OGH 1Ob190/75; 3Ob523/78; 5Ob707/78; 8Ob608/78; 4Ob558/81; 3Ob539/84; 1Ob603/84; 5Ob571/85; 2Ob620/86; 7Ob625/87; 7Ob564/89; 3Ob532/90; 8Ob556/92; 7Ob49/01h; 6Ob317/02i; 6Ob108/07m; 6Ob215/11b; 5Ob135/23y (RS0022730)

OGH1Ob190/75; 3Ob523/78; 5Ob707/78; 8Ob608/78; 4Ob558/81; 3Ob539/84; 1Ob603/84; 5Ob571/85; 2Ob620/86; 7Ob625/87; 7Ob564/89; 3Ob532/90; 8Ob556/92; 7Ob49/01h; 6Ob317/02i; 6Ob108/07m; 6Ob215/11b; 5Ob135/23y28.9.2023

Rechtssatz

Produzentenhaftung:

1.1 Die Haftung des Produzenten für die von ihm hergestellten Produkte gegenüber dem Letztverbraucher (sogenannte "Produzentenhaftung") ist vor allem auf der Grundlage der Lehre von den vertraglichen Schutzpflichten zugunsten Dritter zu lösen.

1.2 Beim Absatz von Waren mittels einer Vertragskette erscheint der erste Kaufvertrag als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten dessen, der durch eine Kette von Kaufverträgen oder Werkverträgen als berechtigt ausgewiesen ist.

1.3 Der Produzent darf nicht Sachen in Verkehr bringen, die technische Mängel aufweisen; es ist zu fordern, dass der Hersteller seine Erzeugnisse sachgerecht und zweckgerecht konstruiert, sie müssen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren fehlerfrei sein, sodass bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Schäden auftreten; insbesondere müssen dabei die Unfallverhütungsvorschriften beachtet werden.

2.1 Auch bei Produkten, die abstrakt - generell fehlerfrei sind, aber in individuell - konkreten Teilbereichen ihre Verwendung zu Schädigungen führen können (gefahrenträchtige Produkte) besteht eine Haftung des Produzenten jedenfalls dann, wenn er mit einer derartigen Verwendung rechnen musste und dennoch auf die in bestimmten Teilbereichen drohenden Gefahren hinzuweisen unterlässt.

2.2 Wird an den Produzenten eine Anfrage über die beabsichtigte Verwendung eines Produkts gerichtet, ist zu fordern, dass die vom Produzenten erteilte Auskunft ein exaktes Bild von Art und Umfang der drohenden Gefahren gibt.

3.1 Bezeichnet sich jemand im Verkehr als Produzent und wird daher ihm das Warenvertrauen entgegengebracht, trifft ihn auch die Haftung für das Produkt, gleichgültig, ob es tatsächlich von ihm hergestellt wurde.

4.1 Mehrere an der Warenherstellung beteiligte Produzenten sind nicht stets Gesamtschuldner des eingetretenen Schadens; die Haftung trifft nur jenen am Produktionsvorgang beteiligten Unternehmer aus dessen Sphäre der schadensstiftende Fehler stammt.

Normen

ABGB §1295 Ia2
ABGB §1295 IIf7d

1 Ob 190/75OGH04.02.1976

Veröff: SZ 49/14 = EvBl 1976/168 S 325 = JBl 1977,146 (mit Anmerkung von Rummel)

3 Ob 523/78OGH25.04.1978

nur: Der Produzent darf nicht Sachen in Verkehr bringen, die technische Mängel aufweisen; es ist zu fordern, dass der Hersteller seine Erzeugnisse sachgerecht und zweckgerecht konstruiert, sie müssen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren fehlerfrei sein, sodass bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Schäden auftreten; insbesondere müssen dabei die Unfallverhütungsvorschriften beachtet werden. (T1) nur: Bezeichnet sich jemand im Verkehr als Produzent und wird daher ihm das Warenvertrauen entgegengebracht, trifft ihn auch die Haftung für das Produkt, gleichgültig, ob es tatsächlich von ihm hergestellt wurde. (T2)

