OGH 8Ob556/92

OGH8Ob556/9225.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** S*****, vertreten durch Dr.Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, wider die beklagte Partei W*****-C***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Horst Reitböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 72.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 20.Jänner 1992, GZ 14 R 225/91-31, womit der Berufung der beklagten Partei Folge gegeben und das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 4.Juli 1991, GZ 2 Cg 115/90-26, abgeändert wurde, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die beklagte Partei produziert das Mittel N*****, das auf dem Flaschenetikett als hochwirksames, geruchloses, ungiftes Desinfektionsmittel mit intensiver Reinigungskraft und Dauerwirkung (Wirkstoff: hochmolekulare quartäre Ammoniumverbindung) bezeichnet wird.

Der Kläger ist Weinbauer. 1988 reinigte er erstmals seine Weinpresse mit dem genannten Mittel. Durch Rückstände dieses Mittels in der Weinpresse wurden rund 3000 Liter Wein verdorben, den er anderenfalls um durchschnittlich S 26 je Liter hätte verkaufen können.

Vor dem Abfüllen wird der Wein gefiltert. Zuvor muß das Filtergerät mit eingelegten Filterplatten desinfiziert werden. Für diese Desinfektion hatte ein Kellereiinspektor dem Kläger die Verwendung eines Kalkdesinfektionsmittels empfohlen; ein konkretes Produkt nannte er nicht. Der Kläger erkundigte sich daraufhin bei der Firma W*****, einem Fachunternehmen für Kellereimaschinen, nach einem solchen Desinfektionsmittel; diese empfahl ihm das von der beklagten Partei hergestellte und vertriebene Mittel N*****-Spezial, das ihr von der beklagten Partei vor dem 1.7.1988 geliefert worden war; der Kläger kaufte es allerdings erst nach dem 1.7.1988. Er wählte dieses Produkt vor allem deshalb, weil es nach der auf der Flasche angebrachten Produktinformation als ein hochwirksames, geruchloses, ungiftiges Desinfektionsmittel mit intensiver Reinigungskraft und Dauerwirkung angepriesen war. Beim Kauf wurde der Kläger von der Firma W***** nur allgemein über die Art der Verwendung und das Mischungsverhältnis informiert, insbesondere wurde er darauf hingewiesen, daß das Filtergerät von den Rückständen des Desinfektionsmittels durch Spülung mit frischem Wasser gereinigt werden müsse. Eine gesonderte Gebrauchsanweisung oder Produktbeschreibung, auf die am Flaschenetikett hingewiesen wird, wurde ihm nicht ausgehändigt.

Auf dem Flaschenetikett wird auf die Anwendbarkeit des Produktes gegen Bakterien, Hefe und Pilze in Human- und Veterinärmedizin und zur Betriebs- und Stallhygiene in der Landwirtschaft hingewiesen. Weiters enthält es einige Konzentrationsempfehlungen für die unterschiedlichen Anwendungsbereiche. Danach wird für den Bereich Landwirtschaft/Industrie eine Anwendungskonzentration von 1 % für Hände, 0,5 % für Arbeitsplatz, 0,2 bis 0,5 % für Vorratsräume, Stallungen, Geräte, Apparate, Rohrleitungen, Silos, Behälter, Transportmittel und diverse Werkzeuge, 0,2 % für Inventar, Arbeitskleidung und Schuhe, sowie 0,1 % für Stalluft, Trinkwasser und Brutapparate empfohlen. Außerdem wird darauf hingewiesen, daß das Mittel nur äußerlich angewendet werden darf. Die dem Kläger nicht ausgehändigte Produktbeschreibung empfiehlt das Mittel insbesondere für die Anwendung in der Landwirtschaft; Maschinen, Flaschen- und Arbeitsgeräte könnten leicht und praktisch abgesprüht werden. Für die Verwendung in der Milchkammer wird eine Verdünnung von 0,2 % empfohlen.

