VwGH Ro 2019/15/0186

VwGHRo 2019/15/018611.1.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des J S in L, vertreten durch Dr. Martin Salcher + Mag. Richard Salzburger, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Georg‑Pirmoser‑Straße 13, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 19. August 2019, Zl. RV/4100260/2013, betreffend Einkommensteuer 2011, zu Recht erkannt:

Normen

KStG 1988 §24 Abs4 Z4
UmgrStG 1991 §9 Abs8 idF 2011/I/112

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RO2019150186.J00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber war ‑ nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) ‑ Alleingesellschafter einer GmbH, die aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung vom 23. September 2010 gemäß den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes durch Übertragung des Unternehmens als Ganzes auf den Alleingesellschafter umgewandelt wurde (verschmelzende Umwandlung). Der Umwandlungsvorgang wurde auf Grundlage der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft sowie der daraus abgeleiteten Umwandlungsbilanz zum 31. Dezember 2009 unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Artikels II UmgrStG mit diesem Tag durchgeführt, zu dem auch ein Betrieb vorhanden war. Die zum Umwandlungsstichtag nicht verrechnete Mindestkörperschaftsteuer betrug 19.509,94 €. Im Firmenbuch wurde die GmbH gelöscht und das Nachfolgenunternehmen des Revisionswerbers in der Rechtsform eines Einzelunternehmers eingetragen.

2 Mit Antrag vom 22. August 2012 beantragte der Revisionswerber die Löschung seines Einzelunternehmens im Firmenbuch, weil er infolge Pensionsantritts seine Unternehmenstätigkeit mit Wirkung zum 31. Juli 2012 eingestellt habe.

3 Die Veranlagung des Revisionswerbers zur Einkommensteuer für das Jahr 2011 ergab einen Einkommensteuerbetrag iHv 8.872,66 €. Die ihm als Folge der Umwandlung zuzurechnende, noch nicht verrechnete Mindestkörperschaftsteuer im Gesamtbetrag von 19.509,94 € wurde vom Finanzamt im Ausmaß der sich aus der Veranlagung errechneten Einkommensteuer, sohin im Betrag von 8.872,66 €, angerechnet.

4 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte sich der Revisionswerber gegen die Höhe der Anrechnung und führte aus, dass die Mindestkörperschaftsteuer zur Gänze zu berücksichtigen sei, weil durch das Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. 112/2011, der letzte Satz des § 9 Abs. 8 UmgrStG aufgehoben worden sei, in dem die Nichtanwendbarkeit des § 46 Abs. 2 EStG 1988 normiert gewesen sei.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die (nunmehrige) Beschwerde ab. Begründend führte es aus, § 9 Abs. 8 UmgrStG sei mehrfachen Änderungen unterlegen. Gemäß § 9 Abs. 8 UmgrStG in der seinerzeitigen Fassung BGBl. 201/1996 seien Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 KStG 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet worden seien, den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergebe. § 24 Abs. 4 KStG 1988 habe dabei für natürliche Personen als Rechtsnachfolger mit der Maßgabe gegolten, dass die Mindeststeuern im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschulden nach Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 EStG 1988 genannten Beträge anzurechnen gewesen seien. § 46 Abs. 2 EStG 1988 sei nicht anzuwenden.

6 Mit Erkenntnis vom 30. Juni 2011, G 15/11, habe der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge „nach Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Beträge“ im dritten Satz des § 9 Abs. 8 UmgrStG idF BGBl. 201/1996 als verfassungswidrig aufgehoben, weil es von zufälligen Umständen abhänge, ob derartige, in § 46 Abs. 1 EStG 1988 angeführte Vorauszahlungsbeträge oder durch Steuerabzug einbehaltene Beträge vorlägen. Hingegen sei der letzte Satz des § 9 Abs. 8 UmgrStG idF BGBl. 201/1996 („§ 46 Abs. 2 EStG 1988 ist nicht anzuwenden.“), nicht als verfassungswidrig aufzuheben, weil ‑ so der Verfassungsgerichtshof ‑ „keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestünden, dass Mindeststeuern bei jenen Gesellschaftern, die nach ihrem Ausscheiden aus der Kapitalgesellschaft einkommenslos sind, nicht mehr berücksichtigt werden. Im Hinblick darauf bestehen aber auch keine Bedenken dagegen, dass eine Verrechnung der Mindeststeuern nur ‚im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschuld‘ (so der vorletzte Satz des § 9 Abs. 8 leg. cit.) erfolgt“. Zudem habe der Verfassungsgerichtshof der Bundesregierung beigepflichtet, dass eine Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuer im Fall einer Umwandlung ‑ wenn sie überhaupt vorgesehen werde ‑ sinnvollerweise auf die Fortführung des Betriebes abzustellen hätte und es dem Gedanken der Umwandlung entspräche, die Verrechnungsmöglichkeit ab einer Betriebsveräußerung bzw. ‑einstellung auszuschließen. Dieser Gedanke finde aber im Gesetzestext keinen Niederschlag. Für das Außer‑Kraft‑Treten der aufgehobenen Wortfolge habe der Verfassungsgerichtshof keine Frist gesetzt; die Kundmachung des Bundeskanzlers über die Aufhebung sei am 18. August 2011 (BGBl. I Nr. 79/2011) erfolgt.

