Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei brachte am 25. 10. 1973 als von der zweitbeklagten Partei beauftragter Frächter einen von der erstbeklagten Partei der zweitbeklagten Partei verkauften und am 3. 1. 1972 gelieferten Nassentstaubungskessel an eine Baustelle der zweitbeklagten Partei. Bei der Aufstellung dieses Kessels brach einer der am Kessel angebrachten Montagebügel. Dadurch stürzte der Kessel auf das Kranfahrzeug der klagenden Partei, mit welchem der Kessel befördert worden war, und beschädigte dieses.
Die klagende Partei begehrt Ersatz des Sachschadens an ihrem Kranfahrzeug und des durch seinen Ausfall eingetretenen Verdienstentganges im Gesamtbetrag von 215.232,14 S samt Anhang mit der Begründung, dass die am Nassentstaubungskessel angebrachten Manipulationsbügel fehlerhaft gewesen seien. Ihre mangelnde Eignung hätte der Erstbeklagten bekannt sein müssen.
Die beiden beklagten Parteien beantragten Abweisung der Klage. Die erstbeklagte Partei anerkannte den Anspruch der klagenden Partei der Höhe nach mit 1 S.
Das Verfahren gegen die zweitbeklagte Partei ruht.
Das Erstgericht schränkte das Verfahren gegen die erstbeklagte Partei auf den Grund des Anspruches ein und entschied mit Zwischenurteil (ON 19), dass der Anspruch der klagenden Partei gegen die erstbeklagte Partei dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es traf hiezu im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Die erstbeklagte Partei trat bei den Verkaufsverhandlungen gegenüber der zweitbeklagten Partei "neutral", jedoch "eher" als Erzeugerin auf. In Wahrheit bediente sie sich zur Fertigung des Kessels der Firma P*****, eines konzessionierten Tank- und Behälterbauunternehmens in Altmünster. Die erstbeklagte Partei wies die Firma P***** an, sich an die Konstruktionspläne und praktischen Anfertigungshinweise ihres Stammunternehmens, der Firma G***** Gesellschaft m. b. H. in F***** (kurz: Firma G*****/Deutschland) zu halten, die jedoch nicht Vertragspartnerin der erstbeklagten Partei war, sondern lediglich Konstruktionszeichnungen und theoretische und praktische Montageanleitungen beistellte, was dadurch ermöglicht wurde, dass der Geschäftsführer der Firma G*****/Deutschland, Manfred G*****, gleichzeitig Mitgeschäftsführer der erstbeklagten Partei (Firma G*****/Österreich) war.
Die Firma G*****/Deutschland lieferte P***** Pläne für mehrere Kessel, auf denen die zu ihrer Aufstellung dienenden Ösen teils eingezeichnet waren, teils aber auch nicht. Auf dem Plan für den klagsgegenständlichen Kessel waren die Ösen in der Erwartung, P***** werde sie nach dem Muster eines anderen Kesselplanes anbringen, nicht eingezeichnet. P***** fertigte, um dem Bedürfnis nach einer Vorrichtung für den Transport und die Aufstellung des Kessels zu genügen, nach eigenem Gutdünken und seiner Erfahrung Bügel an, die jedoch zu schwach dimensioniert waren. Äußerlich war diese Unzulänglichkeit für einen Laien nicht zu erkennen, weil das Werk P***** den Eindruck eines kompletten Ganzen machte und auch einheitlich angestrichen war.
Die Möglichkeit, dass der Kessel nach der Erstaufstellung weitertransportiert und anderswo aufgestellt würde, war schon bei Abschluss des Vertrages zumindestens "objektiv im Bereich der Möglichkeit gelegen".
