FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:G315.2245813.1.01
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M., als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX (alias: XXXX , alias: XXXX , alias: XXXX ), geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Ungarn, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Lázlo SZABÓ in 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2021, Zahl XXXX , betreffend Aufenthaltsverbot und Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 19.07.2021 wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren verhängt (Spruchpunkt I.), der Beschwerdeführerin weiters gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, die Beschwerdeführerin halte sich zumindest seit dem Jahr 2003 mit Unterbrechungen im Bundesgebiet auf und sei seither immer wieder bei der Anbahnung illegaler Prostitution bei teilweise fehlenden Gesundheitsnachweisen nach dem „AIDS-Gesetz“ betreten, angezeigt und verwaltungsrechtlich bestraft worden. Auch lägen eine erhebliche Zahl an übrigen Verwaltungsstrafen, insbesondere nach der StVO, dem KFG, dem SPG und dem Meldegesetz vor. Die Beschwerdeführerin sei in Österreich auch bereits drei Mal strafgerichtlich wegen Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt rechtskräftig verurteilt worden, wobei die erste Verurteilung aus dem Jahr 2007 bereits seit 2010 getilgt sei und nicht mehr im Strafregister aufscheine. Die Beschwerdeführerin verfüge erst seit 2019 über eine Anmeldebescheinigung und sei erstmals im Jahr 2019 einer längeren sozialversicherten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Aktuell liege seit Jänner 2021 Arbeitsunfähigkeit infolge der bei ihr diagnostizierten paranoiden Schizophrenie vor. Dennoch biete die Beschwerdeführerin trotz der mannigfachen Anzeigen und Verwaltungsstrafen nach wie vor auf einschlägigen Websites ihre Dienste als Prostituierte an, obwohl sie in Österreich Krankengeld, Pflegegeld und zeitweise Mindestsicherung bezogen habe. Auch wenn sich die Beschwerdeführerin schon lange im Bundesgebiet aufhalte, läge jedenfalls kein durchgehender Aufenthalt über zehn Jahre vor. Auch habe sie kein Daueraufenthaltsrecht erworben. Maßgebliche private und familiäre Bindungen im Bundesgebiet bestünden ebenfalls nicht. Die Beschwerdeführerin gefährde durch ihr Verhalten, nämlich insbesondere durch die illegale Prostitution und das Unterlassen der erforderlichen ärztlichen Untersuchungen, ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich an der Bekämpfung ansteckender und zum Tod führender Krankheiten, und lasse sich aus ihrem bisherigen Gesamtverhalten auch darauf schließen, dass die Beschwerdeführerin diese Form der Prostitution auch weiterhin im Bundesgebiet ausüben werde. Trotz mehrfacher Einleitung und Einstellung von Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen habe die Beschwerdeführerin ihr Verhalten immer wieder in gleicher Manier fortgesetzt. Ihr Aufenthalt stelle daher eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, sodass der Beschwerdeführerin weder ein Durchsetzungsaufschub zuerkannt habe werden können, noch von der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde habe abgesehen werden können.
Mit Verfahrensanordnung vom 19.07.2021 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater für ein Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig zur Seite gestellt.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin per E-Mail ihres bevollmächtigten Rechtsvertreters vom 12.08.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ersatzlos aufheben; in eventu den Bescheid beheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen; der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen und deinen Durchsetzungsaufschub erteilen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin lebe seit 2003 mit Unterbrechungen des Aufenthalts, die auch jeder Österreicher habe, in Österreich. § 67 Abs. 1 FPG sehe keinen durchgehenden Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren vor und würde diese Rechtsansicht auch dem Unionsrecht widersprechen. Auch wenn die Beschwerdeführerin immer wieder wegen nicht angemeldeter Prostitution verwaltungsrechtlich bestraft worden sei, handle es sich dabei aber lediglich um Verstöße gegen Ordnungsvorschriften, da die Ausübung von Prostitution – ausgenommen in Vorarlberg – in jedem Bundesland unter gewissen Auflagen erlaubt sei. Von der ausgeübten Wohnungsprostitution gehe zudem keine Gefahr aus. Auch wenn die Beschwerdeführerin zeitweise den vorgeschriebenen Gesundheitskontrollen nicht nachgekommen sei, gehe davon keine gegenwärtige Gefahr für die Volksgesundheit aus, da dies nur dann der Fall wäre, wenn die Beschwerdeführerin eine Geschlechtskrankheit hätte und dessen ungeachtet der Prostitution nachginge, wofür aber jegliche Hinweise fehlen würden. Die strafgerichtlichen Verurteilungen würden schon lange zurückliegen und daher keine Rückschlüsse auf die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die Beschwerdeführerin zulassen.
Das aktuelle Einkommen der Beschwerdeführerin bestehe zum Teil aus Pflegegeld und daher aus legal erworbenen Versicherungsleistungen des Sozialversicherungsträgers. Die Beschwerdeführerin sei psychisch schwer erkrankt und beschränke sich dadurch sowohl ihr Tätigkeitshorizont als auch ihre Gefährlichkeit massiv. Auch habe die belangte Behörde keinerlei Feststellungen zur Integration der Beschwerdeführerin getroffen. Gerade als Prostituierte oder Begleit-/Gesellschaftsdame zähle sie zahlreiche Personen, darunter durchaus auch aus gehobenen Gesellschaftsschichten, zu ihrem intimen oder auch einfach freundschaftlich verbundenen Bekanntenkreis, wobei es in der Natur der Sache liege, über diese Personen Stillschweigen zu bewahren. Auch die Wahrung der sozialen Kontakte nach einem 18-jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet stelle ein wesentliches Interesse im Sinne des Art. 8 EMRK dar. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei unzulässig.
3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten am 27.08.2021 ein.
4. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.08.2021 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
5. Das Bundesverwaltungsgericht holte weiters das noch nicht aktenkundige Strafurteil der Beschwerdeführerin ein.
6. Mit Schreiben vom 15.09.2021 wurde das Bundesverwaltungsgericht darüber informiert, dass die Beschwerdeführerin von der Polizeiinspektion XXXX am 14.09.2021 neuerlich bei der illegalen Wohnungsprostitution betreten wurde und ungeschützten Geschlechtsverkehr angeboten habe.
7. Mit Parteiengehör und Aufforderung zur Mitwirkung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.09.2021 wurden der Beschwerdeführerin ihre neuerliche Betretung bei der illegalen Wohnungsprostitution sowie ihre Melde- und Sozialversicherungsdaten vorgehalten und wurde sie ersucht, dem Bundesverwaltungsgericht mitzuteilen, wo sie sich in den näher genannten Zeiträumen, in welchen Meldelücken im Zentralen Melderegister bestehen, tatsächlich aufgehalten habe. Weiters wurde die Beschwerdeführerin ersucht, mitzuteilen, ob und in welchem Umfang sie während der Zeiten, in welchen sie in Österreich nicht gesetzlich krankenversichert war, über eine private Krankenversicherung oder eine Europäische Krankenversicherungskarte verfügt habe, ob sie finanzielle Unterstützung (und in konkret welcher Form und Höhe) zur Finanzierung ihres Aufenthalts in Österreich erhalten habe und auf welche Tätigkeit sich ihre näher genannte Krankenpflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bezieht. Ihr wurde zudem die Möglichkeit eingeräumt, sich zu den übrigen Straftaten bzw. ihrem verwaltungsstrafrechtlich mehrfach geahndeten Verhalten in Österreich zu äußern. Weiters wurde sie ersucht, ehestmöglich, spätestens jedoch binnen einer Frist von einer Woche die Beantwortung konkreter Fragen zu ihrem Privat- und Familienleben vorzunehmen und wurde sie in diesem Zusammenhang etwa eingeladen, Empfehlungsschreiben vorzulegen.
8. Eine Stellungnahme langte beim Bundesverwaltungsgericht bis dato nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik Ungarn (vgl. etwa Auszug aus dem Fremdenregister und Zentralen Melderegister jeweils vom 27.08.2021 sowie dort festgehaltene Ausweisdaten; aktenkundige Kopien des ungarischen Führerscheines und des ungarischen Personalausweises, AS 119 ff Verwaltungsakt Teil II; Kopie des ungarischen Reisepasses, AS 163 Verwaltungsakt Teil IV).
Im März 2009 führte die Beschwerdeführerin eine Namensänderung in Ungarn von ihrem ursprünglichen Namen „ XXXX “ auf „ XXXX “ durch (vgl. Meldung Namensänderung durch Polizei, AS 61 ff Verwaltungsakt Teil II).
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2013 führte die Beschwerdeführerin eine weitere Namensänderung in Ungarn von ihrem Namen „ XXXX “ zum gegenständlich aktuellen Namen „ XXXX “ durch (vgl. AS 57 ff Verwaltungsakt Teil II, insbesondere Kopien der jeweiligen Personaldokumente der Beschwerdeführerin, AS 63 ff Verwaltungsakt Teil II).
1.2. Die Beschwerdeführerin reist erstmals zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2003 in das Bundesgebiet ein und wies hier erstmals von 24.11.2003 bis 12.01.2004 eine Nebenwohnsitzmeldung auf (vgl. Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 27.08.2021; Beschwerde vom 12.08.2021, AS 222 f Verwaltungsakt Teil IV).
