BFG RV/2100822/2019

BFGRV/2100822/201929.7.2021

Die als Wiederaufnahmegrund herangezogene Tatsache muss bei der beantragten Wiederaufnahme für den Antragsteller neu hervorgekommen sein.

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100822.2019

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0100. Zurückweisung mit Beschluss vom 23.03.2022.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt, über die Beschwerde vom 3. Oktober 2018 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag vom 3. September 2018 betreffend Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Haftung für Kapitalertragsteuer (KESt) des Zeitraumes 1-12/2012, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Antrag vom 31.12.2017 begehrte die Beschwerdeführerin (Bf.) - eine GmbH - die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Vorschreibung an Kapitalertragsteuer für das Jahr 2012 vom 28.10.2014 aus einer abgabenbehördlichen Prüfung. Laut Prüfungsbericht und Protokoll habe der verantwortliche Geschäftsführer (W.F.) der Gesellschaft zu verantworten, dass es zu verdeckten Ausschüttungen gekommen sei. Als Abgabentatbestand wurde die 100% Geschäftsführereigenschaft des W.F. angeführt. Dieser hätte von der Gesellschaft ein Darlehen erhalten, das bereits in den Jahren 2003-2005 eine Höhe von 132.533,25 € bis 175.653,22 € erreicht hatte. Der Prüfer hätte seine Amtspflicht dadurch verletzt, indem er einen gesetzlich nicht gegebenen Tatbestand zur Veranlassung nahm, objektiv unter keinen Umständen geschuldete Abgaben vorzuschreiben, den Vertreter der Bf. über den wahren Sachverhalt zu täuschen und zu einem Rechtsmittelverzicht zu veranlassen. Ferner sei jegliche Prüfung unterlassen worden, ob überhaupt eine Zahlung an die Gesellschafter iSd. KESt erfolgt wäre. Der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag werde auf § 303 Abs. 1 lit. a-c BAO gestützt. Daher sei der Bescheid über die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer vom 28.10.2014 aufzuheben und der Abgabenbetrag zurück zu zahlen.
Mit Bescheid vom 7.5.2018 wurde der Bf. gemäß § 85 Abs. 2 BAO aufgetragen, die Umstände gemäß § 303 Abs. 1 BAO, auf die der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestützt werde, darzustellen, widrigenfalls er als zurückgenommen gelte.
Mit Eingabe vom 4.6.2018 führte die Bf. u.a. aus, der Wiederaufnahmeantrag bezog sich auf die Vorschreibung von KESt für das Jahr 2012 in Höhe von 36.099,64 € wegen vermeintlicher Fehlbeträge in der Kasse der Antragstellerin sowie offener Beträge am Verrechnungskonto des Geschäftsführers W.F.
Wie sich im abgeführten Finanzstrafverfahren herausstellte, habe die Prüfung niemals hinterfragt, woher die Fehlbeträge gekommen seien, warum keine Rückzahlung erfolgt und was der Hintergrund der Stundung sei. Es werde auf einen im do. Verfahren einliegenden Schriftsatz vom 20.9.2017 verwiesen, der den bisher bei der Prüfung nicht erhobenen Sachverhalt darstelle. Auf Grund dieses Sachverhalte könne keine Auszahlung vorgelegen haben.
Tatsächlich war Herrn W.F. (Geschäftsführer) aus dem Unternehmen der Bf. 2003 ein Betrag von rd. 120.000 € geborgt worden, damit er eine Wohnung in Wien kaufen könne; dies geschah in Erwartung des Entstehens und der Bedienbarkeit entsprechender Provisionsansprüche, die dann nicht ausgezahlt werden konnten bzw. womit keine Glattstellung erfolgte. Der Ankauf der Wohnung kam aber nicht zustande. Herr W.F. verwahrte das Geld 2003, weil er nicht sicher war, ob er das Darlehen wiederum erhalten werde. 2007 wurden dann aber rd. 100.000 € rückgeführt. Ab 2008 stiegen die offenen Beträge am Verrechnungskonto bis zur Prüfung 2013/14 wieder an. Anfang 2013 vermittelte die Bf. den Verkauf des Hotels D. am R.-weg in Wien erfolgreich (19,5 Mio. € Kaufpreis). Allerdings verweigerte der potente russische Käufer grundlos die Bezahlung. Die Klagezustellung war auch mehrere Jahre bis zu einer Strafanzeige im Juni 2017 nicht möglich. Zum Zeitpunkt der Prüfung hatte Herr W.F. daher als verantwortlicher Geschäftsführer einen Provisionsanspruch wie auch die Bf. und das Verrechnungskonto wäre auf Null gestellt worden.
Anlässlich der Prüfung seien diese Umstände aber nie besprochen worden. Für 2012 wurde dabei ein Schuldenstand von 95.398,56 € angenommen. Im Jahr 2005 war aber bereits ein Betrag von 175.653,22€ offen, der dann auf 85.154,14 € zurückgeführt wurde, in welchem Ausmaß allerdings die Verjährung fortwirke. Ein Ausschüttungswille im Zeitraum 1-10/2012 entbehre jeglicher Grundlage.
Darüber hinaus gehe die belangte Behörde von einem Gesamtfehlbetrag von 144.398,56 € aus. Dieser Betrag sei einerseits nicht schlüssig und könne nicht gestimmt haben. Es sei richtig, dass es einen Kassenfehlbetrag gab. Dieser resultierte aber nicht aus einer Entnahme, sondern war Folge einer Malversation des Mag. J.W. in Höhe von 50.500 €. Nach Entdecken wurde dieser Fehlbetrag aus der Kasse in ein Darlehen vom 2.5.2013 umgewandelt. Aus dem Saldo am 2012 (gemeint: 31.12.2012) von 95.398,56 € zuzüglich dem Fehlbetrag von 55.500 € ergebe sich nicht der Fehlbetrag von 144.398,56 €, sondern ein anderer Betrag.
Auch diesen Sachverhalt habe der Prüfer nie ermittelt und die Bf. bzw. ihren Geschäftsführer niemals zu einer Stellungnahme aufgefordert bzw. den Hintergrund der tatsächlichen Vorgänge ergründet. Der Geschäftsführer W.F. hätte dies alles bereits schildern können.
Ihres Erachtens liege kein grobes Verschulden vor, wenn der nicht rechtskundige Geschäftsführer vom Prüfer nicht angeleitet wird und der Prüfer pflichtwidrig die Ermittlung und Aufklärung unterlässt. Damit stehe die Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO zu. Die Bf. sei offenbar 2014 zum ersten Mal geprüft worden, weshalb ein völliges Unterlassen der Sachverhaltsaufklärung und Anleitung des unvertretenen Geschäftsführers besonders schwer wiege.
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. c BAO habe ein Gericht, der Spruchsenat über die Frage des Grundes der vermeintlichen Ausschüttung nachträglich anders entschieden.
