VwGH 87/14/0167

VwGH87/14/016720.9.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der KK in I, vertreten durch Dr. Wulf-Gordian Hauser, Rechtsanwalt in Wien I, Domgasse 4, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat, vom 21. August 1987, Zl. 30.195-3/87, betreffend Einkommensteuer für 1982 bis 1984 und Einkommensteuervorauszahlungen für 1985 und 1986, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §185;
BAO §196;
BAO §198;
BAO §24;
DBAbk USA 1957 Art15 Abs2;
DBAbk USA 1983 Art15 Abs2;
DBAbk USA 1983 Art2;
EStG 1972 §2;
EStG 1972 §29 Z1;
KStG §1 Abs1 Z5;
VwRallg;
BAO §185;
BAO §196;
BAO §198;
BAO §24;
DBAbk USA 1957 Art15 Abs2;
DBAbk USA 1983 Art15 Abs2;
DBAbk USA 1983 Art2;
EStG 1972 §2;
EStG 1972 §29 Z1;
KStG §1 Abs1 Z5;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er über die eben angeführten Abgaben abspricht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.170,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die 1952 geborene Beschwerdeführerin ist in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

Nach den in dieser Hinsicht in der Gegenschrift unwidersprochenen und durch den Akteninhalt weitgehend gedeckten Sachverhaltsangaben der Beschwerde entstand im Jahre 1964 (zurückgehend auf den Nachlaß nach der Mutter der Beschwerdeführerin) in den Vereinigten Staaten von Amerika der Trust U/A. Das Kapital des Trusts soll der Beschwerdeführerin nach dem Trust-Dokument erst mit Vollendung des 40. Lebensjahres zufallen.

Die nach dem Ableben der Großmutter L im Jahre 1980 gegründeten Vermögensmassen Estate (Nachlaß) L und der Trust U/W - die Beschwerde verwendet in weiterer Folge für alle drei Vermögensmassen (Trust U/A, Trust U/W und Estate L) den Ausdruck "Trust" - fallen der Beschwerdeführerin (jedenfalls, was den Trust U/W betrifft) mit ihrem Kapital (anteilig) erst mit Vollendung des 35. Lebensjahres zu.

Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren halten die Trusts vor allem Kapitalvermögen. Die Einnahmen (Erträgnisse?) des Trusts (Estate) L flossen laut Berufung vom 18. Juni 1985 in den Trust U/W ein und die Erträgnisse aus dem Trust U/W speisten den Trust U/A, der als einziger Auszahlungen (Ausschüttungen) an die Beschwerdeführerin leistete.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid rechnete die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Einkünfte der Trusts, also nicht nur die Ausschüttungen der Trusts (des Trusts U/A) zu. Bei der Erhebung von Abgaben würden, wie es in der Begründung des angefochtenen Bescheides dazu heißt, für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter, soweit in den Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt sei, die Zurechnungsregeln der Bundesabgabenordnung in § 24 gelten. Danach seien Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden seien, und Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für einen Treugeber erworben worden wären, immer dem Treugeber zuzurechnen (§ 24 Abs. 1 lit. b und c BAO). Daher sei auch hier das Treuhandvermögen der Treugeberin (Beschwerdeführerin) zuzurechnen. Dies bedinge in weiterer Folge, daß bei ihr zu prüfen sei, ob die mit diesem Vermögen erzielten Einnahmen und erwachsenen Ausgaben zu einer Einkunftsart im Sinne des Einkommensteuergesetzes führten. Bei einem unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen zählten positive Einkünfte (Einnahmen abzüglich Werbungskosten) aus Dividenden sowie Zinsen aus Hypotheken und Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, soweit sie nicht zu den betrieblichen Einkünften und zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehörten, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1, 3 und 4 EStG 1972. Einkünfte aus Spekulationsgeschäften und der Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen (§§ 29 Z. 2 und §§ 30, 31 EStG 1972) seien als sonstige Einkünfte ebenfalls einkommensteuerpflichtig. Im folgenden legte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dar, welche Kapitaleinkünfte und Spekulationsgewinne der Trusts in welcher Höhe ihrer Auffassung nach Einkünfte der Beschwerdeführerin darstellten.

Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erstattete zur Gegenschrift eine Gegenäußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Gemäß Art. XV Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, BGBl. Nr. 232/1957, darf Österreich bei der Festsetzung der Einkommensteuer, soweit - gleich der Beschwerdeführerin - natürliche Personen mit Wohnsitz in Österreich in Frage stehen, ungeachtet anderer Vorschriften dieses Abkommens alle Einkommensteile, die nach den österreichischen Steuergesetzen steuerpflichtig sind, so in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einbeziehen, als ob das Abkommen nicht in Kraft getreten wäre. Österreich darf demnach auch Einkünfte unbeschränkt Steuerpflichtiger aus den Vereinigten Staaten der Einkommensteuer unterwerfen, vorausgesetzt allerdings, daß sie nach den österreichischen Steuergesetzen überhaupt steuerpflichtig sind. Österreich kann daher ausländische Einkünfte nur erfassen, wenn dies sein Einkommensteuerrecht zuläßt.

II. Der angefochtene Bescheid leitet den Anspruch Österreichs auf Besteuerung der Einkünfte des Amerikanischen Trustvermögens daraus ab, daß das Trustvermögen ("Treuhandvermögen") gemäß § 24 Abs. 1 lit. b und c BAO der Beschwerdeführerin als Treugeberin zuzurechnen sei. Dabei übersieht die belangte Behörde, daß § 24 BAO nur die Zurechnung von Wirtschaftsgütern, nicht jedoch die Zurechnung von Einkünften regelt (siehe Stoll, BAO-Handbuch, Seite 66, Ruppe, Die persönliche steuerliche Zurechnung von Einkünften und Abzugsposten innerhalb des Angehörigenverbandes, im Handbuch der Familienverträge, Seite 132, und auch die hg. Erkenntnisse vom 14. Juni 1972, Zl. 770/70, und vom 9. November 1982, Zl. 82/14/0057, 0069). Für die Lösung der Frage, ob einer Person mit steuerlicher Wirkung Einkünfte zuzurechnen sind, kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob diese Person auch über die Einkunftsquelle verfügt; dies wieder setzt voraus, daß diese Person auf die Einkunftserzielung Einfluß nehmen kann, indem sie - zum Beispiel durch zulässige Investitionen, durch Erschließung neuer Einnahmen, durch Belassung bestehender Einkünfte kraft eigenen Rechts oder durch Verzicht auf künftige Einkünfte - am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet; Zurechnungssubjekt ist nur derjenige, der die sich ihm bietenden Marktchancen ausnützt, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern; eine Einkunftsquelle ist bei der Einkommensbesteuerung lediglich demjenigen zuzurechnen, der wirtschaftlich über sie disponieren und so die Art ihrer Nutzung bestimmen kann (siehe die hg. Erkenntnisse vom 4. März 1986, Zl. 85/14/0133, vom 9. April 1986, Zl. 84/13/0236, vom 24. November 1987, Zl. 87/14/0011, das dort angeführte Schrifttum und Stoll, a.a.O.). Es folgt daher auch die Zurechnung von Einkünften aus einem Treuhandvermögen an den Treugeber nicht aus § 24 BAO, sondern aus der nach österreichischem Recht im Innenverhältnis grundsätzlich beim Treugeber verbleibenden Dispositionsbefugnis (Ruppe, a.a.O., Seite 133).

III. Eine Dispositionsbefugnis kam der Beschwerdeführerin in bezug auf das amerikanische Trustvermögen als Einkunftsquelle jedoch nicht zu. Dies zeigen die aktenkundigen und von beiden Parteien des Verwaltungsverfahrens für maßgeblich erachteten Trustdokumente:

a) Nach der Urkunde für den Trust U/A (im folgenden kurz: Urkunde U/A genannt) wird der Trustverwalter (trustee, in der deutschen Übersetzung des Trust-Dokuments "Treuhänder" genannt) das "Treuhandvermögen (Nachlaß)" verwahren, verwalten, investieren und reinvestieren und das Einkommen daraus einziehen. Ohne Einschränkung der auf Grund des Gesetzes oder der allgemeinen gesetzlichen Vorschriften übertragenen Vollmachten wird der Treuhänder hinsichtlich irgendeines von ihm verwahrten Vermögens ausdrücklich autorisiert und ermächtigt:

1. Jegliches der Treuhandschaft übertragene Vermögen über einen solchen Zeitraum zu thesaurieren, wie es vom Trustverwalter nach seinem uneingeschränkten Dafürhalten für ratsam erachtet wird;

