OGH 2Ob620/86

OGH2Ob620/8612.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine S***, Geschäftsfrau, 3430 Tulln, Wiener Straße 5,

vertreten durch Dr. Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wider die beklagten Parteien 1. F*** Vertriebsgesellschaft für Flüssiggas Ges.m.b.H., 2100 Leobendorf, An der Bundesstraße 6,

2. Fa. Z***, Ges.m.b.H., 3430 Tulln, Albrechtsgasse 12, beide vertreten durch Dr. Kurt Schneider und Dr. Rudolf Riedl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 2,452,409,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6. März 1986, GZ 15 R 287/85-48, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 6. August 1985, GZ 1 Cg 363/83-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird, soweit sie sich gegen den die zweitbeklagte Partei betreffenden Urteilsspruch des Berufungsgerichtes richtet, nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat der zweitbeklagten Partei die mit S 9.420,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 942,08 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Im übrigen, also im Hinblick auf die erstbeklagte Partei, wird der Revision Folge gegeben. Das berufungsgerichtliche Urteil wird insoweit aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 29. Dezember 1980 kam es in der von der Klägerin gemeinsam mit ihrer Schwester Gerlinde S*** in Tulln betriebenen Gemischtwarenhandlung nach dem Ausströmen von Gas aus einer bei der zweitbeklagten Partei gekauften, von der erstbeklagten Partei abgefüllten Propangasflasche zu einem Brand, wodurch das Geschäftslokal samt Einrichtung und Waren sowie der anschließende Teil des Wohnhauses zerstört wurden.

Die Klägerin begehrt Schadenersatz in der Höhe von

S 2,452.409 s.A. mit der Behauptung, der Brand sei wegen der mangelhaften Beschaffenheit der Gasflasche ausgebrochen, weshalb ihr die beklagten Parteien als Erzeuger bzw. Abfüller und Verkäufer der Flasche für den Schaden hafteten.

Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung. Die erstbeklagte Partei sei nicht Erzeuger der Gasflasche, sondern sie fülle die von ihr zugekauften, zur Verwendung zugelassenen Gasflaschen nur mit Flüssiggas ab. Die zweitbeklagte Partei sei eine Vertriebsstelle der erstbeklagten Partei. Ein Vertragsverhältnis der Klägerin zur erstbeklagten Partei bestehe überhaupt nicht, die zweitbeklagte Partei habe die gefüllte Gasflasche nicht an die Klägerin, sondern an die von dieser gemeinsam mit ihrer Schwester betriebene protokollierte Firma Christine S*** und Gerlinde S*** Offene Handelsgesellschaft verkauft.

Sämtliche Sicherungsbestimmungen bei Füllung der gegenständlichen Flasche mit Gas seien eingehalten worden, die gelieferte Flasche sei mängelfrei gewesen. Gerlinde S*** habe an der Flasche manipuliert, dabei das Handrad am Flaschenventil verdreht und solcherart das dann sofort mit einem lauten Zischen verbundene Ausströmen von Gas verschuldet. Aufgrund der nachträglichen Überprüfung durch die kriminaltechnische Zentralstelle des Bundesministeriums für Inneres sei ein technisches Gebrechen und ein menschliches Fehlverhalten "im Bereiche der Herstellerfirma" ausgeschlossen. Für ein allenfalls schadhaftes Überdruckventil könne die erstbeklagte Partei, welche keine Gasflaschen erzeuge, sondern nur "Vertriebsgesellschaft" sei, nicht verantwortlich gemacht werden. Lediglich nicht gänzlich auszuschließen sei ein in einer allfälligen Überfüllung gelegenes menschliches Versagen. Die Klägerin erscheine im Hinblick auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis allein nicht zur Geltendmachung der auch der Höhe nach bestrittenen Klagsforderung legitimiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Sein Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die Klägerin eine auf § 503 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung oder auf Aufhebung und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung.

Die beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise gerechtfertigt.

Nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen führten die Klägerin und ihre Schwester Gerlinde S*** das Gemischtwarengeschäft auf der in ihrem jeweiligen Hälfteeigentum stehenden Liegenschaft in Form einer Offenen Handelsgesellschaft. Nach dem Brand und der Behebung der Brandschäden übernahm die Klägerin allein den Geschäftsbetrieb, ihre Schwester stellte sie als Angestellte an. Während der kalten Jahreszeit war das Geschäft immer mit einem Ölofen und bei besonderer Kälte zusätzlich mit einem Propangasofen beheizt und das hiefür erforderliche Propangas von der zweitbeklagten Partei bezogen worden. Am 29. Dezember 1980 stand der Ölofen seit 6 Uhr 30 morgens in Betrieb. Es wurde nicht besonders warm und an dem ebenfalls in Funktion gesetzten Propangasofen ging im Verlaufe des Vormittags das Gas aus. Über Auftrag von Gerlinde S*** holten zwei im Geschäft angestellte Verkäuferinnen bei der zweitbeklagten Partei eine von der erstbeklagten Partei gefüllte Propangasflasche und brachten sie um ca. 14 Uhr 55 in den Geschäftsraum, wo sie zunächst ca. 10 m vom Ölofen entfernt abgestellt wurde. Als der Geschäftsgang um ca. 15 Uhr 15 etwas nachließ, wollte Gerlinde S*** die Gasflasche an den Gasofen anschließen. Sie versuchte zunächst, die Plastikverschlußkappe am Anschlußstück zu lösen, was ihr mit bloßen Händen nicht gelang. Hierauf versuchte sie dies mit einer schon früher für derartige Zwecke verwendeten Zange, rutschte dabei aber immer wieder von der Plastikverschlußkappe ab. Wegen dieser Erfolglosigkeit und weil sie sich wegen einer Erkrankung schwach fühlte, gab Gerlinde S*** ihre Versuche auf und wandte sich der Bedienung einer Kundin zu. Nachdem sie sich einige Meter weit zur Wurstvitrine begeben hatte, ertönte von der Gasflasche her ein lautes, deutlich wahrnehmbares zischendes oder pfeifendes Geräusch. Eine Kundin namens Adelheid S*** rief hierauf "schnell hinaus", welchem Ruf die drei Angestellten der Klägerin sofort folgten. Gerlinde S*** schloß sich ihnen nicht an und lief in den Hof, wo sie eine Wasserleitung aufdrehte, an welcher ein Schlauch angeschlossen war. Das relativ laute "Zischen" der Gasflasche hatte einige Zeit kontinuierlich angehalten. Wielange es und ob es bis zur folgenden Explosion "der Gasflasche" andauerte, kann nicht festgestellt werden. Bei der Explosion zerbarsten die Auslagen und Fensterscheiben und es brach ein Brand aus. Gerlinde S*** begab sich auf die Straße und ersuchte einen Mann, ihre Tante aus dem neben dem Geschäft befindlichen Wohnzimmer zu bringen. Um ca. 15 Uhr 30 traf die alarmierte Feuerwehr ein und war sodann bis um 16 Uhr 30 mit den Löscharbeiten beschäftigt. Durch den Brand wurde das Geschäftslokal samt Inventar vollständig und das Haus mit der Wohnung teilweise vernichtet. Die Explosion war durch den Austritt einer erheblichen, nicht näher feststellbaren Propangasmenge, welche sich an der Zündflamme des Ölofens oder durch einen Schaltfunken der im Geschäft befindlichen Kühltruhe entzündete, ausgelöst worden. Am Unfallstag hatte es im Raume Tulln um 7 Uhr früh eine Temperatur von - 2,6oC, um 14 Uhr von + 2,2oC und um 19 Uhr von - 1,4oC. Im Geschäft der Klägerin herrschte eine Temperatur von unter + 17o, eine diesbezügliche genauere Feststellung ist nicht möglich. Am Gang neben dem Geschäft betrug die Temperatur + 17o. Die erstbeklagte Partei füllt mit ihrer automatischen Abfüllanlage während der kalten Jahreszeit täglich rund 6.000 im Ausland gekaufte und dort überprüfte Gasflaschen ab, welche bis zur Auslieferung höchstens 48 Stunden bei ihr lagern. Die von der Klägerin gekaufte Gasflasche wurde am 17. oder 18. Dezember 1980 abgefüllt. Von einem 150 m3 Flüssiggas enthaltenden Tank gelangt das Gas zur Abfüllstation, dort werden mittels Förderband die Leerflaschen auf eine Waage gestellt, welche auf eine bestimmte Abfüllmenge justiert ist, ein "Füllmeister" prüft die richtige Einstellung, die Flaschen werden sodann automatisch auf das eingestellte Füllgewicht, hier 11 kg, gefüllt, sodann automatisch abgekoppelt und auf eine Kontrollwaage gestellt, wo Arbeiter bei jeder einzelnen Flasche Kontrollabwaagen durchführen. Ein anderer Arbeiter kontrolliert sodann an jeder Flasche die Dichtung des Anschlusses und schraubt die Plastikverschlußmuttern auf. Im weiteren wird sodann von einem Arbeiter das bisher verschlossene Handrad der Gasflasche geöffnet und dadurch bewirkt, daß der volle Flaschendruck sowohl auf das mittels des Handrades zu öffnende Anschlußventil als auch auf das Sicherungsüberdruckventil wirkt. Schließlich wird mittels einer Seifenlauge der Ventilbereich auf seine Dichtheit überprüft, das Handrad wieder geschlossen und die Verschlußkappe aus Metall aufgesetzt. Stichprobenweise werden im weiteren Kontrollabwaagen der Flaschen durchgeführt. Im Jahresdurchschnitt liefert die erstbeklagte Partei rund eine Million abgefüllte Gasflaschen aus. Am 16. Dezember 1980 herrschte im Bereiche ihrer Betriebsstätte eine Außentemperatur von + 6,7oC, am 17. Dezember 1980 eine solche von + 2,3o und am 18. Dezember 1980 eine solche von + 1,1o. Die Temperatur der gegenständlichen Gasflasche bei ihrer Abfüllung am 17. oder 18. Dezember 1980 kann nicht festgestellt werden, ebensowenig die Temperatur bei ihrer Einbringung in das Lager der zweitbeklagten Partei und in das Geschäft der Klägerin. In letzterem Zeitpunkt ist am ehesten eine Einbringungstemperatur von 3 bis 4o anzunehmen. Der Ansprechbereich des Sicherheitsventils der Gasflasche lag bei ca. 40 bar. Ein Ansprechen dieses Ventils aufgrund eines Überdruckes (Überfüllung, Vollfüllung) ist bei einer im Geschäftslokal der Klägerin gegebenen Raumtemperatur von 15o auszuschließen, weil aufgrund der Temperaturentwicklung in den Tagen zuvor ein allfälliger Überdruck schon im Lager der zweitbeklagten Partei durch Abblasen über das Überdruckventil vermindert worden wäre (AS 84). Ein solches Ansprechen wäre nur ab einer Raumtemperatur von 16o "in einem relativ geringen Bereich" ab einer Mindestverweildauer der Flasche von 20 Minuten im Geschäfte der Klägerin "denkmöglich", und zwar bei einer Einbringungstemperatur von etwa 2,5o bzw. bei einer Einbringungstemperatur von 3 bis 4o und einer Verweildauer von 30 Minuten. Ob der Gasaustritt aus dem Anschlußventil bei geöffnetem Handrad oder über das Sicherheitsventil erfolgte, kann nicht festgestellt werden. Die kriminaltechnische Untersuchung der Gasflasche ergab, daß nach dem Brand keinerlei Veränderungen durch Drehen am Handrand durchgeführt werden konnten und das Anschlußventil dicht, also in geschlossener Stellung war, daß aber aus dem Überdruckventil bei der Probe sofort Luft austrat. Als Ursachen des Gasaustrittes aus der Flasche sind folgende denkmöglich und können nicht ausgeschlossen werden: 1. Gerlinde S*** hat bei ihren Versuchen, die Plastikverschlußkappe am Anschluß mit einer Zange zu lösen, diese Kappe beschädigt und gleichzeitig das Handrad zumindest teilweise geöffnet. Die beschädigte Verschlußkappe wurde sodann durch den Gasdruck weggesprengt, nach dem Entweichen einer erheblichen, entzündungsfähigen Gasmenge hat Gerlinde S***, nachdem sich alle anderen aus dem Geschäft entfernt hatten und sie allein war, das Handrad wieder zugedreht (Sachverständiger AS 165); 2. Das normalerweise bei einem Druck von etwa 40 bar ansprechende Überdruckventil war schadhaft. Nach dem Unfall wurde festgestellt, daß seine Dichtung gespalten war (AS 12 in ON 6 des Strafaktes). Es kann nicht festgestellt werden, ob das Überdruckventil tatsächlich schon vor dem Unfall schadhaft war und dadurch unter Umständen schon bei einem wesentlich geringeren Druck als 40 bar Gas ausströmen konnte. Eine Materialermüdung an der Schließfeder des Überdruckventiles kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden; 3. Eine Überfüllung (Vollfüllung) der Gasflasche bei der erstbeklagten Partei und entsprechende Erwärmung während der rund 25-minütigen Verweildauer der Flasche im Geschäft der Klägerin bis zur Explosion, was allerdings zur Voraussetzung hat, daß die Raumtemperatur mindestens 16o betrug.

