Rechtssatz
Drittstaatsangehörige Kinder fallen bei reinem Inlandsbezug nicht in den persönlichen Geltungsbereich der genannten Verordnungen. Sie haben keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss.
Normen
UVG §2 Abs1
Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates 371R1408 Wanderarbeitnehmerverordnung Art3
Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates 371R1408 Wanderarbeitnehmerverordnung Art4, Verordnung (EG) Nr 859/2003 des Rates 32003R0859 Ausdehnung der Wanderarbeitnehmerverordnung auf Drittstaatsangehörige Art1
Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates 32004R0883 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit allg
Verordnung (EU) Nr 1231/2010 zur Ausdehnung der Verordnung (EG) Nr 883/2004 und der Verordnung (EG) Nr 987/2009 auf Drittstaatsangehörige 32010R1231 allg
1 Ob 171/05m | OGH | 13.12.2005 |
Beisatz: Der erforderliche Gemeinschaftsbezug kann darin liegen, dass Personen, Sachverhalte oder Begehren eine rechtliche Beziehung zu einem anderen Mitgliedstaat aufweisen. Diese Umstände sind in der Staatsangehörigkeit, dem Wohn- oder Beschäftigungsort, dem Ort eines die Leistungspflicht auslösenden Ereignisses, sowie der vormaligen Arbeitstätigkeit unter dem Recht eines anderen Mitgliedstaats oder ähnlichen Merkmalen zu sehen (10 Ob 60/03a mwN). (T1) |
6 Ob 263/04a | OGH | 17.02.2005 |
Auch; Beisatz: Hier: Der einzige Auslandsbezug war die polnische Staatsbürgerschaft der Beteiligten. Eine Beziehung zu einem weiteren Mitgliedsstaat, wie sie die zitierte Verordnung verlangt, lag bis 30. 4. 2004 nicht vor.Für die Zeit ab 1. 5. 2005 gilt infolge des Beitritts Polens zur EU, dass ein polnischer Staatsbürger in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung fällt. Familienleistungen wie Unterhaltsvorschüsse stehen daher seinen im Haushalt der obsorgeberechtigten in Österreich wohnhaften Mutter lebenden Kindern grundsätzlich zu, weil der erforderliche Gemeinschaftsbezug zu bejahen ist und nicht der Fall vorliegt, dass der Sachverhalt mit keinem Element über die Grenzen eines Mitgliedsstaats hinausweist. (T2) |
10 Ob 6/10w | OGH | 09.02.2010 |
Auch; Beisatz: Soweit kein besonderes bilaterales Abkommen anzuwenden ist, unterliegen Familienmitglieder von Drittstaatsangehörigen nach Art 1 der VO (EG) 859/2003 dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 VO (EWG) 1408/71 , wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben und ihre Situation zumindest mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist. Österreich hat darüber hinaus im Anhang zur VO (EG) 859/2003 den Anspruch auf Familienleistungen (und damit auch für Unterhaltsvorschüsse) für Drittstaatsangehörige davon abhängig gemacht, dass diese die Voraussetzungen des österreichischen Rechts für einen dauerhaften Anspruch auf Familienbeihilfe erfüllen. (T3)<br/>Beisatz: Ein Anspruch auf österreichischen Unterhaltsvorschuss gemäß Art 1 der VO 859/2003 iVm Art 3 der VO 1408/71 ist zu bejahen, wenn die drittstaatsangehörige Mutter einer Beschäftigung in Österreich nachgeht, während der drittstaatsangehörige Vater als Wanderarbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat zur Arbeitsaufnahme gewechselt ist. (T4) |
10 Ob 9/10m | OGH | 02.03.2010 |
Beis wie T1; Beis wie T3; Beisatz: Mit der VO (EG) 859/2003 werden Drittstaatsangehörige nicht EU- bzw EWR-Bürgern generell gleichgestellt, sondern nur in Bezug auf grenzüberschreitende Bewegungen innerhalb der EU- bzw EWR-Mitgliedstaaten. (T5) |
10 Ob 12/10b | OGH | 23.03.2010 |
Beis wie T3; Beis wie T5; Beisatz: Es ist kein österreichischer Unterhaltsvorschuss zu gewähren, wenn das Kind und beide Elternteile Staatsbürger eines Drittstaats sind und sowohl das Kind als auch beide Elternteile ihren rechtmäßigen Wohnsitz in Österreich haben, sei es von Geburt an oder aufgrund direkten Zuzugs aus dem Drittstaat. In diesem Fall fehlt es nämlich am (Wanderarbeitnehmer-)Bezug zu einem weiteren Mitgliedstaat, der erst den persönlichen Anwendungsbereich der VO (EG) 859/2003 eröffnen würde. (T6) |
10 Ob 25/10i | OGH | 01.06.2010 |
Auch; Beis wie T5; Beis ähnlich wie T3; Beisatz: An dieser Rechtslage für Drittstaatsangehörige hat sich durch die neue Koordinierungsverordnung VO (EG) 883/2004 keine Änderung ergeben, da der persönliche Geltungsbereich dieser Verordnung (Art 2) Drittstaatsangehörige nicht erfasst. Nach Art 90 Abs 1 lit a der VO (EG) 883/2004 gilt vielmehr für die in VO (EG) 859/2003 einbezogenen Drittstaatsangehörigen weiterhin die VO (EWG) 1408/71 . (T7) |
10 Ob 60/12i | OGH | 25.06.2013 |
Beis wie T5; Beis wie T7; Beisatz: Die VO (EU) 1231/2010 ist am 1. 1. 2011 in Kraft getreten und hat die frühere Drittstaatsangehörigenverordnung VO (EG) 859/2003 abgelöst. Angehörige eines Drittstaats, können ihr Begehren auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen schon deshalb nicht mit Erfolg auf die VO (EU) 1231/2010 stützen, weil Unterhaltsvorschüsse vom Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 ausgenommen sind. Darüber hinaus sind Drittstaatsangehörige auch nach der VO (EU) 1231/2010 EU‑Bürgern nicht generell gleichgestellt, sondern nur in Bezug auf grenzüberschreitende Bewegungen innerhalb der EU‑Mitgliedstaaten, wodurch ein Bezug zu zumindest zwei Mitgliedstaaten hergestellt wird. (T8) |
Dokumentnummer
JJR_20041021_OGH0002_0060OB00151_04F0000_001
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