OGH 13Os153/03 (RS0118778)

OGH13Os153/039.6.2020

Rechtssatz

Das Beweiserhebungsverbot (= Beweisgewinnungsverbot) des § 252 Abs 1 StPO sichert das - mit dem Fragerecht nach Art 6 Abs 3 lit d MRK normativ verknüpfte - strafprozessuale Unmittelbarkeitsprinzip gegen Unmittelbarkeitssurrogate, die durch die Ausnahmesätze der Z 1 bis 4 des § 252 Abs 1 StPO nicht gedeckt sind, bei sonstiger Nichtigkeit ab. Durch innerstaatliche Amtsverschwiegenheit bedingte Unmöglichkeit, das Erscheinen eines Zeugen zu bewerkstelligen, kann grundsätzlich nicht als Verlesungsermächtigung nach § 252 Abs 1 Z 1 StPO begriffen werden.

Normen

MRK Art6 Abs1 II5b1
MRK Art6 Abs3 litd IV4
StPO §252 Abs1
StPO §252 Abs4
StPO §281 Abs1 Z3

13 Os 153/03OGH18.02.2004
15 Os 63/04OGH11.08.2004

Beisatz: Die innerstaatliche Amtsverschwiegenheit könnte aber einen erheblichen Grund im Sinn des § 252 Abs 1 Z 1 StPO darstellen, wenn im Verfahren wegen einer außergewöhnlich schwerwiegenden Straftat die schriftlich festgehaltenen Angaben eines besonders schutzbedürftigen Zeugen unverzichtbar erscheinen, somit die Kautelen des § 166a StPO in Verbindung mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit und erforderlichenfalls auch desjenigen seitens des Angeklagten namhaft gemachter Vertrauenspersonen (§§ 229 Abs 1, 230 Abs 2 letzter Satz [162 Abs 2 dritter Satz] StPO bzw § 250 Abs 1 und 2 StPO) diesem Schutzzweck nicht hinreichend zum Durchbruch verhelfen würden, sodass eine Verlesung nach § 252 Abs 1 Z 1 StPO wegen evidenter Gefahr für die persönliche Sicherheit des verdeckten Ermittlers in Betracht kommen könnte. (T1)

14 Os 107/04OGH05.10.2004

Vgl; Beisatz: Die StPO verbietet keineswegs generell die Abhörung sogenannter "Zeugen vom Hörensagen", vielmehr nur insoweit, als gerichtliche und sonstige amtliche Protokolle über die Vernehmung von Mitbeschuldigten und Zeugen sowie amtliche Schriftstücke, in denen Aussagen von Zeugen oder Mitbeschuldigten festgehalten worden sind, und schließlich technische Aufnahmen über die Vernehmung von Mitbeschuldigten oder Zeugen nur nach Maßgabe der in § 252 Abs 1 Z 1 bis 4 StPO genannten Ausnahmen, solcherart bloß mittelbar in der Hauptverhandlung vorkommen dürfen. (T2)<br/>Beisatz: Kam der Inhalt der Aussage eines Zeugen "vom Hörensagen" durch die einverständliche Verlesung des schriftlichen Berichtes letztlich rechtens im Beweisverfahren der Hauptverhandlung vor, wurde die gesetzlich nicht gedeckte Abhörung des Berichtverfassers nachträglich saniert. (T3)

15 Os 148/04OGH26.01.2005

nur: Das Beweiserhebungsverbot (= Beweisgewinnungsverbot) des § 252 Abs 1 StPO sichert das - mit dem Fragerecht nach Art 6 Abs 3 lit d EMRK normativ verknüpfte - strafprozessuale Unmittelbarkeitsprinzip gegen Unmittelbarkeitssurrogate, die durch die Ausnahmesätze der Z 1 bis 4 des § 252 Abs 1 StPO nicht gedeckt sind, bei sonstiger Nichtigkeit ab. (T4)

13 Os 23/10xOGH08.04.2010

Auch; nur T4; Beis wie T3

11 Os 55/10pOGH22.06.2010

Vgl

14 Os 78/10tOGH20.07.2010

Auch; nur T4; Beis ähnlich wie T3

13 Os 85/10iOGH19.08.2010

Vgl; Beis ähnlich wie T3

15 Os 162/10bOGH25.05.2011

Vgl; Beis ähnlich wie T3

11 Os 59/12dOGH28.06.2012

Auch; nur: § 252 Abs 1 StPO sichert das ‑ mit dem Fragerecht nach Art 6 Abs 3 lit d MRK normativ verknüpfte ‑ strafprozessuale Unmittelbarkeitsprinzip gegen Unmittelbarkeitssurrogate ab. (T5)

11 Os 127/12dOGH13.11.2012

Auch; Beis wie T2

11 Os 35/13aOGH19.03.2013

Vgl; nur ähnlich T5

15 Os 1/13fOGH22.05.2013

Auch; nur T4

14 Os 67/13dOGH11.06.2013

Vgl, Beis ähnlich wie T3

11 Os 31/14iOGH08.04.2014

Auch; Beis wie T3

14 Os 69/15aOGH17.11.2015

Auch; Beis wie T3

14 Os 39/20xOGH09.06.2020

Vgl

Dokumentnummer

JJR_20040218_OGH0002_0130OS00153_0300000_001