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2.3.9. Mindestkörperschaftsteueranrechnung
2.3.9.1. Allgemeines
Mindestkörperschaftsteuern der übertragenden Kapitalgesellschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 KStG 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, werden ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr den Rechtsnachfolgern zugerechnet, somit ab jenem Wirtschaftsjahr, das nach dem Umwandlungsstichtag beginnt. Die Regelung hat nur für natürliche Personen - auf die § 24 Abs. 4 KStG 1988 an sich nicht anwendbar wäre (vgl. dazu auch VwGH 31.5.2017, Ro 2016/13/0001) - eine besondere Bedeutung, weil Körperschaften als Rechtsnachfolger auch ohne diese Regelung zur Anrechnung von Mindestkörperschafteuer der übertragenden Körperschaft auf die künftige Körperschaftsteuer berechtigt sind (siehe dazu Rz 362 sowie VwGH 8.4.2022, Ro 2021/13/0015-4 zum Übergang der Rechtsposition der Mindestkörperschaftsteuer anlässlich einer Verschmelzung). Das dem jeweiligen Rechtsnachfolger zuzurechnende Ausmaß ergibt sich aus der Höhe seiner Beteiligung an der übertragenden Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch.Für die Frage des Übergangs einer steuerrechtlichen Rechtsposition ist entscheidend, ob diese Position nach Bestimmungen des materiellen Steuerrechts übertragbar ist. Mindestkörperschaftsteuern können daher trotz zivilrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge nur auf den Rechtsnachfolger übergehen, wenn das UmgrStG auf die Umwandlung anwendbar ist (VwGH 20.01.2021, Ra 2020/15/0076).
2.3.9.2. Gesellschafterwechsel vor der Umwandlung
Ein Gesellschafterwechsel bei der übertragenden Kapitalgesellschaft ändert unabhängig vom Rechtsgrund und der Art des Wechsels und unabhängig vom allfälligen Vorliegen eines Manteltatbestandes nichts an der Zurechnung offener Mindestkörperschaftsteuerbeträge zu den am Tag der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses ausgewiesenen Gesellschaftern nach Maßgabe ihrer Beteiligungsverhältnisse. Dies gilt auch für einen allfälligen Gesellschafterwechsel nach dem Tag des Umwandlungsbeschlusses, dh. auch in diesem Fall hat nicht der ausscheidende sondern der übernehmende Gesellschafter einen Anspruch auf die aliquote Mindestkörperschaftsteueranrechnung.2.3.9.3. Abfindungsberechtigte Minderheitsgesellschafter
Die Anteile abfindungsberechtigter Minderheitsgesellschafter werden den Rechtsnachfolgern nach § 9 Abs. 8 zweiter Satz UmgrStG entsprechend ihrer Beteiligungsquote zugerechnet, dh. ihnen wird der auf die ausscheidenden Minderheitsgesellschafter entfallende Mindestkörperschaftsteuerbetrag zusätzlich zu ihrer Quote im entsprechenden Ausmaß zugerechnet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Minderheitsanteile zwischen den verbleibenden Gesellschaftern in dieser oder in einer anderen Art aufgeteilt werden.Beispiel 1:
Gesellschafter der X-GmbH sind am Tag der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch A mit 54%, B mit 36% und C mit 10%. Die X-GmbH wird errichtend in die A&B-OG umgewandelt. C scheidet im Zuge der errichtenden Umwandlung gegen Barabfindung aus der Gesellschaft aus. Bis zum Umwandlungsstichtag sind bei der X-GmbH Mindestkörperschaftsteuern in Höhe von 8.750 entstanden und noch nicht verrechnet worden.
An der übernehmenden A&B-OG ist A umwandlungsvertragsgemäß mit 60% (54 : 90 x 100) B 40% (36 : 90 x 100) beteiligt. Dem A ist daher ein Betrag von 5.250 (60%) und B ein Betrag von 3.500 (40%) an Mindestkörperschaftsteuern zur Verrechnung mit Erfolgseinkommensteuer zuzurechnen. Auf den abfindungsberechtigten C können keine Mindestkörperschaftsteuerbeträge übergehen.