7 Mit dem Budgetbegleitgesetz 2012 (BGBl I Nr. 112/2011) sei daraufhin u.a. in § 9 Abs. 8 UmgrStG der letzte Satz aufgehoben und der vorletzte Satz wie folgt geändert worden:

§ 24 Abs. 4 Z 4 Körperschaftsteuergesetz 1988 gilt für natürliche Personen als Rechtsnachfolger, wenn der Betrieb nach § 7 Abs. 1 am Ende des Jahres, für das die Anrechnung erfolgen soll, noch vorhanden ist; unabhängig von diesem Betriebserfordernis ist auf die Einkommensteuer, die auf Veräußerungsgewinne gemäß § 24 des Einkommensteuergesetzes 1988 dieses Betriebes entfällt, eine Anrechnung vorzunehmen“.

8 Gemäß dem 3. Teil Z 19 UmgrStG (Übergangs- und Schlussbestimmungen) sei § 9 Abs. 8 UmgrStG idF Budgetbegleitgesetz 2012 erstmals bei der Veranlagung 2011 anzuwenden. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1494 Blg, 24. GP, 19) werde auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs und dessen Rechtsansicht zur Fortführungspflicht eingegangen. Zur Streichung des letzten Satzes des § 9 Abs. 8 UmgrStG würden die Materialien hingegen schweigen.

9 Durch das AbgÄG 2012 (BGBl. I 112/2012) sei in § 9 Abs. 8 UmgrStG schließlich wieder der Satz angefügt worden, wonach § 46 Abs. 2 EStG 1988 nicht anzuwenden sei. Nach den Materialien sollte mit der Wiederaufnahme des letzten Satzes klargestellt werden, dass auch nach der Rechtslage nach dem Budgetbegleitgesetz 2012 eine Gutschrift von Mindestkörperschaftsteuerbeträgen als solche nicht möglich sei. Ein gesondertes Inkrafttreten sei vom Gesetzgeber ‑ aufgrund der bloß gewollten klarstellenden Wirkung ‑ allerdings nicht angeordnet worden.

10 Maßgeblich für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes sei die Bestimmung des § 9 Abs. 8 UmgrStG idF Budgetbegleitgesetz 2012. Wie der Revisionswerber richtigerweise ausführe, habe für das Veranlagungsjahr 2011 somit die Einschränkung, wonach § 46 Abs. 2 EStG 1988 bei der Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer nicht gelte, nicht ausdrücklich bestanden. Daraus sei jedoch für dessen Rechtstandpunkt nichts zu gewinnen, weil sich bereits aus der sinngemäßen Anwendung des § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 ergebe, dass eine Gutschrift der Mindestkörperschaftsteuer über die Höhe der Einkommensteuer hinaus nicht zulässig sei.

11 Nach dem gemäß § 9 Abs. 8 UmgrStG idF Budgetbegleitgesetz 2012 sinngemäß anzuwendenden § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 sei eine Gutschrift der Mindestkörperschaftsteuer über die Höhe der Körperschaftsteuerschuld hinaus nämlich nicht vorgesehen. Die Pflicht der sinngemäßen Anwendung des § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 im Einkommensteuerverfahren des Rechtsnachfolgers einer GmbH nach einer Umwandlung bedinge so weitgehend wie möglich die Übernahme derselben Wertungsentscheidungen, die der Gesetzgeber in § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 für das Körperschaftsteuerverfahren getroffen habe. Die relevante Wertungsentscheidung des Gesetzgebers, die in § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 zum Ausdruck komme, laute, dass eine Gutschrift der Mindestkörperschaftsteuer über die Höhe der Ertragsteuerschuld hinaus jedenfalls nicht zulässig sei. Was für die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld gelte, müsse daher auch für die tatsächliche Einkommensteuerschuld gelten. Daher sei eine Gutschrift der Mindestkörperschaftsteuer über die Höhe der Einkommensteuerschuld des Rechtsnachfolgers hinaus nicht zulässig.