Ein Hinweis auf die Eignung zum Desinfizieren von Weinfilteranlagen findet sich weder am Flaschenetikett noch in der Produktbeschreibung. Beide enthalten auch keinen Hinweis auf die Notwendigkeit, den Umfang oder die Dauer eines Nachspülens. Der beklagten Partei war allerdings bekannt, daß das Mittel vielfach von Weinproduzenten zur Desinfektion von Weinfilteranlagen verwendet wird. Schon 1962 wies der Verein Österreichische Weinforschung darauf hin, daß das Mittel "N*****" bei einer 0,1 %igen Konzentration als Reinigungsmittel für den Kellereibetrieb und die Süßmosterei gut geeignet sei. Bereits nach kurzer Einwirkungszeit werde absolute Keimfreiheit erzielt. Das Mittel habe sich ua auch zur Desinfektion von Filtern als gut geeignet erwiesen. Es sei geruch- und geschmacklos. Es sei jedoch für eine restlose Entfernung der Desinfektionsflüssigkeit Sorge zu tragen, auch wenn Spuren des Mittels im Wein an sich keinen unangenehmen Geschmack hervorrufen würden.

Im November 1988 wollte der Kläger ca. 3000 Liter Wein aus einem Tank filtrieren und in Flaschen abfüllen. Zur Desinfektion ließ er 120 bis 150 Liter Wasser, das er in einem Plastikballon mit 1 kg N*****-Spezial vermischt hatte, durch rund 10 Minuten in einem geschlossenen Kreislauf bei eingelegten Filterplatten durch die Filteranlage pumpen. Danach reinigte er die Filteranlage dadurch, daß er sie an die Hauswasserleitung anschloß und etwa 1 1/2 Stunden frisches Wasser solange durchlaufen ließ, bis er nach Verkostung keinerlei Geruchs- und Geschmacksbeimengung mehr feststellen konnte. Da erfahrungsgemäß durch diese Maßnahme nicht das gesamte beim Spülvorgang in die Filteranlage gelangte Wasser abfließt, pumpte er zur Vermeidung einer Verwässerung zunächst 120 Liter Wein in einen gesonderten Ballon ab. Diese Menge wies zwar eine Geschmacks- und Geruchsbeeinträchtigung auf, doch fiel dies dem Kläger aber damals nicht auf, weil er den Wein nicht kostete. Noch vor dem Abfüllen des Weins in Flaschen pumpte er zunächst Wein vom Tank durch die Filteranlage und von dort wieder zurück in den Tank, um zu vermeiden, daß allenfalls noch immer vorhandene Wasserreste zu einer Verwässerung der ersten abzufüllenden Weinflaschen führten. Dadurch wurde diese Weinmenge mit dem gesamten Tankinhalt vermischt. Erst danach begann er mit dem Abfüllen des Weines in Flaschen, stellte aber nach ca. 15 Flaschen fest, daß der Wein einen Fremdgeruch bzw -geschmack aufwies, und hegte gleich die Vermutung, daß dieser auf das - von ihm erstmals

verwendete - Desinfektionsmittel zurückzuführen sei. Er verkostete daraufhin Wein aus dem Tank und stellte fest, daß auch dieser den beim Abfüllen festgestellten Fremdgeruch und -geschmack aufwies.

Ein von ihm eingeholtes Gutachten ergab bereits bei einer kostmäßigen Überprüfung, daß der Wein als verdorben im Sinn des Weingesetzes anzusehen ist: er wies geruchlich und geschmacklich einen unreparablen Fehlton auf, der an N***** erinnert. In der Kellereiwirtschaft werden quartäre Ammoniumverbindungen durchschnittlich in einer Konzentration von 0,1 bis 0,2 % verwendet; wenn sie neben der Desinfektion auch zur Reinigung eingesetzt werden, in einer Konzentration von 0,4 %. Obwohl nach dem Flaschenetikett bei Verwendung des Mittels für Geräte und Apparate in der Landwirtschaft eine Konzentration von 0,2 bis 0,5 % empfohlen wurde, gab der Kläger das ganze von ihm gekaufte Mittel (1 kg) zu rund 120 bis 150 Liter Wasser und erzielte dadurch eine etwa 0,75 %ige Lösung. Gelangt das Desinfektionsmittel in Wein, so ist dies durch geschulte Weinkoster sensorisch bereits ab dem unteren Milligrammbereich (ca. 1 bis 5 mg/1, das entspricht 0,01 bis 0,05 % Konzentration) feststellbar. Ab einer Konzentration von 0,2 % führt dies zu einer hochgesicherten Ablehnung des Weines;

ab 0,6 % wird ein solcher Wein als "stark fehlerhaft" beurteilt;

das Mittel ist daher in der Kellereiwirtschaft nur eingeschränkt verwendbar.

Der Kläger hätte auch mit einer 0,1 %igen Lösung eine ausreichende Entkeimung erreicht. Eine Beschickung des Filters mit Wasser mit nachfolgender Auslaugphase ohne Durchfluß hätte bei mehrfacher Wiederholung eine bessere Reinigungswirkung ergeben. Bei der vom Kläger gewählten Vorgangsweise konnten noch wesentliche Reinigungsmittelrückstände im Filter vorhanden sein, obwohl das Reinigungswasser bereits geschmacks- und geruchsneutral war. Der durch die Filteranlage strömende Wein ist nämlich im Gegensatz zu Wasser ein deutlich säurereicheres Medium und weist dadurch eine bedeutend höhere Lösungskraft auf. Durch die erhöhte Löslichkeit konnten noch im Filter gebundene Desinfektionsmittelreste in den erstdurchströmenden Wein übergehen. Dadurch, daß nach Abfüllung von 120 Litern Wein der weitere Wein nicht sofort in Flaschen abgefüllt wurde, sondern vom Kläger in den Tank zurück gepumpt wurde, trat eine Kontaminierung der Gesamtmenge ein, wodurch nunmehr der gesamte Wein als verdorben zu beurteilen ist.

Da der Kläger auf dem Flaschenetikett gelesen hatte, daß es sich um ein "geruchloses" ungiftiges Desinfektionsmittel handelt, las er die auf dem Etikett enthaltenen Konzentrationsempfehlungen nicht mehr genau durch und verließ sich darauf, daß er ohnedies das Spülwasser überprüfte. Auch bei optimaler Spülung hätte der erstdurchströmende Wein noch einen Restgehalt des Desinfektionsmittels aufnehmen können. Im Normalfall ist aber eine Geschmacksbeeinträchtigung durch direkte Rückführung des Vorlaufes in den Behälter nicht zu erwarten; die andauernde Trennung, Separierung und Entsorgung von rund 120 Litern Wein müßte an sich ausreichend sein, um eine nachfolgende Geschmacks- oder Gesuchsbeeinträchtigung des Weines zu verhindern.

Der Kläger begehrt die Verurteilung der beklagten Herstellerin des Desinfektionsmittels zur Zahlung von S 72.000 sA Schadenersatz für den verdorbenen Wein im wesentlichen mit der Begründung, die Beklagte hafte für die falschen, irreführenden oder zumindest unzureichenden Angaben in der Gebrauchsanweisung; von einem geruchlosen und ungiftigen Desinfektionsmittel könne entgegen der Produktbeschreibung keine Rede sein.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß auf dem Etikett überhaupt kein Hinweis auf die Eignung des Mittels zur Desinfektion von Geräten, mit denen Lebensmittel bearbeitet oder behandelt werden, enthalten sei; auch eine Anpreisung zu diesem Zweck sei nicht erfolgt. In der Praxis werde das Mittel aber im Kellereibetrieb verwendet, doch könne es bei bestimmungsgemäßer Anwendung zu keiner Beeinträchtigung des Weines kommen. Die behauptete Geruchsbelästigung des Weines sei allein auf das Verschulden des Klägers zurückzuführen, weil er das Mittel nicht ordnungsgemäß verwendet habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - sieht man von der unbekämpft gebliebenen Abweisung eines Teiles des Zinsenbegehrens ab - statt. Rechtlich meinte es, die beklagte Partei hafte zwar nicht nach dem Produkthaftungsgesetz, aber aus dem Liefervertrag mit der Firma W*****, der seine Schutzwirkung auch auf den endverbrauchenden Käufer erstrecke. Auch wenn der Kläger eine etwas höhere als die empfohlene Konzentration verwendet habe, treffe die beklagte Partei das Alleinverschulden, denn die Information auf dem Etikett sei zu wenig deutlich; da ihr die Verwendung des Mittels bei der Weinerzeugung bekannt gewesen sei, hätte sie - auch wenn sie keine Empfehlung abgegeben habe - wenigstens auf die Folgen unrichtiger Anwendung hinweisen müssen.