Die vorstehende Regelung gilt auch, wenn an der übernehmenden A&B-OG zB A unverändert mit 54% und B mit 46% beteiligt ist.
Auf im Zuge einer errichtenden Umwandlung ggf. an Stelle von ausscheidenden Minderheitsgesellschaftern neu hinzutretende Gesellschafter (siehe OGH 26.2.1998, 6 Ob 335/97a und OGH 20.5.1999, 6 Ob 27/99k) können keine Mindestkörperschaftsteuerbeträge übergehen. Steuerlich betrachtet erwerben sie zwar am Umwandlungsstichtag die Kapitalanteile der abfindungsberechtigten Gesellschafter und sind damit Rechtsnachfolger der umgewandelten Kapitalgesellschaft, sind aber im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch zivilrechtlich nicht Gesellschafter der übertragenden Körperschaft. Damit kann auf sie kein Anteil an Mindestkörperschaftsteuern übergehen, der sich aus der Beteiligungsquote an der umgewandelten Körperschaft ergibt (§ 9 Abs. 8 UmgrStG). Die Anteile der ausscheidenden Minderheitsgesellschafter sind ebenso wie im Fall der Übernahme der Minderheitsanteile durch die verbleibenden Gesellschafter jenen Rechtsnachfolgern im Verhältnis ihrer Beteiligungsquote zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch an der umgewandelten Kapitalgesellschaft tatsächlich beteiligt waren.Beispiel 2:
Gesellschafter der X-AG sind am Tag der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch A mit 54%, B mit 36% und C mit 10%. Die X-AG wird errichtend in die Y-GmbH & Co KG umgewandelt. C scheidet im Zuge der errichtenden Umwandlung gegen Barabfindung aus der Gesellschaft aus. Im Zuge der Umwandlung wird die Y-GmbH als Komplementär am Vermögen der KG mit 10% beteiligt. Bis zum Umwandlungsstichtag sind bei der X-AG Mindestkörperschaftsteuern in Höhe von 1.000 entstanden und noch nicht verrechnet worden.
An der übernehmenden Y-GmbH & Co KG sind die Y-GmbH mit 10%, A mit 54% und B mit 36% beteiligt. Auf die Y-GmbH können Mindestkörperschaftsteuern nicht übergehen. Der vom Abfindungsberechtigten C repräsentierte Anteil von 10% wird im Verhältnis 6:4 den Gesellschaftern A und B zugeordnet. A kann ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr Mindestkörperschaftsteuern von 600 und B solche von 400 auf die Erfolgseinkommensteuer verrechnen.
2.3.9.4. Verrechnung der Mindestkörperschaftsteuer nach der Umwandlung
Für Körperschaften als Rechtsnachfolger der übertragenden Körperschaft kommen hinsichtlich der übertragenen Mindestkörperschaftsteuerbeträge die Anrechnungsvorschriften des § 24 Abs. 4 KStG 1988 zur Anwendung.Für natürliche Personen als Rechtsnachfolger gilt § 24 Abs. 4 KStG 1988, wenn der Betrieb nach § 7 Abs. 1 UmgrStG am Ende des Jahres, für das die Anrechnung erfolgen soll, noch vorhanden ist. Unabhängig von diesem Betriebserfordernis ist auf die Einkommensteuer, die auf Veräußerungsgewinne gemäß § 24 EStG 1988 dieses Betriebes entfällt, eine Anrechnung vorzunehmen. Das bloße Vorhandensein des Betriebes reicht aus. Der Umfang des Betriebes ist ebenso wenig relevant wie die Frage einer Zuordnung der Mindeststeuern zu allfällig vorhandenen Teilbetrieben. Erforderlich ist, dass am Ende des jeweiligen Kalenderjahres, zu dem eine Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuern erfolgen kann, dieser Betrieb noch vorhanden ist. Sollte der Betrieb vor Ende des Kalenderjahres aufgegeben oder veräußert werden, ist auf den Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des § 24 EStG 1988 eine Anrechnung vorzunehmen. Zur Verrechnungsschranke für die Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen als Rechtsnachfolger siehe KStR 2013 Rz 1568.§ 46 Abs. 2 EStG 1988 ist nicht anzuwenden (§ 9 Abs. 8 UmgrStG), sodass sich aus der Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuern keine Gutschrift ergeben kann. Dies ergibt sich aber bereits aus dem Verweis des § 9 Abs. 8 UmgrStG auf § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988, dessen sinngemäße Anwendbarkeit auf natürliche Personen als Rechtsnachfolger bedeutet, dass die darin vorgesehene Anrechnungsgrenze zwar - angesichts fehlender Mindeststeuerbeträge in der Einkommensteuer - einer Vollanrechnung bisheriger MiKö-Zahlungen auf die tatsächlich zu entrichtende Einkommensteuer eines Veranlagungsjahres nicht entgegensteht, Gutschriften über die Höhe der Einkommensteuer eines Veranlagungsjahres hinaus jedoch von Vornherein ausgeschlossen sind (VwGH 11.1.2021, Ro 2019/15/0186; 31.5.2017, Ro 2016/13/0001).
