Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | rückwirkende Ereignisse, Verjährung, Abänderung, Anfechtung von Rechtsgeschäften, Ermessen, Anspruchszinsen |
Verweise: | § 120 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
3.2. Einkommensteuer
3.2.1. Umrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988
Für die Höhe der Einkommensteuer bei einer gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 vorzunehmenden Umrechnung steuerpflichtiger Einkünfte auf einen Jahresbetrag ist die Höhe von dort genannten Bezügen (zB versicherungsmäßiges Arbeitslosengeld, Notstandshilfe) bedeutsam. Ändert sich die Höhe solcher Bezüge nachträglich (zB bei rückwirkender Berichtigung von Arbeitslosengeld; vgl §§ 24 und 25 AlVG), so liegt ein rückwirkendes Ereignis vor.
3.2.2. Nachweis des volkswirtschaftlichen Wertes (§ 4 Abs. 4 Z 4a EStG 1988)
Nach § 4 Abs. 4 Z 4a EStG 1988 setzt ein Forschungsfreibetrag für Aufwendungen zur Entwicklung oder Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen ua den Nachweis des volkswirtschaftlichen Wertes der angestrebten oder abgeschlossenen Erfindung durch eine Bescheinigung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit voraus.
Ein solcher Nachweis ist ein rückwirkendes Ereignis.
3.2.3. Ausscheiden von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen (§ 6 Z 6 lit. b EStG 1988)
Nach dem drittletzten Satz des § 6 Z 6 lit. b EStG 1988 gilt die Veräußerung oder das sonstige Ausscheiden der Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen als rückwirkendes Ereignis im Sinn des § 295a BAO.
Als Veräußerung gilt eine spätere Überführung oder Verlegung in einen Staat, der nicht der Europäischen Union angehört oder in einen Staat der Europäischen Union, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe mit der Republik Österreich nicht besteht.
3.2.4. Nachzahlung von Pensionen (§ 19 Abs. 1 EStG 1988)
Nachzahlungen von Pensionen und Bezügen aus der Unfallversicherung, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für den der Anspruch besteht (§ 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988).
Solche Nachzahlungen sind rückwirkende Ereignisse.
3.2.5. Nachträgliche Änderungen bei Veräußerungsgewinnen (§ 24 Abs. 1 EStG 1988)
Nachträgliche Werbungskosten sowie Erhöhungen oder Minderungen des Erlöses sind rückwirkende Ereignisse (vgl. zB EStR 2000 Rz 5661, Rz 5667 und Rz 5677).
3.2.6. Entrichtung von Erbschafts- oder Schenkungssteuer (§ 24 Abs. 5 EStG 1988)
Die Anrechnung von Erbschafts- oder Schenkungssteuer auf die Einkommensteuer vom Veräußerungsgewinn setzt § 24 Abs. 5 EStG 1988 zufolge ua. voraus, dass die Erbschafts- oder Schenkungssteuer entrichtet ist.
Die (nachträgliche) Entrichtung ist für die Anrechnung ein rückwirkendes Ereignis (EStR 2000 Rz 5696).
Erfolgt eine Minderung des Entrichtungsbetrages insbesondere als Folge der Herabsetzung des bescheidmäßig festgesetzten Steuerbetrages (zB mit Berufungsvorentscheidung), so ist dies ein (für die Verminderung des anzurechnenden Betrages bedeutsames) rückwirkendes Ereignis.
3.2.7. Veräußerung nach § 24 Abs. 6 EStG 1988
Wird das Gebäude (der Gebäudeteil) innerhalb von fünf Jahren nach Aufgabe des Betriebes durch den Steuerpflichtigen oder einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger veräußert, so gilt die Veräußerung als rückwirkendes Ereignis im Sinn des § 295a BAO, das beim Steuerpflichtigen zur Erfassung der stillen Reserven höchstens im Umfang der Bemessungsgrundlage bei Betriebsaufgabe führt (§ 24 Abs. 6 drittletzter Satz EStG 1988).
3.2.8. Ersatz von Werbungskosten durch den Arbeitgeber
Für den Abzug von Werbungskosten des Arbeitnehmers ist deren nachträglicher Ersatz durch den Arbeitgeber, wenn der Ersatz nach § 26 EStG 1988 nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehört, ein rückwirkendes Ereignis.
3.2.9. Anfechtung von Spekulationsgeschäften (§ 30 EStG 1988)
Rechtsgeschäfte (zB Veräußerungsgeschäfte im Sinn des § 30 Abs. 1 Z 1 EStG 1988) sind insbesondere anfechtbar
- wegen List oder ungerechter und gegründeter Furcht (§ 870 ABGB),
- wegen Irrtums (§ 871 ABGB).
Die Auflösung des Vertrages wirkt in der Regel ex tunc (vgl. zB zu § 870 ABGB, VwGH 5.9.1985, 84/16/0117; zu § 871 ABGB zB OGH 30.1.1980, 1 Ob 791/79).
§ 116 Abs. 2 BAO zufolge ist die Abgabenbehörde an gerichtliche Entscheidungen im Zivilprozess nicht gebunden.
Die (erfolgreiche) Anfechtung des Veräußerungsgeschäftes ist für die auf das Spekulationsgeschäft entfallende Einkommensteuer ein rückwirkendes Ereignis.
3.2.10. Nachträgliche Werbungskosten oder Erlösminderungen bei Spekulationsgeschäften (§ 30 EStG 1988)
Nachträgliche Werbungskosten sowie nachträgliche Erlösminderungen sind rückwirkende Ereignisse für die Besteuerung des Spekulationsgeschäftes (vgl. zB EStR 2000 Rz 6665).
