VwGH 2009/04/0029

VwGH2009/04/002922.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, in der Beschwerdesache des Kärntner Naturschutzbeirates in Klagenfurt, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/I, gegen den Bescheid des Umweltsenates vom 27. November 2008, Zl. US 4A/2008/11-59, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (weitere Partei:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; mitbeteiligte Partei: X GmbH in Y, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
NatSchG Krnt 2002 §61;
UVPG 1993 §3 Abs6;
UVPG 2000 §19 Abs3;
UVPG 2000 §2 Abs4;
UVPG 2000 §20;
UVPG 2000 §3 Abs7;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
NatSchG Krnt 2002 §61;
UVPG 1993 §3 Abs6;
UVPG 2000 §19 Abs3;
UVPG 2000 §2 Abs4;
UVPG 2000 §20;
UVPG 2000 §3 Abs7;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie zur Zl. 2009/04/0029 in die Zuständigkeit des Senates 04 fällt (Feststellung, ob das Vorhaben unter Anhang 1 Z. 20 UVP-G 2000 fällt), zurückgewiesen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz wird der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. 2010/05/0180 (vormals: Zl. 2009/06/0025) vorbehalten.

Begründung

Mit Antrag vom 25. September 2007 begehrte die mitbeteiligte Partei gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) die Feststellung, ob für das Vorhaben "Seepark Hotel Klagenfurt am Wörthersee" eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Kärntner Naturschutzbeirates als Umweltanwalt gegen den (erstinstanzlichen) Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 4. Dezember 2007, mit dem festgestellt wurde, dass für dieses Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 nicht durchzuführen sei, gemäß § 3 Abs. 2, 4 und 7 UVP-G 2000 iVm Anhang 1 Z. 20 lit. b und Z. 21 lit. b zum UVP-G 2000 sowie den §§ 6 Abs. 4 und 67d bis 67g AVG mit einer näher bezeichneten Maßgabe als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Kärntner Naturschutzbeirates als Umweltanwalt.

1. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung im Fall einer auf diese Bestimmung gestützten Beschwerde kommt es - unabhängig von der Parteistellung im Verwaltungsverfahren - lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein kann. Die Beschwerdelegitimation setzt voraus, dass die auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde unter Berufung auf eine eigene, gegenüber dem Staat - als Träger der Hoheitsgewalt - bestehende Interessenssphäre des Beschwerdeführers erhoben wird. Fehlt es an der Behauptung, in einer eigenen Interessenssphäre verletzt zu sein, oder überhaupt an der Möglichkeit einer derartigen Verletzung, dann bedarf es zur Beschwerdeerhebung außer in den bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fällen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (vgl. den hg. Beschluss vom 16. Oktober 2003, Zl. 2003/03/0087, mwN).

2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. I Nr. 2//2008 (UVP-G 2000), lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2.

(4) Umweltanwalt ist ein Organ, das vom Bund oder vom betroffenen Land besonders dafür eingerichtet wurde, um den Schutz der Umwelt in Verwaltungsverfahren wahrzunehmen.

Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

Partei- und Beteiligtenstellung sowie

Rechtsmittelbefugnis

§ 19.

(3) Der Umweltanwalt, die Standortgemeinde und die an diese unmittelbar angrenzenden österreichischen Gemeinden, die von wesentlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt betroffen sein können, haben im Genehmigungsverfahren und im Verfahren nach § 20 Parteistellung. Sie sind berechtigt, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben."

3. Der Kärntner Naturschutzbeirat, eingerichtet durch § 61 des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002, LGBl. Nr. 79, ist Umweltanwalt im Sinne des § 2 Abs. 4 UVP-G 2000. Er hat daher Parteistellung im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zlen. 2003/05/0218 und 0219, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

4. Im Beschwerdefall wurde das Feststellungsverfahren nicht durch einen Antrag des Kärntner Naturschutzbeirates nach § 3 Abs. 7 erster Satz UVP-G 2000 eingeleitet.

Dem Kärntner Naturschutzbeirat kommt somit nicht bereits auf Grund einer derartigen Antragstellung eine Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof zu (vgl. zu einer solchen Konstellation das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2002, 2002/03/0248, sowie das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2009, Zl. 2006/04/0142).