12 Auch eine genauere Analyse des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 30. Juni 2011, G 15/11, zeige, dass die Begrenzung der Anrechnungshöhe der anrechenbaren Mindestkörperschaftsteuer im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens nicht aus dem Ausschluss der Anwendbarkeit des § 46 Abs. 2 EStG 1988, sondern aus dem Hinweis in § 9 Abs. 8 UmgrStG auf § 24 Abs. 4 KStG 1988 resultiere. In seiner Begründung habe der Verfassungsgerichtshof nämlich ausgeführt, dass keine Bedenken dagegen bestünden, dass „eine Verrechnung der Mindeststeuern nur ‚im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschulden‘ (so der vorletzte Satz des § 9 Abs. 8 leg. cit) erfolgt.“ Dass sohin die Höhe der Anrechnung mit der Höhe der entstehenden Einkommensteuer begrenzt sei, habe der Verfassungsgerichtshof ‑ wie aus dem Klammerausdruck unmissverständlich hervorgehe ‑ nicht aus § 9 Abs. 8 letzter Satz UmgrStG (idF BGBl. 201/1996), sondern aus dessen vorletzten Satz abgeleitet, der wiederum auf § 24 Abs. 4 KStG 1988 verweise.

13 Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das BFG für zulässig, weil Rechtsprechung zur entscheidungswesentlichen Frage fehle, ob die Anrechnung offener Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen eine Gutschrift ergeben könne. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Mai 2017, Ro 2016/13/0001, sei mangels vergleichbarer Sachverhalte nicht einschlägig.

14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

15 Das Finanzamt erstattete keine Revisionsbeantwortung.

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17 Die Revision ist zulässig; sie ist aber nicht begründet.

18 Der im Revisionsfall gemäß dem 3. Teil Z 19 UmgrStG „bei der Veranlagung 2011“ (erstmals) anzuwendende § 9 Abs. 8 UmgrStG in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2012, BGBl Nr. I 112/2011, lautet:

„Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, sind den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergibt. Dabei sind die Anteile abfindungsberechtigter Anteilsinhaber den Rechtsnachfolgern quotenmäßig zuzurechnen. § 24 Abs. 4 Z 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 gilt für natürliche Personen als Rechtsnachfolger, wenn der Betrieb nach § 7 Abs. 1 am Ende des Jahres, für das die Anrechnung erfolgen soll, noch vorhanden ist; unabhängig von diesem Betriebserfordernis ist auf die Einkommensteuer, die auf Veräußerungsgewinne gemäß § 24 des Einkommensteuergesetzes 1988 dieses Betriebes entfällt, eine Anrechnung vorzunehmen.“

19 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1494 BlgNR 24. GP , 19) begründen die Neufassung der Bestimmung folgendermaßen:

„Der Verfassungsgerichtshof, G 15/11‑7, hat in § 9 Abs. 8 vorletztem Satz die Wortfolge ‚nach Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Beträge‘ als verfassungswidrig aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof hat auch ausgesprochen, dass eine Anrechnung der Mindeststeuer ‚sinnvollerweise auf die Fortführung des Betriebes abzustellen hätte und dass es dem Gedanken der Umwandlung entspricht, die Verrechnungsmöglichkeit ab der Betriebsveräußerung bzw. ‑einstellung auszuschließen‘. An diesen Aussagen des Verfassungsgerichtshofes orientiert sich die Neuregelung und stellt auf das Vorhandensein des aus der Umwandlung hervorgegangenen Betriebes ab. Aus Praktikabilitätsgründen soll das bloße Vorhandensein des Betriebes ausreichen, wodurch weder eine sinngemäße ‚Vergleichbarkeitsprüfung‘ im Sinne des § 4 Z 1 lit. c noch eine Zuordnung der Mindeststeuern zu allfälligen Teilbetrieben vorzunehmen ist. Erforderlich ist, dass am Ende des jeweiligen Kalenderjahres, zu dem eine Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuern erfolgen kann, dieser Betrieb noch vorhanden ist. Sollte der Betrieb vor Ende des Kalenderjahres aufgegeben oder veräußert werden, ist auf den Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des § 24 EStG 1988 eine Anrechnung vorzunehmen.“

