedene Artikel aufzugreifen, um ein möglichst umfassendes Bild zu bekommen. Die Beschwerdeführerin trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht entgegen. Ergänzend wurden auch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Berichte zum Vorfall am Brazzaville-Beach im Jahr 1999 berücksichtigt.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft machen, dass ihr aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention Verfolgung droht; es ist nicht glaubhaft, dass sie in die Geschehnisse rund um das Verschwinden zahlreicher Flüchtlinge am Brazzaville-Beach im Jahr 1999 involviert war. Darauf aufbauend ist auch ihre Festnahme und Inhaftierung nicht glaubhaft und in weiterer Folge ist auch nicht davon auszugehen, dass die maßgebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie im Falle einer Rückkehr in die Republik Kongo eine Verfolgung zu erwarten hätte.

 

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat Republik Kongo keine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und der Ausspruch in Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

 

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids):

 

Gemäß § 8 Abs 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen für die Republik Kongo nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3). Derartige Beweise wurden nicht vorgelegt.

 

Es ist auch nicht von Amts wegen davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in eine aussichtslose Lage geraten würde. Dabei wird nicht verkannt, dass die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat auch eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation aber nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174) und ist die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht ausreichend (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 200/01/0443 und zuletzt VwGH, 25.05.2016, Ra 2016/19-0036-5). Derart exzeptionelle Gründe liegen gegenständlich nicht vor. Die Beschwerdeführerin kann zu ihrer Familie zurückkehren und machte nie geltend, dass sie mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Falle einer Rückkehr zu rechnen hätte. Sie hat eine Schulausbildung und Berufserfahrung und keine gesundheitlichen Einschränkungen.

 

Es besteht daher durch die Rückkehr der Beschwerdeführerin in die Republik Kongo keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bzw. bringt diese für sie als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich. Der Ausspruch in Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides war daher zu bestätigen.

 

3.3. Zur Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids):

 

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 Abs. 2 FPG lautet:

 

"§ 52. (1) (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige."

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wird mit gegenständlicher Entscheidung abgewiesen.

 

§ 10 Abs. 1 Asylgesetz lautet:

 

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer

Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Daher ist gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

 

Gemäß § 58 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

 

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

 

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Im gegenständlichen Fall verfügt die Beschwerdeführerin über kein Familienleben in Österreich, und sie hat ein solches auch nicht behauptet.

 

Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von dreieinhalb Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin das Interesse an der Achtung ihres Privatlebens überwiegt.

 

Es wird nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin eine außerordentliche Integrationsleistung gezeigt hat. Sie konnte innerhalb kürzester Zeit umfassende Deutschkenntnisse erwerben und zeigte einen hohen Bildungswillen, war sie doch an einer Fachhochschule als außerordentliche Hörerin gemeldet. Sie erwies sich auch in hohem Maß als arbeitswillig und arbeitsfähig, sie war als Erntehelferin, als Kinderbetreuerin und auch in einem Altersheim tätig. In vergleichbaren Fällen hatte der Verwaltungsgerichtshof allerdings trotz eines weitaus längeren Aufenthaltes in Österreich eine Rückkehrentscheidung für verhältnismäßig erachtet. Zuletzt stellte der Verwaltungsgerichtshof in zwei Entscheidungen (VwGH, 30.06.2016, Ra 2016/21/0122 bis 0125-7; VwGH, 30.06.2016, Ra 2016/21/0076-10) fest, dass eine Aufenthaltsbeendigung nach einem Aufenthalt von sechs Jahren im Bundesgebiet trotz vorhandener Integrationsschritte (Deutschkenntnisse, Selbsterhaltungsfähigkeit) im öffentlichen Interesse liegen kann und dass Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Heimatland die Interessen an einem Verbleib in Österreich nicht in entscheidender Weise zu stärken vermögen, sondern dass diese – letztlich auch als Folge des seinerzeitigen, ohne ausreichenden Grund für eine Flucht nach Österreich vorgenommenen Verlassens des Heimatlandes – im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen sind. Im Fall der Beschwerdeführerin ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass ihre Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat aufrecht erhalten geblieben sind, leben dort doch ihr Ehemann und ihre Kinder, zu denen sie in Kontakt steht.

 

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen, wobei im Rahmen der Gesamtabwägung einem solchen Vorbringen nicht in jeder Konstellation Relevanz zukomme (vgl. dazu VwGH, 30.06.2016, Zl Ra 2016/21/0076-10 und VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine besondere Vulnerabilität bzw. besondere Rückkehrschwierigkeiten sind gegenständlich aber nicht anzunehmen.

 

Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in ihr Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt. Daher war kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005 zu erteilen.

 

Allerdings entschied die belangte Behörde im ersten Spruchteil des Spruchpunktes III des angefochtenen Bescheides in merito über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG 2005. Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2015/21/0174, mwN, klargestellt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen.

 

Mit angefochtenem Bescheid wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Republik Kongo zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062).

 

3.4. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.):

 

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die die Beschwerdeführerin bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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