Ferne liege der Wiederaufnahmetatbestand des § 303 Abs. 1 lit. a BAO vor. Der Prüfer habe selbst ein Telefonat vom 28.8.2014 vermerkt, dass W.F. der Geschäftsführer sei und der Bruder der Gesellschafter. Laut Tz. 2 des Prüfungsprotokolls werde als Abgabentatbestand die (wörtlich) "100%ige Geschäftsführereigenschaft" von W.F. vom Prüfer behauptet. Abgesehen davon, dass Geschäftsführerdarlehen nicht zu einer Ausschüttung im Sinne des KESt führen könne, sei die Vorspiegelung eines Steueranspruches wegen 100%iger Geschäftsführereigenschaft bezogen auf den Zeitraum 1-10 (?)/2012 unter gleichzeitiger Abverlangung bzw. Herauslockung eines Rechtsmittelverzichts als Amtsmissbrauch am Steuerpflichtigen anzusehen.
Dazu sei festzuhalten, dass der nun zuständige Sachbearbeiter dem Einschreiter telefonisch eingeräumt habe, es sei allen Prüfern bekannt, dass derartige Beanstandungen - nämlich Darlehensgewährung an Geschäftsführer - vor dem VwGH nicht hielten. Daher begehe ein Beamter wissentlich einen Amtsmissbrauch, wenn er falsche Vorspiegelungen an den Abgabepflichtigen oder dessen Vertreter mache, dessen Unkenntnis ausnutzt oder wenn er es wissentlich unterlässt vor einer Prüfungsbesprechung seine Rechtsansicht sorgfältig zu prüfen und einen Abgabentatbestand behauptet, den es nicht gebe.
Besonders schwerwiegend komme hinzu, dass die belangte Behörde zum zweiten Mal 2017 gegen die Bf. einen Konkursantrag gestellt habe, obwohl deren Immobilienvermögen um 250.000 € zugenommen habe. Selbst nach Nachweis des höheren Vermögens gegenüber der vorangegangenen Antragstellung, neben massiven Rückganges der Verbindlichkeiten generell, wurde eine nicht bestehende Überschuldung behauptet. Nicht nur, dass die Bf. dann aus den Guthaben der Immobilienvermietungen alle Abgabenschulden bezahlte und damit niemals zahlungsunfähig war, gehe es dabei um einen deutlich niedrigen Betrag als gegenständlich. Daher werde gegen den Sachbearbeiter und die Leiterin des Finanzamtes, die diesen in der rechtswidrigen Vorgangsweise bestärkt habe, der Ablehnungsantrag wegen unobjektiver Vorgehensweise und gezielter Untätigkeit bei der Sachverhaltsaufklärung wie offenbarer Unwilligkeit die Ansprüche der Bf. zu bestätigen gestellt. Es bestehe eine massive Befangenheit gegenüber der rechtsbrüchigen Vorgehensweise des eigenen Kollegen. Es sei auch nicht erklärbar, dass der bf. Antrag monatelang nicht bearbeitet wurde.
Im angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Kapitalertragsteuer 2012 abgewiesen. In ihrer Begründung führt die belangte Behörde einleitend aus, im Rahmen der Betriebsprüfung sei eine verdeckte Gewinnausschüttung festgestellt und der Bescheid vom 28.10.2014 als Direktvorschreibung der KESt an den Geschäftsführer der GmbH, der jedoch nicht Gesellschafter sei, erlassen worden.
Die einzelnen Feststellungen der Betriebsprüfung seien mit dem Geschäftsführer W.F. besprochen worden und er habe freiwillig ohne Ausübung von Zwang oder Gewalt die Niederschrift unterfertigt. Daher lägen keine Wiederaufnahmegründe gem. § 303 Abs. 1 lit. a BAO vor.
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO könne ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen seien und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Es seien dann keine Tatsachen neu hervorgekommen, wenn der Abgabenbehörde bzw. dem Antragsteller in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (VwGH 23.11 .1992, 92/15/0095). Die Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel solle die Möglichkeit bieten, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen.
Dieses Rechtsinstitut diene aber nicht dazu, bloß die Folgen einer ev. unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen (VwGH 14.12.1995, 94/15/0003, VwGH 9.7.1997, 96/13/0185).
Keine Wiederaufnahmegründe (keine Tatsachen) seien zum Beispiel auch neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen wurden (VwGH 19.5.1993, 91/13/0224), ebenso das Hervorkommen von Rechtsirrtümern (VwGH 17.9.1990, 90/15/0118), die unterschiedliche Beweiswürdigung durch eine Verwaltungsbehörde einerseits und durch eine Verwaltungsstrafbehörde oder ein Gericht andererseits (VwGH 17.5.1990, 89/16/0037). Die nachteiligen Folgen einer früheren, unzutreffenden Würdigung oder Wertung bzw. einer fehlerhafter rechtlichen Beurteilung - gleichgültig durch welche Umstände veranlasst - ließen sich nicht nachträglich im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigen (UFS 15.9.2005, RV/0340-G/03). Auch Umstände, die dem Abgabepflichtigen im Zeitpunkt der Entscheidung bekannt waren, aber bei der Bescheiderlassung nicht berücksichtigt wurden, bildeten keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund, dies wäre im Wege einer Beschwerde zu bekämpfen gewesen.
Im konkreten Fall sei es der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bekannt gewesen, dass Herr W.F. der Geschäftsführer der GmbH ist und nicht der Gesellschafter. Es seien somit keine neuen Tatsachen oder Beweismitteln hervorgekommen, welche eine Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 1 lit. b BAO rechtfertigen.
Eine Vorfrage sei nach den Bestimmungen der BAO eine Rechtsfrage, für deren Entscheidung die Behörde nicht zuständig ist, die aber für ihre Entscheidung eine notwendige Grundlage bildet. Bei der Vorfrage handle es sich um eine Frage, die als Hauptfrage Gegenstand einer Absprache rechtsfeststellender oder rechtsgestaltender Natur ist (VwGH 28.5.2002, 97/14/0053, 8.2.2007, 2004/15/0153, 2005/15/0005) [Ritz, BAO5, § 116 Tz 1]. Eine Vorfrage sei bei dem hier vorliegenden Sachverhalt weder von einer Verwaltungsbehörde noch einem Gericht beantwortet worden. Dass Herr W.F. Geschäftsführer und nicht Gesellschafter ist, sei für das ganze Verfahren bekannt und nicht im Rahmen einer Vorfrage klärungsbedürftig gewesen.
Das "Erfahren" existierender rechtlicher Bestimmungen sei keine Vorfrage. Der Spruchsenat habe das Finanzstrafverfahren gegen W.F. mit Erkenntnis vom 25.09.2017 eingestellt - folglich liege hier keine Vorfrage (kein Vorfragenfall) und somit auch kein Anwendungsfall des § 303 Abs. 1 lit. c BAO vor.