Bei der Beschwerdeführerin liegen nachfolgende Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet vor (vgl. Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 27.08.2021):
- 24.11.2003 bis 12.01.2004 Nebenwohnsitz
- 13.01.2004 bis 06.03.2005 keine Wohnsitzmeldung
- 18.11.2004 bis 13.12.2004 Hauptwohnsitz
- 14.12.2004 bis 06.03.2005 keine Wohnsitzmeldung
- 07.03.2005 bis 12.04.2006 Nebenwohnsitz
- 13.04.2006 bis 03.07.2006 keine Wohnsitzmeldung
- 04.07.2006 bis 21.08.2006 Hauptwohnsitzmeldung
- 18.08.2006 bis 21.08.2006 Nebenwohnsitzmeldung
- 22.08.2006 bis 25.02.2007 keine Wohnsitzmeldung
- 26.02.2007 bis 27.05.2013 Hauptwohnsitzmeldung
- 28.05.2013 bis 29.09.2013 keine Wohnsitzmeldung
- 30.09.2013 bis 18.04.2014 Hauptwohnsitzmeldung
- 19.04.2014 bis 09.05.2016 keine Wohnsitzmeldung
- 10.05.2016 bis 11.05.2017 Hauptwohnsitzmeldung
- 12.05.2017 bis 08.10.2017 keine Wohnsitzmeldung
- 09.10.2017 bis 16.10.2017 Nebenwohnsitzmeldung
- 17.10.2017 bis 13.05.2018 keine Wohnsitzmeldung
- 14.05.2018 bis 14.01.2019 Nebenwohnsitzmeldung
- 14.01.2019 bis laufend Hauptwohnsitzmeldung
Bei der Beschwerdeführerin liegen nachfolgende Sozialversicherungszeiten im Bundesgebiet vor (vgl. Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 09.09.2021):
- 25.05.2010 bis 27.05.2013 Selbstversicherung gemäß § 16 ASVG
- 26.03.2014 bis 30.04.2014 Krankenpflichtversicherung § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG
- 02.08.2016 bis 02.08.2016 Arbeiterin
- 11.07.2019 bis 22.10.2020 Arbeiterin
- 23.10.2020 bis 16.10.2021 Arbeitslosengeld
- 17.01.2021 bis laufend Krankengeldbezug, Sonderfall
Es konnte hingegen nicht festgestellt werden, dass sich die Beschwerdeführerin in den Zeiträumen 12.05.2017 bis 08.10.2017 sowie 17.10.2017 bis 13.05.2018 tatsächlich im Bundesgebiet aufgehalten hat.
Sie verfügte in Österreich erst seit 14.11.2019 über eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmerin (vgl. Fremdenregisterauszug vom 27.08.2021).
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin bisher über eine alle Risiken abdeckende private Krankenversicherung verfügt hätte oder, dass sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ausreichend finanzielle Unterstützung in nachgewiesener Höhe erhalten hat.
Bis zur Aufnahme ihrer Beschäftigung am 11.07.2019 und dem nachfolgenden Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld erwirtschaftete die Beschwerdeführerin ihren Lebensunterhalt in Österreich überwiegend durch Ausübung von Prostitution.
Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) vom 21.04.2021 wurde der Beschwerdeführerin Pflegegeld der Stufe 3 befristet für den Zeitraum von 01.03.2021 bis 28.02.2022 in der Höhe von monatlich EUR 466,80 zuerkannt. Der Pflegebedarf betrage durchschnittlich 128 Stunden pro Monat (vgl. aktenkundiger Bescheid, AS 153 ff Verwaltungsakt Teil IV).
Mit Bescheid des Stadtmagistrates XXXX vom 17.03.2021 wurde der Beschwerdeführerin im Zeitraum von 01.04.2021 bis 30.06.2021 Mindestsicherung in Höhe von EUR 712,10 monatlich sowie ein Mietzinszuschuss in Höhe von monatlich EUR 546,00 zuerkannt (vgl. aktenkundiger Bescheid vom 17.03.2021, AS 157 ff Verwaltungsakt Teil IV).
Die Beschwerdeführerin annoncierte dennoch weiterhin auf einschlägigen Online-Plattformen als Prostituierte und wurde als solche auch bei der illegalen Wohnungsprostitution betreten (vgl. Aktenvermerk zur Onlinerecherche vom 19.07.2021, AS 193 Verwaltungsakt Teil IV; Bericht der Polizei vom 15.09.2021 über die Betretung der Beschwerdeführerin am 14.09.2021).
1.3. Zum Verhalten der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet:
1.3.1. Am 14.09.2008 und am 23.09.2008 wurde die Beschwerdeführerin von Polizeibeamten im Bundesgebiet und wegen verbotener Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb bewilligter Bordelle gemäß § 14 lit. b TLPG, teilweise auch wegen Übertretung nach § 12 Abs. 2 Geschlechtskrankheitengesetz iVm § 1 der Verordnung des BMfGuU über die gesundheitliche Überprüfung von Personen, welche der Prostitution nachgehen, angezeigt (vgl. AS 1 ff und AS 5 ff Verwaltungsakt Teil I).
Mit Abschluss-Bericht des Landespolizeikommandos für XXXX , Zahl XXXX , vom 28.04.2009 wurde unter anderem die Beschwerdeführerin wegen des Verdachts der Zuhälterei gemäß § 216 StGB im November/Dezember 2008 bei der Staatsanwaltschaft angezeigt (vgl. AS 11 ff Verwaltungsakt Teil I). Das Verfahren wurde laut Aktenvermerk vom 04.12.2009 von der Staatsanwaltschaft zur Zahl XXXX am 04.05.2009 gemäß § 190 Z 2 StPO wegen fehlender Beweise eingestellt (vgl. AS 42 Verwaltungsakt Teil I).
1.3.2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 09.05.2007, Zahl XXXX , rechtskräftig am 09.05.2007, wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1, § 84 Abs. 2 Z 4 StGB zu einer bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehenen Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je EUR 10,00 (Gesamt daher EUR 2.000,00) und im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 100 Tagen verurteilt. Die Verurteilung ist inzwischen getilgt und scheint im Strafregister der Republik Österreich nicht mehr auf (vgl. Strafregisterauszug vom 27.04.2009, AS 35 Verwaltungsakt Teil I; Strafregisterauszug vom 27.08.2021).
1.3.3. Mit Strafverfügung der BPD XXXX vom 30.08.2006, Zahl XXXX , wurde über die Beschwerdeführerin wegen § 1 Abs. 1 TLPG iVm § 4 Abs. 1 TLPG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 60,00 verhängt (vgl. AS 73 Verwaltungsakt Teil I).
Mit Straferkenntnis der BPD XXXX vom 26.09.2008, Zahl XXXX , wurde über die Beschwerdeführerin wegen § 14 lit. b TLPG und § 12 Abs. 2 Geschlechtskrankheitengesetz eine Geldstrafe in Höhe von gesamt EUR 850,00 verhängt. Nach Erhebung eines Rechtsmittels und Erlassung einer Berufungsvorentscheidung wurde das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt (vgl. AS 83 f Verwaltungsakt Teil I).
Mit Straferkenntnis der BPD XXXX vom 13.03.2009, Zahl XXXX , wurde über die Beschwerdeführerin wegen § 5 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe in Höhe von gesamt EUR 900,00 verhängt. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen ein Rechtsmittel. Der Ausgang des Verfahrens konnte nicht festgestellt werden (vgl. AS 89 f Verwaltungsakt Teil I).
Am 29.01.2010 wurde die Beschwerdeführerin durch die Bundespolizeidirektion (BPD) XXXX zur Aktenzahl XXXX , wegen des Aufenthalts im Bundesgebiet als EWR-Bürgerin für länger als drei Monate ohne im Besitz einer Anmeldebescheinigung zu sein, angezeigt (vgl. AS 95 Verwaltungsakt Teil I).
Am 04.06.2010 und am 18.11.2011 wurde die Beschwerdeführerin wegen des Verdachts der verbotenen Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb bewilligter Bordelle gemäß § 14 lit. b TLPG angezeigt (vgl. AS 109 ff und AS 115 ff Verwaltungsakt Teil I). Das Verfahren hinsichtlich der Anzeige vom 18.11.2011 wurde jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt (vgl. AS 125 Verwaltungsakt Teil I).
Infolge einer neuerlichen Anzeige der Beschwerdeführerin vom 01.06.2012 (vgl. AS 145 ff Verwaltungsakt Teil I) wurde über die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis der BPD XXXX vom 01.08.2012, Zahl: XXXX , wegen verbotener Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle gemäß § 14 lit. b iVm § 19 Abs. 1 TLPG) sowie wegen Übertretung von § 1 der Verordnung des BMfGuU über die gesundheitliche Überprüfung von Personen, welche der Prostitution nachgehen, zu einer Geldstrafe in Höhe insgesamt EUR 1.760,00 zuzüglich Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren in Höhe von EUR 176,00, insgesamt sohin ein Gesamtbetrag von EUR 1.936,00 verhängt. Dem Straferkenntnis lag zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am 31.05.2012 im Internet auf einer näher bezeichneten Website unmissverständlich und gewerbsmäßig Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle angebahnt hat. Die Anbahnung hat die Beschwerdeführerin in weiterer Folge gegenüber einem Exekutivorgan am 31.05.2012 in einem Telefonat konkretisiert. Die Beschwerdeführerin hat weiters gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper geduldet und solche Handlungen auch an anderen vorgenommen (u.a. Geschlechtsverkehr), wobei diese Handlungen gegen Entgelt zur Erschließung einer regelmäßigen Einkunftsquelle abzielten und sich die Beschwerdeführerin dabei weder vor Beginn der Tätigkeit noch zuletzt im regelmäßigen Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten unterzogen hat (vgl. aktenkundiges Straferkenntnis, AS 153 f Verwaltungsakt Teil I).