2. jegliche Finanzmittel in jegliche Aktien, Schuldverschreibungen oder andere Wertpapiere oder Vermögen unbeweglicher oder beweglicher Art (einschließlich Sondermittel) oder vermischte Mittel anzulegen, unbeschadet dessen, daß solche Veranlagungen nicht der Art entsprechen, die Treuhändern von Gesetzes wegen oder auf Grund der allgemeinen gesetzlichen Vorschriften gestattet sind, und ohne Verpflichtung, die Investitionen zu streuen, um dem Trustverwalter die breitestmöglichen Investitionsvollmachten und Ermessensfreiheiten zu gewähren (!),

3. bei Auktionen jegliches Vermögen bar oder auf Kredit zu den dem Trustverwalter am besten erscheinenden Bedingungen zu verkaufen,

4. jegliche Immobilien zu verwalten, zu betreiben, zu reparieren, hypothekarisch zu belasten und zu verpachten,

5. ratsame Darlehen, durch jegliche Aktiva des Trustvermögens besichert, aufzunehmen,

6. jegliche Wertpapiere auf den Namen ihrer Empfänger registrieren zu lassen und zu verwahren,

7. soweit ratsam Buchhalter, Anlageberater und dergleichen zu beschäftigen,

  1. 8. Vermittler einzuschalten,
  2. 9. nach seinem Ermessen festzustellen, ob das Aufgeld bei jeglicher Investition, die über pari erworben wurde, aus dem Einkommen zu amortisieren ist,
  3. 10. Bar- oder Sachleistungen zu verteilen und
  4. 11. alle Vollmachten bei der Verwaltung des Trustvermögens auszuüben, die jede Einzelperson bei der Verwaltung von Vermögen ausüben könnte, das sie in ihrem eigenen Recht besitzt.

    Auch die übrigen Bestimmungen der Urkunde U/A weisen lediglich den Trustverwalter und in keinem Fall die Beschwerdeführerin als bei der Einkunftserzielung dispositionsbefugt aus.

    b) Das Testament der Großmutter L ("Urkunde L") sieht hinsichtlich der dort angeordneten Trustgründungen gleichfalls lediglich Dispositionsbefugnisse der Trustverwalter und keine der Beschwerdeführerin vor. Nach der Urkunde L obliegt es ebenfalls den Trustverwaltern, das Trustvermögen zu verwahren, zu verwalten, zu investieren und reinvestieren und das Einkommen daraus einzuziehen. Auch in der Urkunde L sind den Trustverwaltern ähnliche Befugnisse eingeräumt, wie sie vorstehend in Abschnitt a) in den Punkten 1 bis 11, ausgenommen die Punkte 5 und 8, vorgesehen sind.

    Aus den vorstehenden Abschnitten a) und b) ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin mit dem in den Trusts gebundenen Vermögen auf die Einkunftserzielung keinen Einfluß im Sinne des Punktes II zu nehmen vermag. Sie ist nicht in der Lage, die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen zu gestalten, sich bietende Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Sie kommt daher als Zurechnungssubjekt für die Trusteinkünfte nicht in Betracht. Zurechnungssubjekt der mit dem Trustvermögen erzielten Einkünfte sind vielmehr die Trusts selbst, die einem (ein eigenes Zurechnungssubjekt für Einkünfte bildenden) Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 5 KStG 1966 gleichkommen (siehe auch Littmann-Bitz-Meincke, Das Einkommensteuerrecht14, § 20 Rd Nr. 30, Das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 31. Mai 1961, II 284/58 U, BStBl. 1961 III Seite 312, und das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 29. Mai 1984, VIII R 29/80, BFHE Band 141 Nr. 82). Auch ein Vergleich mit einer Stiftung bietet sich an, wobei eine Stiftung ebenfalls ein eigenes Zurechnungssubjekt für Einkünfte ist (siehe nochmals § 1 Abs. 1 Z. 5 KStG 1966). Hier ist anzumerken, daß der in der Urkunde U/A im englischen Originaltext verwendete Ausdruck "donor" auch "Stifter" und "Trust" (neben anderem) auch "Stiftung" bedeutet (zu donor siehe Cassels German and English Dictionary, zu donor und Trust siehe Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache). Den in den Urkunden U/A und L vorkommenden Ausdruck "trustee" übersetzt Gablers Wirtschaftslexikon zwar mit "Treuhänder", hält aber fest, daß er nicht ohne weiteres dem Treuhänder des deutschen Rechts gleichzusetzen ist. Philipp-Loukota-Pollak, Internationales Steuerrecht2, merken bei Art. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiet der Nachlaß-, Erbschafts- und Schenkungssteuern sowie der Steuern auf generationenwechselnde Vermögensübertragungen, BGBl. Nr. 269/1983, in Fußnote 1 an, daß sich der Begriff "Trust" auf eine rechtliche Gestaltungsform bezieht, die dem österreichischen Recht völlig fremd ist und auch nur mit großen Schwierigkeiten einer bestimmten Gestaltungsform des österreichischen Rechts zugeordnet werden kann. Die möglichen Gestaltungsformen reichen dabei von der reinen Treuhandschaft bis zu Vorgängen, die gewisse Ähnlichkeiten mit Stiftungen oder Fruchtgenußbestellungen bzw. auch mit Nacherbschaften haben können. Im Beschwerdefall erweisen sich die Trusts als (stiftungsähnliche) Zweckvermögen, bei denen das Trustvermögen von den Trustverwaltern auf Rechnung der Trusts zur Erzielung von Trusteinkünften eingesetzt wird. Diese von den Trusts erzielten Einkünfte sind auch den Trusts selbst zuzurechnen. Mangels Befugnis oder auch nur faktischer Möglichkeit der Beschwerdeführerin zur entgeltlichen Nutzung des Vermögens zur (eigenen) Einnahmenerzielung sind ihr weder Kapitaleinkünfte noch Spekulationsgewinne zuzurechnen. Diese Einkünfte (Gewinne) fallen vielmehr unmittelbar bei den Trusts an (siehe auch nochmals Ruppe, a. a.O., Seite 141 im Zusammenhalt mit Seite 132). Auf diese Beurteilung hat es auch keinen Einfluß, daß es sich nur um eine befristete Einkunftserzielung durch die Trusts handelt (Ruppe, a. a.O., Seite 134).

