Anrechnung Mindestkörperschaftsteuer nach Umwandlung Unternehmen auf natürliche Person (Veranlagungsjahr 2011)
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100260.2013
Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2019/15/0186. Mit Erk. v. 11.1.2021 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A als Vorsitzende, der Richterin B sowie den fachkundigen Laienrichtern C und D in der Beschwerdesache E, E, vertreten durch F, über die Beschwerde vom 11.12.2012 gegen den Bescheid der belangten Behörde G betreffend Einkommensteuer 2011 in nichtöffentlicher Sitzung vom 13.08.2019 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) begehrte in der am 23.11.2012 bei der belangten Behörde eingelangten Einkommensteuererklärung 2011 ua unter der Kz 309 die Anrechnung der Mindestkörperschaftssteuer im Ausmaß von € 19.509,94 als Folge einer Umwandlung, die unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des § 9 Abs 8 UmgrStG durchgeführt worden war.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.12.2012 wurde dem Antrag des Bf. teilweise Folge gegeben, und die Mindestkörperschaftssteuer im Ausmaß der entstandenen Einkommensteuerschuld in Höhe von € 8.872,66 angerechnet.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 11.12.2012, bei der belangten Behörde eingelangt am 17.12.2012, monierte der Bf. die Höhe des Anrechnungsbetrages von lediglich € 8.872,66 und führte darin zusammengefasst aus, dass infolge der Aufhebung des letzten Satzes des § 9 Abs 8 UmgrStG durch das BudBG 2012, in dem die Nichtanwendbarkeit der Bestimmung des § 46 Abs 2 EStG normiert war, die Mindestkörperschaftsteuer zur Gänze zu berücksichtigen sei.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 01.03.2013 wurde die Berufung des Bf. abgewiesen; begründend führte die belangte Behörde darin aus, dass sich die Berechtigung zur und das Ausmaß der Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer alleine aus den gesetzlichen Grundlagen der §§ 9 Abs 8 UmgrStG iVm 24 Abs. 4 Z. 4 KStG 1988 ergäben; die Verrechnung der Mindeststeuer sei sohin bei natürlichen Personen mit jenem Betrag begrenzt, mit dem die Steuerschuld (Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer) des laufenden Veranlagungsjahres die vorzuschreibende Mindeststeuer übersteige (= Differenz zwischen Steuerschuld und Mindeststeuer für das Anrechnungsjahr).
Im Schriftsatz vom 15.03.2013 beantragte der Bf. einerseits die Entscheidung über die Berufung durch den Senat der Abgabenbehörde II. Instanz sowie andererseits die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung. Meritorisch führt der Bf. - nach Darlegung des VfGH-Erkenntnisses vom 30.06.2011, G 15/11 - aus, dass die Bestimmung des § 9 Abs 8 UmgrStG durch das BudBG 2012, BGBl 2011/112, rückwirkend für die Veranlagung 2011 nachteilig geändert worden sei, worin eine Verfassungswidrigkeit läge. Weiters sei die Bestimmung völlig unklar geändert worden, weil aus dem Gesetzeswortlaut nicht klar hervorgehe, was der Gesetzgeber mit der Neuregelung der leg. cit. meine. Folglich verstoße diese Norm auch gegen Art 18 Abs 1 B-VG, wonach die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden dürfe. Schließlich wird unter Hinweis auf verschiedene Literaturmeinungen die Zulässigkeit der Vollanrechnung der Mindeststeuer argumentiert.
Die belangte Behörde legte die Berufung am 26.04.2013 gemäß § 276 Abs 6 BAO dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Mit Eingabe vom 14.07.2019 zog der Bf. seinen Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.
Am 13.08.2019 erfolgte die Beratung und Abstimmung über die Beschwerde durch den Senat.