Gegen den Bescheid, womit der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Kapitalertragsteuer für 2012 abgewiesen wurde, erhob die Bf. Berufung (= Beschwerde) und rügte die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige rechtliche Beurteilung und sekundäre Feststellungsmängel infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
Die Bf. lehnte sowohl den Sachbearbeiter des angefochtenen Bescheides als auch die Vorständin der belangten Behörde wegen Befangenheit ab, weil diese einerseits die Bf. in der Annahme der rechtswidrigen Vorgangsweise bestärkt habe und andererseits sei in der monatelangen Nichtbearbeitung des gegenständlichen Antrages eine Befangenheit zu erblicken. Der angefochtene Bescheid erging, ohne dass aus dem Akt des abgeführten Finanzstrafverfahrens überhaupt irgendwelche Feststellungen getroffen worden seien. Weder der Geschäftsführer noch der damalige Prüfer seien im gegenständlichen Verfahren einvernommen worden.
Bei dem angeblichen KESt-Fehlbetrag im Zeitraum 1-10/2012 sei nachträglich herausgekommen, dass die Fehlbeträge einerseits auf einem Darlehen an den Geschäftsführer beruhten und weiters das Unternehmen durch einen ehemaligen Mitarbeiter Mag. W. geschädigt worden sei. Die Darlehensgewährung und die Hintergründe seien nie geprüft und die Fehlbeträge in der Kasse wurden weder geklärt, noch von der Bf. eine Verantwortung verlangt oder dieser ermöglicht. Es sei bei der Prüfung unterlassen worden zu klären, an wem die KESt-pflichtige verdeckte Ausschüttung gegangen sei. Hierzu käme noch, dass die offenen Beträge am Verrechnungskonto mit dem Geschäftsführer schon so lange bestanden, dass der Sachverhalt als Grundlage einer Steuerpflicht verjährt sei, weil es im angenommenen Abgabenzeitraum und zum Zeitpunkt der Prüfung tatsächlich keine Auszahlungen gab.
Dem Prüfungsorgan werde außerdem Amtsmissbrauch vorgeworfen, weil ein Darlehen an den Geschäftsführer einer Verzinsungspflicht und der Lohnsteuer unterliegen würde. Der im Prüfungsverfahren aufgefundene Zettel mit dem Hinweis der Steuerberatung in den Prüfungsunterlagen beweise, dieses selbst habe keine Prüfung durchführt, was einen Amtsmissbrauch bedeute. Besonders schwerwiegend sei, dass der Sachbearbeiter des angefochtenen Bescheides von sich aus erklärt habe, derartige Geschäftsführerdarlehen müssten grundsätzlich anzuerkennen sein.
Die Rechtsprüfung, es könne Amtsmissbrauch vorgelegen habe, sei erst nach Vorliegen der Entscheidung durch den Spruchsenat in Auftrag gegeben worden. Der Prüfer habe auf den Geschäftsführer der Bf. regelrecht eingeredet und zu einem Rechtsmittelverzicht unter der Vorspiegelung, es würde dann kein Strafverfahren geben, irregeführt, was als Täuschung qualifiziert werden könnte.
Selbst wenn man der Bf. vorwerfen wollte, es sei kein Darlehensvertrag "abgelegt" gewesen, wäre die unrechtmäßige "Eigenauszahlung" durch den Mitarbeiter Mag. J.W. von der belangten Behörde zu ermitteln gewesen und es sei zweifelsohne, der der Behörde bekannt gewordene Sachverhalt neu. Maßgebend sei, ob der Abgabenbehörde der wiederaufzunehmende Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist. Dass Kassenfehlbeträge auf einer Schädigung des Unternehmens beruhten, sei bisher der belangten Behörde nicht bekannt gewesen. Im Übrigen liege abgesehen von der Untreue des Mag. J.W. gar keine tatsächliche Auszahlung vor, sodass die Konstruktion einer angeblichen Steuerschuld Amtsmissbrauch darstelle.
Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 783/89 vom 6.12.1990 stelle eine nachträgliche, tatsächliche Beurteilung durch die Finanzbehörde selbst, einen Wiederaufnahmetatbestand dar. Ebenso sei ein Freispruch von den tatidenten Vorwürfen gegen den Geschäftsführer ein Wiederaufnahmegrund. Genau dieser Widerspruch würde hier vorliegen, wenn eine tatsächliche Prüfung stets unterblieben sei und sich bei Klärung des Sachverhaltes durch den Spruchsenat eindeutig ergebe, dass kein KESt-Tatbestand vorliegen könne, weil die tatsächlichen Geldflüsse nicht geprüft wurden und auch die Berechnungsgrundlagen nicht stimmten.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde der angefochtene Bescheid bestätigt und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil die von der Bf. geltend gemachten Gründe als nicht ausreichend angesehen wurden. Im Einzelnen sei aus dem Bescheid des Finanzstrafverfahrens, der Nichteinvernahme des Geschäftsführers und dass kein Vorhalt durch den Prüfer erfolgt sei, kein Wiederaufnahmegrund erblickt worden.
Auch wenn erst nachträglich im Zuge des Strafverfahrens herauskam, dass die Fehlbeträge einerseits aus einem Darlehen an den Geschäftsführer und andererseits durch die unrechtmäßige "Eigenauszahlung" iHv 55.000 € durch den Mitarbeiter Mag. J.W. resultieren, diese Fakten nie geprüft, nicht geklärt und von der Steuerpflichtigen eine Verantwortung nicht verlangt wurden, sei zu entgegnen, dass der steuerliche Vertreter im Rahmen der Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages vom 4.6.2018 angegeben habe, dass nach Entdecken der Malversation der Fehlbetrag aus der Kassa im Jahr 2013 in ein Darlehen umgewandelt worden sei. Die Darlehensvereinbarung vom 2.5.2013 sei dem Schreiben beigelegt worden.
Wie im Mängelbehebungsverfahren vom steuerlichen Vertreter angeführt, "hätte W.F. dies alles bereits damals schildern können und die Vereinbarung mit Mag. J.W. vorlegen (können)." Der Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer (KESt) wurde am 28.10.2014 erstellt. Aus Sicht der Beschwerdeführerin (Bf.) wäre dieser Sachverhalt zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung bekannt gewesen und stelle keine neue Tatsache dar. Bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen - siehe auch BFG RV/7101953/2018 vom 6.6.2018. Nach Abschluss der Außenprüfung wurde die KESt mit Bescheid vom 28.10.2014 der bf. GmbH vorgeschrieben.
In ihrer rechtlichen Würdigung hält die belangte Behörde fest, es sei dem Geschäftsführer der Bf. bekannt gewesen, dass er seit Gründung der Gesellschaft im Jahre 1994 der Geschäftsführer (ab 1997 alleiniger Geschäftsführer) der Bf. und sein Bruder 100 %- Gesellschafter war. Weiters sei ihm auch der, vom steuerlichen Vertreter angesprochene Darlehensvertrag vom 2.5.2013 über 55.000 €, abgeschlossen zwischen der Bf. und Herrn Mag. W. - unterfertigt vom Geschäftsführer W.F. - bekannt gewesen.
Die Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel solle die Möglichkeit bieten, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen. Dieses Rechtsinstitut diene aber nicht dazu, bloß die Folgen einer eventuell unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen. Es seien keine Tatsachen neu hervorgekommen, wenn der Abgabenbehörde bzw. dem Antragsteller in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können.
Keine Wiederaufnahmegründe (keine Tatsachen) seien zum Beispiel auch neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis, Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen wurden; ebenso das Hervorkommen von Rechtsirrtümern und die unterschiedliche Beweiswürdigung durch eine Verwaltungsbehörde einerseits und durch eine Verwaltungsstrafbehörde oder ein Gericht andererseits.