    Zu Punkt 7 der Urkunde U/A, auf den der angefochtene Bescheid unter anderem die Ansicht, beim Trusteinkommen handle es sich um solches der Beschwerdeführerin, gründet, sei noch folgendes bemerkt:

    Diese Trustbestimmung stellt es in das Ermessen des Trustverwalters, für die Beschwerdeführerin Einkommensteuern zu zahlen, wenn aus dem Trustvermögen realisierte Kapitalgewinne in ihr steuerpflichtiges Einkommen einbezogen werden. Diese - offensichtlich auf amerikanische Verhältnisse abgestellte Regelung begründet jedoch ebenfalls keine Dispositionsbefugnis der Beschwerdeführerin über die amerikanischen Einkunftsquellen, die die Zurechnung der Trusteinkünfte an die Beschwerdeführerin rechtfertigen könnten.

IV. Die Beurteilung der von den Trusts erwirtschafteten Einkünfte als deren Einkünfte schließt allerdings - wie für das fortzusetzende Verwaltungsverfahren dargetan sei - nicht aus, daß der Beschwerdeführerin mit den von den Trusts ausgeschütteten (geringeren) Beträgen Einkünfte zufließen, und zwar in Form wiederkehrender Bezüge im Sinne des § 29 Z. 1 EStG 1972. Es handelt sich nämlich bei dieser Vorschrift - wie schon im Erkenntnis vom 4. März 1986, Zl. 85/14/0133, festgehalten - um einen Sondertatbestand, bei dem es für die Zurechnung der Einkünfte nicht auf das Vorhandensein einer Einkunftsquelle, sondern im wesentlichen eben nur auf den wiederkehrenden Zufluß von Bezügen ankommt. Der Gesetzgeber unterstellt, daß schon durch die sich wiederholenden Zuflüsse von Gütern (Geld, Sachwerte) die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf Bezugsdauer gestärkt wird (Stoll, Rentenbesteuerung3, Seite 412).

Die Beschwerde schließt allerdings wiederkehrende Bezüge der Beschwerdeführerin auf Grund der Trustausschüttungen unter Berufung auf Stoll (Rentenbesteuerung) mit der Begründung aus, daß die (vererblichen) Trustausschüttungen mit dem 35. bzw. 40. Lebensjahr der Beschwerdeführerin begrenzt und damit zeitlich fest vorausbestimmt wären. Nur der Dauer nach unbestimmte Bezüge würden aber dem Begriff der wiederkehrenden Bezüge gerecht.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Er hält es zwar mit dem Begriff von "Bezügen" nicht vereinbar, wenn ein von vornherein festgelegter Betrag in einer feststehenden Zeit durch wiederkehrende Geldleistungen abgetragen wird; in einem solchen Fall tritt der Begriff der "Raten" in den Vordergrund (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1960, Zl. 3052/58). Handelt es sich hingegen um wenn auch zeitlich begrenzte Geld- (oder Sach-)leistungen in unterschiedlicher und von vornherein nicht bestimmter Höhe, so werden auch diese dem Begriff von Bezügen im Sinne des § 29 Z. 1 EStG 1972 gerecht, insbesondere dann, wenn mit den Geld- (oder Sach-)leistungen vornehmlich Ansprüche auf Einkommensanteile befriedigt werden sollen. Für diese Auslegung spricht auch, daß § 29 Z. 1 EStG 1972 nicht nur die letztlich durch die zeitliche Unbestimmtheit geprägten Renten, sondern auch sonstige wiederkehrende Bezüge erfaßt (Stoll, Rentenbesteuerung3, Seite 416).