II. Sachverhalt
Der Bf. war Alleingesellschafter der im Firmenbuch H eingetragenen Firma I
In der ordentlichen Generalversammlung vom 00.00.2010 wurde beschlossen, die Gesellschaft gemäß den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes durch Übertragung des Unternehmens als Ganzes auf den Alleingesellschafter umzuwandeln (verschmelzende Umwandlung). Der Umwandlungsvorgang wurde auf Grundlage der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2009 sowie der daraus abgeleiteten Umwandlungsbilanz zum 31.12.2009 und unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Artikels II UmgrStG mit dem Stichtag 31.12.2009 durchgeführt. Zum Stichtag 31.12.2009 war ein Betrieb vorhanden. Für den Bf. sind durch diese Umwandlung ua anrechenbare Beträge an Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von € 19.509,94 angefallen.
Mit Eingabe vom 00.00.2010 beantragte der Bf. als Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der "I." einerseits die Auflösung und Löschung dieser Gesellschaft im Firmenbuch sowie andererseits die Eintragung des Nachfolgenunternehmers "E e.U." in der Rechtsform eines Einzelunternehmers mit dem Sitz in J und dem Geschäftszweig "K". Die Änderungen wurden antragsgemäß jeweils am 01.00.2010 im Firmenbuch eingetragen.
Am 02.00.2010 wurde im Firmenbuch zur FN 1234 (Fa. "E e.U.") die Änderung der Firma in "L e.U." eingetragen. Mit weiterem Antrag des Bf. vom 03.00.2010 wurde die Eintragung der Löschung der Fa. "L e.U." begehrt, da der Bf. seine Unternehmenstätigkeit infolge Pensionsantritt mit Wirkung zum 00.00.2012 eingestellt hatte. Die Löschung wurde am 01.00.2012 im Firmenbuch vollzogen.
Die Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer für das Jahr 2011 ergab einen Einkommensteuerbetrag iHv € 8.872,66. Die dem Bf. zuzurechnende, noch nicht verrechnete Mindestkörperschaftsteuer im Gesamtbetrag von € 19.509,94 wurde von der belangten Behörde im Ausmaß der sich aus der Veranlagung errechneten Einkommensteuer, sohin im Betrag von € 8.872,66, angerechnet.
III. Beweiswürdigung
Die vorstehenden Feststellungen ergeben sich einerseits aus dem zwischen den Parteien unstrittigen Veranlagungsakt. Andererseits fußen die Feststellungen auf dem Hauptbuch sowie der Urkundensammlung des Firmenbuches: So geht der festgestellte Umwandlungsvorgang unzweifelhaft aus dem in der Urkundensammlung erliegenden Generalversammlungsbeschluss, sowie dem ebenfalls dort einsehbaren Umwandlungsvertrag, jeweils datierend mit 00.00.2010, hervor. Gleiches gilt für die Feststellung, wonach am Stichtag 31.12.2009 ein Betrieb vorhanden war. Ebenso zeigt sich an der Begründung des Antrages des Bf. vom 03.00.2010, dass er seine unternehmerische Tätigkeit nach dem verfahrensgegenständlichen Streitjahr, nämlich erst am 00.00.2012, einstellte. Dass das Einzelunternehmen "L e.U." am Ende des Veranlagungsjahres 2011 nicht mehr vorhanden gewesen wäre, hat die belangte Behörde weder eingewandt, noch unter Beweis gestellt; auch lagen keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte für das erkennende Gericht vor, sodass den diesbezüglichen glaubhaften Angaben im vorgenannten Antrag zu folgen war.
IV. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am 31.12.2013 bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit 1. Jänner 2014 auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht. Das Bundesfinanzgericht ist sohin für die gegenständliche Beschwerde sachlich zuständig.