Die zweitbeklagte Partei ließ den Kessel nach der am 3. 1. 1972 von der erstbeklagten Partei vorgenommenen Erstaufstellung später zu einer Baustelle nach Aschach transportieren und dort am 25. 10. 1973 aufstellen. Beim Aufstellen dieses Kessels auf dieser Baustelle ereignete sich der eingangs beschriebene Unfall.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass die erstbeklagte Partei sowohl auf Grund der Deliktshaftung als auch aus dem mit der zweitbeklagten Partei geschlossenen Vertrage, der als Nebenpflichten auch Schutzpflichten gegenüber Dritten beinhalte, dafür hafte, dass sie den Kessel, der ohne Zweifel ein "gefährliches" Werk dargestellt habe, ohne Prüfung auf seine Übereinstimmung mit den dem Erzeuger zur Verfügung gestellten Konstruktionsplänen und Fertigungsanweisungen in Verkehr gesetzt habe. Hiezu wäre sie, auch ohne Produzent zu sein, verpflichtet gewesen, weil sie Produzententätigkeit ausgeübt habe. Da diese Unachtsamkeit von der Firmenleitung selbst ausgegangen sei, hafte die erstbeklagte Partei, ohne dass es einer Prüfung der Voraussetzungen der §§ 1313a und 1315 ABGB bedürfe, schon auf Grund der unterlaufenen Organisationsfehler.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Zwischenurteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte hiezu im Wesentlichen aus, die Tatsache, dass die erstbeklagte Partei den Nassentstaubungskessel nicht selbst erzeugte, schließe ihre Haftung auf der Grundlage der vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter nicht aus. Die erstbeklagte Partei habe eine typische Produzententätigkeit ausgeübt. Sie habe die Nassentstaubungsanlage nicht etwa als ein von dritter Seite erzeugtes Serienprodukt wie eine Zwischenhändlerin verkauft, sondern eine nach den besonderen Bedürfnissen und Wünschen des Bestellers erst herzustellende Sache von dritter Seite nach den von ihr beschafften Konstruktionszeichnungen und Fertigungsanweisungen herstellen lassen. Der entscheidende Fehler, der hiebei zum Schaden geführt habe, stamme aus der Sphäre der erstbeklagten Partei. Die auf Grund ihrer Anweisung von der Firma P***** verwendeten Konstruktionszeichnungen hätten gegenständlichenfalls zur Aufstellung des Kessels dienende Ösen nicht enthalten. Wie die erstbeklagte Partei selbst vorgebracht habe, seien die Montagebügel von der Firma G*****/Deutschland völlig anders konstruiert worden, wie die von der Firma P***** hergestellten. Die Verantwortung für die Tauglichkeit der Konstruktionen für die Übereinstimmung des angefertigten Produktes mit den gegebenen Anweisungen treffe daher die erstbeklagte Partei. Sie sei zu einer sehr einfach auszuführenden Kontrolle verpflichtet gewesen, ob der von der Firma P***** angefertigte Kessel den vom Stammunternehmen der erstbeklagten Partei (Firma G*****/Deutschland) bezogenen Fertigungsanweisungen entspreche. Da die Verantwortlichkeit der erstbeklagten Partei auf einer Vertragshaftung beruhe, sei auch nicht bedeutungslos, dass sie gegenüber ihrer Vertragspartnerin den Eindruck erweckt habe, sie liefere das Gerät aus ihrem Werk in Gmunden; ihre Vertragspartnerin habe sohin erwarten können, ein auf der Fertigungserfahrung der erstbeklagten Partei beruhendes ausgereiftes Industrieprodukt zu erhalten.
Die erstbeklagte Partei könne sich auch nicht damit entschuldigen, sie hätte nach der von ihr durchzuführenden Erstmontage mit keinem weiteren Transport des Kessels rechnen müssen. Schon aus der Verwendung dieses Begriffes ("Erstmontage") bei Vertragsabschluss ergebe sich, dass eine weitere Aufstellung durchaus im Bereich der Möglichkeit gelegen sei. Nassentstaubungsanlagen dieser Art werden für Asphaltmischanlagen verwendet. Es sei allgemein bekannt, dass derartige Mischanlagen nach Abschluss größerer Straßenbauvorhaben an andere Orte verlegt würden. Da die erstbeklagte Partei die Anlage an eine Baufirma verkauft habe, habe sie mit einem weiteren Transport nach der Erstmontage rechnen müssen. Ihre Haftung umfasse alle Schäden, die nicht durch das Hinzutreten ganz außergewöhnlicher Ursachen hervorgerufen würden.
Die Klägerin gehöre zum Kreis der aus dieser erweiterten Vertragshaftung geschützten und unmittelbar anspruchsberechtigten Personen. Die erstbeklagte Partei habe auch voraussehen können, dass sich die zweitbeklagte Partei zur ferneren Aufstellung des gelieferten Kessels dritter Personen werde bedienen müssen. Die Klägerin sei jenem Personenkreis zuzuzählen, dem die Vertragspartnerin der erstbeklagten Partei, nämlich die zweitbeklagte Partei, aus dem abgeschlossenen Werkvertrag zu einer Fürsorge verpflichtet sei, die auch eine Haftung für Sachschäden umfasse. Die erstbeklagte Partei habe daher der Klägerin wegen Verletzung der pflichtgemäßen Obsorge bei der Inverkehrsetzung eines gefährlichen (Bestandteiles eines) Produktes zu haften. Hiebei hafte sie im Rahmen der beschriebenen erweiterten Vertragshaftung auch für das Verschulden der Personen, der sie sich zur Erfüllung des Vertrages bedient habe (§ 1313a ABGB), sodass das Problem der Deliktshaftung juristischer Personen für ihre (nicht zu den Organen gehörenden ) Gehilfen gar nicht zum Tragen komme.