Auch Umstände, die dem Abgabepflichtigen im Zeitpunkt der Entscheidung bekannt waren, aber bei der Bescheiderlassung nicht berücksichtigt wurden, bilden keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund; diese wären im Wege einer Beschwerde zu bekämpfen gewesen.
Aus Sicht der Abgabenbehörde liegen keine tauglichen Wiederaufnahmegründe vor.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe ein Antrag auf Wiederaufnahme - bei Geltendmachung neu hervorgekommener Tatsachen - insbesondere die Behauptung zu enthalten, dass Tatsachen oder Beweismittel "neu hervorgekommen sind". Aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 303 Abs. 1 lit. b iVm § 303 Abs. 2 lit. b BAO sei somit abzuleiten, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers (hier: des Bf.) zu beurteilen ist.
Gegenständlich seien alle angeführten Umstände der Geldflüsse, des Darlehens, die Eigenschaft des Geschäftsführers, der Alleingesellschafter zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bekannt gewesen und somit nicht neu hervorgekommen.
Außerdem lägen die anderen angeführten Wiederaufnahmetatbestände (Erschleichungstatbestand, Vorfragentatbestand) nicht vor.
An diesem Ergebnis vermöge auch die Argumentation des Bf., die rechtliche Beurteilung durch den Betriebsprüfer sei falsch, nichts zu ändern.
Zum Prüfungsverfahren über das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen führte die belangte Behörde erklärend aus, jede Entnahme aus der Gesellschaft sei grundsätzlich ein rückzahlungspflichtiger Vorgang, außer es gebe eine anderweitige vertragliche Vereinbarung. Bei verwandten Personen - wie im konkreten Fall zwischen Brüdern seien die Maßstäbe, die bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen gelten, anzulegen.
Wenn Entnahmen weder vertraglich abgesichert noch im Rechnungswesen als Verrechnungsschuld erfasst seien - entstehe ein gesellschaftsrechtlicher Rückforderungsanspruch. Steuerlich sei aber mit der fehlenden Erfassung bis zum Bilanzstichtag der Verzicht auf eine Erfassung anzunehmen und der Tatbestand der verdeckten Ausschüttung verwirklicht.
Folgende Prüfschritte/Ermittlungen für die Beurteilung seien gesetzt worden:
Der Prüfer habe den Geschäftsführer aufgefordert, die vertraglichen Rahmenbedingungen der Geldmittelüberlassung zu erklären bzw. vorzulegen. Im Prüfungsverfahren seien keine Verträge bzw. Vereinbarungen vorgelegt worden bzw. erklärte der Geschäftsführer, dass es keine gebe. Eine Verzinsung wurde zwar in der Buchhaltung vorgenommen, diese wurde aber nicht bezahlt. Im Prüfungszeitraum 2010 bis 2013 seien keine Rückzahlungen geleistet worden. Nachdem der Geschäftsführer der Bf. vom Prüfer hinsichtlich Barabhebungen von der Bank befragt wurde, habe dieser die Auskunft gegeben, es habe sich um Privatbehebungen gehandelt, mit denen er im Prüfungszeitraum seinen privaten Lebensunterhalt bestritten habe.
Die Rechtsprechung des VwGH habe folgende Voraussetzungen entwickelt, die verwirklicht waren und somit der Tatbestand des § 8 Abs. 2 KStG erfüllt war:
Das objektive Tatbild der Bereicherung des Anteilsinhabers oder einer ihm nahe stehenden Person zu Lasten der Körperschaft sei eindeutig verwirklicht, in dem der 100% Gesellschafter und Bruder des Geschäftsführers den sich wiederholenden Entnahmen seines Bruders zugestimmt habe und das subjektive Tatbild einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung ebenfalls erfüllt gewesen sei.
Auf Grund der im Zeitraum der Betriebsprüfung geltenden Rechtslage und VwGH-Rechtsprechung sei der offene Betrag am Verrechnungskonto als verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalertragsteuer unterzogen und diese der Bf. vorgeschrieben worden.
Eine Änderung der Rechtsprechung sei kein Wiederaufnahmegrund.
Der Geschäftsführer der Bf., der diese Tätigkeit seit mehr als zwanzig Jahren ausübt, müsse sich darum kümmern, wie z.B. die Einordnung der ihm zugeflossenen Beträge als Ausschüttung, als Darlehen mit den entsprechenden Dokumentationen und Verträgen und fremdüblichen Rückzahlungen, oder als Geschäftsführerbezüge, die den Lohnabgaben zu unterziehen seien. Es könne nicht sein, dass er seine Aufgaben nicht wahrnehme und dann dem Betriebsprüfer strafrechtliche Delikte des Amtsmissbrauchs gem. § 302 StGB und der Täuschung gern. § 108 StGB vorwerfe. Im Übrigen sei die Bf. bis zu Beginn der Betriebsprüfung durch eine Steuerberatungskanzlei vertreten worden. Der Geschäftsführer der Bf. wollte jedoch bei der Schlussbesprechung keinen steuerlichen Vertreter beiziehen, weil er mit den ihn im Vorhinein mitgeteilten Feststellungen einverstanden war.
Gemäß der gegenständlich in Frage kommenden Regelung des § 76 Abs. 1 lit. c BAO sei eine Befangenheit gegeben, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, die völlige Unbefangenheit des Organs in Zweifel zu ziehen. Die Mitwirkung eines befangenen Verwaltungsorganes bewirke keine Unzuständigkeit der erkennenden Behörde und ebenso wenig eine Nichtigkeit der Entscheidung, sondern (bloß) eine Verletzung von Verfahrensvorschriften. Diese könne im Verwaltungsverfahren nur mit dem Rechtsmittel gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid und vor dem VwGH dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn sich sachliche Bedenken gegen den Bescheid ergeben. Jedenfalls sind durch die Mitwirkung befangener Organe bedingte Verfahrensmängel im zweitinstanzlichen Verfahren sanierbar. Deshalb müsse über einen Ablehnungsantrag nicht (gesondert) abgesprochen werden, es sei dann inkonsequent und systemwidrig, von einer gesetzeskonform ergehenden Formalentscheidung wegen Unzulässigkeit eine sachliche Auseinandersetzung mit den nicht gesondert rechtsmittelfähigen Ablehnungsgründen zu verlangen. Zur Vermeidung von Missverständnissen und der Vollständigkeit halber werde unter Bezugnahme auf das im Einzelnen erstattete Berufungsvorbringen ergänzend angemerkt:
Gegenständlich gehe es allein um die Frage, ob entsprechend der Rechtsauffassung der Bf. über die Ablehnungsanträge mit gesonderten Bescheiden abzusprechen war oder ob es zulässig und geboten wäre, dies zu verneinen. Da diese Frage auf Grund der oben dargestellten Rechtslage zu verneinen war, erfolge eine nachfolgende inhaltliche Auseinandersetzung mit den Ablehnungsanträgen lediglich informationshalber.
Der steuerliche Vertreter der Bf. habe keinen Grund dargetan, der auf eine persönliche Nahebeziehung der abgelehnten Beamten zur Bf. schließen lässt. Ein solcher Grund sei nicht erkennbar. Ungeachtet des Fehlens eines formellen Ablehnungsrechtes, verfolge die Norm das Ziel, unparteiische Entscheidungen sicherzustellen, Missbräuche zu verhindern und jeglichen Anschein von Parteilichkeit zu vermeiden. Die Personen, denen der steuerliche Vertreter der Bf. Befangenheit vorwirft, seien lediglich in der Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben tätig, ohne eine persönliche Nahebeziehung zur Bf. bzw. ihrem Geschäftsführer zu haben.

