OGH 15Os11/92 (RS0094959)

OGH15Os11/9223.4.1992

Rechtssatz

Eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung liegt sowohl im Falle des heterosexuellen als auch im Falle des homosexuellen Mißbrauchs jedenfalls bei der sexualbezogenen geschlechtsaktsähnlichen Berührung der primären Geschlechtsorgane des Opfers oder des Täters, sohin der sexualspezifischen Körperpartien auch nur einer der in die betreffende Tat involvierten Personen vor, sofern es hiedurch zu einer oralen, analen oder vaginalen Penetration gekommen ist oder nach dem Tätervorsatz kommen soll. Mehrfaches Einführen eines Fingers in die Scheide des Opfers ist als vaginale Penetration tatbestandsmäßig.

Normen

StGB §201

15 Os 11/92OGH23.04.1992

Veröff: EvBl 1992/180 S 766 = JBl 1992,729 (ablehnend Schwaighofer)

14 Os 144/93OGH05.10.1993

Vgl auch; Beisatz: Da ein Eindringen mit dem männlichen Glied in die Scheide einer Frau ohnedies als Beischlaf tatbildlich ist, ist zu folgern, dass der Gesetzgeber mit der beispielhaften Anführung auch einer vaginalen Penetration als einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung andere Formen des Eindringens in die Scheide einer Frau als tatbestandsmäßig erfassen wollte. (T1)

14 Os 188/93OGH01.03.1994

Vgl aber; Beisatz: In der analen Penetration des Tatopfers mit dem Finger kann (im Anlassfall) eine einem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung (noch) nicht erblickt werden (auf die von der GP betonte fehlende "Beteiligung" eines primären Geschlechtsorgans wurde in der Entscheidungsbegründung nicht ausdrücklich eingegangen). (T2)

15 Os 15/95OGH11.05.1995

Beisatz: Auch das (fallbezogen nur) einmalige Einführen des Fingers des Täters in die Scheide des (minderjährigen) Opfers ist unter den hier aktuellen Tatmodalitäten als eine dem Beischlaf gleichzusetzende Form der geschlechtlichen Betätigung zu werten. (T3)

14 Os 83/97OGH05.08.1997

Vgl; nur: Mehrfaches Einführen eines Fingers in die Scheide des Opfers ist als vaginale Penetration tatbestandsmäßig. (T4)<br/>Beisatz: Für den Strafaufhebungsgrund des § 16 Abs 1 StGB bleibt kein Raum, weil die Tat mit dieser Penetration bereits vollendet war, sodaß für den Angeklagten aus seinem Verzicht auf die vollständige Realisierung seines Tatvorhabens (Oralverkehr) nichts zu gewinnen ist. (T5)

11 Os 101/99OGH21.09.1999

Beis wie T3

11 Os 70/02OGH02.09.2002

Auch; nur: Eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung liegt vor, sofern es zu einer oralen, analen oder vaginalen Penetration gekommen ist oder nach dem Tätervorsatz kommen soll. Mehrfaches Einführen eines Fingers in die Scheide des Opfers ist als vaginale Penetration tatbestandsmäßig. (T6); Beis wie T3<br/>Beisatz: Im Hinblick auf die durch § 202 StGB pönalisierten, ebenfalls durch den Einsatz von Gewalt oder gefährliche Drohung gekennzeichneten geschlechtlichen, in der Regel auf Geschlechtsorgane ausgerichteten Handlungen, unter denen Küsse, Umarmungen, bloße Zudringlichkeiten, kurze Berührungen und dergleichen von vornherein nicht zu verstehen sind, muss die "digitale Vaginalpenetration" über den dort erfassten Unwertsgehalt hinausgehen. Ohne die geschlechtsspezifische Handlung aggravierende Begleitumstände vermag somit eine digitale Vaginalpenetration die geforderte, einem Beischlaf vergleichbare Tatintensität nicht zu bewirken. (T7)<br/>Beisatz: Hier: Ein "nicht bloß kurzfristiges und teilweises Eindringen" mit dem Finger in die Vagina des Tatopfers sagt über Intensität und Dauer des Sexualangriffes nichts aus, sodass nach Lage des Falles eine (auch zur Abgrenzung vom Delikt der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 StGB erforderliche) Beurteilung des Schweregrades der Rechtsgutbeeinträchtigung nicht möglich ist. (T8)

11 Os 80/02OGH01.10.2002

Vgl; Beis ähnlich wie T3

14 Os 42/03OGH24.06.2003

Vgl; Beis wie T1; Beisatz: Die digitale Penetration ist eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung im Sinne des § 201 StGB, unabhängig von der Dauer des Eingriffs und der Tiefe des Eindringens (abweichend von T7). (T9)

13 Os 7/04OGH07.04.2004

Auch; Beisatz: Hier: Das Reiben des Penis des Angeklagten am Penis des Kindes- mag es auch in Form intensiver Kopulationsbewegungen geschehen sein - ist nach Lage des Falles auch unter Berücksichtigung des Alters des Tatopfers dem Beischlaf nicht gleichzusetzen, fehlt doch der inkriminierten Handlung das für eine Gleichstellung mit einem Geschlechtsverkehr wesentliche Penetrationselement. (T10)

11 Os 91/11hOGH25.08.2011

Vgl; Beisatz: Weder der Beischlaf noch eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung iSd §§ 201 und 206 StGB setzen ein Eindringen des Penis in das Opfer voraus. (T11)<br/>Beisatz: Hier: In‑den‑Mund‑Nehmen des Gliedes des (unmündigen) Opfers. (T12)

13 Os 54/13kOGH29.08.2013

Vgl auch

11 Os 134/13kOGH12.11.2013

Auch; Beisatz: Die Aufforderung an das Tatopfer im Rahmen eines Internetkontakts via Skype, sich vor der Internetkamera einen Finger in die Scheide bzw in den After einzuführen, stellt eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung dar. (T13)

12 Os 86/21wOGH16.09.2021

Vgl

Dokumentnummer

JJR_19920423_OGH0002_0150OS00011_9200000_001