Am 17.06.2012 wurde die Beschwerdeführerin von Polizeibeamten im Bundesgebiet wegen des Verdachts der Verletzung von § 78 Telekommunikationsgesetz, § 11 TLPG (Anstandsverletzung) und § 1 TLPG (Lärmerregung) am 05.06.2012 bzw. 16.06.2012 angezeigt (vgl. AS 159 ff Verwaltungsakt Teil I).
Zwei weitere Anzeigen der Beschwerdeführerin erfolgten am 09.04.2013 und am 11.04.2013 durch die LPD XXXX wegen des Verdachts der verbotenen Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle nach § 14 TLPG und hinsichtlich der Anzeige vom 09.04.2013 auch wegen des Verdachts der Übertretung nach § 12 Geschlechtskrankheitengesetz (vgl. AS 175 ff und AS 189 ff Verwaltungsakt Teil I).
Auch im Juli, August und September 2013 erfolgten mehrere Anzeigen der Beschwerdeführerin durch die LPD XXXX , und zwar am 16.07.2013 (vgl. AS 219 ff Verwaltungsakt Teil I), am 24.07.2013 (vgl. AS 233 ff Verwaltungsakt Teil I) am 12.08.2013 (vgl. AS 259 ff Verwaltungsakt Teil I) und am 30.09.2013 (vgl. AS 271 ff Verwaltungsakt Teil I)unter anderem neuerlich wegen Anbahnung von Beziehungen außerhalb behördlich bewilligter Bordelle, wegen Nichtmitführen des Ausweises des Gesundheitsamtes und Ausübung der Prostitution ohne vorherige bzw. wiederkehrende amtsärztliche Untersuchung (§ 9 AIDS-Gesetz) sowie der Verletzung des Meldegesetzes.
Am 04.11.2013 wurde die Beschwerdeführerin von der LPD XXXX festgenommen und wegen aggressivem Verhalten gemäß § 82 SPG zur Anzeige gebracht (vgl. AS 287 ff Verwaltungsakt Teil I).
1.3.4. Das mit Schreiben der LPD XXXX vom 12.06.2013 eingeleitete Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme in Form eines Aufenthaltsverbotes sowie der etwaigen Verhängung der Schubhaft (vgl. AS 207 Verwaltungsakt Teil I) wurde mit Schreiben vom 09.10.2013 an den damaligen bevollmächtigten Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eingestellt (vgl. AS 269 Verwaltungsakt Teil I).
1.3.5. Bei der der Beschwerdeführerin lagen zwischen 2006 und 2013 nachfolgende verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen vor (vgl. aktenkundige Auszüge aus der Datei für verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen vom 26.01.2010, AS 67 und AS 79; vom 06.12.2011 AS 121 f; vom 15.02.2012, AS 141 f; vom 04.08.2012, AS 157 ff, vom 14.11.2012, AS 167 ff, vom 08.10.2013, AS 265 ff jeweils Verwaltungsakt Teil I):
Aktenzeichen | Deliktscode/Deliktstext | Strafe | Beginn Tilgung |
XXXX | § 1 Abs. 1 TLPG | EUR 150,00 | 17.07.2006 |
XXXX | § 14 lit. a TLPG | EUR 350,00 | 08.09.2006 |
XXXX | § 14 lit. a TLPG § 11 Abs. 1 TLPG § 82 Abs. 1 SPG | EUR 500,00 EUR 80,00 EUR 100,00 | 30.08.2007 30.08.2007 30.08.2007 |
XXXX | § 1 Abs. 1 TLPG | EUR 60,00 | 04.09.2006 |
XXXX | EUR 140,00 | 08.02.2008 | |
XXXX | EUR 600,00 | 08.02.2010 | |
XXXX | § 82 Abs. 1 SPG | EUR 50,00 | 20.07.2009 |
XXXX | EUR 240,00 | 27.11.2009 | |
XXXX | § 14 lit. b TLPG | EUR 700,00 | 15.07.2010 |
XXXX | § 11 Abs. 1 TLPG | EUR 150,00 | 05.10.2010 |
XXXX | EUR 250,00 | 10.01.2011 | |
XXXX | § 1 Abs. 1 TLPG | EUR 30,00 | 31.01.2011 |
XXXX | § 52a Z 10a StVO | EUR 150,00 | 22.08.2011 |
XXXX | § 14 lit. b TLPG | EUR 1.400,00 | 20.03.2012 |
XXXX | § 14 lit. b TLPG § 1 Abs. 1 BMGU | EUR 1.700,00 EUR 60,00 | 15.10.2012 15.10.2012 |
XXXX | § 11 Abs. 1 TLPG | EUR 150,00 | 05.10.2012 |
XXXX | § 14 lit. b TLPG | EUR 2.500,00 | 24.07.2013 |
1.3.6. Am 11.03.2014 wurde die Beschwerdeführer von der LPD XXXX neuerlich zur Zahl XXXX , wegen § 14 lit. b TLPG (verbotener Anbahnung der Prostitution außerhalb eines behördlich bewilligten Bordells) und wegen Verabsäumung der wöchentlichen amtsärztlichen Untersuchung nach § 1 der Verordnung des BMfGuU über die gesundheitliche Überprüfung von Personen, welche der Prostitution nachgehen, sowie wegen Verletzung des Meldegesetzes zwischen Jänner 2014 und 22.02.2014 angezeigt (vgl. AS 1 ff Verwaltungsakt Teil II).
1.3.7. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 01.08.2016, Zahl: XXXX , rechtskräftig am 05.08.2016, wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je EUR 13,00 (Gesamt EUR 910,00) und im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen verurteilt, wobei die Hälft der verhängten Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am 20.07.2015 dadurch, dass sie einen Mann im Zuge einer Auseinandersetzung im Gesichtsbereich kratzte, diesen am Körper verletzte, wobei die Tat mehrere strichförmige Schürfwunden zur Folge hatte. Im Zuge der Strafbemessung wurden als mildernd die bisherige Unbescholtenheit, als erschwerend keine Gründe gewertet. Der unbedingte Teil der Geldstrafe wurde am 06.09.2016 vollzogen und der restliche Teil mit Beschluss vom 13.09.2019 endgültig nachgesehen (vgl. aktenkundiges Strafurteil vom 01.08.2016, AS 25 ff Verwaltungsakt Teil II; Strafregisterauszug vom 27.08.2021).
1.3.8. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.09.2016, Zahl: XXXX , rechtskräftig am 01.09.2016, wurde die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je EUR 4,00 (Gesamt EUR 1.200,00) und im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 150 Tagen, davon ein Teil der Geldstrafe im Ausmaß von 150 Tagessätzen zu je EUR 4,00 (Gesamt EUR 600,00) und 75 Tage der Ersatzfreiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen. Es handelt sich dabei um eine Zusatzstrafe gemäß § 31 und § 40 StGB. Der unbedingte Teil der Geldstrafe wurde am 12.09.2016 vollzogen, der bedingte Teil der Geldstrafe mit Beschluss vom 04.09.2019 endgültig nachgesehen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am 07.05.2016 versuchten, zwei Polizeibeamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich ihrer Festnahme, zu hindern, indem sie nach ihrer Festnahme Faustschläge gegen den Bereich des Oberkörpers eines der Polizeibeamten führte, während der Verbringung in den Streifenwagen weiter Schlagbewegungen in Richtung beider Polizeibeamter führte und in der Polizeiinspektion mit den Beinen gegen den rechten Oberschenkel sowie das rechte Knie eines Polizeibeamten trat (vgl. Strafregisterauszug vom 27.08.2021; aktenkundiges Strafurteil vom 01.09.2016).
1.3.9. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2016 wurde der Beschwerdeführerin neuerlich mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, gegen sie eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot zu verfügen. Dazu wurde ihr im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme und der Beantwortung konkreter Fragen binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt (vgl. AS 51 ff Verwaltungsakt Teil II). Dazu nahm die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz ihres damaligen bevollmächtigten Rechtsvertreters vom 24.10.2016 Stellung (vgl. AS 71 ff Verwaltungsakt Teil II).
Das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegenüber der Beschwerdeführerin wurde nach neuerlicher Prüfung des Sachverhaltes von der Behörde mit Aktenvermerk vom 31.01.2018 eingestellt, da die Beschwerdeführerin seit 16.10.2017 im Bundesgebiet nicht mehr gemeldet sei, ihre letzte rechtskräftige Verurteilung auf einer Tat vom 27.05.2016 basiere und aktuelle Übertretungen gegen das Geschlechtskrankheiten- bzw. Aidsgesetz nicht bekannt seien. Eine gewärtige, erhebliche Gefahr liege daher nicht vor (vgl. AS 147).
Bereits am 20.12.2018 wurde die Beschwerdeführerin wieder bei der Aufnahme illegaler Prostitution betreten, seitens des Bundesamtes aber von weiteren Maßnahmen abgesehen (vgl. aktenkundiger Bericht der LPD XXXX vom 23.12.2018, AS 169 ff).