In ihrem Vorlageantrag wiederholt die Bf. ihre bisherigen Vorwürfe gegen den erhebenden Prüfer und die von der belangten Behörde in der Vergangenheit gestellten Konkursanträge. Es sei völlig unseriös, wenn der Finanzamtsvorstand gegen die Vorwürfe des eigenen Prüfers, der den Steuerpflichtigen "über den Tisch gezogen" habe, entscheiden solle. In der Zeit seit Antragstellung sei es zu keiner Beweisaufnahme und Ermittlung des tatsächlichen Sachverhaltes gekommen. Die getroffenen Feststellungen gegen den Geschäftsführer und sein Wissen entbehren jeglicher Grundlage. Dieser sei kein Steuerexperte und jahrzehntelang durch eine Steuerberatungsgesellschaft vertreten worden. Der Prüfer sagte im Finanzstrafverfahren aus, er habe einen Zettel - offenbar von der Steuerberatung - im Akt vorgefunden, dessen Inhalt allerdings dunkel blieb. Er sei dem Vorwurf des Darlehens an den Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren, nie nachgegangen worden. Dies ergebe sich schon aus der Verjährung des Sachverhalts. Ferner sei dem Fehlbetrag in der Kasse nie nachgegangen worden.
Weiters stützt sich die Bf. auf die rechtliche Beurteilung des Sachbearbeiters der belangten Behörde des streitgegenständlichen Antrages, wonach diese mit der Qualifikation einer verdeckten Ausschüttung eines Darlehens an den Geschäftsführer geringe Chancen eingeräumt würden. Ebenso sei die Ansicht der Vorständin der belangten Behörde, wonach dem Geschäftsführer der Bf. umfangreiche Kenntnisse der Kommentarliteratur zur KESt zugerechnet werden könnten, geradezu absurd und missbräuchlich. Unverständlich sei auch der Vorwurf der Etablierung eines Kontrollsystems und Rechnungswesens im gegenständlichen Fall.
Ihres Erachtens könne sich die belangte Behörde auch nicht über die Entscheidung des Spruchsenats hinwegsetzen, weil der Tatbestand offenbar nicht vorliege und die Kassenfehlbeträge einen eindeutigen Grund hatten, wozu auch Belege vorhanden wären. Die neu hervorgekommene Tatsache im Finanzstrafverfahren sei, dass eine Prüfung eigentlich nie stattgefunden habe und eine Amtspflicht zur Anleitung bestehe.

