17.2.5.1 Allgemeines
Grundstücksverkäufe stellen dann einen Gewerbebetrieb dar, wenn es sich um eine nachhaltige, mit Gewinnabsicht unternommene und sich als eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellende Betätigung handelt, welche nicht als eine landwirtschaftliche Betätigung anzusehen ist. Die Veräußerung von Grundstücken aus dem Privatvermögen stellt daher keine Vermögensverwaltung, sondern einen gewerblichen Grundstückshandel dar, wenn die Vermögensnutzung durch Fruchtziehung in den Hintergrund tritt und die Vermögensverwertung entscheidend im Vordergrund steht (VwGH 13.09.2006, 2002/13/0059, 0061). Ein gewerblicher Grundstückshandel wird somit dann vorliegen, wenn die Veräußerungen auf planmäßige Art und Weise erfolgen (VwGH 07.11.1978, 2085/78vor dem 1.4.2012 nur im Rahmen der zehn- bzw. fünfzehnjährigen Spekulationsfrist des § 30 EStG 1988 erfasst. Erfolgen solche Grundstücksveräußerungen nach dem 31.3.2012, liegen Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen vor (siehe dazu Rz 6620 ff).Sind die Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt, sind jene Grundstücke, auf die sich die Handelstätigkeit bezieht, dem Umlaufvermögen zuzurechnen. In diesem Fall ist auf Einkünfte aus der Veräußerung solcher Grundstücke der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 3 Z 1 EStG 1988 nicht anzuwenden (siehe auch Rz 6682 ff).Der Handel mit Optionsrechten auf den Erwerb von Grundstücken ist wie der Handel mit Grundstücken zu beurteilen (VwGH 26.7.2000, 95/15/0161).Art und Umfang des tatsächlichen Tätigwerdens sind geeignete und entscheidende Abgrenzungskriterien zwischen Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel. Maßgeblich für die Beurteilung dieser Frage sind die Umstände und das Gesamtbild des Einzelfalles, wobei die besonderen Verhältnisse des Grundstücksmarktes zu berücksichtigen sind. Das Beurteilungskriterium einer "Objekt-Grenze", wonach die Anschaffung (Bebauung) und Veräußerung in einem bestimmten Umfang (mehr als 3 Objekte) eine gewerbliche Tätigkeit begründet, hat für sich allein keine Bedeutung.Gewerblicher Grundstückshandel liegt vor, wenn er planmäßig auf die Wiederveräußerung der angeschafften Grundstücke gerichtet ist, bzw. wenn die Anschaffung zum Zwecke der Weiterveräußerung in gleichem Zustand oder nach weiterer Be- oder Verarbeitung erfolgt. Die für den Grundstücks- bzw. Wohnungshandel typische planmäßige wiederholte Anschaffung von Objekten und deren Umsatz (VwGH 31.5.1983, 82/14/0188) oder der auf die Ausnützung der Marktverhältnisse gezielte Erwerb von Baugrund, seine Parzellierung, die Errichtung von Wohnungen und deren Veräußerung heben die entsprechenden Geschäfte aus der der Privatsphäre zuzuweisenden Betätigung oder aus dem Bereich der betrieblichen Hilfsgeschäfte heraus und machen sie zu einem gewerblichen Grundstückshandel (VwGH 31.5.1983, 82/14/0188; VwGH 30.9.1980, 0317/80; VwGH 7.11.1978, 2085/78; VwGH 17.9.1974, 0359/74). Die in diesen Merkmalen zum Ausdruck kommende Veräußerungsabsicht muss im Zeitpunkt der Anschaffung bzw. im Zeitpunkt der Bebauung des Grundstücks vorhanden sein (VwGH 31.5.1983, 82/14/0188).Grundstückshandel ist zB anzunehmen, wenn eine Liegenschaft aufgeschlossen, parzelliert und parzellenweise verkauft wird, der Grund und Boden also als Ware behandelt wird (VwGH 14.11.1984, 82/13/0242; VwGH 26.4.1989, 89/14/0004). Daraus folgt die Notwendigkeit einer mehrjährigen, über den einzelnen Veranlagungszeitraum hinausgehenden Betrachtung (VwGH 31.5.1983, 82/14/0188).Liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor, muss die Absicht des Grundstückshändlers, einzelne Liegenschaften auf Dauer nicht im Umlaufvermögen, sondern im Privat- oder Anlagevermögen zu behalten, um daraus zB Vermietungseinkünfte zu erzielen, an Hand objektiver Umstände nachvollziehbar sein. Wird die Vermietung durch Veräußerung vorzeitig beendet, ist es am Abgabepflichtigen gelegen, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Vermietung nicht latent von vornherein nur so lange beabsichtigt war, bis sich eine entsprechend lukrative Gelegenheit zur Veräußerung der Liegenschaft bieten würde.Auch Wirtschaftsgüter, die vorübergehend im Betrieb wie ein Anlagegut fungieren, aber gemessen an der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes nicht dazu bestimmt sind, dem Betrieb dauernd zu dienen, können Umlaufvermögen darstellen. Liegt ein Grundstückshandel vor, können zB Mietwohnhäuser auch dann als Umlaufvermögen des Grundstückshandels angesehen werden, wenn der Abgabepflichtige an einer (zwischenzeitigen) Vermögensnutzung durch Fruchtziehung interessiert ist (VwGH 13.4.2005, 2001/13/0028).
17.2.5.2 Indizien für Grundstückshandel
Kriterien (Indizien) zur Beurteilung des Vorliegens gewerblichen Grundstückshandels:- Planmäßige Parzellierung, Aufschließung (Baureifmachung) und anschließende Verwertung; die Parzellierung einer Liegenschaft mit nachfolgendem Verkauf der Parzellen begründet für sich allein keinen Gewerbebetrieb (VwGH 22.9.1992, 92/14/0064).
- Betreiben eines Bebauungsplanes durch Anregung, Aufstellung von Entwürfen, aktive Verfolgung der erstellten Pläne und anschließende Parzellierung entsprechend diesem Bebauungsplane.
- Schaffung wesentlicher Voraussetzungen für die Erschließung und künftige Bebauung, wie zB die vertragliche Verpflichtung der Käufer, sämtliche Aufschließungskosten zu tragen.
- Umfangreiche Werbemaßnahmen zur Käufersuche (Schaltung von Inseraten; VwGH 24.06.2010, 2007/15/0033).
- Verkaufsaktivitäten usw. sind dem Verkäufer als eigene Tätigkeit zuzuordnen, auch wenn er sich dazu eines Dritten bedient, der derartige Geschäfte eigengewerblich betreibt.
- Wiederholte Veräußerung von Grundstücken, die bereits in der Absicht der alsbaldigen Veräußerung erworben wurden, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.
- Hohe Fremdkapitalsquote lässt spätere Veräußerung der Grundstücke naheliegend erscheinen (VwGH 24.06.2010, 2007/15/0033).
- Große Dichte von Grundstücksverkäufen bzw. kontinuierlich betriebene Abverkäufe.
- Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf zum Erwerb eines weiteren Grundstückes (VwGH 25.3.1999, 94/15/0171).
- Keine eindeutige Trennung beruflicher und persönlicher Verflechtungen bei Personen, die sich mit Grundstücksgeschäften befassen (zB Immobilienmakler, Immobilienverwalter); grundsätzlich sind berufliche Berührungspunkte zum Immobiliengeschäft auf Grund des damit verbundenen Fachwissens geeignet, das Bild des planmäßigen Vorgehens zu verstärken (VwGH 24.06.2010, 2007/15/0033).
17.2.5.3 Indizien gegen Grundstückshandel
Vermögensverwaltung liegt demgegenüber vor, wenn es sich bei der Grundstücksveräußerung um den Abschluss der privaten Nutzung handelt und die Veräußerung zur Realisierung des während der Besitzzeit eingetretenen Substanzwertsteigerungen erfolgt. Kennzeichen der (privaten) Vermögensverwaltung ist somit die Nutzung des Vermögens in Form der Fruchtziehung, an deren Ende zwar auch die Veräußerung des Vermögensgegenstandes steht, dies jedoch nicht als eigentlicher Zweck der Gewinnerzielung, sondern als hinter die laufende Fruchtziehung zurücktretender Effekt. Dementsprechend kann auch dann Vermögensverwaltung vorliegen, wenn langjährig durch Vermietung und Verpachtung genutzter Grundbesitz in relativ kurzer Zeit verkauft wird.Aufgrund dieser Betrachtungsweise kann noch nicht von gewerblicher Verkaufstätigkeit gesprochen werden bzw. liegt diese nicht schon bei folgenden Merkmalen allein vor:- Die Verkäufe nehmen zwar einen erheblichen Umfang an, andere Maßnahmen treten jedoch nicht hinzu,
- es erfolgen planmäßige Teilverkäufe, wobei auch erhebliche Gewinne erzielt werden können,
- Einzelveräußerungen erscheinen gegenüber Großverkäufen günstiger,
- allmählicher Verkauf bzw. Ringtausch,
- Vorliegen besonderer Umstände, die zu einer Parzellierung und Baureifmachung führen, wobei ursprünglich nur eine Gesamtverkaufstransaktion geplant war,
- Einschränkung der freien Verfügung über die veräußerte Grundstücksfläche durch entsprechende Auflagen der Gemeinde, wie zB das Verlangen, dass bestimmte Flächen für sozialen Wohnbau zur Verfügung gestellt werden müssen, das Bestimmen der Größe der Baugrundstücke, die ausschließliche Festlegung der Baumaßnahmen für die Aufschließung (VwGH 26.4.1989, 89/14/0004).
- Arrondierung bzw. Verbesserung des landwirtschaftlichen Betriebes durch den Veräußerungserlös.