Das Berufungsgericht wies in Abänderung des Ersturteils das Klagebegehren aus rechtlichen Gründe ab, ohne auf die Beweisrüge der beklagten Partei einzugehen. An die Warn- und Aufklärungspflicht des Produzenten dürften keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Die beklagte Partei habe das Mittel nicht als für den vom Kläger verwendeten Zweck geeignet empfohlen. Die Bezeichnung als "geruchloses, ungiftiges" Desinfektionsmittel beziehe sich nur auf das Mittel selbst, sei jedoch kein Hinweis darauf, daß das Mittel, wenn es zur Reinigung einer Weinfilteranlage verwendet werde (unabhängig von der Konzentration, wie der Kläger vermutete), auch den Geschmack des Weins nicht beeinflussen könne. Werde ein Mittel vom Produzenten nicht ausdrücklich für einen bestimmten Anwendungsbereich empfohlen, so treffe ihn nur dann eine Warnpflicht, wenn ihm die generelle Untauglichkeit und der regelmäßige Einsatz dieses Mittels in diesem Bereich bekannt sei. Ob ein für ein breites Anwendungsgebiet generell geeignetes Mittel auch für den Kellereibetrieb geeignet sei, müsse der fachkundige Anwender, allenfalls mit Hilfe von Literatur, Gutachten ua, selbst erproben. Für Empfehlungen anderer Personen (Letztverkäufer, Branchengutachten ua) hafte der Produzent nicht. Da der beklagten Partei als Produzentin keine Verletzung ihrer Informations- oder Warnpflichten vorgeworfen werden könne, brauche auch nicht darauf eingegangen werden, in welchem Umfang die vom Kläger verwendete hohe Konzentration bzw die von ihm bei der Reinigung gewählte Vorgangsweise (Rückpumpen der ersten gefilterten Weinmenge in den Weintank ohne jede Verkostung) ein Mitverschulden begründe.

Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, weil die den Produzenten treffenden Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Endverbraucher nur in Einzelfallentscheidungen abgehandelt werden können, eine dem vorliegenden Fall vergleichbare Entscheidung jedoch nicht bekannt sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist zulässig, weil der Umfang der Warn- und Aufklärungspflichten hinsichtlich eines für den angekündigten Verwendungszweck generell-abstrakt fehlerfreien Produktes, das in individuell-konkreten Teilbereichen seiner dem Hersteller bekannten tatsächlichen, aber nicht von ihm empfohlenen Verwendung zur Schädigung führen kann, nur aufgrund von generalisierungsfähigen Einzelfallentscheidungen gewonnen werden kann, und zu dieser Frage eine oberstgerichtliche Judikatur fehlt.

Die Revision ist aber auch berechtigt.

Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß auf den vorliegenden Fall das Produkthaftungsgesetz gemäß seinen Übergangsbestimmungen (§ 19 iVm § 18) nicht anwendbar ist. Den Produzenten trafen aber auch schon nach der früheren Rechtslage - schuldhaftes Verhalten vorausgesetzt - aufgrund des von Lehre und Rechtsprechung (SZ 51/169 ua; zuletzt 8 Ob 525/89) anerkannten Institutes des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gegenüber dem Endverbraucher gewisse Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten. Ob ein solches vorliegt, ist nach dem Wissenstand und den technischen Erkenntnissen zur Zeit der Herstellung und Inverkehrsetzung des Produktes zu beurteilen. Dies gilt auch für die Warnpflichten des Produzenten; auch hier kann nur die Bedachtnahme auf Gefahren verlangt werden, die ihm zum genannten Zeitpunkt bekannt sein mußten (ZVR 1989/89). Für das Bestehen einer Warnpflicht ist entscheidend, ob ein Schutzbedürfnis des Verbrauchers vorliegt; wenn der Produzent einer Sache erwarten darf, daß dem Erwerber die mit dem Gebrauch des Gutes verbundenen Gefahren aufgrund der nach der Lage des Falles vorauszusetzenden Sachkunde bekannt sind, braucht er nicht zu warnen (1 Ob 603/84 ua). Seine Warnpflicht erstreckt sich auch nur auf gewöhnliche und vorhersehbare Gefahren bei der Verwendung seines Produktes. Ist der Schaden auf eine "ungewöhnliche Gefahrenlage", etwa auf eine Verkettung von Bedienungsfehlern zurückzuführen, ist in der Unterlassung eines Hinweises auf die durch solche Fehler möglicherweise eintretenden Schäden kein haftungsbegründendes Verschulden des Herstellers zu erblicken (3 Ob 539/84 - Fehlbedienung beim Öffnen eines Bierfaßes).