In ihrem Vorlagebericht verweist die belangte Behörde neben umfänglicher Darstellung des Akteninhalts darauf, es habe eine Prüfung der Bf., die mit einer Schlussbesprechung und einer darüber abgefassten Niederschrift abgeschlossen wurde, stattgefunden. Ohne diese Prüfung wären auch nie die Fehlbeträge in der Kassa festgestellt worden. Aus der Sicht der Abgabenbehörde sei auch ein Freispruch durch den Spruchsenat kein Wiederaufnahmegrund.

In der mündlichen Verhandlung verwies die Bf. auf ihre bisherigen Ausführungen und ergänzt diese wie folgt:
Im Prüfungsverfahren gebe es keine einzige Niederschrift, wo eine Frage zum offenen Kassastand oder zur Entwicklung des Verrechnungskontos dem Geschäftsführer gestellt wurde. Sämtliches Sachverhaltsvorbringen, das später im Finanzstrafverfahren zum Freispruch führte, wäre der Finanzbehörde mangels Erhebungen nicht bekannt gewesen und berechtige zur Wiederaufnahme wegen dem Vorkommen des wahren Sachverhaltes. Der Kassenfehlbetrag resultiere aus einer Malversation des ehemaligen Mitarbeiters Mag. W. in Höhe 55.500 Euro. Das offene Verrechnungskonto seit dem Jahr 2007 bestehend gewesen in der Höhe von 85.154,14 Euro enthalte den späteren angenommen Ausschüttungsbetrag 95.393,56 Euro im Jahr 2012. Eine tatsächliche Ausschüttung wäre über die Jahre in diesem Ausmaß in der Höhe von 85.154,14 Euro nicht erfolgt. Dieser Betrag, der in Höhe von 175.000 Euro für die Anschaffung einer Dienstwohnung bei Versteigerungen in W. nicht verwendet werden konnte, habe sich so ergeben, dass nicht sämtliche Beträge nicht zurückgeführt werden konnten und € 85.154,14 offen blieben. Dies führte zu einem Verbrauch in den Jahren 2003 - 2007, die der Geschäftsführer auf Geschäftsreisen für Kundenaquise verwendet hätte, weil das Geld bar bei ihm gelegen sei.

Der Vertreter der belangten Behörde wandte ein, der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei habe die Niederschrift der Schlussbesprechung unterfertigt und die Prüfungsfeststellungen dadurch zur Kenntnis genommen. Es habe weiteres ein mündliches Vorhalteverfahren im Prüfungsverfahren gegeben (telefonische Anfrage des Prüfers), wobei die schriftlichen Vereinbarungen zwischen der Bf. und dem Geschäftsführer vorgelegt hätten werden sollen.

Auf die Frage des Amtsvertreters, wie die beschwerdeführende GmbH auf den Umstand der Veruntreuung des Mag. W. aufmerksam geworden sei, führte der Rechtsvertreter aus: Mag. W. habe im Auftrag der Gesellschaft erfolgreich ein Immobiliengeschäft vermittelt, selbst eine gefälschte Rechnung für das Barinkasso ausgestellt und dem Kunden zur Zahlung vorgelegt. Nachdem der Geschäftsführer zufällig über Dritte von der Geschäftsvermittlung erfuhr, legte er eine Rechnung und wurde vom Kunden auf das bereits erfolgte Abkassieren durch Herrn Mag. W., der bereits einen Kassabeleg ausgestellt hat, aufmerksam gemacht. Das Geld wurde allerdings nicht von ihm abgeliefert. Zwischen ihm und Herrn Mag. W. habe ein geschäftliches Vertrauensverhältnis bestanden und er wäre auch berechtigt gewesen, Kundengelder entgegen zu nehmen. Er habe nicht damit gerechnet, dass Herr Mag. W. diese Beträge nicht an die GmbH weiterleite.

Zum Faktum Verrechnungskonto führt der Geschäftsführer aus: Er sei den größten Teil seiner Arbeitszeit für Aufträge in Wien. Deswegen sollte eine eigene Dienstwohnung bei einer Versteigerung angeschafft werden. Da er auch im benachbarten Ausland tätig sei und benötigte er größere Barbeträge, die für diverse geschäftliche Aktivitäten, wie Provisionen, Einladungen zu Geschäftsessen, Schadensfälle aus einem Verkehrsunfall verwendet wurden. Entsprechende Belege habe er nicht gesammelt und könnten daher heute nicht mehr vorgelegt werden.

Der Rechtsvertreter der Bf. führt hierzu ergänzend aus, der restliche Saldo von 85.154,14 € resultiere aus diesen Vorgängen und diese Fehlbeträge seien bis zum Zeitpunkt der Prüfung rechtsverjährt gewesen. Ferner wären die Differenzbeträge in den Jahren 2007 und 2008 unter Umständen lohnsteuerlich zu würdigen gewesen.

 

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Im Unternehmen der bf. GmbH fand eine abgabenbehördliche Außenprüfung statt, die mit den in der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 13.10.2014 dargestellten Feststellungen beendet wurde. In einer gesondert aufgenommenen Niederschrift gleichen Datums erklärte der Geschäftsführer der Bf. auf die Erhebung eines Rechtsmittels zu verzichten. Die wörtlichen Ausführungen decken sich mit dem erstellten Außenprüfungsbericht vom 28.10.2014. Am gleichen Tag wurde für das Jahr 2012 eine Kapitalertragsteuer in Höhe von 36.099,64 € festgesetzt.
Mit Erkenntnis gemäß §§ 136 ff FinStrG vom 25.9.2017 stellte der Spruchsenat als Organ der belangten Behörde das gegen den Geschäftsführer der Bf. anhängige Finanzstrafverfahren wegen des Verdachts der vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bewirkten Verkürzung an Kapitalertragsteuer ein. Maßgebliche Gründe der Verfahrenseinstellung sind der gekürzten Ausfertigung nicht zu entnehmen.
In ihrem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stützt sich die Bf. kumulativ auf alle drei Wiederaufnahmetatbestände, in dem sie Pflichtverletzungen des Prüfungsorgans (mangelnde Sachverhaltsermittlung, missbräuchliche abgabenrechtliche Qualifikation eines Geschäftsführerdarlehens als verdeckte Gewinnausschüttung) moniert, sich auf neue Umstände bezieht, die zur Einstellung des gegen den verantwortlichen Geschäftsführer geführten Finanzstrafverfahrens geführt hätten, nämlich, dass die näheren Umstände, die die Hingabe des dem Geschäftsführer der Bf. eingeräumten Darlehens betreffen (Wohnungskauf in Wien und Abdeckung mit künftigen Provisionsansprüchen), die letztlich an der Zahlungsverweigerung des Käufers eines Wiener Hotels scheiterten. Im Übrigen wurde Verjährung eingewandt, da der Schuldenstand von 175.653,22 € im Jahr 2005 auf 85.154,14 € (aus der Aufstellung der Prüfung Verrechnungskonto F.W. 2007 entnommen) rückgeführt worden sei. Weiters sei der Kassenfehlbetrag durch das malversatorische Verhalten eines Angestellten/Vermittlers in Höhe von 55.500 € zu erklären. Dieser Betrag sei mit Vereinbarung vom 2.5.2013 letztlich in ein Darlehen umgewandelt worden. Letztlich hat die belangte Behörde die seinerzeitige rechtliche Beurteilung relativiert und für das Vorliegen des Vorfragentatbestandes wird das Erkenntnis des Spruchsenats herangezogen. Hilfsweise wird den Amtsorganen der belangten Behörde Befangenheit vorgeworfen, weil sie einerseits telefonisch eine andere rechtliche Würdigung eines vergangenen Sachverhaltes einräumte und andererseits gegen die Bf. beim zuständigen Insolvenzgericht bisher zweimal einen Konkursantrag gegen die Bf. gestellt hätte.


