Rechtssatz
Bei der Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit nach § 107b StGB ist stets eine einzelfallbezogene Gesamtbetrachtung der Faktoren Dauer, Dichte und Intensität der Gewaltausübung vorzunehmen, womit eine besonders starke Ausprägung eines dieser Faktoren unter dem Aspekt der Subsumtion eine Reduktion des Gewichts der beiden übrigen Faktoren zulässt.
13 Os 148/15m | OGH | 09.03.2016 |
Beisatz: Beschimpfungen, Erniedrigungen und Drohungen unterfallen nur dann dem Misshandlungsbegriff des § 107b Abs 2 StGB, wenn sie als strafbare Handlungen gegen die Freiheit (mit Ausnahme solcher nach §§ 107a, 108 und 110 StGB) zu qualifizieren wären. (T1)<br/>Beisatz: Die „umfassende Kontrolle des Verhaltens“ und die „erhebliche Einschränkung der autonomen Lebensführung“ der verletzten Person sind zwei rechtlich gleichwertige Tatbestandsvarianten, die einander teilweise überlappen, also dogmatisch nicht streng voneinander zu trennen sind. Insgesamt zielen beide Varianten des § 107b Abs 3 Z 2 StGB auf eine massive Beschränkung der Selbstbestimmungsfreiheit, die an verschiedensten Parametern zu messen ist. Darunter fallen beispielsweise die freie Wahl des sozialen Umfelds, des Familienstands, des Aufenthalts, des äußeren Erscheinungsbildes und dergleichen. (T2) |
11 Os 63/18a | OGH | 28.08.2018 |
Beis wie T2; Beisatz: Die Qualifikation des § 107b Abs 3 Z 2 StGB verlangt über die bereits für den Grundtatbestand des § 107b Abs 1 StGB erforderliche Eignung der Gewalthandlungen, die Lebensführungsfreiheit des Opfers gravierend zu beeinträchtigen, hinausgehende Folgen dahingehend, dass das Opfer dem Täter im Sinn eines (das ganze Leben nach dem Täter ausrichtenden) Abhängigkeitsverhältnisses willenlos unterworfen ist. (T3) |
Dokumentnummer
JJR_20111215_OGH0002_0130OS00143_11W0000_001
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