20 Der zur Einführung eines „Betriebsfortführungskriteriums“ (so ErlRV 1494 BlgNR 24. GP , 8) mit dem Budgetbegleitgesetz 2012 neu aufgenommene letzte Satz in § 9 Abs. 8 UmgrStG trat dabei an die Stelle der bisherigen beiden letzten Sätze, die ‑ nach der Aufhebung einer Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis G 15/11 ‑ die Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen regelten und folgendermaßen lauteten: „§ 24 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 gilt für natürliche Personen als Rechtsnachfolger mit der Maßgabe, daß die Mindeststeuern im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschulden anzurechnen sind. § 46 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist nicht anzuwenden.“

21 Aus dem dadurch bewirkten Entfall der bisherigen ausdrücklichen Nichtanwendungsanordnung betreffend § 46 Abs. 2 EStG 1988, wonach überhöhte Einkommensteuervorauszahlungen letztlich gutzuschreiben seien, leitet der Revisionswerber ab, dass die Anrechnung offener Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen nach einer Umwandlung auch eine Gutschrift ergeben könne.

22 Wie das BFG zu Recht ausführt, übersieht der Revisionswerber damit aber, dass die Neuregelung der Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen durch das Budgetbegleitgesetz 2012 in § 9 Abs. 8 UmgrStG einleitend auf § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 verweist. Dieser lautet:

„Die Mindeststeuer ist in dem Umfang, in dem sie die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld übersteigt, wie eine Vorauszahlung im Sinne des § 45 des Einkommensteuergesetzes 1988 anzurechnen. Die Anrechnung ist mit jenem Betrag begrenzt, mit dem die im Veranlagungsjahr oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen entstehende tatsächliche Körperschaftsteuerschuld den sich aus den Z 1 bis 3 für diesen Veranlagungszeitraum ergebenden Betrag übersteigt.“

23 In seinem Erkenntnis vom 31. Mai 2017, Ro 2016/13/0001, hat der Verwaltungsgerichtshof zu diesem Verweis des § 9 Abs. 8 UmgrStG auf § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 bereits ausgesprochen, dass § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 auf natürliche Personen als Rechtsnachfolger dadurch nur sinngemäß anwendbar wird. Da natürliche Personen keine „tatsächliche Körperschaftsteuerschuld“ haben und es für sie keinen Mindeststeuerbetrag (einen „sich aus den Z 1 bis 3 ... ergebenden Betrag“) gibt, bedeutet dies, dass auch die Begrenzung der Anrechnung mit dem für Körperschaften geltenden Mindeststeuerbetrag nicht wirksam werden kann.

24 Angesichts fehlender Mindeststeuerbeträge in der Einkommensteuer ist somit nach einer Umwandlung auf Ebene der natürlichen Person als Rechtsnachfolger zwar eine weitergehende Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuer als auf Ebene der bisherigen Körperschaft zulässig. Aus diesem Erkenntnis lässt sich allerdings ‑ wie BFG und Revisionswerber übereinstimmend zu Recht vortragen ‑ noch nicht ableiten, ob die Anrechnung offener Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen auch über die Höhe der Einkommensteuer eines Veranlagungsjahres hinaus gehen und eine Gutschrift ergeben könne.

25 Bejaht man die Möglichkeit einer Gutschrift, würde dies mit der ersten „Anrechnung“ beim Rechtsnachfolger nach der Umwandlung unabhängig vom Einkommen (und somit selbst bei einem Einkommen von null bzw. bei negativem Einkommen) zu einer Rückerstattung aller in den vergangenen Jahren von der seinerzeitigen Körperschaft entrichteten Mindestkörperschaftsbeträge führen.

26 Damit wäre aber der Verweis in § 9 Abs. 8 UmgrStG auf § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 und die in dessen Satz 2 verfügte Begrenzung des Anrechnungsvolumens vollkommen inhaltsleer. Ein solches Auslegungsergebnis kann der Neuregelung des Budgetbegleitgesetzes 2012 nicht unterstellt werden.

27 Eine sinngemäße Anwendung von § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 auf natürliche Personen als Rechtsnachfolger bedeutet daher, dass die darin vorgesehene Anrechnungsgrenze zwar ‑ angesichts fehlender Mindeststeuerbeträge in der Einkommensteuer ‑ einer Vollanrechnung bisheriger Mindestkörperschaftssteuerzahlungen auf die tatsächlich zu entrichtende Einkommensteuer eines Veranlagungsjahres nicht entgegensteht, Gutschriften über die Höhe der Einkommensteuer eines Veranlagungsjahres hinaus jedoch von Vornherein ausschließt.

28 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 11. Jänner 2021

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