Rechtsgrundlage und rechtliche Würdigung:

Bundesabgabenordnung (BGBl. Nr. 194/1961 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013):

§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.
(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.

Die Wiederaufnahme wegen gerichtlich strafbarer Taten setzt zwar keine gerichtliche Verurteilung voraus. Diese Frage ist vielmehr als Vorfrage (§ 116 BAO) von der Abgabenbehörde zu beurteilen. Voraussetzung ist, dass die objektive und subjektive Tatseite der gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt ist. Ein bloßer Verdacht ist kein Wiederaufnahmegrund (UFS 7.9.2005, RB/0308-I/03). Ebenso reicht nicht einmal der Hinweis auf eine laufende Voruntersuchung des Strafgerichts nicht (UFS 9.6.2004, RV/0311-I/03). Im Übrigen ist die Bf. den Überlegungen der belangten Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung, wonach grundsätzlich jede Form der Entnahme aus der Gesellschaft ein rückzahlungspflichtiger Vorgang bzw. ein gesellschaftsrechtlicher Rückforderungsanspruch der steuerlich mit der fehlenden Erfassung bis zum Bilanzstichtag als verwirklicht gelte, eine Aufforderung des Prüfers die vertraglichen Rahmenbedingungen der Geldmittelüberlassung zu erklären und vorzulegen, sei gescheitert, weil keine Verträge und Vereinbarung vorgelegt worden seien; ebenso sei hinsichtlich der nicht weiter erklärbaren Barabhebungen von der Bank (gemeint: ungewöhnlich hoher Kassenbestand per 31.12.2012 in Höhe von 49.707,02 €) vom Geschäftsführer die Auskunft erteilt worden, es habe sich um Privatabhebungen gehandelt, mit denen er seinen privaten Lebensunterhalt bestritten habe, nicht dezidiert entgegengetreten. Dass der Prüfer eine wohl zufällig aufgefundene Aktennotiz der früheren steuerlichen Vertreterin zum Anlass nahm, entsprechende Fragen an die Bf. richten, stellt keine wie immer geartete Pflichtverletzung dar. Abgesehen davon übersieht sie in diesem Zusammenhang, dass ihr - was die Umstände der wirtschaftlichen Gestionen des Geschäftsführers anlangt - größere Sachverhaltsnähe und Aufklärungspflicht zugestanden werden muss, als dem Erhebungsorgan der belangten Behörde. Dadurch tritt die amtswegige Ermittlungspflicht in den Hintergrund, zumal die Bf. bzw. ihr Geschäftsführer wohl am besten Auskunft über ihre Gebarungsverhältnisse geben kann. Die Erklärungsversuche der Bf. in der mündlichen Verhandlung über die Malversationen des Mag. W. und deren Folgen auf die Gebarung der Bf. bleiben undeutlich, weil die veruntreuten Provisionen keine Auswirkung auf den Kassenbestand gehabt haben und das nachträgliche Ausstellen von Rechnungen über zustehende Provisionsansprüche, die von den Kunden bereits an Herrn Mag. W. bezahlt wurden, zu keiner Vereinnahmung von Barmitteln bei der Bf. geführt hat. Im Übrigen erklärt der Geschäftsführer selbst, die Bf. habe die von Mag. W. einkassierten Beträge nicht erhalten. Aus diesem Grunde ist es dann zu der angesprochenen Darlehensvereinbarung gekommen. Wie all diese später relevierten Umstände vom Prüfungsorgan im Erstverfahren amtswegig ohne ausreichende Mitwirkungsbereitschaft der Bf. ermittelt werden sollten, bleibt offen. Abgesehen davon indizieren hohe buchmäßige Bargeldbestände, die nicht weiter nachgewiesen wurden, das Vorliegen verdeckter Ausschüttungen, weil anzunehmen sein wird, dass diese mit Wissen und Wollen der verantwortlichen Organe den Gesellschaftern oder deren nahestehende Personen zugekommen sein könnten.
Entsprechend dem § 161 Abs. 1 BAO hat die Abgabebehörde die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115) und soweit nötig, dies tunlichst durch schriftliche Aufforderung zu veranlassen, dass die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen. Sinngemäßes gilt auch im abgabenrechtlichen Prüfungsverfahren. Da sich die Bf. im wiederaufzunehmenden Verfahren dem anfragenden Prüfer eher zurückhaltend gezeigt hat, hat sie von ihren zustehenden Parteienrechten - aus welchen Gründen auch immer - nicht hinreichend Gebrauch gemacht, was der belangten Behörde nicht zum Vorwurf gemacht werden kann. Im Gegenteil wurden in der Niederschrift über die abgehaltene Schlussbesprechung zusammengefassten Prüfungsfeststellungen unter Rechtsmittelverzicht zur Kenntnis genommen. Der Bf. wäre es unbenommen geblieben, entsprechende Ausführungen, die gegen das Vorliegen verdeckter Ausschüttungen sprechen, bereits vor Erlassung des wiederaufzunehmenden Bescheides zu erstatten. Daher können auch die in der mündlichen Verhandlung dargestellten Aufklärungsversuche wie es zur Hingabe und Verwendung der seinerzeitigen Barmittel, die auf dem Verrechnungskonto verbucht wurden, nicht weiter berücksichtigt werden. Abgesehen davon wurden die relevierten Sachverhalte bereits vor Bescheiderlassung von Bf. gesetzt, waren aber nicht vorgebracht worden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0058; VwGH 29.3.2017, Ro 2016/15/0036; VwGH 26.4.2017, Ro 2015/13/0011) hat ein Antrag auf Wiederaufnahme - bei Geltendmachung neu hervorgekommener Tatsachen - insbesondere die Behauptung zu enthalten, dass Tatsachen oder Beweismittel "neuhervorgekommen sind". Aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 303 Abs. 1 lit. b iVm § 303 Abs. 2 lit. b BAO ist abzuleiten, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht der Antragstellerin (hier: der Bf.) zu beurteilen ist. Tatsachen iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (VwGH 22.11.2012, 2012/15/0147; VwGH 26.2.2013, 2010/15/0064).