5 Ob 707/78OGH28.11.1978

Vgl; Veröff: SZ 51/169

8 Ob 608/78OGH29.03.1979
4 Ob 558/81OGH01.12.1981

nur: Auch bei Produkten, die abstrakt - generell fehlerfrei sind, aber in individuell - konkreten Teilbereichen ihre Verwendung zu Schädigungen führen können (gefahrenträchtige Produkte) besteht eine Haftung des Produzenten jedenfalls dann, wenn er mit einer derartigen Verwendung rechnen musste und dennoch auf die in bestimmten Teilbereichen drohenden Gefahren hinzuweisen unterlässt. (T3) Veröff: SZ 54/179 = RZ 1982/49 S 194

3 Ob 539/84OGH04.07.1984

Auch; Beisatz: Der tatsächliche Umfang der Sorgfaltspflicht des Herstellers ist aber im Einzelfall abzugrenzen. (T4)

1 Ob 603/84OGH27.06.1984

nur T3

5 Ob 571/85OGH16.09.1986

nur T2; Veröff: JBl 1987,185

2 Ob 620/86OGH12.05.1987

Auch; Beisatz: Hier: Explosion einer Propangasflasche. (T5)

7 Ob 625/87OGH30.07.1987

nur T3; Beis wie T1 nur: Es ist zu fordern, dass der Hersteller seine Erzeugnisse sachgerecht und zweckgerecht konstruiert, sie müssen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren fehlerfrei sein, sodass bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Schäden auftreten. (T6)

7 Ob 564/89OGH06.04.1989

nur T1; nur T3; Beis wie T4; nur: Die Haftung des Produzenten für die von ihm hergestellten Produkte gegenüber dem Letztverbraucher (sogenannte "Produzentenhaftung") ist vor allem auf der Grundlage der Lehre von den vertraglichen Schutzpflichten zugunsten Dritter zu lösen. (T7)

3 Ob 532/90OGH25.04.1990

nur T3

8 Ob 556/92OGH25.06.1992

Auch; nur T3; Beisatz: Wenn der Produzent einer Sache erwarten darf, dass dem Erwerber die mit dem Gebrauch des Gutes verbundenen Gefahren aufgrund der nach der Lage des Falles voraussetzenden Sachkunde bekannt sind, braucht er nicht zu warnen. (T8) Veröff: SZ 65/96 = EvBl 1993/14 S 86

7 Ob 49/01hOGH30.03.2001

nur T3; Veröff: SZ 74/62

6 Ob 317/02iOGH11.09.2003

Vgl; nur T2; Beisatz: Unternehmer, die Grundstoffe oder Teilprodukte herstellen, haften allerdings nur dann für den Schaden, der durch die Fehlerhaftigkeit des Produktes, in das ihr Erzeugnis integriert wurde, verursacht wurde, wenn gerade ein Fehler des von ihnen zugelieferten Grundstoffs oder Teilprodukts für den Schaden kausal war (so schon SZ 49/14). (T9)

6 Ob 108/07mOGH27.02.2009

Vgl; Beisatz: Auf die Streitfrage der Grundlage der Schutzpflichten zugunsten Dritter muss im Anlassfall wegen der zu bejahenden rein deliktischen Haftung der Beklagten nicht eingegangen werden. (T10); Beisatz: Diese Haftungsgrundlage steht dem Geschädigten alternativ zur vertraglichen zur Verfügung. Diese Verschuldenshaftung des Warenherstellers bleibt auch nach Inkrafttreten des Produkthaftungsgesetzes aufrecht. (T11)

6 Ob 215/11bOGH13.09.2012

Vgl; Beisatz: Das Bestehen einer Produktbeobachtungspflicht des Herstellers eines Produkts ist auch für den österreichischen Rechtsbereich zu bejahen. (T12); Beisatz: Hier: Explosionsartiges Zerbersten einer gläsernen Tafelwasserflasche. (T13); Veröff: SZ 2012/88

5 Ob 135/23yOGH28.09.2023

Dokumentnummer

JJR_19760204_OGH0002_0010OB00190_7500000_001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)