Mindestkörperschaftsteuern sind nicht nachrangig gegenüber Vorauszahlungen und den durch den Steuerabzug abgegoltenen Beträgen (§ 9 Abs. 8 UmgrStG idF Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011; VfGH 30.06.2011, G 15/11).
Es bestehen keine Bedenken, die Übernahme von Mindestkörperschaftsteuern durch natürliche Personen als Begründung für einen Antrag auf individuelle Anpassung von Einkommensteuervorauszahlungen nach § 45 EStG 1988 anzuerkennen.
2.3.10. Umwandlungsbedingte Wirkungen in Bezug auf die Kapitalertragsteuer
Durch die Umwandlung ergeben sich im Zusammenhang mit KESt-Tatbeständen folgende Änderungen:- Erträge der übertragenden Kapitalgesellschaft aus Ausschüttungen inländischer Körperschaften nach dem Umwandlungsstichtag (= Inlandsbeteiligungen):
Da natürliche Personen als Rechtsnachfolger nicht in den Anwendungsbereich der KESt-Befreiungsbestimmung des § 94 Z 2 EStG 1988 fallen, unterliegen Erträge aus Inlandsbeteiligungen bei natürlichen Personen als Rechtsnachfolger gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 dem KESt-Abzug, dem nach Maßgabe des § 97 EStG 1988 Abgeltungswirkung zukommt. Die KESt-Befreiung fällt aufgrund der umwandlungsbedingten Rückwirkungsfiktion an sich mit dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Tag rückwirkend weg. Zur KESt-Abfuhr siehe Rz 565b. - Erträge der übertragenden Kapitalgesellschaft aus Ausschüttungen ausländischer Körperschaften nach dem Umwandlungsstichtag (= Auslandsbeteiligungen):
Bei Auslandsbeteiligungen kann es durch die Umwandlung nur insoweit zu Änderungen im Bereich der KESt kommen, als die Auslandsdividenden bei der übertragenden Kapitalgesellschaft aufgrund einer gesonderten Befreiungserklärung gemäß § 3 Z 2 Auslands-KESt VO 2003 bzw. 2012 in Verbindung mit § 10 Abs. 2 KStG 1988 vom KESt-Abzug nach § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 ausgenommen waren und es umwandlungsbedingt zu einem Widerruf dieser Befreiungserklärung kommt (vgl. dazu auch Rz 565b). Bei natürlichen Personen als Rechtsnachfolger unterliegen Erträge aus Auslandsbeteiligungen nach Maßgabe des § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 iVm den Bestimmungen der Auslands-KESt VO 2012, idF BGBl. II Nr. 92/2012, dem KESt-Abzug, dem nach Maßgabe des § 97 EStG 1988 Abgeltungswirkung zukommt. - Umwandlungsbedingt kommt es auch für Zinserträge aus Geldeinlagen und Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren, für die die abgegebene Befreiungserklärung gemäß § 94 Z 5 EStG 1988 nicht mehr wirksam sein kann und die folglich von der übertragenden Körperschaft gemäß § 9 Abs. 9 UmgrStG zu widerrufen ist (vgl. Rz 565b), zu Änderungen. Da natürliche Personen als Rechtsnachfolger nicht in den Anwendungsbereich der KESt-Befreiung des § 94 Z 5 EStG 1988 fallen, unterliegen die genannten Kapitalerträge bei natürlichen Personen als Rechtsnachfolger gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 dem KESt-Abzug, dem nach Maßgabe des § 97 EStG 1988 Abgeltungswirkung zukommt.