Anders als die Sonderausgaben-Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972, in der unter anderem von dauernden Lasten die Rede ist, knüpft § 29 Z. 1 EStG 1972 nicht an dauernde, sondern bloß an wiederkehrende Bezüge an. Dem Begriff der wiederkehrenden Bezüge werden grundsätzlich auch schon wiederholte Zuflüsse über fünf Jahre hin gerecht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1961, Zl. 3118/58), und zwar jedenfalls dann, wenn der Steuerpflichtige in dieser Zeit jährlich (oder bei überschneidenden Auszahlungen für die einzelnen Jahre - z.B. im Jahre 1984 Auszahlungen für 1983 und 1984 - insgesamt fünf Mal) Bezüge erhielt.

Wohl pflichtet der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerdeführerin bei, daß wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 29 Z. 1 EStG 1972 auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage (oder zumindest einem einheitlichen Entschluß) beruhen müssen. Die einheitliche Rechtsgrundlage für die Ausschüttung von Trustmitteln an die Beschwerdeführerin ist aber im Beschwerdefall in den Trustbestimmungen zu erblicken, welche die Ausschüttungen vorsehen und ihre Wiederkehr für die Beschwerdeführerin voraussehbar machen (Stoll, Rentenbesteuerung3, Seite 417), mag auch die Höhe der Ausschüttungen von Jahr zu Jahr zu bestimmen sein. Bei auf Grund der Trustbestimmungen durchgeführten Ausschüttungen kann auch nicht von freiwilligen Bezügen im Sinne des zweiten Satzes des § 29 Z. 1 EStG 1972 gesprochen werden.

Für die Beurteilung der Trustausschüttungen als wiederkehrende Bezüge spielt es weiters keine Rolle, aus welchen Mitteln oder Einkünften der Trusts die Ausschüttungen geleistet werden. An der Beurteilung der Trustausschüttungen als wiederkehrende Bezüge ändert es also auch nichts, wenn in diese Ausschüttungen auch Mittel aus der Veräußerung von Trustvermögen einfließen, mag diese Veräußerung den Tatbestand eines Spekulationsgeschäftes erfüllen oder nicht.

Zum Hinweis der Beschwerdeführerin auf Seite 10 der Beschwerde, der Begriff der Leibrente verlange, daß die zu erwartenden Bezüge zahlen- oder wertmäßig einigermaßen zuverlässig bestimmt seien, ist zu bemerken, daß es im Beschwerdefall nicht um die Besteuerung einer Leibrente, sondern von anderen wiederkehrenden Bezügen geht.

Als Werbungskosten kommen nicht Aufwendungen in Betracht, die den Trusts im Zusammenhang mit der Erzielung ihrer Einkünfte erwuchsen, sondern nur Aufwendungen, die für die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den Trustausschüttungen an sie anfielen.

V. Die unter den Beschwerdepunkten angeführte Rüge, die belangte Behörde habe ihrer Verpflichtung zur Erlassung eines Grundsatzbescheides gemäß § 92 BAO - nach dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren ist eine Erledigung im Sinne des § 92 Abs. 1 lit. b dieses Gesetzes gemeint - nicht entsprochen, ist in der Beschwerde nicht ausgeführt. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes war über alle die Abgabefestsetzung für die Streitjahr betreffenden Fragen - auch über die der Steuerpflicht von Einkünften aus den Vereinigten Staaten - in dem gemäß § 198 BAO vorgesehenen Abgabenbescheiden abzusprechen.

VI. Die belangte Behörde hat aus den in den Punkten II und III angeführten Gründen die Rechtslage verkannt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte dabei gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Mit dem in dieser Verordnung pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz ist auch die Umsatzsteuer abgegolten. Der angefochtene Bescheid war dem Verwaltungsgerichtshof lediglich in einfacher Ausfertigung vorzulegen (§ 28 Abs. 5 VwGG).

Wien, am 20. September 1988

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