5. Auch § 19 Abs. 3 UVP-G 2000 kann eine Beschwerdelegitimation im vorliegenden Fall nicht begründen:

§ 3 Abs. 7 UVP-G 2000 regelt die Parteistellung in einem Feststellungsverfahren betreffend das Erfordernis einer UVP-Prüfung, während § 19 Abs. 3 UVP-G 2000 eine solche Regelung für Genehmigungsverfahren gemäß UVP-G und Verfahren gemäß § 20 UVP-G trifft. Während im § 19 Abs. 3 UVP-G 2000 für den Umweltanwalt auch die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich vorgesehen ist, räumt ihm

§ 3 Abs. 7 UVP-G diese Berechtigung im Feststellungsverfahren nicht ein. Aus § 3 Abs. 7 leg. cit. ergibt sich vielmehr, dass dem Umweltanwalt im Feststellungsverfahren die Stellung einer Formalpartei zukommt (vgl. idS zur Beschwerdelegitimation der Standortgemeinde im Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G -

allerdings vor der UVP-G-Novelle 2004, in welcher der Standortgemeinde, nicht aber dem Umweltanwalt eine Berechtigung zur Beschwerdeerhebung eingeräumt wurde - den hg. Beschluss vom 16. Oktober 2003, Zl. 2003/03/0087).

6. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Fällen, in denen einer Organpartei keine eigene, gegen den Staat gerichtete Interessenssphäre zukam, dieser aber insoweit die Beschwerdelegitimation zuerkannt, als es zur Durchsetzung der aus der Parteistellung folgenden prozessualen Befugnisse erforderlich ist. Nur die sich aus einer ausdrücklich eingeräumten Parteistellung ergebenden prozessualen Rechte (u.a. Recht auf Bescheid, auf Akteneinsicht, auf Berufung, auf Parteiengehör, auf Ladung zur öffentlichen Verhandlung) stellen danach subjektive öffentliche Rechte der Organpartei dar, deren Verletzung in einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG geltend gemacht werden kann (vgl. insoweit zur Standortgemeinde in einem Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G den hg. Beschluss vom 24. März 2004, Zl. 2004/04/0036).

Da dem Kärntner Naturschutzbeirat nach dem Obgesagten durch § 3 Abs. 7 vierter Satz UVP-G 2000 als Umweltanwalt ausdrücklich eine Parteistellung im Feststellungsverfahren eingeräumt wird, könnte die Behauptung einer Verletzung der genannten Parteirechte eine Beschwerdelegitimation begründen (vgl. in diesem Sinne bereits zum Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 6 UVP-G, BGBl. Nr. 697/1993, das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1997, Zl. 96/07/0228, mwN).

7. Eine derartige Verletzung in prozessualen Parteirechten wird aber mit der vorliegenden Beschwerde nicht geltend gemacht:

Als Beschwerdepunkt macht der Kärntner Naturschutzbeirat geltend, im "Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens gem. § 37 ff AVG" sowie im "Recht auf Wahrnehmung seines Schutzrechtes hinsichtlich des Naturschutzgesetzes sowie die UVP-G 2000 und gemeinschaftsrechtlicher Materien" verletzt zu sein. In den Beschwerdegründen führt der Kärntner Naturschutzbeirat lediglich aus, die Kärntner Landesregierung hätte der Umwidmung näher bezeichneter Grundflächen im Bereich des beschwerdegegenständlichen Vorhabens nicht die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilen dürfen. Zudem weise die Situierung des gegenständlichen Vorhabens eine fehlende Bauplatzeignung auf und seien auch dem Umwelt- und Naturschutzbericht schwerwiegende Mängel anzulasten. Eine gegenständliche Naturverträglichkeitsprüfung könne nicht als brauchbare Entscheidungsgrundlage für die Umwidmung herangezogen werden. Die Umwidmungen und der Bebauungsplan zum Zwecke der Errichtung der gegenständlichen Hotelanlage seien mit den Zielsetzungen eines näher bezeichneten Landschaftsschutzgebietes nicht vereinbar. Weiters seien auch beim vorliegenden Vorhaben Versiegelungen und Raumbedarf sowie Verkehrsaufkommen gegeben. Aus all diesen Gründen wäre nach Auffassung des Kärntner Naturschutzbeirates als Beschwerdeführer für das gegenständliche Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend erforderlich gewesen.

Hingegen wird vom Kärntner Naturschutzbeirat als Beschwerdeführer eine Verletzung von prozessualen Rechten, die sich aus der ihm gemäß § 3 Abs. 7 vierter Satz UVP-G 2000 ausdrücklich eingeräumten Parteistellung ergeben, nicht geltend gemacht.

8. Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen. Angemerkt sei, dass der Beschwerde auch in der Sache kein Erfolg beschieden wäre, da sie sich in keinster Weise gegen die Feststellung im angefochtenen Bescheid wendet, durch das geplante Vorhaben würde keiner der vorliegend in Betracht kommenden, im Anhang I Z. 20 lit. b UVP-G 2000 festgelegten Schwellenwerte erreicht.

Wien, am 22. Juni 2011

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