Beispiel:
Die übertragende GmbH wird a) zum 31.12.01 b) zum 30.4.01 umgewandelt. Die Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses erfolgt a) am 28.9.01 b) am 29.1.02. Im Zeitpunkt des Widerrufs der Befreiungserklärung läuft im Falle a) die Zinsperiode bzw. ist im Falle b) mit 31.12.01 abgelaufen. Im Falle a) hat das Kreditinstitut die Abfuhrpflicht wahrzunehmen, im Falle b) hat die übertragende GmbH die KESt innerhalb einer Woche nach dem 29.1.02 abzuführen.
Die mit der Steuerschuld verbundene Erhöhung der Anschaffungskosten der Anteile an der übertragenden Gesellschaft gemäß § 20 Abs. 2 UmgrStG verändert nur den steuerneutralen Buchgewinn oder Buchverlust (Rz 501) bzw. Umwandlungsgewinn oder Umwandlungsverlust (Rz 529 f).
Beispiel:
Rechtslage idF StRefG 2015/2016:
A hat seinen Betrieb zum 31.12.01 in die X-GmbH eingebracht. Der Buchwert des Betriebes betrug vor Berücksichtigung einer vorbehaltenen Entnahme + 40.000. Im Sacheinlagevertrag wurde der Vorbehalt einer Entnahme iSd § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG für A vereinbart, wonach er 100.000 künftig ausbezahlt bekommen soll und die X-GmbH eine allfällige, auf diesen Auszahlungsbetrag entfallende KESt tragen soll. Die vorbehaltene Entnahme wurde in der Einbringungsbilanz daher unter Berücksichtigung der KESt-Schuld mit einem Betrag von 122.758,62 vermögensmindernd angesetzt (KESt = x 100 x 27,5% = 22.758,62). Der Buchwert des Einbringungsvemögens sank folglich unter Berücksichtigung der vorbehaltenen Entnahme auf - 82.758,62.
Die X-GmbH wird nunmehr auf Basis des Umwandlungsbeschlusses vom 20.9.03 zum 31.12.02 in die A&B-KG umgewandelt. Bis zum 20.9.03 hat A bereits 70.000 ausbezahlt erhalten, an das Finanzamt wurde KESt iHv 11.379,31 (KESt = x 100 x 27,5%) abgeführt. Bis zum 27.9.03 (eine Woche nach dem Beschluss auf Umwandlung der X-GmbH) sind gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 zweiter Teilstrich UmgrStG für die noch nicht getilgte vorbehaltene Entnahme iHv 41.379,31 27,5% an KESt, somit weitere 11.379,31 abzuführen.
Rechtslage vor dem StRefG 2015/2016:
Aufgrund der Rechtslage vor dem StRefG 2015/2016 ergibt sich bei einem gewünschten Auszahlungsbetrag von 100.000 eine KESt-Belastung von 20.000 (KESt = x 100 x 25%), und beträgt somit der Buchwert des Einbringungsvermögens -80.000. Da A zum Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses (20.9.03) bereits 70.000 ausbezahlt bekommen hat (KESt-Belastung 25%= 10.000), sind gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 zweiter Teilstrich UmgrStG für die bis zum 27.9.03 (eine Woche nach dem Beschluss auf Umwandlung der X-GmbH) noch nicht getilgte vorbehaltene Entnahme iHv 40.000 25% an KESt, somit weitere 10.000 abzuführen.