3.2.11. Entrichtung von Erbschafts- oder Schenkungssteuer (§ 30 Abs. 7 EStG 1988)
Die Anrechnung von Erbschafts- oder Schenkungssteuer auf die Einkommensteuer, die auf die Veräußerung der Wirtschaftsgüter entfällt, setzt § 30 Abs. 7 EStG 1988 zufolge ua. die Entrichtung der betreffenden Erbschafts- oder Schenkungssteuer voraus.
Die (nachträgliche) Entrichtung ist ebenso wie die nachträgliche Verminderung des Entrichtungsbetrages (zB durch Nachsicht nach § 236 BAO) ein rückwirkendes Ereignis.
3.2.12. Veräußerung nach § 31 Abs. 2 EStG 1988
Nach § 31 Abs. 2 vierter Satz EStG 1988 gilt ein späterer Wegzug in einen Staat, der nicht der Europäischen Union angehört oder in einen Staat, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe mit der Republik Österreich nicht besteht, als Veräußerung.
Die Veräußerung gilt als rückwirkendes Ereignis im Sinn des § 295a BAO (§ 31 Abs. 2 fünfter Satz EStG 1988).
3.2.13. Entrichtung von Erbschafts- oder Schenkungssteuer (§ 31 Abs. 4 EStG 1988)
Die Anrechnung von Erbschafts- oder Schenkungssteuer auf die Einkommensteuer, die auf die Veräußerung von Beteiligungen entfällt, setzt § 31 Abs. 4 EStG 1988 zufolge ua. voraus, dass der Steuerpflichtige infolge des Erwerbes Erbschafts- oder Schenkungssteuer entrichtet hat.
Rückwirkende Ereignisse sind die (nachträgliche) Entrichtung einer solchen Steuer sowie die Verminderung des Entrichtungsbetrages (zB als Folge einer Aufhebung des Erbschaftssteuerbescheides gemäß § 299 Abs. 1 BAO, einer Wiederaufnahme (§ 303 BAO) des betreffenden Verfahrens oder einer Festsetzung von Erbschaftssteuer gemäß § 201 BAO).
3.2.14. Nachträgliche Werbungskosten oder Erlösminderungen bei Veräußerungsgeschäften im Sinn des § 31 EStG 1988
Nachträgliche Minderungen des Erlöses sind ebenso wie nachträgliche Werbungskosten rückwirkende Ereignisse betreffend die auf Veräußerungsgeschäfte im Sinn des § 31 EStG 1988 entfallende Einkommensteuer (vgl. zB EStR 2000 Rz 6676).
3.2.15. Alleinverdienerabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988)
Die rückwirkende Gewährung von Familienbeihilfe ist für den Alleinverdienerabsetzbetrag ein rückwirkendes Ereignis (nach § 33 Abs. 4 Z 1 dritter Satz EStG 1988 iVm den §§ 106 Abs. 1 und 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988).
3.2.16. Alleinerzieherabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988)
Die rückwirkende Gewährung von Familienbeihilfe ist für den Alleinerzieherabsetzbetrag ein rückwirkendes Ereignis.
3.2.17. Ersatz von Aufwendungen (§ 34 EStG 1988)
Erfolgt der Ersatz von Aufwendungen (im Sinn des § 34 EStG 1988) in einem der Verausgabung der Beträge folgenden Jahre, so führt dies dazu, dass die Beträge nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind.
Derartige Ersätze sind rückwirkende Ereignisse. Ein solches Ereignis liegt auch vor, wenn eine Rückzahlung des Ersatzes erfolgt.
3.2.18. Rückwirkende Gewährung von Familienbeihilfe (§ 34 Abs. 6 EStG 1988)
Nach § 10 Abs. 3 FLAG werden die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4 FLAG) höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt.
Nach § 34 Abs. 6 dritter Teilstrich EStG 1988 können ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld, Blindenzulage) übersteigen, abgezogen werden.
Diesem Verweis auf das FLAG zufolge ist die rückwirkende Gewährung erhöhter Familienbeihilfe für § 34 EStG 1988 ein rückwirkendes Ereignis.
3.2.19. Nachweis der Behinderung (§ 35 Abs. 2 EStG 1988)
Nach § 35 Abs. 2 dritter Satz EStG 1988 ist die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Ein solcher amtlicher Nachweis kommt als für den betreffenden Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 bedeutsames rückwirkendes Ereignis in Betracht.
3.2.20. Verteilung von Einkünften gemäß § 37 Abs. 9 EStG 1988
Die gleichmäßige Verteilung bestimmter Einkünfte auf drei Jahre ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinn des § 205 Abs. 6 BAO.
Eine solche Verteilung stellt zwar keinen Verfahrenstitel für die Abänderung gemäß § 295a BAO dar, weil nach dem letzten Satz des § 37 Abs. 9 EStG 1988 die betreffenden Verfahren wiederaufzunehmen sind. Dies schließt die Antragstellung auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Anspruchszinsen (§ 205 Abs. 6 BAO) jedoch nicht aus (siehe Abschnitt 9).
3.2.21. Einbehaltung von Abzugsteuern (§ 46 Abs. 1 EStG 1988)
Nach § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 werden auf die Einkommensteuerschuld die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen, angerechnet.
Nachträgliche Einbehaltungen (zB von Kapitalertragsteuer) sind rückwirkende Ereignisse.
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betroffene Normen: | § 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | rückwirkende Ereignisse, Verjährung, Abänderung, Anfechtung von Rechtsgeschäften, Ermessen, Anspruchszinsen |
Verweise: | § 120 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |