Mit der Besteuerung des Veräußerungsgewinnes werden alle bis zur Veräußerung bzw. Aufgabe unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen erfasst und der Besteuerung unterzogen (
VwGH 14.4.1993, 91/13/0239).
Ein Veräußerungsgewinn bzw. -verlust gehört zu den betrieblichen Einkünften der jeweiligen Einkunftsart (siehe den jeweiligen Hinweis für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in
§ 21 Abs. 2 Z 3 EStG 1988, für Einkünfte aus selbständiger Arbeit in
§ 22 Z 5 EStG 1988 und für Einkünfte aus Gewerbebetrieb in
§ 23 Z 3 EStG 1988).
§ 24 EStG 1988 grenzt laufende, nicht begünstigte Gewinne aus betrieblichen Tätigkeiten von den unter bestimmten Voraussetzungen begünstigt besteuerten Veräußerungsgewinnen ab (zu den Steuerbegünstigungen des Veräußerungsgewinnes siehe Rz 5691 ff, 7364 ff und 7369).
Ein Verlust aus einem Veräußerungsgeschäft ist bei der Gewinnermittlung und, falls sich danach ein Verlust bei den Einkünften iSd
§ 2 Abs. 3 Z 1 bis
3 EStG 1988 ergibt, bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte auszugleichen (vgl.
VwGH 21.3.1995, 95/14/0011). Verbleibt auch dann noch ein Verlust iSd
§ 2 Abs. 3 Z 1 bis
3 EStG 1988, so ist er gemäß
§ 18 Abs. 6 EStG 1988 abzugsfähig (siehe Rz 4502 ff). Dies gilt auch dann, wenn der laufende Gewinn nach
§ 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt wurde, weil vor Ermittlung des Verlustes aus dem Veräußerungsgeschäft ein Übergang zur Gewinnermittlung nach
§ 4 Abs. 1 EStG 1988 vorzunehmen war.
Werden Veräußerungs- oder Aufgabegewinne in den Jahren 1996 und 1997 realisiert und stehen an und für sich Verlustvorträge zur Verrechnung zur Verfügung, die aber auf Grund
§ 117 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 in diesen beiden Jahren nicht geltend gemacht werden dürfen, können auf Antrag diese Gewinne insoweit in das Jahr 1998 verlagert werden (
§ 117 Abs. 7 Z 2 EStG 1988); die Höhe des verschiebbaren Gewinnes deckt sich mit der Höhe des im Jahr 1998 geltend zu machenden Verlustvortrages.
Veräußerungsgeschäfte iSd
§ 24 EStG 1988 sind
- des ganzen Betriebes,
- eines Teilbetriebes oder
- eines Mitunternehmeranteiles;
die Veräußerung
- des Betriebes,
- eines Teilbetriebes oder
- eines Mitunternehmeranteiles.
die Aufgabe
§ 24 EStG 1988 erfasst jeweils den einzelnen Betrieb, Teilbetrieb und Mitunternehmeranteil. Auch wenn mehrere Einheiten eines Steuerpflichtigen zugleich veräußert werden, ist
§ 24 EStG 1988 jeweils isoliert und gesondert anzuwenden. Bei Körperschaften, auf die
§ 7 Abs. 3 KStG 1988 anzuwenden ist, beschränkt sich die Bedeutung des
§ 24 EStG 1988 auf die Beurteilung, ob ein (Teil-)Betrieb übertragen oder erworben wurde. Bei anderen Körperschaften (zB Vereine, Stiftungen, Fonds, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts) kommt
§ 24 EStG 1988 zur Anwendung. Bei beschränkter Steuerpflicht gilt
§ 24 EStG 1988 für den Bereich der inländischen Betriebsstätte. Zur Verlegung eines Betriebes oder Teilbetriebes über die Grenze siehe Rz 5639.
Eine Übertragung des (Teil-)Betriebes setzt voraus, dass die übertragenen Wirtschaftsgüter die wesentlichen Betriebsgrundlagen gebildet haben und objektiv geeignet sind, dem Erwerber die Fortführung des (Teil-)Betriebes zu ermöglichen. Es muss ein lebender (Teil-)Betrieb, das ist ein in seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens, übertragen werden (zB
VwGH 21.12.1993, 89/14/0268, Erwerb eines Erzeugungsbetriebes von einer in Konkurs befindlichen GmbH; VwGH 03.12.1986, 86/13/0079, Parfumeriefiliale). Die Art, der Umfang und die geschäftliche Wirkungsweise des übertragenen Betriebes müssen aufrecht erhalten werden können (
VwGH 24.06.2010, 2006/15/0270). Eine (Teil-)Betriebsaufgabe setzt voraus, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang an verschiedene Erwerber veräußert und/oder in das Privatvermögen des bisherigen Betriebsinhabers überführt werden.
Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehören, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des veräußerten Betriebes (
VwGH 21.11.1990, 90/13/0145). Die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen ergibt sich einerseits aus der Art des Betriebes und andererseits nach ihrer Funktion innerhalb des konkreten Betriebes (
VwGH 20.11.1990, 90/14/0122). Abzustellen ist somit auf die Besonderheiten des jeweiligen Betriebstypus (VwGH 4.4.1989, 88/14/0083;
VwGH 11.11.1992, 91/13/0152;
VwGH 25.1.1995, 93/15/0100;
VwGH 24.4.1996, 94/15/0025).