1.3.10. Bei der der Beschwerdeführerin lagen zwischen 2016 und 2021 nachfolgende verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen vor (vgl. aktenkundige Auszüge der Verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen, AS 17 ff Verwaltungsakt Teil III und AS 107 Verwaltungsakt Teil IV):
Aktenzeichen | Deliktscode/Deliktstext | Strafe | Ersatz-arreststrafe | Beginn Tilgung |
XXXX | § 14 lit. a TLPG | EUR 600,00 | 2 Tage 2 Stunden | 26.05.2021 |
XXXX | § 1 Prot. VO d. BM f. Gesundheit u. Umweltschutz, BGBl. II 198/2015 | EUR 70,00 | 14 Tage | 26.05.2021 |
XXXX | EUR 1.800,00 | 15 Tage 7 Stunden | 11.02.2019 | |
XXXX | EUR 200,00 | 1 Tag 16 Stunden | 11.02.2019 | |
XXXX | § 82 Abs. 1 SPG | EUR 150,00 | 2 Tage | 11.02.2019 |
XXXX | EUR 300,00 | 1 Tag 1 Stunde | 04.01.2019 | |
XXXX | EUR 60,00 | 1 Tag 3 Stunden | 30.09.2016 | |
Bei der der Beschwerdeführerin lagen zwischen 2015 und 2021 nachfolgende rechtskräftige Verwaltungsstrafen des Stadtmagistrats XXXX vor (vgl. aktenkundige Verwaltungsstrafregisterauszug vom 09.07.2019, AS 35 ff Verwaltungsakt Teil III, vom 08.07.2021, AS 113 Verwaltungsakt Teil IV):
Geschäfts-zahl | Art | Datum | Rechtskraft | Strafnorm | Strafhöhe |
XXXX | SV | 18.03.2015 | 08.04.2015 | § 14 Abs. 1 lit. a iVm § 8 Abs. 1 Tiroler Parkabgabegesetz | EUR 50,00 |
XXXX | SV | 27.05.2016 | 16.06.2016 | § 21 Abs. 1 TLPG | EUR 200,00 |
XXXX | SV | 27.05.2016 | 16.06.2016 | § 21 Abs. 1 TLPG | EUR 150,00 |
XXXX | SV | 27.05.2016 | 16.06.2016 | § 4 Abs. 1 TLPG | EUR 200,00 |
XXXX | SV | 27.06.2016 | 14.07.2016 | § 11 IPO iVm § 8 Abs. 1 lit. d TLPG | EUR 40,00 |
XXXX | SV | 11.07.2019 | 02.08.2019 | EUR 100,00 | |
XXXX | SV | 06.05.2021 | 26.05.2021 | § 9 Abs. 1 Z 2 Aidsgesetz iVm § 4 Abs. 2 Aidsgesetz | EUR 600,00 |
1.3.11. Infolge eines entsprechenden Ersuchens der Finanzpolizei im April 2019 leitet das Bundesamt abermals ein Verfahren gegen die Beschwerdeführerin zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein und übermittelte der Beschwerdeführerin ein weiteres Mal eine mit 08.07.2019 datierte Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Absicht der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (vgl. AS 1 ff Verwaltungsakt Teil III). Dazu nahm die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz ihrer damaligen bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 25.07.2019 Stellung (vgl. AS 95 ff Verwaltungsakt Teil III).
Mit Aktenvermerkt vom 16.10.2019 wurde das Verfahren neuerlich amtswegig vom Bundesamt eingestellt (vgl. AS 133 f Verwaltungsakt Teil III).
1.3.12. Am 17.02.2020 langte beim Bundesamt die Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX zur Zahl XXXX vom 10.02.2020 vom vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung der Beschwerdeführerin wegen § 27 Abs. 1 und Abs. 2 SMG gemäß § 35 Abs. 9 SMG ein (vgl. AS 153 Verwaltungsakt Teil III). Am 16.03.2021 langte dann diesbezüglich die Verständigung vom endgültigen Rücktritt von der Verfolgung beim Bundesamt ein (vgl. AS 1 Verwaltungsakt Teil IV).
Am 07.05.2021 langte beim Bundesamt ein mit 03.05.2021 datierter Bericht der LPD XXXX über eine bei der Beschwerdeführerin am 30.04.2021 durchgeführte Prostitutionskontrolle ein und wurde bei Wohnungsprostitution betreten (vgl. AS 5 ff Verwaltungsakt Teil IV).
Am 26.05.2021 wurde die Beschwerdeführerin neuerlich bei der Anbahnung zur Prostitution außerhalb eines behördlich bewilligten Bordells gemäß § 14 lit. b TLPG und wegen Verletzung des § 4 Abs. 1 Aidsgesetz (fehlende Untersuchung) betreten und am 07.07.2021 angezeigt (vgl. AS 95 ff Verwaltungsakt Teil IV).
Am 08.07.2021 wurde die Beschwerdeführerin neuerlich bei der Ausübung illegaler Wohnungsprostitution betreten. Mit Strafverfügung der LPD XXXX vom 08.07.2021 wurde die Beschwerdeführerin wegen § 14 lit. a TLPG und § 1 Prot. VO d. BM f. Gesundheit u. Umweltschutz, BGBl. II 198/2015 zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt EUR 670,00 oder einer Ersatzarreststrafe von insgesamt 16 Tagen und zwei Stunden verpflichtet (vgl. AS 115 ff Verwaltungsakt Teil IV).
Am 14.09.2021 wurde die Beschwerdeführerin abermals bei der Anbahnung illegaler Wohnungsprostitution betreten und ihr unmittelbar eine Strafverfügung vor Ort in Höhe von EUR 600,00 ausgestellt (vgl. aktenkundiger Polizeibericht vom 15.09.2021).
1.3.13. Aufgrund der zitierten strafgerichtlichen Urteile, der Verwaltungsstrafverfügungen, Verwaltungsstraferkenntnisse, verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen und Anzeigen wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die dort jeweils festgestellten (verwaltungsrechtlich oder gerichtlich) strafbaren Handlung begangen und sie das jeweils umschriebene Verhalten gesetzt hat.
1.4. Die Beschwerdeführerin ist in Ungarn geboren und aufgewachsen. Sie hält sich etwa seit dem Jahr 2003 mit zeitweisen Unterbrechungen, somit in Summe über einen Zeitraum von knapp 18 Jahren, überwiegend in Österreich auf und hat hier keinerlei familiäre Bindungen. Sie ist geschieden und alleinstehend. In Ungarn verfügt sie nur mehr über eine dort lebende Schwester und hat sonst keine familiären oder privaten Bindungen in Ungarn (vgl. Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 27.08.2021; schriftliche Stellungnahme vom 08.07.2021, AS 129 ff Verwaltungsakt Teil IV).
Die Beschwerdeführerin leidet an paranoider Schizophrenie und einem chronisch produktiven Syndrom. Ihr wurden die Medikamente ABILIFY, OLANZAPIN und RIVOTRIL verschrieben (vgl. Befundbericht einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 15.02.2021, AS 149 Verwaltungsakt Teil IV). Die Beschwerdeführerin befindet sich seit 14.01.2021 als arbeitsunfähig im Krankenstand und bezieht Krankengeld seit 17.01.2021 sowie Pflegegeld der Stufe 3(vgl. Sozialversicherungsdatenauszug vom 09.09.2021). Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin an einer Erkrankung leidet, die in Ungarn nicht behandelbar ist.
Maßgebliche private oder familiäre Bindungen der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Aktenkundig sind zudem Kopien ihrer ungarischen Personaldokumente, darunter auch ein ungarischer Reisepass bzw. Personalausweis, sowie die Meldungen ihrer Namensänderungen.
Das Bundesverwaltungsgericht holte einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, dem Schengener Informationssystem, den Sozialversicherungsdaten sowie des Strafregisters der Beschwerdeführerin ein.
Die genannten strafgerichtlichen Urteile sind aktenkundig. Die darin jeweils getroffenen Feststellungen werden dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
Die Anzeigen, verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen, Verwaltungsstrafen samt Strafverfügungen und Straferkenntnissen ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtakt und sind unbestritten.
Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Beschwerdeführerin in den Zeiträumen 12.05.2017 bis 08.10.2017 sowie 17.10.2017 bis 13.05.2018 tatsächlich im Bundesgebiet aufgehalten hätte, ergibt sich einerseits daraus, dass in diesen Zeiträumen weder Melde- noch Sozialversicherungsdaten vorhanden sind, und andererseits auch daraus, dass – im Gegensatz zu anderen Zeiträumen, in denen die Beschwerdeführerin weder eine Wohnsitzmeldung noch Sozialversicherungszeiten im Bundesgebiet aufweist – in diesem Zeitraum auch weder Anzeigen, verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen, Verwaltungsstrafverfügungen, Verwaltungsstraferkenntnisse oder strafgerichtliche Verurteilungen vorliegen, die Rückschlüsse darauf zuließen, dass sich die Beschwerdeführerin trotzdem im Bundesgebiet aufgehalten hätte. Zudem hat die Beschwerdeführerin auch mangels Mitwirkung im gegenständlichen Verfahren nicht (substantiiert) vorgebracht, dass sie sich in diesen Zeiträumen tatsächlich im Bundesgebiet aufgehalten hätte.
Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführerin bisher über eine alle Risiken abdeckende private Krankenversicherung bzw. über ausreichende finanzielle Unterstützung zur Sicherung ihres Lebensunterhalts verfügt hat, ergibt sich einerseits daraus, dass diesbezüglich kein Hinweis im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegt und andererseits daraus, dass die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nachgekommen ist und keine Stellungnahme zum Parteiengehör bzw. der Aufforderung zur Mitwirkung vom 20.09.2021 abgegeben hat.
