2.4.1 Allgemeines
Wirtschaftsgüter, die zum Zweck der Sicherung übereignet worden sind, werden demjenigen zugerechnet, der die Sicherung einräumt (Sicherungsgeber, § 24 Abs. 1 lit. a BAO). Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet oder für einen Treugeber erworben worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet (§ 24 Abs. 1 lit. b und c BAO). Auch bei einer verdeckten Treuhandschaft ist das wirtschaftliche Eigentum am Treuhandvermögen dem Treugeber zuzurechnen (VwGH 16.3.1989, 89/14/0024; 20.9.1988, 87/14/0167; 27.11.2020, Ra 2019/15/0162Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, werden diesem zugerechnet (§ 24 Abs. 1 lit. d BAO).
IdR ist dem zivilrechtlichen Eigentümer dieses Wirtschaftsgut auch steuerlich zuzurechnen. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, nämlich Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem Eigentümer auf Dauer, dh. auf die Dauer der voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzung, geltend machen kann (VwGH 24.11.1982, 81/13/0021).Zur Einkünftezurechnung bei ausländischen Versicherungsprodukten siehe Rz 6209 ff.
2.4.2 Einzelheiten zum wirtschaftlichen Eigentum
Bloße Verwaltungs- und Nutzungsrechte bewirken noch nicht, dass der zivilrechtliche Eigentümer sein wirtschaftliches Eigentum an der mit Nutzungsrechten belasteten Sache verliert. Dem zivilrechtlichen Eigentümer ist aber eine Sache dann steuerlich nicht zuzurechnen, wenn besondere Umstände hinzukommen, die es dem Nutzungsberechtigten ermöglichen, mit der Sache wie ein Eigentümer zu schalten und zu walten (VwGH 29.6.1982, 81/14/0093; VwGH 29.6.1982, 82/14/0054).Fassung für Übertragungsvorgänge bis 31. Dezember 2007:Bei unentgeltlicher Übereignung einer Liegenschaft unter lebenslänglicher Zurückbehaltung des Nutzungsrechtes mit Veräußerungs-, Belastungs- und Bauverbot zu Gunsten des Fruchtnießers erfolgt die Zurechnung beim Fruchtnießer (VwGH 7.5.1969, 1814/68; VwGH 14.9.1972, 0054/72); ein Hotel etwa ist den Fruchtgenussberechtigten zuzurechnen, wenn diese den Kauf finanzieren, die Hoteleinrichtung erwerben und das Hotel selbst bewirtschaften (VwGH 17.9.1996, 92/14/0054).
Fassung für Übertragungsvorgänge ab 1. Jänner 2008:
Ein unentgeltlich übertragenes Gebäude unter lebenslänglicher Zurückbehaltung des Nutzungsrechtes mit Veräußerungs-, Belastungs- und Bauverbot zu Gunsten des Fruchtgenussberechtigten kann diesem zugerechnet werden. Die Einräumung und Verbücherung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten des Fruchtgenussberechtigten kann aber alleine nicht dessen wirtschaftliches Eigentum begründen, es handelt sich um ein Indiz und es sind stets die Gesamtumstände zu berücksichtigen (VwGH 28.11.2007, 2007/14/0021). Ein Hotelgebäude etwa ist den Fruchtgenussberechtigten zuzurechnen, wenn diese den Kauf finanzieren, die Hoteleinrichtung erwerben und das Hotel selbst bewirtschaften (VwGH 17.9.1996, 92/14/0054).
In Anbetracht der zeitlich praktisch unbegrenzten Nutzungsdauer eines Grundstückes (Grund und Boden) können auf Lebenszeit eingeräumte Rechte (zB Vorkaufsrecht, Fruchtgenussrecht) kein wirtschaftliches Eigentum am Grund und Boden vermitteln; für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums kommt insbesondere dem Umstand, wer die Chance von Wertsteigerungen bzw. das Risiko von Wertminderungen trägt, besonderes Gewicht zu (VwGH 12.12.2007, 2006/15/0123; VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0039). Die Vereinbarung, den Fruchtgenussberechtigten im Falle der Veräußerung des betreffenden Grundstücks bloß am Veräußerungserlös zu beteiligen, stellt noch keine ausreichende Chancen- bzw. Risikotragung bezüglich der Wertveränderungen des Grundstückes dar. Von einer solchen kann ausgegangen werden, wenn im Fruchtgenussbestellungsvertrag (oder in einer Nebenvereinbarung) vereinbart ist, dass der Fruchtgenussberechtigte eine Veräußerung des Grundstückes erwirken und er diesfalls die Wertsteigerung lukrieren kann oder dem Eigentümer eine allfällige Wertminderung ersetzen muss.