In seiner Beweiswürdigung verwies das Erstgericht darauf, da es die technisch denkbaren Schadensursachen "als Unglücksvarianten" dargestellt und keine dieser festgestellten Varianten als erwiesen erachtet habe, weil für keine Variante derart zwingende Gründe sprächen, daß das Gericht die anderen Varianten ausschließen zu können glaube. Es sei kein Anhaltspunkt vorhanden, der eine Variante als die wahrscheinlichere ansehen ließe. Ein Schließen des allenfalls zunächst geöffneten Handrades vor der Explosion habe das Beweisverfahren zwar nicht ergeben, doch sei dies ohne weiteres denkmöglich, "weil sich Gerlinde S*** eine Zeitlang ohne Anwesenheit weiterer Personen im Geschäftslokal aufgehalten haben konnte, bevor sie in den Hof zum Wasserschlauch lief."

Zur rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes führte das Erstgericht aus, hinsichtlich der zweitbeklagten Partei habe die Klägerin ein schuldhaftes Verhalten gar nicht behauptet und es sei ein solches auch nicht hervorgekommen. Die Prüfungspflicht des Händlers dürfe nicht überspannt werden, er hafte nur für eigenes Verschulden betreffend die Auswahl des Produktes, die Lagerung, für Hinweise auf Gefahren usw. und sei nicht Erfüllungsgehilfe des Produzenten. Mit der erstbeklagten Partei sei die Klägerin bzw. die Offene Handelsgesellschaft, deren Rechte durch Übernahme und Fortsetzung des Geschäftes analog der Bestimmung des § 142 HGB auf sie übergegangen seien, in keinem Vertragsverhältnis gestanden. Nach der Klagserzählung würden hier Ansprüche aus deliktischer und Produzentenhaftung geltend gemacht. Hinsichtlich der Deliktshaftung müsse im Zweifel davon ausgegangen werden, daß der Schaden ohne Verschulden eines anderen eingetreten sei und die Beweislast für ein Verschulden den Geschädigten treffe. Bei der Produzentenhaftung habe gemäß § 1298 ABGB der Unternehmer den Beweis über die Erfüllung der gebotenen Sorgfalt und somit den Mangel eines Verschuldens an der Beschädigung zu erbringen. Für Fehler der Gasflasche hafte die erstbeklagte Partei vorliegendenfalls nicht, weil sie nicht Erzeuger derselben gewesen sei. Dagegen müsse sie hinsichtlich der Abfüllung der Gasflasche als Erzeuger angesehen werden, weil die Produzentenhaftung auch auf Zwischenglieder der Verbraucherkette auszudehnen sei. Ob der erstbeklagten Partei der Beweis einer mangelfreien Abfüllung der Gasflasche gelungen sei, müsse nicht geprüft werden, weil die Klägerin den ihr obliegenden Beweis der Schadensverursachung durch einen Fehler der erstbeklagten Partei bei der Abfüllung der Gasflasche nicht erbracht habe. Es liege nicht einmal ein prima facie-Beweis, der die Umkehr der Beweislast bewirke, vor, zumal der Schädiger zur Widerlegung nur ernstlich in Betracht zu ziehende andere Möglichkeiten der Schadensverursachung aufzeigen müsse. Vorliegendenfalls seien vom Gericht drei Möglichkeiten der Schadensverursachung festgestellt worden, sodaß eine Überfüllung keinesfalls die einzige oder typische Ursache darstelle. Der bloße Verdacht eines bestimmten Ablaufes, der andere Verursachungsmöglichkeiten offenlasse, führe jedoch zur Beurteilung, daß der Anscheinsbeweis mißlungen sei.