Die psychiatrische Erkrankung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere auch aus dem Umstand, dass Pflegegeld der Stufe 3 zuerkannt wurde. Eine nur in Österreich mögliche Behandlung derselben oder eine darüber hinausgehende Erkrankung der Beschwerdeführerin, die in Ungarn nicht behandelbar wäre, wurde zu keiner Zeit vorgebracht und hat sich auch sonst nicht ergeben.
Es leben keine Familienangehörigen der Beschwerdeführerin in Österreich. Auch hat sie keinerlei substanziiertes Vorbringen dahingehend erstattet, dass sie in Österreich über maßgebliche persönliche Bindungen verfügen würde. Der Verweis darauf, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Tätigkeit als Prostituierte bzw. als „Begleit-/Gesellschaftsdame“ über einen weiten, teils prominenten, Bekannten- und Freundeskreis verfüge, wurde trotz Aufforderung des erkennenden Gerichtes nicht weiter substantiiert und können daraus keinerlei Rückschlüsse auf tatsächlich zu berücksichtigende private Bindungen der Beschwerdeführerin in Österreich getroffen werden, zumal es ihr auch freigestanden wäre, allfällige private Bindungen außerhalb ihres Tätigkeitsbereichs geltend zu machen. Eine besonders enge Beziehung oder ein Abhängigkeitsverhältnis zu in Österreich lebenden Personen ist demnach nicht ersichtlich.
Eine maßgebliche Integration in sozialer, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht wurde nicht vorgebracht und hat sich eine solche auch sonst nicht ergeben, zumal sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nur völlig unsubstantiiert darauf beruft, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aus Gründen des Art. 8 EMRK nicht zulässig wäre.
Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln, welche jeweils in Klammer zitiert und von der Beschwerdeführerin zu keiner Zeit bestritten wurden, sowie den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren und in der Beschwerde, welche der gegenständlichen Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A.):
3.1. Rechtsgrundlagen:
Der mit „Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts“ betitelte § 9 NAG lautet:
„§ 9. (1) Zur Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate werden auf Antrag ausgestellt:1. eine „Anmeldebescheinigung“ (§ 53) für EWR-Bürger, die sich länger als drei Monate in Österreich aufhalten, und2. eine „Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers“ (§ 54) für Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind.
(2) Zur Dokumentation des unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechts werden auf Antrag ausgestellt:1. eine „Bescheinigung des Daueraufenthalts“ (§ 53a) für EWR-Bürger, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, und2. eine „Daueraufenthaltskarte“ (§ 54a) für Drittstaatsangehörige, die Angehörige eines EWR-Bürgers sind und das Recht auf Daueraufenthalt erworben haben.
(3) Inhabern von Anmeldebescheinigungen (Abs. 1 Z 1) oder Bescheinigungen des Daueraufenthalts (Abs. 2 Z 1) kann auf Antrag ein „Lichtbildausweis für EWR-Bürger“ mit fünfjähriger Gültigkeitsdauer ausgestellt werden. Der Lichtbildausweis für EWR-Bürger, die Aufenthaltskarte und die Daueraufenthaltskarte gelten als Identitätsdokumente. Form und Inhalt der Anmeldebescheinigung, der Bescheinigung des Daueraufenthalts, des Lichtbildausweises für EWR-Bürger, der Aufenthaltskarte und der Daueraufenthaltskarte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.“
Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:
„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“
Der mit „Anmeldebescheinigung“ betitelte § 53 NAG lautet:
„§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;
2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;
3. nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;
4. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
5. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;
6. nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;
7. nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen.“
Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet:
„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“
Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG lautet:
„§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.“
Der mit „Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen“ betitelte Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:
„(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.
(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.
(3) Die Kontinuität des Aufenthalts wird weder durch vorübergehende Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr, noch durch längere Abwesenheiten wegen der Erfüllung militärischer Pflichten, noch durch eine einzige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Niederkunft, schwere Krankheit, Studium oder Berufsausbildung oder berufliche Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat berührt.
(4) Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, führt nur die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zu seinem Verlust.“
Artikel 27 („Allgemeine Grundsätze“) der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:
„(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.
(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
(3) Um festzustellen, ob der Betroffene eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, kann der Aufnahmemitgliedstaat bei der Ausstellung der Anmeldebescheinigung oder - wenn es kein Anmeldesystem gibt - spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt der Einreise des Betroffenen in das Hoheitsgebiet oder nach dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet gemäß Artikel 5 Absatz 5 gemeldet hat, oder bei Ausstellung der Aufenthaltskarte den Herkunftsmitgliedstaat und erforderlichenfalls andere Mitgliedstaaten um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn er dies für unerlässlich hält. Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat muss seine Antwort binnen zwei Monaten erteilen.
(4) Der Mitgliedstaat, der den Reisepass oder Personalausweis ausgestellt hat, lässt den Inhaber des Dokuments, der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aus einem anderen Mitgliedstaat ausgewiesen wurde, ohne jegliche Formalitäten wieder einreisen, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird.“
Artikel 28 („Schutz vor Ausweisung“) der Richtlinie 2004/38/EG („Freizügigkeitsrichtlinie“) lautet:
„(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.
(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.
(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie
a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder
b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“
§ 66 Abs. 1 FPG lautet:
"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt."
§ 67 Abs. 1 FPG lautet:
„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,4. der Grad der Integration,5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
3.2. Ein Aufenthaltsverbot kann nach § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG gegen einen Unionsbürger, der sich unter potentieller Inanspruchnahme seines unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechtes in Österreich aufhält oder aufgehalten hat (vgl. dazu VwGH 19.9.2019, Ro 2019/21/0011, Rn. 9), erlassen werden, wenn aufgrund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Des Weiteren ist es ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass hinsichtlich Unionsbürgern, die - gemäß § 53a Abs. 1 NAG nach einem fünfjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet - das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art. 28 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG ) entspricht, heranzuziehen ist (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0205, Rn. 13, mit dem Hinweis auf das grundlegende Erkenntnis VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181, Punkt 3. der Entscheidungsgründe; an dieses Erkenntnis anknüpfend etwa VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135, und VwGH 3.7.2018, Ra 2018/21/0066, Rn. 17, mwN). Danach setzt eine Aufenthaltsbeendigung voraus, dass der (weitere) Aufenthalt des Unionsbürgers eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FPG, jedoch unter jenem nach dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG. Hält sich der Unionsbürger nämlich bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schon zehn Jahre rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich auf, so verlangt die zuletzt genannte Bestimmung für die Zulässigkeit dieser Maßnahme, dass aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden könne, die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich werde durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet. Dieser Maßstab entspricht jenem des Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie (vgl. VwGH vom 26.11.2020, Ro 2020/21/0013).
3.3. Fallbezogen ergibt sich daraus:
3.3.1. Die Beschwerdeführerin ist ungarische Staatsangehörige und somit EWR-Bürgerin bzw. Unionsbürgerin. Wie bereits in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargelegt, hielt sich die Beschwerdeführerin ab einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2003, spätestens jedoch zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Wohnsitzmeldung ab 24.11.2003, jedenfalls unterbrochen in den Zeiträumen von 12.05.2017 bis 08.10.2017 (rund fünf Monate) und 17.10.2017 bis 13.05.2018 (rund sechs Monate), somit einen Zeitraum von insgesamt rund 18 Jahren, fast durchgehend im Bundesgebiet auf.
3.3.2. Der Genuss des verstärkten Schutzes nach Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie, der mit § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG im innerstaatlichen Recht umgesetzt wurde, ist davon abhängig, dass sich der Betroffene in den letzten zehn Jahren vor der Ausweisung im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats [ununterbrochen und rechtmäßig] aufgehalten hat (vgl. VwGH vom 26.11.2020, Ro 2020/21/0013; sowie VwGH vom 18.01.2021, Ra 2020/21/0511, mwN).
Für dessen Beurteilung maßgeblich ist der Zeitpunkt der Verfügung einer rechtskräftigen – und nicht schon erstinstanzlichen – aufenthaltsbeendenden Maßnahme, daher die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vorliegende Sach- und Rechtslage (vgl. sowie VwGH vom 18.01.2021, Ra 2020/21/0511, mit Verweis auf VwGH vom 29.09.2020, Ra 2020/21/0297, Rn 9, wonach bei Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf den Zeitpunkt ihrer Durchsetzbarkeit abzustellen ist).
Es ist daher zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen eines durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthalts von zehn Jahren im Bundesgebiet iSd § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG iVm Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes erfüllt:
Vom Entscheidungszeitpunkt des erkennenden Gerichtes im gegenständlichen Fall Oktober 2021 zurückgerechnet ist damit ein zehnjähriger Zeitraum bis Oktober 2011 zu beurteilen.
Aus den Feststellungen ergibt sich zum einen, dass sich die Beschwerdeführerin in den Zeiträumen von 12.05.2017 bis 08.10.2017 (rund fünf Monate) und 17.10.2017 bis 13.05.2018 (rund sechs Monate), somit insgesamt etwa über ein Jahr innerhalb des maßgeblichen Beurteilungszeitraumes nicht in Österreich aufgehalten hat.