- Gegen die Gewerblichkeit spricht auch der fehlende Einsatz von Fremdkapital, ein mangelnder zeitlicher Zusammenhang der Parifizierungen und der Verkäufe sowie eine lange Behaltedauer der Grundstücke (über einen Zeitraum von 10 Jahren hinausgehend) und ein passives Verhalten des Verkäufers, wodurch er keine werbende Tätigkeit gegenüber der Allgemeinheit entfaltet (VwGH 13.09.2006, 2002/13/0059, 0061).
17.2.5.4 Notverkäufe
Notverkäufe landwirtschaftlicher Grundstücke sind nur in jenen Grenzfällen ein Indiz gegen die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels, in denen sie sich als sinnvolle Maßnahme zur Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes darstellen (VwGH 31.05.1983, 82/14/0188; VwGH 26.04.1989, 98/14/0004). Entscheidend ist, ob der hohe Schuldenstand den Verkauf von Betriebsgrundstücken notwendig macht, um den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erhalten zu können, und ob ohne die gesetzten Maßnahmen (Parzellierung, Baureifmachung, Umwidmung) dieses Ziel nicht hätte erreicht werden können (zB weil für unaufgeschlossene Grundstücke der zur Rettung erforderliche Preis nicht hätte erzielt werden können). Notverkäufe in Zusammenhang mit einer nicht landwirtschaftlichen Tätigkeit stehen der Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels nicht entgegen (VwGH 21.09.2006, 2006/15/0118).Grundstücksverkäufe eines Landwirts können nicht ausschließlich deshalb der Landwirtschaft zugeordnet werden, weil sie der Abdeckung von mit der Landwirtschaft zusammenhängenden Verbindlichkeiten dienen. Bspw. ist in Anbetracht einer Initiative zur Baureifmachung der grundstücksweise Abverkauf einer Landwirtschaft über einen Zeitraum von elf Jahren selbst dann als gewerblicher Grundstückshandel und nicht als landwirtschaftliches Hilfsgeschäft anzusehen, wenn Fehlinvestitionen im Bereich der Landwirtschaft die Ursache für Kreditaufnahmen gewesen sein sollten. Notverkäufe liegen dann nicht vor, wenn ein beträchtlicher Teil der land- und forstwirtschaftlichen Fläche oder die gesamte Landwirtschaft nach Aufschließung (Baureifmachung) parzellenweise abverkauft wird (VwGH 25.2.1997, 95/14/0115; VwGH 22.9.1992, 92/14/0064).17.2.5.5 Bewertung des "Umlaufvermögens"
Zur Bewertung siehe Rz 2252Zeitpunkt der Einlage in den Grundstückshandel ist die erstmalige Manifestierung des Verkaufswillens. Für die Bewertung macht es einen nicht unerheblichen Unterschied, ob bei Annahme eines einheitlichen Verkaufswillens für alle Verkäufe eine Einlage aller Grundstücke bereits vor dem Verkauf des ersten Grundstückes zu unterstellen ist, oder ob eine Einlage erst unmittelbar vor einem geplanten, oft erst Jahre später durchgeführten Verkauf bzw. den damit zusammenhängenden Maßnahmen (Parzellierung, Aufschließung, usw.) einzelner Grundstücke, die zu diesem Zeitpunkt entweder schon in Bauland umgewidmet sind oder Bauerwartungsland darstellen, anzunehmen ist.
Maßgebend für die Wertermittlung kann eine Orientierung an bekannten Verkaufspreisen (Kaufpreissammlungen) für vergleichbare Grundstücke sein, wobei eine allfällige Qualifikation als Bauerwartungsland zum Zeitpunkt der Entnahme einen höheren Wareneinsatz bewirkt (VwGH 25.2.1997, 95/14/0115). Die Wertermittlung kann auch durch Gutachten erfolgen.Ein tauglicher Wertmaßstab zur Ermittlung des Einlagewertes (Teilwertes) ist der Baulandpreis des gesamten Grundstückes vor Parzellierung und Aufschließung.
Nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 sind bei Zugehörigkeit zum Umlaufvermögen die Anschaffungs- und Herstellungskosten oder der Einlagewert von Gebäuden und Wirtschaftsgütern, die keinem regelmäßigen Wertverzehr unterliegen, erst bei Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen abzusetzen (siehe dazu auch Rz 664b ff). Abweichend zum Zufluss-Abfluss-Prinzip sind daher die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von Gebäuden nicht im Zeitpunkt des Abflusses als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Diese Kosten sind erst im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gebäudes aus dem Betriebsvermögen als Betriebsausgaben abzugsfähig. Der Grund des Ausscheidens ist dabei nicht relevant. Im Falle des zeitlichen Auseinanderfallens des Ausscheidens und des Zuflusses der damit verbundenen Einnahme (zB im Falle einer Versicherungsleistung auf Grund der Zerstörung des Gebäudes) sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten in voller Höhe im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.Randzahlen 5453 bis 5500: derzeit frei