Arbeitskräfte gehören nicht zu den wesentlichen Grundlagen (VwGH 17.10.1978, 2446/77;
VwGH 20.11.1990, 90/14/0122), außer es handelt sich um hochspezialisierte Fachleute, die am Arbeitsmarkt nicht oder nur mehr schwer zu beschaffen sind und für das Funktionieren des Unternehmens unentbehrlich sind, oder es handelt sich um Leitpersonal (
VwGH 24.4.1996, 94/15/0025).
Berechtigungen, Konzessionen und ähnliche Rechte können zu den wesentlichen Grundlagen zählen.
Feste Geschäftsverbindungen, Vertretungsbefugnisse und der Firmenname zählen bei kundengebundenen Tätigkeiten (Generalvertretungen, Großhandel, Handelsvertretungen) zu den wesentlichen Grundlagen (VwGH 3.7.1968, 1516/66; VwGH 23.4.1974, 1983/73;
VwGH 20.11.1990, 90/14/0122).
Gewillkürtes Betriebsvermögen gehört nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen.
Grundstücke, Gebäude und Mieträume zählen bei ortsgebundenen Tätigkeiten (Hotels, Pensionen, Gasthäuser, Restaurants, Kaffeehäuser, Konditoreien, Lebensmittelgeschäfte, Einzelhandelsgeschäfte, Produktionsunternehmungen, Schilifte, Campingplätze) zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl.
VwGH 20.11.1990, 90/14/0122). Ortsungebunden sind Rauchfangkehrer, Generalvertretungen, Großhandel sowie Warenversand (VwGH 23.4.1974, 1982/73).
Der Kunden-, Klienten- bzw. Patientenstock zählt - abgesehen von bloßer Laufkundschaft (
VwGH 19.5.1993, 91/13/0022) - regelmäßig zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, insbesondere bei freien Berufen (Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Ärzte; vgl.
VwGH 11.11.1992, 91/13/0152;
VwGH 19.5.1993, 91/13/0022;
VwGH 25.1.1995, 93/15/0100;
VwGH 25.6.1998, 94/15/0129). Es ist nicht erforderlich, dass nach erfolgter Übertragung auf eine weitere Betreuung der Kunden, Klienten oder Patienten gänzlich verzichtet wird. Die Weiterbearbeitung des veräußerten Klientenstocks eines Wirtschaftstreuhänders im Werkvertrag steht der Annahme einer Betriebsveräußerung nicht entgegen (VwGH 16.6.1987, 86/14/0181). Eine Betriebsveräußerung liegt auch dann vor, wenn mit der Veräußerung eines Kundenstocks die Tätigkeit eines Freiberuflers nicht endet, sondern - sogar am selben Ort - mit einem neuen Kundenstock weiter betrieben wird. In Einzelfällen, zB bei bestimmten Fachärzten mit ständig wechselndem Patientenkreis (zB Röntgenologen, Labors) sind nicht die Patienten der Kundenstock, sondern die zuweisenden Ärzte (VwGH 4.4.1989, 88/14/0083;
VwGH 17.8.1994, 94/15/0022). Bei einem Notar stellt der Kundenstock nur bei gefestigten Kundenbeziehungen eine wesentliche Betriebsgrundlage dar.
Maschinen, Anlagen und Einrichtungen zählen bei ausstattungsgebundenen Betrieben (Produktionsunternehmen) zu den wesentlichen Grundlagen (
VwGH 20.11.1990, 90/14/0122;
VwGH 29.1.1998, 95/15/0037); nicht dazu zählen aber das Warenlager und das Personal (VwGH 25.5.1988, 87/13/0066;
VwGH 20.11.1990, 90/14/0122;
VwGH 29.1.1998, 95/15/0037).
Das Warenlager zählt bei Einzelhandelsunternehmen idR zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Dies gilt auch bei einem ohne Probleme kurzfristig wiederbeschaffbaren Warenbestand oder wenn nur geringe stille Reserven im Warenlager enthalten sind, insbesondere aber bei jahrelang erprobtem und in der jeweiligen Branche besonders wichtigem Sortiment (VwGH 3.12.1986, 86/13/0079;
VwGH 13.3.1991, 87/13/0190;
VwGH 3.11.1992, 89/14/0098;
VwGH 19.5.1993, 91/13/0022). Nicht zu den wesentlichen Grundlagen zählen ein leicht verderblicher oder allgemein ein kurzfristig zu erneuernder (rasch umgesetzter) Warenbestand, wie zB bei Obst- und Gemüsegeschäften, Fleischhauereien (
VwGH 19.5.1993, 91/13/0022;
VwGH 24.4.1996, 94/15/0025), Ladenhüter und beschädigte oder sonst schwer verkäufliche Ware (VwGH 23.5.1990, 88/13/0193;
VwGH 21.11.1990, 90/13/0145).