Das Berufungsgericht hielt weder die Mängelrüge und Rüge der unrichtigen Tatsachenfeststellung bzw. unrichtigen Beweiswürdigung noch die Rechtsrüge der Klägerin für gerechtfertigt. Ergebe das Beweisverfahren keine verläßlichen Aufschlüsse über den Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Tatsachen, so habe das Gericht eine negative Feststellung zu treffen, worauf die Regeln über die Beweislastverteilung zur Anwendung kämen. Im Sinne der erstgerichtlichen Ausführungen vermöge der Beweis des ersten Anscheins nur bei der gerechtfertigten Annahme typischer Geschehensabläufe eine Verschiebung des Beweisthemas zu rechtfertigen und zu seiner Widerlegung genüge der Nachweis einer anderen, ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeit, die nicht etwa noch wahrscheinlicher als der erste Anschein gemacht werden müßte. Durch § 1298 ABGB werde keine Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Beweises des Kausalzusammenhanges normiert. Im Hinblick darauf, daß der Propangasofen im Geschäfte der Klägerin bereits jahrelang verwendet worden sei, habe es schließlich auch keines besonderen Hinweises über den Gebrauch von Propangasflaschen bedurft. Vor Gefahren, die aus als solche leicht erkennbaren Bedienungsfehlern hervorgingen, müsse nicht besonders gewarnt werden. Auch in einer diesbezüglichen Unterlassung liege somit kein haftungsbegründendes Verschulden.

In der Revision wird als Feststellungsmangel gerügt, die Unterinstanzen hätten auf der Grundlage der Beweisergebnisse positive Feststellungen über die Unfallsursachen treffen, dabei aber die Möglichkeit einer Schadensverursachung durch einen Bedienungsfehler der Gerlinde S*** verneinen müssen. Selbst auf der gegebenen Feststellungsgrundlage sei aber von einem Verschulden der beklagten Parteien auszugehen, weil im Hinblick auf die Gefährlichkeit der unsachgemäßen Handhabung einer Ware, hier der Gasflasche, den Verkäufer die Verpflichtung treffe, alles zur Vermeidung einer solchen unrichtigen Handhabung Erforderliche vorzukehren. In Umkehrung der Beweislast hätten die beklagten Parteien daher darzutun gehabt, daß von ihnen entsprechende Instruktionen erteilt worden seien. Eine solche habe aber völlig gemangelt, so daß selbst eine unrichtige Bedienung zu Lasten der beklagten Parteien ginge.

