Normen
ABGB §1151;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ABGB §1151;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Mai 2010 wurde der Beschwerdeführer - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber die polnischen Staatsangehörigen W.D., L.P., S.W. und R.W. in konkret bezeichneten Zeiträumen im August 2008 mit der Herstellung der Fassade am Haus in B. beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch vier Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden über ihn vier Geldstrafen zu je EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen) verhängt.
In ihrer Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde im Rahmen der Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens die Aussagen der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Personen wieder.
Demnach habe der Beschwerdeführer angegeben:
"der polnische Staatsangehörige R.W. habe sich aufgrund einer Empfehlung bei ihm gemeldet, wobei er mit diesem zunächst die vor Ort herzustellende Fassade besichtigt hätte, es allerdings für den genannten alleine zu viel war, weshalb er sagte, er werde eine zweite Person, einen Landsmann von ihm, beiziehen, welcher ebenso wie er selbst über die entsprechenden Genehmigungen zur Durchführung der Tätigkeiten verfüge. Diesbezüglich habe ihm R.W. zunächst eine polnische Gewerbeberechtigung gezeigt, sowie auch die weitere Person seiner Erinnerung nach eine derartige Berechtigung bei einer anschließenden Besichtigung der Baustelle mitgehabt hätte. Bereits vorher habe er sich auf der Homepage der Wirtschaftskammer die Möglichkeiten angesehen unter welchen Bedingungen ausländische Staatsangehörige vor Ort als Selbstständige tätig werden können. Er wisse jetzt nicht mehr, bzw. könne er sich nicht mehr daran erinnern, ob er auf dieser Homepage irgendeinen Hinweis darauf entdeckt habe, dass bezüglich Bau- bzw. Baunebengewerben eine entsprechende zusätzliche Genehmigung seitens des zuständigen Ministeriums notwendig wäre. Jedenfalls habe ihm der polnische Staatsangehörige bei Besichtigung der Baustelle gesagt, dass er berechtigt sei, derartige Arbeiten durchzuführen. Es wäre auch eine Aufteilung der Fassadenarbeiten möglich gewesen, zumal diese ja auch (gemeint wohl: aus) vier Wänden bestanden habe, also eine konkrete und auch unterscheidbare Aufteilung wer was mache. Auch habe er mit den beiden Personen einen Pauschalpreis vereinbart, also jeweils EUR 1.250,- pro Person. Weiters sei es so gewesen, dass das vom Dachdecker auf der Baustelle noch vorhandene Gerüst bis Ende August dort verbleiben konnte, weshalb er den Beiden gesagt habe, sie müssten bis zu diesem Zeitpunkt mit der Fassade fertig sein. Aus seiner Sicht wäre es jedenfalls möglich gewesen, dass sie in diesem vorgesehenen Zeitraum die Fassade fertig stellen. Vom Umstand, dass dann tatsächlich mehr als die zwei Personen mit denen er die Vereinbarung getroffen habe, vor Ort gewesen seien, habe er erst durch die gegenständlichenfalls erfolgte Kontrolle erfahren. Hiebei sei er zwar seitens der KIAB von der Durchführung der Kontrolle nicht verständigt worden, sondern habe er die Kontrollorgane während des Vorbeifahrens an der Baustelle wahrgenommen, wobei die Kontrolle gerade im Gang war. Im Anschluss an die Kontrolle sei die Durchführung der Arbeiten jedenfalls eingestellt worden, zumal auch zwei der angetroffenen Personen zur Befragung weggebracht worden seien. Er habe dann die Fassadenarbeiten von einer anderen Firma fertig stellen lassen."
Im Weiteren führte die belangte Behörde nach Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen aus wie folgt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Unstrittig kann eingangs festgestellt werden, dass der (Beschwerdeführer) L.P. und R.W. beauftragt hat, die bereits teilweise hergestellte Fassade des Hauses durch Verkleben von Styropor, Verspachteln und Aufbringen des Putzes fertig zustellen. Diesbezüglich wurde sämtliches Material vom (Beschwerdeführer) auf der Baustelle zur Verfügung gestellt, nicht allerdings das Werkzeug. Der (Beschwerdeführer) gibt dazu an, er habe mit den beiden Genannten eine Pauschale für die Durchführung der Tätigkeiten in Höhe von jeweils EUR 1.250,-- vereinbart, während die beiden ausländischen Staatsangehörigen selbst in der mit ihnen nach Durchführung der Kontrolle aufgenommenen Niederschrift angaben, mit dem (Beschwerdeführer) eine Entlohnung in Höhe von EUR 10,-- pro Stunde vereinbart zu haben, wobei nach Fertigstellung der Arbeiten abgerechnet werden sollte.
...
Soweit sich der (Beschwerdeführer) ... auf den Abschluss
eines Werkvertrages jeweils mit den ausländischen
Staatsangehörigen L.P. und R.W., dies mündlich, beruft, ... ist
diesbezüglich nicht erkennbar, dass der (Beschwerdeführer) ... die
Erbringung eines konkreten Werkes von jedem der beauftragten Personen vereinbart hätte. Es lässt sich hier nur erkennen, dass die beiden Personen die Fassade fertig stellen sollten. Ein abgrenzbares, unterscheidbares und sohin auch gewährleistungstaugliches Werk, welches sich aus einer Abgrenzbarkeit der von den beiden angesprochenen Personen jeweils zu verrichtenden Tätigkeiten ergeben hätte, ist sohin nicht erkennbar. Die (belangte Behörde) geht deshalb davon aus, dass das behauptete Bestehen eines Werkvertrages zwischen dem (Beschwerdeführer) und den beiden polnischen Staatsangehörigen nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entspricht. Wobei ebenfalls der Umstand, wenn auch in einem geringeren Ausmaß, dass das gesamte erforderliche Material zur Durchführung der Tätigkeiten vom (Beschwerdeführer) bereitgestellt wurde, gegen das Vorliegen von selbständigen Tätigkeiten auf Basis eines Werkvertrages spricht.
Soweit sich der (Beschwerdeführer) bezüglich der weiteren beiden vor Ort befindlichen polnischen Staatsangehörigen dahingehend verantwortet, dass er weder von deren Anwesenheit noch einer etwaigen Tätigkeit vor Ort Bescheid wusste, ist ihm die sich aus dem Beweisverfahren ergebende Feststellung entgegen zu halten, dass offenbar das sich vor Ort befindliche Gerüst abgebaut und an einem anderen Ort aufgestellt werden musste, dies um die Fassadenarbeiten fertig stellen zu können, wobei dieser Umstand dem (Beschwerdeführer), zumal er ja ausgehend von seinem eigenen Vorbringen nur zwei Personen mit der Durchführung der Tätigkeiten beauftragt hatte, bewusst hätte sein müssen, dies auch im Hinblick der Fertigstellung der Arbeiten bis das Gerüst, welches vor Ort von einer anderen Firma, Spengler bzw. Dachdecker, aufgestellt war, weggebracht werden sollte. Ebenso übersieht der (Beschwerdeführer), dass er ausgehend von seinem eigenen Vorgehen von der Kontrolle nicht durch die Beamten der KIAB verständigt wurde, sondern selbst zum Zeitpunkt der Durchführung der Kontrolle an der Baustelle vorbeigefahren ist und die Personen dort gesehen hat, wobei dieser Umstand zeigt, dass eine effektive Kontrolle zu einer etwaigen Verhinderung einer Übertretung des AuslBG nicht gegeben war. Sowie der (Beschwerdeführer) in diesem Zusammenhang ebenfalls darauf zu verweisen ist, dass auch aushilfsweise und kurzfristige Tätigkeiten unter die Bewilligungspflicht des AuslBG fallen und die von den weiteren beigezogenen Personen auf der Baustelle verrichteten Tätigkeiten ebenfalls ihm zugute gekommen sind, zumal dadurch die Fassadenarbeiten durch die anderen Personen weitergeführt werden konnten."