Unabhängig von diesen Unterbrechungen lag im Zeitraum von Oktober 2011 bis Oktober 2021 auch kein durchgehend rechtmäßiger Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet vor:
Für den Zeitraum Oktober 2011 bis 27.05.2013 war die Beschwerdeführerin zwar mit einem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet und gemäß § 16 ASVG in der Krankenversicherung selbst versichert, jedoch konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in diesem Zeitraum sich tatsächlich um die Aufnahme einer sozialversicherten Erwerbstätigkeit bemüht hätte, sie eine Ausbildung absolviert hätte oder sie sonst über legale und ausreichende finanzielle Mittel zur Finanzierung ihres Unterhalts verfügt hätte. Die Voraussetzungen der §§ 51 ff NAG lagen in diesem Zeitraum daher nicht vor.
Im Zeitraum von 28.05.2013 bis 29.09.2013 sowie von 19.04.2014 bis 09.05.2016 lag weder eine Wohnsitzmeldung noch eine Sozialversicherung der Beschwerdeführerin vor. Wie bereits festgestellt, dürfte sie sich aufgrund der aktenkundigen Anzeigen bzw. Verwaltungs- und gerichtlichen Strafen jedoch tatsächlich in Österreich aufgehalten haben. Auch für diesen Zeitraum konnte die Beschwerdeführerin nicht nachwiesen, dass sie tatsächlich um die Aufnahme einer sozialversicherten Erwerbstätigkeit bemüht hätte, sie eine Ausbildung absolviert hätte oder sie sonst über legale und ausreichende finanzielle Mittel zur Finanzierung ihres Unterhalts und darüber hinaus über einen allumfassenden privaten Krankenversicherungsschutz verfügt hätte. Die Voraussetzungen der §§ 51 ff NAG lagen in diesem Zeitraum daher nicht vor.
In den Zeiträumen von 10.05.2016 bis 11.05.2017, von 09.10.2017 bis 16.10.2017 und von 14.05.2018 bis 10.07.2019 lagen zwar Wohnsitzmeldungen der Beschwerdeführerin (sowohl Haupt- als auch Nebenwohnsitzmeldungen) im Bundesgebiet vor, jedoch keine Sozialversicherungsmeldung. Auch in diesen Zeiträumen konnte nicht festgestellt werden, dass sich die Beschwerdeführerin tatsächlich um die Aufnahme einer sozialversicherten Erwerbstätigkeit bemüht hätte, sie eine Ausbildung absolviert hätte oder sie sonst über legale und ausreichende finanzielle Mittel zur Finanzierung ihres Unterhalts und darüber hinaus über einen allumfassenden privaten Krankenversicherungsschutz verfügt hätte. Auch in diesen Zeiträumen lagen daher die Voraussetzungen der §§ 51 ff NAG lagen in diesem Zeitraum daher nicht vor.
Erst von 11.07.2019 bis 22.10.2020 ging die Beschwerdeführerin einer sozialversicherten Beschäftigung als Arbeiterin nach, bezog anschließend von 23.10.2020 bis 16.01.2021 Arbeitslosengeld und seit 17.01.2021 bis zum Entscheidungszeitpunkt Krankengeld. Es lägen daher grundsätzlich erst seit etwas über zwei Jahren und drei Monaten bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes in der Dauer von über drei Monaten gemäß § 51 NAG und damit ein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet vor, wobei ihr Verhalten – wie noch ausgeführt wird – eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt und somit gemäß § 55 Abs. 3 NAG auch in diesem Zeitraum kein rechtmäßiger Aufenthalt angenommen werden kann.
Insgesamt liegen somit im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen eines durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin von zehn Jahren zurückgerechnet vom Entscheidungszeitpunkt des erkennenden Gerichts nicht vor, sodass ihr der verstärkte Schutz des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG iVm Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie nicht zukommt.
3.3.3. Angesichts der Gesamtaufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet ist nunmehr zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet womöglich ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG erworben hat:
Aus dem oben angeführten § 53a Abs. 1 NAG ergibt sich, dass einem EWR-Bürger das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nach §§ 51 und 52 NAG für zumindest fünf Jahre zukommen muss, damit er sich in dieser Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Erst nach Ablauf des fünfjährigen und rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet erwirbt der EWR-Bürger – unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 und 52 NAG – das Recht auf Daueraufenthalt.
Wie sich aus den Feststellungen und den Ausführungen in Punkt 3.3.2. bereits ergeben hat, erfüllt die Beschwerdeführerin grundsätzlich erstmals seit 11.07.2019, daher für einen Zeitraum von rund zwei Jahren und drei Monaten, die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in der Dauer von über drei Monaten gemäß § 51 NAG und damit einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, welcher jedoch gemäß § 55 Abs. 3 NAG wegen der von ihr ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dennoch nicht als rechtmäßig anzusehen ist.
Die Beschwerdeführerin hat im gegenständlichen Fall somit auch kein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG in Österreich erworben.
3.3.4. Da von der Beschwerdeführerin, die aufgrund ihrer ungarischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von §§ 66 und 67 FPG fällt, somit die Voraussetzung eines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet seit fünf bzw. zehn Jahren nicht erfüllt ist, hat das Bundesamt zu Recht den Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG zur Anwendung gebracht.
Bei der Erstellung von Gefährdungsprognosen ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dessen Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne Weiteres die erforderliche Gefährdungsprognose begründen können (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367 mwN).
Nun ist im Sinne des § 67 FPG das persönliche Verhalten des Betroffenen zu beurteilen und insbesondere auf die durch die konkreten Straftaten bewirkten Eingriffe in die öffentliche Ordnung, die genauen Tatumstände und Begleitumstände der Taten und auch sonstige Besonderheiten Bedacht zu nehmen. Es ist in weiterer Folge abzuwägen, ob das Allgemeininteresse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wiegt als andere relativierende Momente, wie etwa auch das Familien- und Privatleben des Betroffenen.
Bei der von der Beschwerdeführerin zu erstellenden Gefährdungsprognose stehen ihre Verwaltungsstrafen und strafgerichtlichen Verurteilungen sowie das diesen zugrundeliegende Verhalten im Mittelpunkt.
Spätestens ab dem Jahr 2006 trat die Beschwerdeführerin verwaltungsstrafrechtlich in Österreich in Erscheinung.
Aus den festgestellten verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen im Zeitraum 2006 bis 2013 sowie von 2016 bis 2021 sowie den Verwaltungsstrafregisterauszügen ergibt sich, dass gegen die Beschwerdeführerin wegen
- Erregung ungebührlicherweise störenden Lärms gemäß § 1 Abs. 1 TLPG bzw. § 4 Abs. 1 TLPG insgesamt vier Geldbußen, und zwar
o EUR 150,00 (2006),
o EUR 60,00 (2006),
o EUR 30,00 (2011),
o EUR 200,00 (2016),
- gewerbsmäßiger Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper oder die gewerbsmäßige Vornahme sexueller Handlungen (Prostitution) außerhalb von bewilligten Bordellen (§ 15) gemäß § 14 lit. a TLPG insgesamt vier Geldbußen, und zwar
o von EUR 350,00 (2006),
o von EUR 500,00 (2007),
o von EUR 300,00 (2019),
o von EUR 600,00 (2021),
- der außerhalb von bewilligten Bordellen und Erlaubniszonen (§ 18a) öffentlich, insbesondere auf der Straße, in Erscheinung tretende Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution; die Kontaktaufnahme über Telefon oder elektronische Medien wird von diesem Verbot nicht erfasst; gemäß § 14 lit. b TLPG insgesamt vier Geldbußen, und zwar
o von EUR 700,00 (2010),
o von EUR 1.400,00 (2012),
o von EUR 1.700,00 (2012),
o von EUR 2.500,00 (2013),
- Verletzung des öffentlichen Anstandes gemäß § 11 Abs. 11 TLPG insgesamt drei Geldbußen, und zwar
o von EUR 80,00 (2007),
o von EUR 150,00 (2010),
o von EUR 150,00 (2012),
- Übertretung von § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht treiben (BGBl. Nr. 591/1993) iVm § 12 Abs. 2 Geschlechtskrankheitengesetz bzw. wegen der mit 01.01.2016 in Kraft getretenen Verordnung des Bundesministers für Gesundheit über gesundheitliche Vorkehrungen für Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen (BGBl. II Nr. 198/2015) sowie wegen Übertretung von § 9 Abs. 1 Z 2 iVm § 4 Abs. 2 Aidsgesetz insgesamt drei Geldbußen, und zwar
o von EUR 60,00 (2012),
o von EUR 70,00 (2021),
o von EUR 600,00 (2021),
- aggressivem Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber Militärwachen bzw. militärischen Organen im Wachdienst gemäß § 82 Abs. 1 SPG in der jeweils geltenden Fassung insgesamt drei Geldbußen, und zwar
o von EUR 100,00 (2007),
o von EUR 50,00 (2009),
o von EUR 150,00 (2019),
- Lenken oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges unter Einfluss von Alkohol oder Suchtgift gemäß § 5 Abs. 1 StVO bzw. gemäß § 99 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO insgesamt zu zwei Geldbußen, und zwar
o von EUR 600,00 (2010),
o von EUR 1.800,00 (2019),
- Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit gemäß § 52 lit. a Z 10a StVO insgesamt vier Geldbußen, und zwar
o von EUR 140,00 (2008),
o von EUR 240,00 (2009),
o von EUR 150,00 (2011),
o von EUR 60,00 (2016),
- Übertretungen nach dem KFG insgesamt zu zwei Geldbußen, und zwar
o von EUR 250,00 (2011),
o von EUR 200,00 (2019),
neben weiteren Verwaltungsstrafen verhängt wurden.
Darüber hinaus wurde die Beschwerdeführerin Österreich bereits drei Mal (einmal im Jahr 2007 und zwei Mal im Jahr 2016), davon einmal jedoch als Zusatzstrafe zur unmittelbar zuvor ergangenen strafgerichtlichen Verurteilung, einschlägig wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt, schwerer Körperverletzung und einmal wegen Köperverletzung zu teilbedingten Geldstrafen verurteilt.
Besonders treten im Fall der Beschwerdeführerin dabei einerseits die sich aus den Verwaltungsstrafen und gerichtlichen Strafen ergebende Neigung zu körperlicher Gewalt und andererseits die langjährige, trotz mannigfacher Anzeigen und erheblicher Verwaltungsstrafen geahndete, gewerbsmäßig und illegal Ausübung von Prostitution im Bundesgebiet hervor, wobei die Beschwerdeführerin immer wieder wegen Nichteinhaltung der geforderten Untersuchungen auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten bestraft wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bezogen auf Verstöße gegen die Vorschriften zur Regelung der Prostitution in Zusammenhang mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG ausgeführt, dass zwar im Regelfall die Ansicht der Behörde nicht zu beanstanden sei, dass Verstöße gegen die Vorschriften, mit denen Prostitution geregelt ist (daher auch des TLPG) grundsätzlich nicht eine Gefährdung gemäß § 67 Abs. 1 FPG begründen würden. Maßgeblich sei jedoch im vorliegenden Fall, dass die Mitbeteiligte auch mehrfach gegen das Geschlechtskrankheitengesetz verstoßen habe und sehe der VwGH diesbezüglich keine Veranlassung, von seiner Rechtsprechung (etwa VwGH vom 22.01.2014, 2012/22/0246; vom 19.06.2008, 2007/18/0632) abzugehen, wonach die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens erheblich gefährdet und ein Grundinteresse der Gesellschaft an der Bekämpfung ansteckender Krankheiten verletzt werde, wenn aus dem Verhalten der Fremden abzuleiten sei, dass sie weiterhin die Prostitution ausüben werde, ohne ihrer Verpflichtung zu regelmäßigen amtsärztlichen Untersuchungen fristgerecht nachzukommen. Diesbezüglich habe die Behörde fallbezogen lediglich ausgeführt, dass von einer gänzlichen Negierung der Untersuchungspflicht nach dem Geschlechtskrankheitengesetz nicht gesprochen werden könne. Dies reiche aber nicht, um die von der erstinstanzlichen Behörde herangezogene Gefährdungsprognose verneinen zu können. Daran vermöge auch der Verweis der Behörde auf den "niedrigen Strafrahmen im Geschlechtskrankheitengesetz" nichts zu ändern, weil die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts zu beurteilen seien (vgl. VwGH vom 07.05.2014, 2013/22/0233).
Darüber hinaus trifft es zu, dass Verstöße gegen Bestimmungen, die den Zweck haben, die Verbreitung von Aids zu verhindern, das Grundinteresse der Gesellschaft an der Bekämpfung ansteckender und zum Tod führender Krankheiten berühren (VwGH vom 9.10.2001, 99/21/0125).
Im Fall der Beschwerdeführerin ist im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt ausreichend dokumentiert, dass sie bisher den wesentlichen Teil ihres Aufenthalts im Bundesgebiet durch die Ausübung illegaler Prostitution finanziert und bereits mehrfach gegen das Geschlechtskrankheitengesetz bzw. auch das Aidsgesetz verstoßen hat, indem sie die erforderlichen amtsärztlichen Untersuchungen nicht oder nicht in den geforderten Abständen hat vornehmen lassen. Trotz der zahlreichen Anzeigen und auch Verwaltungsstrafen sowie der im Laufe ihres Aufenthaltes in Österreich mehrfach eingeleiteten Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme hat die Beschwerdeführerin ihr Verhalten im Bundesgebiet fortgesetzt. Zuletzt wurde über sie eine Verwaltungsstrafe von EUR 600,00 rechtskräftig wegen Verstößen gegen das Aidsgesetz im Mai 2021 verhängt. Die Beschwerdeführerin ließ sich nicht einmal durch die Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides, mit dem ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren gegen sie verhängt wurde, und dem anhängigen Beschwerdeverfahren, von ihrem gesetzwidrigen Verhalten abhalten und ging nachweislich weiterhin der illegalen Wohnungsprostitution nach im Rahmen derer sie ungeschützten Verkehr anbot, was zuletzt Mitte September 2021 zur Anzeige gebracht wurde.
Abgesehen von den fremdenrechtlichen Maßnahmen, welchen die Beschwerdeführerin offenkundig keine Bedeutung zumaß, ist aber auch zu beachten, dass auch die Vielzahl an Verwaltungsstrafen und Geldbußen in empfindlicher Höhe die Beschwerdeführerin nicht zur Einsicht bringen konnten.
In Anbetracht des in Österreich dokumentierten Verhaltens, vor allem der beharrlichen Negierung verschiedenster Vorschriften, der Vielzahl von Übertretungen und der Verletzung grundlegendster Interessen, wie etwa an der Hintanhaltung von Infektionskrankheiten, wie zuvor ausgeführt, ist jedenfalls eine negative Zukunftsprognose zu treffen.
Dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach die diesbezüglich von der Beschwerdeführerin ausgehende Gefahr für die öffentliche Gesundheit aufgrund der bei ihr inzwischen vorliegenden psychiatrischen Erkrankung, die sie für den allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit arbeitsunfähig macht, erheblich reduziert sei, kann nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin lässt keinerlei Einschränkungen oder Pausieren ihrer Tätigkeit als Prostituierte erkennen.
Aus der Aktenlage lässt sich ableiten, dass die Beschwerdeführerin ihrer beruflichen Tätigkeit nachgeht und offenbar auch in der Lage ist, dies zu organisierten und Geschäftskontakte anzubahnen.
Selbst wenn jedoch das von der Beschwerdeführerin beharrlich fortgesetzte Fehlverhalten im Bundesgebiet auf die bei ihr vorliegende psychiatrische Erkrankung zurückzuführen wäre, ist auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach den (damit umgesetzten) Bestimmungen der Unionsbürger-RL kein dem Fremden subjektiv vorwerfbares persönliches Fehlverhalten verlangt. Maßgeblich sind vielmehr Aspekte einer von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Eine solche Gefährdung kann somit grundsätzlich auch bei Vorliegen einer psychischen Behinderung bejaht werden, wenn nicht etwa eine Behandlung und Medikation Gewähr dafür bieten, dass eine derartige Gefährdung künftig auszuschließen sein wird (vgl. VwGH 03.07.2017, Ra 2018/21/0081, mit Verweis auf VwGH 15.5.2007, 2004/18/0254).
Bei einem Aufenthaltsverbot handelt es sich nicht um eine Strafe und dem Fremden muss auch kein Verschulden an der von ihm ausgehenden Gefährdung angelastet werden (vgl. VwGH 21.06.2011, 2009/22/0309). Der Prognose einer vom Fremden ausgehenden Gefahr steht somit nicht entgegen, dass die Gefährlichkeit auf eine Krankheit zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 21.11.2011, 2008/18/0677). Vielmehr hat der Gesetzgeber sogar die Möglichkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch wegen Tathandlungen vorgesehen, die im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen wurden und zu einer Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher geführt haben (vgl. nunmehr § 53 Abs. 6 FrPolG 2005; VwGH 19.5.2011, 2008/21/0042). Der dadurch zum Ausdruck kommende Grundsatz gilt auch in den Fällen des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005. Auch bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt für Differenzierungen bei der Gefährlichkeitsprognose für den Fall, dass ein Fremder gemäß dem UbG untergebracht ist (vgl. VwGH vom 03.07.2017, Ra 2018/21/0081).
In das Gesamtverhalten der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sind jedenfalls auch die dargestellten zahlreichen übrigen Verwaltungsübertretungen sowie der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in Österreich auch bereits drei Mal rechtskräftig strafgerichtlich wegen (teils schwerer) Körperverletzung sowie zweimaligem versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt verurteilt wurde, miteinzubeziehen.
Auch wenn die erste strafgerichtliche Verurteilung der Beschwerdeführerin bereits getilgt ist und im Strafregister nicht mehr aufscheint, so ist diese dennoch bei der Beurteilung des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet zu berücksichtigen (vgl. diesbezüglich etwa VwGH vom 22.05.2013, 2013/18/0074, vom 24.04.2012, 2011/23/0291, mwN).
Zudem stammen die beiden letzten strafgerichtlichen Verurteilungen der Beschwerdeführerin zwar aus dem Jahr 2016 und hat sie sich – bisher – strafgerichtlich nichts weiter zu Schulden kommen lassen, jedoch wird durch diese Verurteilungen in Zusammenschau mit den vielen Verwaltungsstrafen, darunter auch welche wegen aggressivem Verhaltens gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht, ihre Neigung zu körperlicher Gewalt dokumentiert.
Das von der Beschwerdeführerin gesetzte Gesamtverhalten zeigt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie trotz der inzwischen vorliegenden psychiatrischen Erkrankung, ihrer Arbeitsunfähigkeit, des Bezuges von Pflegegeld und der Einnahmen von Medikamenten sowie des gegenständig anhängigen Beschwerdeverfahrens nach wie vor an ihrem Verhalten festhält, dieses ungetrübt fortsetzt und diesbezüglich immer wieder von Polizeibeamten betreten wird, dass von ihr eine tatsächliche, erhebliche und insbesondere auch gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, insbesondere der öffentlichen Gesundheit, der Übertragung ansteckender Krankheiten und auch an der Verhinderung von Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit anderer Menschen.
3.3.5. Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte im gegenständlichen Fall eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen:
Die Beschwerdeführerin hält sich insgesamt mit einigen Unterbrechungen fast 18 Jahre im Bundesgebiet auf.
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 MRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (vgl. VwGH vom 26.02.2015, Ra 2015/22/0025; vom 19.11.2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (vgl. VwGH vom 16.12.2014, 2012/22/0169; VwGH vom 09.09.2014, 2013/22/0247; vom 30.07.2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. VwGH vom 23.07.2021, Ra 2018/22/0282, mit Verweis auf VwGH 26.03.2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082).
Bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte ist dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände - unter anderem das Vorliegen von Verstößen gegen Verwaltungsvorschriften, wie etwa das AuslBG - entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282; VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).
Insbesondere strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0113).
Bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung (bzw. auch einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes) in das durch Art. 8 MRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Bei dieser Abwägung kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass eine medizinische Behandlung in Österreich vorgenommen wird, die im Einzelfall zu einer maßgeblichen Verstärkung des persönlichen Interesses an einem Verbleib in Österreich führen kann (VwGH 29.2.2012, 2010/21/0310 bis 0314 und 2010/21/0366, mwN).
Die Beschwerdeführerin verfügt zwar seit 2019 über eine Anmeldebescheinigung, hielt sich jedoch – wie bereits oben näher ausgeführt – bisher überwiegend unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführerin ging – wie festgestellt – auch die überwiegende Zeit ihres Aufenthalts keiner sozialversicherten Erwerbstätigkeit nach, sondern erwirtschaftete sich ihren Lebensunterhalt durch illegale Prostitution bei mehrfacher und anhaltender Übertretung entsprechender Verwaltungsvorschriften, insbesondere zum Schutz vor übertragbaren Krankheiten. Sie hat in Österreich weder Schulen, Kurse noch Ausbildungen besucht. Ein soziales Engagement in einem Verein, eine ehrenamtliche oder gemeinnützige Tätigkeit oder nachhaltiger Spracherwerb sind – auch mangels Mitwirkung der Beschwerdeführerin am gegenständlichen Verfahren – nicht feststellbar. Die Beschwerdeführerin hat keinerlei familiäre Bindungen in Österreich. Hingegen lebt ihre Schwester in Ungarn. Angesichts der Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin in Österreich ist zwar davon auszugehen, dass sie über gewisse private Bindungen verfügt, sie konnte (oder wollte) jedoch keine einzige dieser Bindungen unter Verweis auf ihre Tätigkeit als Prostituierte und die dadurch erforderliche Diskretion gegenüber ihren Kunden bekanntgeben. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes deutet dieser Umstand daraufhin, dass sich der Bekanntenkreis der Beschwerdeführerin überwiegend bis ausschließlich im Rotlichtmilieu findet. Mangels substanziierter Angaben können darin keine maßgeblichen und berücksichtigungswürdigen privaten Bindungen im Bundesgebiet erblickt werden.
Darüber hinaus legte die Beschwerdeführerin in Österreich das festgestellte und nach wie vor fortgesetzte verwaltungsstrafrechtliche bzw. auch gerichtlich strafbare Fehlverhalten an den Tag. Sie hat trotz mehrfach eingeleiteter Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Erlassung des gegenständlichen angefochtenen Bescheides ihr bisher im Bundesgebiet gesetztes Verhalten nicht überdacht oder geändert.
Obgleich die Beschwerdeführerin Österreich derzeit Krankengeld und Pflegegeld wegen der bei ihr vorliegenden psychiatrischen Erkrankung erhält und somit eigentlich finanziell derzeit abgesichert ist, übt sie dennoch weiterhin illegale Wohnungsprostitution aus und wurde dabei zuletzt Mitte September 2021 betreten und angezeigt.
Es kann vor dem Hintergrund, dass Ungarn ein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch diesbezüglich keinerlei substantiiertes Vorbringen der Beschwerdeführerin erbracht wurde, nicht erkannt werden, dass eine Weiterbehandlung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden psychiatrischen Erkrankung in Ungarn nicht möglich wäre. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass es der Beschwerdeführerin trotz ihrer Krankheit gelingt, ihre berufliche Tätigkeit zu organisieren und Geschäftskontakte anzubahnen. Dass sie ob ihrer Krankheit nicht transportfähig wäre oder sie aufgrund der Überstellung in eine Notlage geraten würde, kann vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden und hat sie dies auch gar nicht vorgebracht.
Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN).
Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin eine Schwester in Ungarn hat und ist kein Grund ersichtlich, weshalb sie diese zur Hilfestellung für allenfalls notwendige Behandlungstermine nicht kontaktieren sollte.
Die aus seinem Aufenthalt ableitbare Integration des Fremden ist in ihrem Gewicht dadurch gemindert, dass die dafür maßgebliche soziale Komponente durch das ihm zur Last liegende Fehlverhalten wesentlich reduziert ist (vgl. etwa VwGH vom 28.09.2004, 2001/18/0221).
Ein maßgebliches schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich liegt daher gegenständlich nicht vor.
Angesichts des besagten wiederholten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass das gegen die Beschwerdeführerin erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch die Beschwerdeführerin, Schutz der Rechte und der Gesundheit Dritter) dringend geboten.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die – in der langen Aufenthaltsdauer begründeten – gegenläufigen privaten Interessen der Beschwerdeführerin. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten.
3.3.6. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ist auch die Bemessung der Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden und einer Reduktion nicht zugänglich:
Es liegt angesichts der Gleichgültigkeit, die die Beschwerdeführerin trotz mehrfacher polizeilicher Beanstandung und Bestrafung gegenüber den die Prostitution regelnden Rechtsvorschriften walten lässt und des fortgesetzten rechtswidrigen Verhaltens, ein beträchtliches, über viele Jahre ausgeübtes und nach wie vor anhaltendes Fehlverhalten vor. Auch wenn dieses Fehlverhalten wiederum vor den konkreten Umständen zu beurteilen ist, führt die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in gewissem Umfang und immer wiederkehrend doch Untersuchungen hat durchführen lassen, im gegenständlichen Fall nicht dazu, dass die im Entscheidungszeitpunkt bestehende Gefährdung nach Ablauf einer kürzeren Zeitspanne nicht mehr bestehen würde. Auch in Anbetracht der im konkreten Fall derzeit negativen Zukunftsprognose bei bestehenden und behandlungsbedürftigen psychiatrischen Erkrankungen der Beschwerdeführerin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in der verhängten Dauer von fünf Jahren angemessen, bedarf es doch eines – entsprechend der Dauer des in Österreich gesetzten Verhaltens – geraumen, nicht zu gering anzusetzenden Zeitraumes der Beobachtung des Wohlverhaltens der Beschwerdeführerin, um sicherzustellen, dass sie nicht neuerlich das von ihr gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, und gewährleistet ist, dass sie keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Österreich mehr hervorrufen wird, zumal bei der Beschwerdeführerin keine besonders berücksichtigen privaten oder familiären Bindungen im Bundesgebiet vorliegen, die eine Herabsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes rechtfertigen würden.
3.4. Zur Versagung des Durchsetzungsaufschubes:
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid weiters gemäß § 70 Abs. 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilt und gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG der Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes wieder zuerkannt.
Zur Versagung des Durchsetzungsaufschubes ist festzuhalten, dass weder die vielen Anzeigen, die erheblichen Geldbußen, die Androhung der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen noch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes die Beschwerdeführerin bisher von der Begehung fortgesetzter Übertretungen gegen insbesondere die, die Ausübung von Prostitution regelnden, Verwaltungsvorschriften abhalten konnten. Ihr Verhalten stellt – insbesondere wegen der nicht oder nicht in den erforderlichen Abständen vorgenommenen Untersuchungen zum Freisein von Geschlechtskrankheiten bzw. HIV – eine laufende Gefahr für die Gesundheit anderer dar, da die Beschwerdeführerin nach wie vor ungeschützten Geschlechtsverkehr auf einschlägigen Websites anbietet und zuletzt auch bei der versuchten Wohnungsprostitution erst im September 2021 betreten wurde.
Die sofortige Ausreise der Beschwerdeführerin ist daher im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich, sodass kein Durchsetzungsaufschub zuzuerkennen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch hinsichtlich der für die Abwägung nach Art. 8 EMRK sonst relevanten Umstände besondere Bedeutung zukommt, daraus aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten ist. Eine beantragte mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn in eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Umstände auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen (allenfalls positiven) persönlichen Eindruck verschafft (vgl VwGH 26.01.2017, Ra 2017/21/0233).
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin wurde der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. Eine weitere Herabsetzung oder ein Entfall des Aufenthaltsverbotes bei Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung käme selbst bei einem von der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht hinterlassenen positiven Eindruck nicht in Betracht, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben konnte.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erlassung von Aufenthaltsverbotes und zur Interessensabwägung gemäß § 9 BFA-VG ab, noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu bewerten. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.
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