Normen
EStG 1972 §10 Abs2 Z5;
EStG 1972 §24 Abs1 Z1;
EStG 1972 §37 Abs1;
EStG 1972 §37 Abs2 Z2;
EStG 1972 §10 Abs2 Z5;
EStG 1972 §24 Abs1 Z1;
EStG 1972 §37 Abs1;
EStG 1972 §37 Abs2 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit notariellem Schenkungs- und Übergabsvertrag vom 15. Jänner 1987 erwarb der Beschwerdeführer, ein praktischer Arzt, von seinen Eltern die ihnen je zur Hälfte gehörende Liegenschaft und traf laut Punkt "Zweitens" mit seinem Vater, dem praktischen Arzt Dr. A, folgende Vereinbarung:
"Herr Medizinalrat Doktor H übergibt weiters dem Sohn Herrn Doktor A und dieser übernimmt vom Ersteren dessen ärztliche Praxis in B, bestehend aus dem betrieblichen Teil des Gebäudes mit dem Buchwert zum 31. Dezember 1986 per Schilling sechshunderteinunddreissigtausendachthunderteinundsiebzig (631.871,-- S) und den in einem gesonderten Verzeichnis festgehaltenen Betriebseinrichtungsgegenständen mit dem Buchwert per 31. Dezember 1986 von siebentausendachthundertachtunddreissig Schilling (7.838,-- S). Der Übernahmspreis beträgt siebenhundertfünfzigtausend Schilling (750.000,-- S).
Ab 7. Jänner 1987 hat der Übernehmer in den betrieblich genützen Räumlichkeiten seine eigene Tätigkeit als praktischer Arzt aufgenommen.
Die aus der ärztlichen Tätigkeit des Übergebers bestehenden Honorarforderungen werden vom Übergeber eingezogen. Die Medikamente der Hausapotheke werden den Lieferfirmen zurückgegeben, sodaß Gegenstand der Übergabe nur der betriebliche Teil des Gebäudes und die Einrichtungsgegenstände sind. Der beiderseits vereinbarte Übernahmspreis von 750.000,-- S, wovon S 30.000,-- auf die übernommenen Betriebseinrichtungsgegenstände entfallen, ist binnen drei Monaten ab beiderseitiger Fertigung des Vertrages, ohne zwischenzeitige Verzinsung, zur Zahlung fällig."
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dem Beschwerdeführer stünde der von ihm für die von seinem Vater übernommenen Wirtschaftsgüter in Anspruch genommene Investitionsfreibetrag in Höhe von S 149.994,-- nicht zu, weil im nahtlosen Übergang die Tätigkeit des Beschwerdeführers in denselben Räumlichkeiten am gleichen Ort mit nur einem einzigen Arzt eine "Übernahme praktisch der meisten Patienten des Vaters" und damit ein Erwerb eines Betriebs gemäß § 10 Abs. 2 Z. 5 EStG 1972 gelegen sei.
Das Finanzamt schloß sich dieser Auffassung an und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens einen entsprechenden Sachbescheid.
Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Behauptung, er habe nach Räumung der Ordination durch seinen Vater seine Tätigkeit als praktischer Arzt aufgenommen, wobei "keine Übernahme von Medikamenten der Hausapotheke, keine Übernahme von ärztlichem Hilfsmaterial, keine Übernahme des Patientenstockes (u.a. hat Dr. H keine Patientenkartei geführt), keine Übernahme eines KFZ mit Apothekenausstattung (notwendig für tägliche Hausbesuche) und keine Übernahme von Fachpersonal (lediglich eine Reinigungskraft wurde nach Abfertigung durch Dr. H wieder angestellt) erfolgt" sei.
Die wesentliche Grundlage eines ärztlichen Betriebes sei der Patientenstock. Dessen Übernahme setze neben dem Willen der Vertragsparteien die "objektive Möglichkeit der Übertragung voraus". Dazu sei aber das Vorliegen einer Patientenkartei erforderlich. Weil eine solche vom Vater des Beschwerdeführers gar nicht geführt worden sei, sei eine Übernahme seiner Patienten durch den Beschwerdeführer schon objektiv nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer sei zwar der einzige Arzt in B, jedoch seien in den umliegenden Orten mehrere andere praktische Ärzte tätig. Für eine ärztliche Praxis mit Hausapotheke sei neben dem Patientenstock dem Medikamentenvorrat entscheidende Bedeutung beizumessen. Dieser sei aber nicht übernommen worden.
Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung (die sich im wesentlichen darauf stützte, daß der Vater des Beschwerdeführers seiner Ordination Ende 1986 aufgab und sie dem Beschwerdeführer überließ, womit ein nahtloser Übergang der ärztlichen Tätigkeit im selben Haus stattgefunden habe) stellte der Beschwerdeführer fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über ausdrückliche schriftliche Anfrage der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren folgendes bekannt:
Sein Vater habe "mit praktisch allen Krankenversicherungsträgern" Kassenverträge gehabt und diese Verträge mit Wirkung vom 31. Dezember 1986 zurückgelegt. Der Beschwerdeführer habe Kassenverträge mit folgenden Trägern der Krankenversicherung abgeschlossen: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Krankenfürsorgeanstalt für die Beamten der Landeshauptstadt Graz, Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien, Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen und Sozialversicherungsanstalt der Bauern.
Während sein Vater in der den Jahren 1984 bis 1986 Kassenumsätze von S 5,017.000,--, S 4,904.000,-- und S 5,194.000,-- erzielt habe, hätten sich die entsprechenden Umsätze des Beschwerdeführers in den Jahren danach (1987 bis 1989) wie folgt gestaltet: S 4,741.000,--, S 6,143.000,-- und S 6,324.000,--.
Zur Frage des Zustandekommens der Kassenverträge legte der Beschwerdeführer schließlich ergänzend ein Schreiben vom 3. November 1993 an seinen Steuerberater vor, welches u.a. folgende Passage enthält: "In meinem Fall war die zeitliche Abwicklung folgende: Zuerst mußte mein Vater im Juni 1986 seine Verträge kündigen, damit die Planstelle rechtzeitig im Sommer 1986 ausgeschrieben werden konnte."
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab. Ausgehend von Punkt "Zweitens" des Schenkungs- und Übergabsvertrages vertrat sie dabei folgende Ansicht: Obgleich für die Überlassung des Patientenstockes keine Gegenleistung vereinbart worden sei, könne allein daraus nicht geschlossen werden, der Beschwerdeführer habe nicht den ganzen Betrieb, sondern nur einzelne Wirtschaftsgüter erworben. Vielmehr lasse sich aus der Tatsache, daß für die Übereignung des betrieblichen Gebäudeteils und der Einrichtungsgegenstände nur ein rund 17 % über den Buchwerten liegender Übernahmspreis vereinbart worden sei, das Motiv für die gewählte Vorgangsweise erschließen. Der Vater habe seinem Sohn den Betrieb ohne allzu große finanzielle Belastung überlassen wollen. Damit stehe die Behauptung des Beschwerdeführers, die unentgeltliche Übertragung des Patientenstockes entspreche nicht dem Parteiwillen, in Widerspruch mit den offenkundigen Intentionen des Übergebers.
Auch die Behauptung der objektiven Unmöglichkeit der übertragbarkeit des Patientenstockes mangels Führung einer Patientenkartei vermöge nicht zu überzeugen. Entscheidend für die Übertragung des Patientenstockes sei nämlich nicht die körperliche Übergabe der Patientenkartei sondern die Kündigung der diversen Verträge mit den Krankenversicherungsträgern durch den Vater des Beschwerdeführers. Erst die dadurch ermöglichte Übernahme der Kassenverträge habe die wirtschaftliche Basis für die Übernahme der Patienten durch den Beschwerdeführer geschaffen. Der Vater des Beschwerdeführers habe sämtliche Kassenverträge bereits im Juni 1986 mit Wirkung zum 31. Dezember 1986 gekündigt, während der Beschwerdeführer seinerseits die Verträge mit den diversen Krankenversicherungsträgern zum Stichtag 1. Jänner 1987 abgeschlossen habe. Damit sei eine wesentliche Voraussetzung für die Übernahme des Patientenstockes erfüllt worden. Dazu komme, daß gerade auf dem Land zwischen dem praktischen Arzt und dem Patienten in der Regel ein langjähriges Vertrauensverhältnis bestünde, das insbesondere im Falle der Ordinationsübergabe innerhalb der Familie durchaus übertragbar sei. Die steigenden Umsätze in den Folgejahren bestätigten diese Erfahrungstatsache.
Da die vom Beschwerdeführer übernommene Hausapotheke einkommensteuerrechtlich als sachlich unselbständiger Teil seiner ärztlichen Tätigkeit anzusehen sei, könne der Nichtübernahme des Medikamentenvorrates für die Lösung der strittigen Frage der Betriebsübernahme keine entscheidende Bedeutung zukommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf gewinnmindernde Geltendmachung des Investitionsfreibetrages verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 5 EStG 1972 darf ein Investitionsfreibetrag unter anderem beim Erwerb eines Betriebes nicht geltend gemacht werden.