§ 9 UmgrStg befasst sich mit den Konsequenzen von Umwandlungen iSd UmwG beim Rechtsnachfolger. Unabdingbare Voraussetzung der Geltung dieser Regelung ist jedoch vorerst, dass die Umwandlung (überhaupt) in den Anwendungsbereich des Art II UmgrStG fällt: Demnach muss im Fall der verschmelzenden Umwandlung auf eine natürliche Person als Hauptgesellschafter am Umwandlungsstichtag und am Tag des Umwandlungsbeschlusses ein Betrieb vorhanden sein (§ 7 Abs 1 Z 2 TS 1 UmgrStG). Betrieb ist die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel (VwGH 18.07.1995, 91/14/0217). Entscheidend ist dabei, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden sind (BFG 20.07.217, RV/7103034/2017). Festgestelltermaßen war zum Stichtag ein Betrieb vorhanden, sodass das Tatbestandsmerkmal der Umwandlung gemäß § 7 UmgrStG zu bejahen und somit grundsätzlich auch der Anwendungsbereich des Art II leg. cit. eröffnet ist.
Nach § 9 Abs 8 leg. cit (idF BGBl 201/1996) sind Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergibt. Dabei sind die Anteile abfindungsberechtigter Anteilsinhaber den Rechtsnachfolgern quotenmäßig zuzurechnen. § 24 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 gilt für natürliche Personen als Rechtsnachfolger mit der Maßgabe, daß die Mindeststeuern im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschulden nach Berücksichtigung der in § 46 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Beträge anzurechnen sind. § 46 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist nicht anzuwenden.
§ 24 Abs 4 KStG 1988 idF BGBl. I 161/2005 sieht in dessen Z 4 vor, dass die Mindeststeuer in dem Umfang, in dem sie die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld übersteigt, wie eine Vorauszahlung im Sinne des § 45 des EStG 1988 anzurechnen ist. Die Anrechnung ist nach dieser Norm jedoch mit jenem Betrag begrenzt, mit dem die im Veranlagungsjahr oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen entstehende tatsächliche Körperschaftsteuerschuld den sich aus den Z 1 bis 3 für diesen Veranlagungszeitraum ergebenden Betrag übersteigt. Gemäß § 46 Abs 1 EStG 1988 (in der für den Veranlagungszeitraum maßgeblichen Fassung BGBl I Nr. 84/2002), werden auf die Einkommensteuerschuld die für den Veranlagungszeitraum festgesetzten Vorauszahlungen (Z 1) und die durch Steuerabzug einbehaltene Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen (Z 2), angerechnet. Ist die Einkommensteuerschuld kleiner als die Summe der Beträge, die nach Abs 1 anzurechnen sind, so wird der Unterscheidsbetrag gutgeschrieben (Abs 2).
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 30.06.2011, G 15/11, die Wortfolge "nach Berücksichtigung der in § 46 Abs 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Beträge" im dritten Satz des § 9 Abs 8 UmgrStG in der vorgenannten Fassung als verfassungswidrig aufgehoben, da es von zufälligen Umständen abhänge, ob derartige, in § 46 Abs 1 EStG 1988 angeführte Vorauszahlungsbeträge oder durch Steuerabzug einbehaltene Beträge vorlägen. Hingegen wurde der letzte Satz des § 9 Abs 8 UmgrStg idF BGBl. 201/1996, nicht als verfassungswidrig aufgehoben, da - so der VfGH wörtlich - "keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestehen, dass Mindeststeuern bei jenen Gesellschaftern, die nach ihrem Ausscheiden aus der Kapitalgesellschaft einkommenslos sind, nicht mehr berücksichtigt werden. Im Hinblick darauf bestehen aber auch keine Bedenken dagegen, dass eine Verrechnung der Mindeststeuern nur "im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschuld" (so der vorletzte Satz des § 9 Abs 8 leg. cit.) erfolgt". Schließlich führt der VfGH in diesem Erkenntnis weiter aus, dass der Bundesregierung Recht zu geben sei, dass eine Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuer im Fall der Umwandlung - wenn sie überhaupt vorgesehen wird - sinnvollerweise auf die Fortführung des Betriebes abzustellen hätte und dass es dem Gedanken der Umwandlung entspräche, die Verrechnungsmöglichkeit ab der Betriebsveräußerung bzw.-einstellung auszuschließen. Dieser Gedanke habe aber im maßgeblichen Gesetzestext - so der VfGH weiter - keinen Niederschlag gefunden. Für das Außer-Kraft-Treten der eingangs zitierten Wortfolge wurde keine Frist gesetzt; die Kundmachung des Bundeskanzlers über die Aufhebung erfolgte am 18.08.2011 (BGBl. I Nr. 79/2011).