Unter Zugrundelegung dessen erachtete die belangte Behörde die inkriminierten Tatbestände sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt, wobei sie dem Argument des Beschwerdeführers einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis entgegenhielt, dass er bezüglich allfälliger Zweifel sich nicht auf etwaige Auskünfte der Wirtschaftskammer allein verlassen hätte dürfen, sondern vor Beauftragung der Ausländer mit der Durchführung von Tätigkeiten eine Anfrage an die zuständige Behörde zu richten gehabt hätte, was er nach seinem eigenen Vorbringen unterlassen habe. Im Weiteren legte sie ihre Strafbemessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).
Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für den Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).
2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der Beschäftigung der vier genannten Ausländer im Rahmen von arbeitnehmerähnlichen Verhältnissen.
Nach seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde bezog sich der Auftrag an die beiden polnischen Gewerbetreibenden R.W. und L.P. auf die Herstellung bzw. Fertigstellung einer Fassade eines bestimmten Hauses, wobei die beiden weiteren Ausländer ohne sein Wissen zusätzlich eingesetzt worden seien.
Wie sich aus den dazu in der Bescheidbegründung herangezogenen Angaben des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung im Zusammenhang mit dem Berufungsvorbringen ergibt, habe er mit diesen Ausländern einen Werkvertrag, der im gemeinschaftlichen Zusammenwirken von diesen beiden Personen zu erfüllen gewesen wäre, abgeschlossen und dafür mit jedem der beiden einen Pauschalpreis von EUR 1.250,-- vereinbart.
Die belangte Behörde hat (neben der Unterlassung jeglicher Auseinandersetzung mit den - für einen anderen Sachverhalt sprechenden - Angaben der beiden Ausländer bei der Ersteinvernahme, wonach diese nach tatsächlich erbrachten Stunden bezahlt werden sollten) bei der Qualifikation der Tätigkeiten jedoch übersehen, dass die beiden Ausländer demnach ein klar umgrenztes (Gesamt-)Werk geschuldet hätten, sodass es nicht darauf ankäme, dass die Leistungen der Beiden untereinander abgrenzbar seien. Bei dieser Konstellation würde auch der Frage einer allfälligen Eingliederung der Polen in die Unternehmensabläufe des Auftraggebers somit keine Bedeutung mehr zukommen. Die Beschäftigung der beiden Polen, die über eine Gewerbeberechtigung verfügten bzw. als Einzelunternehmen auftraten, würde damit aber eine selbständige Tätigkeit darstellen, welche nicht unter das Ausländerbeschäftigungsgesetz fällt.
Davon ausgehend wäre hinsichtlich der Beschäftigung der beiden weiteren Polen (W.D. und S.W.) eine Strafbarkeit nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b und nicht lit. a AuslBG - bei denen es sich um zwei verschiedene Taten handelt, die nicht ausgewechselt werden dürfen (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0111, und vom 1. Juli 2010, Zl. 2009/09/0234) - allenfalls deshalb anzunehmen, weil es sich bei Bauleistungen um einen geschützten Sektor handelt und daher die Inanspruchnahme entsandter Arbeitnehmer entsprechende beschäftigungsrechtliche Titel voraussetzt, die hier nicht vorliegen.
Indem die belangte Behröde dies verkannt und vom Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses von R.W. und L.P. ausgegangen ist sowie die Bestrafung bezüglich der beiden anderen Polen auf die falsche Strafnorm gegründet hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 2002, Zl. 99/09/0094, und vom 22. Oktober 2003, Zl. 2000/09/0131, und die darin angegebene Rechtsprechung).
Wien, am 5. November 2010
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