Nach ständiger hg. Judikatur und herrschender Meinung stellt abgesehen von Sparten, in denen der Einsatz aufwendiger technischer Geräte im Vordergrund steht (wie z.B. im Fache der Radiologie) bei Ärzten (so insbesondere bei Internisten und ihnen vergleichbar bei praktischen Ärzten) der Patientenstock die wesentliche Grundlage der selbständigen Tätigkeit und damit die Kernfrage eines Betriebserwerbes dar (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 1992, Zl. 91/13/0152, weiters Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuerhandbuch Rz 61 zu § 10 bzw. Rz 22.3 zu § 24 EStG 1988 und Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2 Rz 14 Z. 7 zu § 24 EStG 1972 sowie die jeweils dort zitierte hg. Judikatur).
Der Beschwerdeführer, der diese Meinung ebenso wie die belangte Behörde ausdrücklich teilt, ist aber - wie schon im Verwaltungsverfahren - auch jetzt der Auffassung, es habe in seinem Fall in Ermangelung der Führung einer Patientenkartei durch seinen Vater schon objektiv gar keine Möglichkeit zur Übertragung des Patientenstockes auf ihn gegeben. Dem ist folgendes zu entgegnen:
Allein die Führung einer Patientenkartei kann für die Frage der Übergabe eines Patientenstockes keine entscheidende Bedeutung haben. Wie die vom Beschwerdeführer selbst über Anfrage der belangten Behörde offengelegte Umsatzentwicklung deutlich zeigt, ist die kassenärztliche Komponente in seinem Fall die wesentliche Grundlage seiner Tätigkeit als niedergelassener praktischer Arzt. Im Zusammenhang mit der unstrittigen Tatsache, daß am Orte der von seinem Vater übernommenen Ordination des Beschwerdeführers kein anderer praktischer Arzt niedergelassen ist und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß gerade die Rücklegung der Kassenverträge durch den Vater des Beschwerdeführers die wesentliche Voraussetzung für die Erlangung der entsprechenden Verträge durch den Beschwerdeführer war, vollzog sich im Beschwerdefall ungeachtet der auf bestimmte sachliche Elemente beschränkten Fassung des Punktes "Zweitens" des Vertrages vom 15. Jänner 1987 wegen des nicht zu übersehenden Konnexes der zeitlichen Abläufe damit auch ein von den Vertragsparteien gewollter Übergang der wesentlichen Grundlage des Betriebes des Vaters des Beschwerdeführers auf letzteren. Daran vermag auch der Hinweis der Beschwerde auf die Möglichkeit der Behandlung von Kassenpatienten durch einen Nichtvertragsarzt im Rahmen des Wahlarztsystems nichts zu ändern. Dann, wenn - wie im Beschwerdefall - ein Vertragsarzt seine Kassenverträge zurücklegt, um seinem Nachfolger den Erhalt von entsprechenden Verträgen zu ermöglichen, ist - insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die familiäre Bindung der Beteiligten - der Schluß gerechtfertigt, daß gerade eine solche Maßnahme die weitere Betreuung des vorhandenen Stocks von Kassenpatienten durch den Nachfolger sicherstellen soll.
Demgegenüber hat im Beschwerdefall auch der Umstand einer allenfalls fehlenden Patientenkartei vollkommen in den Hintergrund zu treten. Dasselbe gilt für die Tatsache der Nichtübernahme diverser Medikamentenbestände der Hausapotheke, weil auch für die Einnahmen des Beschwerdeführers aus der Führung der Hausapotheke wirtschaftlich primär die Übernahme derjenigen Kassenplanstelle essentiell war, die zuvor der Vater des Beschwerdeführers innehatte.
Zu all dem kommt noch, daß der Beschwerdeführer nie behauptet hat, sein Vater übe nach wie vor weiter eine (wenn auch eingeschränkte) ärztliche Tätigkeit aus und betreue wenigstens einen Teil seiner bisherigen Patienten weiter (vgl. dazu den Fall des hg. Erkenntnisses vom 4. April 1989, Zl. 88/14/0083).
Die belangte Behörde hat daher im Beschwerdefall frei von inhaltlicher Rechtswidrigkeit den Erwerb eines Betriebs und damit das Vorliegen des Ausschlußtatbestandes des § 10 Abs. 2 Z. 5 EStG 1972 angenommen.
In Ausführung des Beschwerdegrundes der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit diversen von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angestellten "Vermutungen" eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs sowie unschlüssige Beweiswürdigung und ungenügende Sachverhaltsermittlung. Abgesehen davon, daß die erwähnten Ausführungen der belangten Behörde im Ergebnis keine tragenden Begründungselemente des angefochtenen Bescheides darstellen, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, was er im Rahmen eines weiteren, ihm gewährten Gehörs vorgebracht hätte, worin die behauptete Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung gelegen sein soll und inwieweit der Sachverhalt von der belangten Behörde ungenügend ermittelt wurde. Die behaupteten Verfahrensfehler wären daher selbst dann, wenn sie vorlägen, nicht von Relevanz. Darüber hinaus konnten den vorgelegten Verwaltungsakten Verfahrensfehler nicht entnommen werden.
Die Bescherde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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