Mit dem BudBG 2012 (BGBl Nr. I 112/2011) wurde ua § 9 UmgrStG (idF BGBl. 110/2010) wie folgt geändert (vgl. Artikel 4 Z 1 lit b BudBG 2012): "In Abs 8 entfällt der letzte Satz und der vorletzte Satz lautet: "§ 24 Abs 4 Z 4 Körperschaftsteuergesetz 1988 gilt für natürliche Personen als Rechtsnachfolger, wenn der Betrieb nach § 7 Abs 1 am Ende des Jahres, für das die Anrechnung erfolgen soll, noch vorhanden ist; unabhängig von diesem Betriebserfordernis ist auf die Einkommensteuer, die auf Veräußerungsgewinne gemäß § 24 des Einkommensteuergesetzes 1988 dieses Betriebes entfällt, eine Anrechnung vorzunehmen". In den ErlBem zur RV (1494 der Beilagen, XXIV. GP, S. 19) wird auf das zuvor zitierte Erkenntnis des VfGH und dessen Rechtsansicht zur Fortführungspflicht eingegangen. Die Materialien schweigen hingegen zur Streichung des letzten Satzes des § 9 Abs 8 UmgrStG; lediglich in den allgemeinen Erwägungen findet sich die Aussage, wonach aufgrund der Verfassungswidrigkeit der aufgehobenen Wortfolge "künftig keine Einschränkung für die Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen bestünde." Gemäß dem 3. Teil Z 19 UmgrStG (Übergangs- und Schlussbestimmungen) ist § 9 Abs 8 UmgrStG in der Fassung des BudBG 2012 erstmals bei der Veranlagung 2011 anzuwenden.
Im Zuge des AbgÄG 2012 (BGBl. 112/2012) wurde in Abs 8 des § 9 UmgrStG wieder der Satz angefügt, wonach § 46 Abs 2 des EStG 1988 nicht anzuwenden ist. Nach den Materialien zu dieser Gesetzesbestimmung sollte mit der Wiederaufnahme des letzten Satzes klargestellt werden, dass auch nach der Rechtslage nach dem Budgetbegleitgesetz 2012 eine Gutschrift von Mindestkörperschaftssteuerbeträgen als solchen nicht möglich ist. Ein gesondertes Inkrafttreten wurde vom Gesetzgeber - aufgrund der bloß gewollten klarstellenden Wirkung - nicht angeordnet.
Maßgeblich für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes ist sohin die Bestimmung des § 9 Abs 8 UmgrStG idF BudBG 2012. Wie der Bf. richtigerweise ausführt, bestand für das Veranlagungsjahr 2011 die Einschränkung, wonach § 46 Abs 2 EStG bei der Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer nicht gelte, nicht expressis verbis. Daraus ist jedoch für den Rechtstandpunkt des Bf. nichts zu gewinnen. Wie die belangte Behörde nämlich zu Recht ausführt, ergibt sich bereits aus der sinngemäßen Anwendung des § 24 Abs 4 Z 4 KStG, dass eine Gutschrift der Mindestkörperschaftsteuer über die Höhe der Einkommensteuer hinaus nicht zulässig ist: Nach dem gemäß. § 9 Abs 8 UmgrStG sinngemäß anzuwendenden § 24 Abs 4 Z 4 KStG ist eine Gutschrift der Mindestkörperschaftsteuer über die Höhe der Körperschaftsteuerschuld hinaus jedenfalls nicht vorgesehen. Die Pflicht der sinngemäßen Anwendung des § 24 Abs 4 Z 4 KStG im Einkommensteuerverfahren des Rechtsnachfolgers einer GmbH nach einer Umwandlung bedingt so weitgehend wie möglich die Übernahme derselben Wertungsentscheidungen, die der Gesetzgeber in § 24 Abs 4 Z 4 KStG für das Körperschaftsteuerverfahren getroffen hat. Die relevante Wertungsentscheidung des