Zu diesen Ausführungen war zu erwägen:

Das Erstgericht vertrat den Standpunkt, daß die drei von ihm angeführten Unglücksursachen "denkmöglich und nicht ausgeschlossen" erschienen, jedoch keine als die wahrscheinlichere gelten könne und die tatsächliche Ursache daher nicht feststellbar sei. Hinsichtlich der Variante 1, nämlich, daß Gerlinde S*** das Handrad an der Gasflasche zunächst aufgedreht und nach Entweichen von Gas wieder zugedreht habe, berief es sich auf die Ausführungen des Sachverständigen in AS 165. An dieser Stelle hatte der Sachverständige erklärt, eine manuelle Öffnung des Handrades sei denkbar, in welchem Falle das Handrad aber nach dem Austritt einer erheblichen Gasmenge wieder geschlossen worden sein müßte, weil es nach den Ergebnissen des Strafverfahrens nach dem Brand festgestelltermaßen geschlossen gewesen sei. Weitere Beweisergebnisse außer diesen allgemeinen Darlegungen des Sachverständigen führte das Erstgericht zu Variante 1 nicht an, insbesondere nicht, daß sich auf Grund der Beweisergebnisse (Zeugenaussagen, Angaben der von der Gendarmerie vernommenen Auskunftspersonen) tatsächlich irgendein Anhaltspunkt dafür ergebe, daß Gerlinde S*** das Handrad nach dem Ausströmen von Gas wieder zugedreht habe. In der Beweiswürdigung erklärte es vielmehr, ein Schließen des Handrades vor der Explosion habe das Beweisverfahren nicht ergeben, "denkmöglich sei es aber ohne weiteres", weil die Schwester der Klägerin (Gerlinde S***) sich eine Zeit lang ohne Anwesenheit weiterer Personen im Geschäftslokal "aufgehalten haben konnte", bevor sie in den Hof zum Wasserschlauch lief.

Wenn somit aber lediglich die Denkmöglichkeit eines solchen Verhaltens, jedoch keinerlei Beweisergebnis dafür angeführt wird, daß Gerlinde S*** tatsächlich eine solche Gelegenheit hatte, dann bleibt diese Variante 1 zunächst jedenfalls lediglich eine rein theoretische. Hiemit wäre entgegen der unterinstanzlichen Auffassung aber noch keine ernstlich in Betracht zu ziehende, weil auch bereits praktisch wahrscheinliche weitere Möglichkeit der Schadensverursachung aufgezeigt. Diesbezüglich müßte vielmehr zumindest irgendein konkreter Anhaltspunkt für eine solche tatsächliche Gelegenheit der Gerlinde S*** festgestellt sein. Die unmittelbar vor und nach der Explosion anwesenden Personen haben vor der Gendarmerie und im Verfahren Angaben über das damalige Geschehen gemacht, sodaß nicht auszuschließen ist, daß aus den Darstellungen und Beobachtungen konkrete Anhaltspunkte für das mögliche Verhalten der Gerlinde S*** gewonnen werden können. Erst bei Vorliegen diesbezüglicher Feststellungen läßt sich demnach eine Schadensverursachung durch Gerlinde S*** nicht nur als theoretisch denkbar, sondern als auch tatsächlich in Betracht kommende Möglichkeit beurteilen. Ergäben sich jedoch keinerlei konkrete Anhaltspunkte für eine derartige Möglichkeit, dann blieben nur die vom Sachverständigen dargestellten Unfallsursachen der Varianten 2 und 3, nämlich eine Mangelhaftigkeit des Überdruckventils oder eine Überfüllung der Gasflasche. Kämen solcherart aber nur diese beiden und keine anderen Unfallsursachen mehr ernstlich in Betracht, dann hätte die Klägerin ihrer Beweispflicht für die Verursachung des Schadens "prima facie" entsprochen. Es sind somit Feststellungen dahin erforderlich, ob Gerlinde S*** nach dem Ausströmen von Gas allein im Geschäft war und Gelegenheit hatte, das allenfalls von ihr vorher geöffnete Handrad zuzudrehen. Bejahendenfalls wird festzustellen sein, durch welche Zeit in diesem Falle Gas aus der Flasche ausgeströmt sein konnte und ob dies in einem Ausmaß möglich war, das zur Entzündung und zum sofortigen Brand in seinem tatsächlichen Ausmaß führen konnte.