Im vorliegenden Fall wies der Produzent auf zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten seines Produktes in der Landwirtschaft, insbesondere auch im Bereich der Lebensmittelerzeugung, hin und gab einige Konzentrationsempfehlungen, erwähnte aber nicht die Notwendigkeit eines Nachspülens. Er wies auch nicht ausdrücklich auf die Eignung (oder allfällige Nichteignung) des Mittels zur Desinfektion von Geräten im Kellereibetrieb hin, die der Art nach durchaus einigen der erwähnten Verwendungsmöglichkeiten entsprach (- zB wurde die Verwendung für Trinkwasser in 0,1 %iger Konzentration und in der Milchkammer in 0,2 %iger Konzentration empfohlen -), obwohl ihm dessen tatsächliche Verwendung in diesem Bereich bekannt war und es ihm auch bekannt sein mußte, daß es jedenfalls bei zu hoher Konzentration des Desinfektionsmittels und zu geringer Nachreinigung in einem besonders geruch- und geschmacksensiblen Bereich wie dem der Weinherstellung zu unerwünschten und zur Ungenießbarkeit führenden Geschmacks- und Geruchsveränderungen des Weins kommen kann. Es wäre deshalb seine Pflicht gewesen, entweder vor dem Einsatz dieses Mittels auf diesem Gebiet überhaupt zu warnen, oder auf die nur beschränkte Eignung unter Angabe der empfohlenen Konzentration und der Notwendigkeit gründlichen Nachspülens hinzuweisen. Da er beides unterließ, obwohl ihm die Verwendung des Mittels für die Desinfektion bei der Weinerzeugung bekannt war, schuf er eine gefahrenträchtige Risikolage und dies ist ihm als eine Verletzung seiner Aufklärungs- und Warnpflichten anzulasten, sodaß er für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich ist.

Dem Kläger ist aber ein gerütteltes Maß an Sorglosigkeit im Sinne eines Mitverschuldens anzulasten: er begnügte sich mit dem auf dem Etikett gegebenen Hinweis auf ein geruchloses Desinfektionsmittel, obwohl ihm hätte klar sein müssen, daß sich ein solcher Hinweis wohl nur auf das Produkt selbst bezieht und nicht ohne weiters auch so zu verstehen ist, daß das damit behandelte Weingeschirr den Wein in keinerlei Weise im Geschmack und Geruch verändern werde. Vor allem aber mißachtete der Kläger die am Etikett angebrachten Hinweise auf die richtige Konzentration, die je nach Verwendungsart stark differierten. Statt rückzufragen, welche Konzentration nun die richtige sei ( - bei Verwendung einer nur 0,1%igen Konzentration und sachgemäßen Nachspülens, auf dessen Notwendigkeit der Beklagte allerdings überhaupt nicht hinwies, wäre der Wein nicht verdorben worden - ), verwendete er das Mittel in dem ihm als Fachmann als sensibel bekannten Bereich der Weinerzeugung in einer Konzentration, die um vieles höher war (0,75 %) als diejenige, die für die Desinfektion im sonstigen Bereich der Lebensmittelerzeugung empfohlen war (0,1 bis 0,2 %). Hätte er die Hinweise auf die richtige Konzentration im Bereich der Lebensmittelerzeugung beachtet, hätte ihm klar werden müssen, daß er eine viel zu hohe Konzentration verwendete, die sich geruchs- und geschmacksmäßig auf den Wein auswirken konnte. Daß der geschädigte Kläger bei gehöriger Aufmerksamkeit (aufmerksames Lesen des Etiketts und Rückfrage beim Produzenten) den Schadenseintritt hätte vermeiden können, begründet sein Mitverschulden, beseitigt aber nicht den Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem rechtswidrig nicht hinreichend Aufklärenden und dem eingetretenen Schaden (ZVR 1985/9 und 340; JBl 1990, 524).

Als Mitverschulden ist dem Kläger auch anzulasten,

daß er die gefilterte Weinmenge in den Weintank ohne jede Verkostung rückpumpte und so erst die Kontaminierung der Gesamtmenge ermöglichte. Wie hoch der Anteil seines Mitverschuldens ist, wird sich erst nach der Erledigung der Beweisrüge der beklagten Partei im Zusammenhang mit der vom Kläger bei der Reinigung gewählten Vorgangsweise (gesonderte Lagerung von 120 Litern erstgefilterten Wein?) klären lassen; so hoch, daß er zur gänzlichen Verneinung der Ersatzpflicht des Produzenten führen könnte (vgl Koziol, Haftpflichtrecht I2 241, 245 und Fitz-Purtscheller-Reindl, Produkthaftung Rz 2 und 6 zu § 11 PHG), ist er aber jedenfalls nicht.

Es ist daher das Berufungsurteil aufzuheben und die Rechtssache zur Erledigung der Beweisrüge und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf dem § 52 Abs 1 ZPO.

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