Die in § 303 Abs. 1 lit. b BAO enthaltene Wendung "im abgeschlossenen Verfahren" beruht erkennbar auf einem Redaktionsversehen. Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist - wie schon nach der Regelung vor dem FVwGG 2012 - die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen. Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (VwGH 26.11.2015, Ro 2014/15/0035; VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0058).
Im Erkenntnis vom 19.10.2016, Ra 2014/15/0058, nahm der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, ob bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln aus der Sicht der Abgabenbehörde oder aus jener des Antragstellers zu beurteilen ist, auszugsweise wie folgt Stellung:
"22 Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betreffende Partei, bei der Wiederaufnahme von Amtswegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (VwGH vom 14. Mai 1991, 90/14/0262).
23 Ein Antrag auf Wiederaufnahme hat sohin - bei Geltendmachung neu hervorgekommener Tatsachen - insbesondere die Behauptung zu enthalten, dass Tatsachen oder Beweismittel "neu hervorgekommen sind". Damit setzt aber diese Bestimmung voraus, dass diese Tatsachen im Zeitpunkt der Antragstellung bereits bekannt geworden sind. Aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 303 Abs. 1 lit. b iVm Abs. 2 lit. b BAO ist somit abzuleiten, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof bringt dabei unmissverständlich zum Ausdruck, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen ist (siehe auch VwGH 29.3.2017, Ro 2016/15/0036; VwGH 26.4.2017, Ro 2015/13/0011; Fuchs, ÖStZ 2017, 70). Bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens müssen demnach bereits im Bescheiderlassungszeitpunkt existierende Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers später neu hervorgekommen sein (Papst, ÖStZ 2017,49 [51]).
Wie vom Verwaltungsgerichtshof geklärt (VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0058), muss die als Wiederaufnahmegrund herangezogene Tatsache bei einer beantragten Wiederaufnahme für den Antragsteller neu hervorgekommen sein. Tatsachen, die diesem schon immer bekannt waren, reichen dafür nicht aus (Zorn, RdW 2016, 857).
Um eine Wiederaufnahme zu ermöglichen, muss der taugliche Wiederaufnahmegrund somit für die Partei neu hervorgekommen sein. Damit das der Fall wäre, müsste die Kenntnis der dem gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag zugrundeliegenden Tatsache für die Antragstellerin neu hervorgekommen sein.
Das ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Vielmehr geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass diese Tatsache im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bekannt war. Es liegt somit keine neue Tatsache vor. Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag der Antragsteller (VwGH 14.5.1991, 90/14/0262).
Aus der vorhin erwähnten Judikatur ist abzuleiten, dass die von der Bf. für ihren Antrag ins Treffen geführten Tatsachen, ihr einerseits bereits im Zeitpunkt der Erlassung des wiederaufzunehmenden Bescheides vom 28.10.2014 bekannt waren (Darlehensbeziehung zwischen Bf. und Geschäftsführer, Kassenbestände und deren Verwendung, Malversationen des Angestellten und deren Rückführung in Form eines Darlehensvertrages vom 2.5.2013 und andererseits allfällige abgabenrechtliche Fehlbeurteilungen keine ausreichenden Wiederaufnahmegründe darstellen (VwGH 19.5.1993, 91/13/0224; 19.11.1998, 96/15/0148;31.3.2011, 2008/15/0215). Ebenso ist eine unterschiedliche Beweiswürdigung durch eine Verwaltungsbehörde einerseits und durch eine Verwaltungsstrafbehörde oder ein Gericht andererseits kein Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.5.1990, 89/16/0037: 15.7.1998, 97/13/0269, 0270; 25.3.1999, 96/15/0108). Die im Wiederaufnahmeantrag angeführten Tatsachen waren für die Antragstellerin nicht neu, sondern ihr bereits bei Erlassung des Erstbescheides bekannt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag sind somit im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Eine abweichende Vorfragenentscheidung stellt nur dann einen Wiederaufnahmegrund dar, wenn die Abgabenbehörde an die Entscheidung der Hauptfragenbehörde gebunden war. Die Würdigung der Finanzstrafbehörde gegen den Beschuldigten (Geschäftsführer der Bf.) stellt keine wie immer geartete Vorfrage dar, zumal es in einem Finanzstrafverfahren überwiegend um die Beurteilung eines vorwerfbaren Verhaltens des Beschuldigten an einer Abgabenverkürzung geht. Daher löst auch eine u.U. andere abgabenrechtliche Qualifikation des Sachverhalts durch die Finanzstrafbehörde keine wie immer geartete Bindungswirkung für die Abgabenbehörde aus (VwGH 20.1.1988, 86/13/0019; 16.2.1994, 90/13/0011, 0013). Abgesehen davon ist die Parteienidentität zwischen Abgaben- und Finanzstrafverfahren nicht gegeben. Selbst der VwGH hat der zum Teil aus der Judikatur des VfGH (B 783/89 vom 6.12.1990) abgeleiteten Berechtigung zur Wiederaufnahme des Verfahrens zur nachträglichen Berücksichtigung der Ergebnisse von Veranlagungsverfahren anderer Abgabepflichtiger eine Absage erteilt, zumal das materielle Steuerrecht keinen Grundsatz kenne, wonach die bei einer Person gewinnmindernd angesetzten Beträge stets bei einer anderen Person Einkünfte erhöhend zu erfassen seien (VwGH 16.9.2003, 2000/14/0147).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall ergibt sich die Rechtsfolge der Abweisung der Beschwerde aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0058; VwGH 29.3.2017, Ro 2016/15/0036; VwGH 26.4.2017, Ro 2015/13/0011; siehe oben), weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

 

 

 

Graz, am 29. Juli 2021

 

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