Käme danach die Unglücksvariante 1 nicht als ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit der Schadensverursachung in Frage, so könnte die grundsätzliche Haftung der erstbeklagten Partei für das Schadensereignis aus nachstehenden Gründen gegeben sein:

Die erstbeklagte Partei hat im Rahmen der Produzentenhaftung hinsichtlich des von ihr erzeugten und in Verkehr gesetzten Produktes einer befüllten Gasflasche dafür zu sorgen, daß der Konsument nicht durch die mangelhafte Beschaffenheit dieses aus einem Behältnis mit explosions- und brandgefährdetem Inhalt bestehenden Produktes Schaden an seinen Gütern erleidet (vgl. EvBl 1987/65; 3 Ob 539/84). Nach der ständigen Judikatur trifft sie diesbezüglich die Umkehr der Beweislast nach § 1298 ABGB. Es liegt daher an ihr zu beweisen, daß sie die entsprechenden Vorkehrungen für die Herstellung eines mängelfreien Produktes getroffen hat. Hiezu wäre gegenständlichenfalls zum einen die Verwendung von Gasflaschen mit einwandfreien Ventilen erforderlich. Hinsichtlich der gegenständlichen Gasflasche geht aus dem Schreiben der Erzeugerfirma Josef H***, Kienberg-Gaming, Niederösterreich, an den Sachverständigen Dipl.Ing.E***vom 20. März 1984 (zu ON 7 AS 29) hervor, daß diese Flaschenlieferung schon 20 bis 25 Jahre zurückliegt. Für das Alter der auf der Flasche angebrachten Ventile liegen keine Anhaltspunkte vor. Als nicht auszuschließende Unfallsursache wurde eine Materialübermüdung an der Schließfeder des Überdruckventils festgestellt. Somit wäre aber von der erstbeklagten Partei zu beweisen, daß die im Hinblick auf eine aus Sicherheitsgründen allenfalls eingeschränkte Verwendungszeit von Ventilen erforderliche regelmäßige Überprüfung und Erneuerung derselben vorgenommen wurde und ein Mangel des Produktes auch im Hinblick auf das Alter der Ventile und der Möglichkeit des Auftretens von Alterungserscheinungen an diesen nicht vorlag. Schon die Unterlassung einer diesbezüglich erforderlichen regelmäßigen Überprüfung und entsprechenden Erneuerung müßte der erstbeklagten Partei als Verschulden zur Last fallen. Neben einer solchen Unfallsursache käme zum anderen noch die in einer Überfüllung der Gasflasche gelegene Mangelhaftigkeit des Produktes in Betracht. Eine solche auch schon durch einfache Gewichtskontrolle feststellbare Überfüllung könnte zwangsläufig nur im Falle von Sorgfaltsverstößen der Mitarbeiter der erstbeklagten Partei eingetreten sein (vgl. Koziol, Haftpflichtrecht2 II, 91). Für deren Verschulden hätte die erstbeklagte Partei aber gemäß § 1313 a ABGB einzustehen. Die Rechtssache erweist sich somit hinsichtlich der erstbeklagten Partei noch nicht als spruchreif.

Dagegen haben die Unterinstanzen das Klagebegehren gegen die zweitbeklagte Partei mit zutreffender Begründung abgewiesen. Nach der übereinstimmenden Lehre und Rechtsprechung (siehe hiezu Koziol aaO, FN. 144) dürfen die Anforderungen an die Überprüfungspflicht des Händlers nicht überspannt werden. Eine besondere Anleitung, wie die Gasflasche beim Anschluß an den Gasofen zu handhaben ist, war im Hinblick auf die jahrelangen Lieferungen solcher Flaschen an den Betrieb der Klägerin vorliegendenfalls nicht mehr erforderlich. Daß ein allfälliges Öffnen des Handrades vor dem Anschluß an einen Gasofen mit der Gefahr des Gasaustrittes verbunden ist, stellt eine allgemein bekannte Erfahrungstatsache dar, sodaß auf die daraus hervorgehenden Gefahren nicht besonders verwiesen werden muß. Der Revision war somit teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich hinsichtlich der erstbeklagten Partei auf § 52 ZPO, hinsichtlich der zweitbeklagten Partei auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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