Gesetzgebers, die in § 24 Abs 4 Z 4 KStG zum Ausdruck kommt, lautet: Eine Gutschrift der Mindestkörperschaftsteuer über die Höhe der Ertragsteuerschuld hinaus ist nicht zulässig. Was für die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld gilt, muss daher auch für die tatsächliche Einkommensteuerschuld gelten.Daher ist eine Gutschrift der Mindestkörperschaftsteuer über die Höhe der Einkommensteuerschuld des Rechtsnachfolgers hinaus jedenfalls nicht zulässig (BFG 28.09.2018, RV/4100519/2013; 20.06.2017, RV/7103034/2017; UFS 06.12.2012, RV/1025-L/12 mwN). Auch eine genauere Analyse des Erkenntnisses des VfGH vom 30.06.2011, G 15/11 zeigt, dass die Anrechnungshöhe der anrechenbaren Mindestkörperschaftsteuer im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens gerade nicht aus dem Ausschluss der Anwendbarkeit des § 46 Abs 2 EStG 1988, sondern aus dem Hinweis in § 9 Abs 8 UmgrStG auf § 24 Abs 4 KStG resultiert: In seiner Begründung zur Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs 8 letzter Satz UmgrStG führt der VfGH nämlich wörtlich aus, wie folgt: "Im Hinblick darauf bestehen aber auch keine Bedenken dagegen, dass eine Verrechnung der Mindeststeuern nur "im Ausmaß entstehender Einkommensteuerschulden (so der vorletzte Satz des § 9 Abs 8 leg. cit) erfolgt." Dass sohin die Höhe der Anrechnung mit der Höhe der entstehenden Einkommensteuer begrenzt ist, leitet der VfGH - wie aus dem Klammerausdruck unmissverständlich hervorgeht - gerade nicht aus § 9 Abs 8 letzter Satz UmgrStG (idF BGBl. 201/1996), sondern aus dessen vorletzten Satz ab, der wiederum auf § 24 Abs 4 KStG 1988 abzielt. Es mag zwar richtig sein, dass durch das BudBG 2012 (auch) eine Änderung der Nennung dieser Bestimmung des KStG im UmgrStG erfolgt ist (nämlich von § 24 Abs 4 KStG 1988 auf § 24 Abs 4 Z 4 KStG), was jedoch an der hier vertretene Rechtsauffassung nichts zu ändern vermag: Schließlich enthielt bereits der im UmgrStG idF BGBl 201/1996 ausdrücklich genannte § 24 Abs 4 KStG (idF BGBl. I 161/2005) einen Unterabsatz 4, der inhaltsgleich mit dem im BudBG 2012 genannten § 24 Abs 4 Z 4 KStG war. Der Bf. irrt sohin, wenn er behauptet, dass § 24 Abs 4 Z 4 KStG mit dem BudBG 2012 "rückwirkend in Kraft gesetzt" worden wäre. Richtig ist viel mehr, dass die in der Z 4 der leg. cit. enthaltene Anrechnungsschranke bereits Bestandteil des UmgrStG idF 201/1996 war.
Schließlich ist für den Rechtsstandpunkt des Bf. auch durch das Erkenntnis des VwGH vom 31.05.2017, Ro 2016/13/0001 nichts zu gewinnen: Im dort zu entscheidenden Fall war die Rechtsfrage wesentlich, ob bei Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer auf die sich ergebende Einkommensteuerschuld der Mindestkörperschaftsteuerbetrag einer GmbH (sohin € 1.750,--) stehen bleiben muss. Eine Begrenzung der Anrechnung mit einem solchen Betrag - gemeint dem Mindestkörperschaftsteuerbetrag - könne nach Ansicht des VwGH nicht wirksam werden. Mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist sohin dieses Erkenntnis für den gegenständlichen Fall nicht einschlägig.
Auch die behauptete Verfassungswidrigkeit liegt nicht vor: Durch das BudBG 2012 wurde lediglich das Betriebserfordernis "rückwirkend" eingeführt. Dieses Tatbestandsmerkmal erfüllte der Bf. am Ende des Veranlagungsjahres 2011, sodass er einerseits durch diese Regelung nicht beschwert sein kann und es andererseits an der Präjudizialität der Norm (bzw. der anzuwendenden Wortfolge) mangelt. Im Übrigen hat der VfGH selbst in seinem Erkenntnis vom 30.06.2011, G 15/11 ausgesprochen, dass eine Anrechnung der Mindeststeuer "sinnvollerweise auf die Fortführung des Betriebes abzustellen hätte und dass es dem Gedanken der Umwandlung entspricht, die Verrechnungsmöglichkeit ab der Betriebsveräußerung bzw. -einstellung auszuschließen". Weiters war - wie bereits oben ausgeführt - Z 4 des § 24 Abs 4 KStG bereits in der vom VfGH geprüften Bestimmung Bestandteil des § 9 Abs 8 UmgrStG und ist nicht "rückwirkend" eingeführt worden. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes bestehen gegen § 9 Abs 8 UmgrStG idF BudBG 2012 sohin keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Zur Verletzung des Legalitätsprinzips ist vorerst auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, wonach kein subjektives Recht auf eine gesetzmäßige Führung der Verwaltung besteht (vgl. VfSlg. 1324/1930, 9708/1983, 10.349/1985, 16.177/2001; B 636/04 vom 15.06.2005). Das im Art. 18 Abs 1 B-VG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde oder des Gerichts vorherbestimmt ist. Dass der Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung dieser Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt, kann im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich sein, steht aber grundsätzlich in Einklang mit Art 18 B-VG (VfGH 13.12.2016, VfGH G 572/2015; VfSlg 13.785/1994 mwN). Ob eine gesetzliche Vorschrift dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot gemäß Art 18 Abs 1 B-VG entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach der Entstehungsgeschichte, dem Inhalt und dem Zweck der Regelung. Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind daher alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine Regelung verletzt die in Art 18 Abs 1 B-VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse dann, wenn nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz ermächtigt (VfGH 13.12.2016, G 572/2015; VfSlg 16.137/2001). Wie aus den Ausführungen zur Historie des § 9 Abs 8 UmgrStG ersichtlich, insbesondere den genannten Gesetzesmaterialien, sowie dem Erkenntnis des VfGH vom 30.06.2011, G 15/11, kann keine Rede davon sein, dass aus dem Gesetzeswortlaut nicht klar hervorgehe, was der Gesetzgeber mit der Neuregelung gemeint hat.
Insgesamt ist sohin festzuhalten, dass die Anrechnung offener Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen keine Gutschrift ergeben kann; dies ist Ausfluss aus dem Verweis des § 9 Abs 8 UmgrStG (idF BudBG 2012) auf § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 (vgl dazu auch: BFG 28.09.2018, RV/4100519/2013; 20.06.2017, RV/7103034/2017; 31.05.2016, RV/5100118/2013; 19.08.2015, RV/7101225/2013; UFS 06.12.2012, RV/1025-L/12 mwN).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Rechtsprechung zur entscheidungswesentliche Frage, ob die Anrechnung offener Mindestkörperschaftsteuer bei natürlichen Personen eine Gutschrift ergeben kann, fehlt. Wie dargelegt ist das Erkenntnis des VwGH vom 31.05.2017, Ro 2016/13/0001 mangels vergleichbarer Sachverhalte, nicht einschlägig, weshalb nach Ansicht des erkennenden Gerichtes die ordentliche Revision zuzulassen war.
Klagenfurt am Wörthersee, am 19. August 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 9 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 |
Schlagworte: | Mindestkörperschaftsteuer, Anrechnung, Person, Umwandlung, natürliche |