Ein Nutzungsrecht an einem GmbH-Anteil auf unbestimmte Zeit mit Veräußerungs- und Belastungsverbot sowie Ausübung des Stimmrechts zu Gunsten des Nutzungsberechtigten wird diesem zugerechnet (VwGH 11.11.1975, 0434/75; VwGH 26.6.1984, 83/14/0258).Erteilt der zivilrechtliche Anteilsinhaber einer GmbH einem anderen eine Vollmacht, der zufolge der "Vollmachtnehmer" unbeschränkt, unbefristet und unwiderruflich ermächtigt wird, alle Gesellschaftsrechte (Ausübung des Stimmrechts, Empfang ausgeschütteter Gewinne) wahrzunehmen und auch über die Gesellschaftsanteile - etwa durch Abtretung an dritte Personen - zu verfügen, ist nicht der zivilrechtliche Anteilsinhaber als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen, sondern der "Bevollmächtigte" (VwGH 08.07.2009, 2006/15/0264).
Gebäude auf fremdem Grund und Boden (VwGH 13.9.1973, 0495/72) und Mieter-(Pächter-) investitionen (VwGH 4.2.1976, 1338/75; VwGH 17.5.1977, 1934/76; VwGH 19.3.2002, 99/14/0286) werden den Nutzungsberechtigten zugerechnet, es sei denn, das Gebäude bzw. die Investition gehen auf Grund der tatsächlichen und rechtlichen Gestaltung in das wirtschaftliche Eigentum des Liegenschaftseigentümers über (VwGH 25.2.1970, 1794/68).Ein Miet- oder Pachtverhältnis begründet im Allgemeinen selbst dann nicht wirtschaftliches Eigentum des Mieters (Pächters), wenn dieser die Gefahr der Verschlechterung und Ersatzbeschaffung trägt. Dieser Gesichtspunkt könnte allenfalls von Bedeutung sein, wenn zwischen Vermieter (Verpächter) und Mieter (Pächter) ein angemessener von vornherein festgesetzter Preis für den künftig vorgesehenen Verkauf vereinbart wird, den der Mieter (Pächter) auch bei allfälliger Wertminderung entrichten muss (vgl. VwGH 25.9.1984, 81/14/0167).Wirtschaftlicher Eigentümer abnutzbarer Gegenstände ist grundsätzlich derjenige, der auf Dauer - das ist auf die Zeit der möglichen Nutzung - die tatsächliche Herrschaftsmacht auszuüben in der Lage und imstande ist, andere von der Verfügungsgewalt und der Nutzung auszuschließen (VwGH 16.3.1989, 88/14/0055).Das Fehlen einer schriftlichen Treuhandvereinbarung und die jahrzehntelange Nichtentlohnung des behaupteten Treuhandverhältnisses lassen die Annahme des wirtschaftlichen Eigentums des angeblichen Treuhänders schlüssig erscheinen (VwGH 24.6.1997, 95/14/0030).Wer über Bankkonten und Wertpapierdepots eigentümerähnlich verfügt, dem sind diese auch zuzurechnen (VwGH 26.5.1993, 90/13/0155).Das im zivilrechtlichen Eigentum des einen Ehegatten stehende Gebäude(teil) ist insoweit dem anderen zuzurechnen, als dieser auf eigene Kosten umfangreiche Investitionen durchführt und fremdübliche Nutzungsvereinbarungen fehlen (VwGH 30.6.1976, 0622/75; VwGH 21.4.1971, 1804/69; VwGH 20.9.1983, 83/14/0007). Diese Zurechnung erstreckt sich nicht auf den Grund und Boden.Mit der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes wird der Erwerber zumindest wirtschaftlicher Eigentümer mit der Folge, dass das Wirtschaftsgut ihm und nicht dem Veräußerer zuzurechnen ist. Der Erwerber einer Liegenschaft (zB einer Eigentumswohnung) wird noch vor der Eintragung im Grundbuch mit der tatsächlichen Übergabe wirtschaftlicher Eigentümer der Liegenschaft. Die dingliche Berechtigung muss somit nur noch durch ein einseitiges Gestaltungsrecht erzwingbar sein (VwGH 9.6.1986, 84/15/0229).Der Käufer einer Sache unter Eigentumsvorbehalt ist idR wirtschaftlicher Eigentümer (VwGH 3.5.1983, 82/14/0243; VwGH 20.9.1988, 88/14/0105).Für die Zurechnung von Wirtschaftsgütern bei Verträgen mit Elementen einer Anschaffung und einer bloßen Nutzungsüberlassung ist entscheidend, ob die Merkmale eines Anschaffungs-(Veräußerungs-)geschäftes oder einer bloßen Nutzungsüberlassung überwiegen (VwGH 16.11.1954, 1512/52, betreffend Leibrentenvertrag im rechtlichen Kleide eines Pachtvertrages; VwGH 20.10.1967, 0269/67, betreffend Verpachtung mit Kaufoption).