Ein Mitverschulden der Gehilfen der klagenden Partei liege hier nicht vor, weil die Unzulänglichkeit des Werkes äußerlich für einen Laien nicht zu erkennen gewesen sei. Von einem Kranführer und von den übrigen Arbeitern eines Schwertransportunternehmens könne nicht verlangt werden, vor der Benützung eines offensichtlich zum Anheben eines schweren Gegenstandes bestimmten angeschweißten Hakens Untersuchungen über dessen Tragfähigkeit anzustellen. Dieses Urteil des Berufungsgerichtes bekämpft die erstbeklagte Partei mit der vorliegenden Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Abweisung des gegen sie erhobenen Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird beantragt, das Urteil des Erstgerichtes dahin abzuändern, "dass dem Grund nach ein Mitverschulden der klagenden Partei von 75 % festgestellt werde". Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Ansicht der Revisionswerberin, dass eine Haftung ihrerseits für den Unfall vom 25. 10. 1973 nicht gegeben sei, weil der Montagebügel, dessen fehlerhafte Konstruktion zu diesem Unfall geführt habe, bei der erstbeklagten Partei nicht bestellt, von ihr nicht hergestellt und ihr auch nicht bezahlt worden sei, ist verfehlt, weil es sich bei diesem Montagebügel um einen Bestandteil der bei der erstbeklagten Partei in Auftrag gegebenen und von ihr gelieferten Gesamtanlage gehandelt hat, mag dieser Bestandteil auch nicht in der Bestellung oder in der Faktura ausdrücklich angeführt worden sein. Der Besteller der Anlage und dritte Personen, die den Transport und die Aufstellung vorzunehmen haben, mussten sich darauf verlassen können, dass die am Kessel angebrachten Haltevorrichtungen auch hiefür tatsächlich geeignet sind. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes wurde die Anlage nach den von der erstbeklagten Partei - durch die Firma G*****/Deutschland - zur Verfügung gestellten Plänen von einem Subunternehmer (Firma P*****) hergestellt. Da die Konstruktion und Anbringung der Montagebügel aber von diesen Plänen abwich, wäre es auch Pflicht der erstbeklagten Partei als mit der Herstellung der Anlage betrauter Unternehmer (Generalunternehmer) gewesen, die planwidrig ausgeführten Montagebügel auf ihre Tragfähigkeit zu überprüfen, im Hinblick auf ihre mangelnde Eignung durch geeignete Halterungen zu ersetzen bzw ersetzen zu lassen oder auf ihre beschränkte Eignung (z. B. nur für die Erstmontage) ausdrücklich hinzuweisen. Zutreffend hat das Berufungsgericht - entgegen der in der Revision geäußerten Ansicht - darauf hingewiesen, dass die erstbeklagte Partei im Hinblick auf die Vereinbarung über die von ihr kostenlos vorzunehmende "Erstmontage" nicht davon ausgehen durfte, dass das Gerät nicht mehr von seinem ursprünglichen Aufstellungsplatz entfernt werden sollte.
Das Berufungsgericht hat daher die Haftung der erstbeklagten Partei nach den in seiner Entscheidung näher ausgeführten, in der Revision nicht bekämpften Grundsätzen über die Produzentenhaftung für gefahrenträchtige Erzeugnisse für die Schäden, die der klagenden Partei durch den Unfall am 25. 10. 1973 entstanden sind, mit Recht bejaht.
Die Revision wendet sich schließlich auch noch gegen die Ansicht der Vorinstanzen, dass die klagende Partei kein Mitverschulden an dem gegenständlichen Unfall treffe. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war es "Laien" nicht möglich, die fehlerhafte Konstruktion der Montagebügel und seine zu geringe Tragfähigkeit zu erkennen. Unter "Laien" sind Personen zu verstehen, die nicht dem Personenkreis der Konstrukteure und Hersteller derartiger Vorrichtungen angehören. Zu diesem Personenkreis gehörte weder der Zweitbeklagte und seine Gehilfen noch die Gehilfen der klagenden Partei, die den Transport des Kessels am 25. 10. 1973 durchgeführt haben. Der klagenden Partei kann daher keine Mitverschulden an dem Unfall vom 25. 10. 1973 angelastet werden.
Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 52 Abs 2 und 393 Abs 4 ZPO.
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