Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Universitätsprofessor im Ruhestand und war früher am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien tätig. In den Jahren 1996 bis 1997 leitete er ein Forschungsprojekt, welches vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (OeNB) finanziert wurde. Den Feststellungen des in Beschwerde gezogenen Bescheides zu Folge traf er am 15. Jänner 1996 mit dem Erstmitbeteiligten als Auftragnehmer folgende als Werkvertrag bezeichnete und bis zum 31. Dezember 1997 befristete Vereinbarung:
"1. Der Auftragnehmer übernimmt im Rahmen des Forschungsauftrages 'Gewerblicher Mittelstand in Österreich zur Zeit der großen Depression. Organisation, Interessenspolitik und politische Mobilität des Gewerbes 1930-1938' (Jubiläumsprojekt Nr. 5633 der Österreichischen Nationalbank) die Ausarbeitung des Projektes (Recherchen, Informationssicherung, Erstellung des Zwischenberichtes und des Endberichtes). Die Richtlinien der Österreichischen Nationalbank für die Bereitstellung von Mitteln des Jubiläumsfonds, festgelegt im Merkblatt vom 2.8.1995, sind integrierender Bestandteil des Werkvertrages. Diese Richtlinien sind dem Auftragnehmer bekannt.
2. Der Auftragnehmer erhält für seine Tätigkeit einen Betrag von ö.S. 280.000 (zweihundertachtzigtausend). Dieser Betrag wird in Teilen per Jänner 1996, und zwar zunächst als a conto Zahlungen, dann nach Erstellung des Zwischenberichtes und nach Erstellung des Endberichtes ausbezahlt.
Für die ordnungsgemäße Versteuerung sorgt der Auftragnehmer, der die Kleinunternehmerregelung nach § 6/18 Umsatzsteuergesetz 1994 in Anspruch nehmen wird."
Mit Bescheid vom 2. Juni 2000 stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund der Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen gegenüber dem Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis 31. Dezember 1997 der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterlegen sei. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte bezüglich dieser Tätigkeit weder der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 5 ASVG noch der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG iVm § 4 Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2001 gab der Landeshauptmann von Wien dem gegen diesen Bescheid gerichteten Einspruch des Beschwerdeführers Folge und stellte fest, dass der Erstmitbeteiligte zum Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis 31. Dezember 1997 weder in einem die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG gestanden sei noch gemäß § 4 Abs. 4 ASVG oder § 4 Abs. 5 ASVG der Vollversicherungspflicht unterlegen sei. Der Erstmitbeteiligte habe nicht bloß ein Bemühen oder Wirken, sondern im Rahmen eines sogenannten "Jubiläumsprojektes" einen konkreten Erfolg in Form eines Endberichtes zum angegebenen Thema geschuldet, der auch veröffentlicht worden sei. Durch die Ablieferung des Endberichtes beim Beschwerdeführer sei die Verpflichtung des Erstmitbeteiligten abschließend erfüllt worden. Es sei kein Dauer-, sondern ein Zielschuldverhältnis vorgelegen. Für das Vorliegen eines Werkvertrages spreche auch die Gewährleistungspflicht des Erstmitbeteiligten. Da der Werkvertrag vor Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes am 1. Juli 1996 abgeschlossen und bereits im Jänner 1996 mit der Tätigkeit begonnen worden sei, unterliege diese trotz zweijähriger Dauer auch nicht der Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 5 ASVG.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Folge gegeben und in Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien festgestellt, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit für den Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis 31. Dezember 1997 der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-)Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterlegen sei.
Der Erstmitbeteiligte habe den Erhalt von Akontozahlungen für zu erbringende Bibliotheks- und Archivarbeiten im Rahmen des genannten Projektes bestätigt, und zwar am 18. Jänner 1996 S 60.000,-- für den Zeitraum Jänner bis Mai 1996, am 31. Mai 1996 S 32.000,-- für Juni bis Oktober 1996, am 29. November 1996 S 8.000,-- für November 1996 und am 16. Dezember 1996 S 8.000,-- für Dezember 1996. Er habe seine Tätigkeit weder an einem bestimmten Ort noch innerhalb einer bestimmten Zeit ausüben müssen. Es sei ihm überlassen gewesen, wo und wann er die im Vertrag vereinbarten Leistungen erbringe. Es hätten ihn keine "Geheimhaltungspflichten" getroffen. Er habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine anderen Dienstgeber gehabt. Außerdem habe er sich bei Bedarf vertreten lassen oder Gehilfen beiziehen können. Lediglich eine gänzliche Weitergabe seiner zu erbringenden Tätigkeit sei ihm nicht gestattet gewesen. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde zusätzlich noch Folgendes aus:
"Betreffend des behaupteten Widerspruches die Frage 32 und 37
des Fragebogens betreffend, hält die (belangte Behörde) fest, dass
wohl davon ausgegangen werden könne, dass (der Erstmitbeteiligte)
wusste, was mit dem Begriff der Gewährleistung gemeint ist, welche
er ausdrücklich ausschloss. (...) Verwunderlicherweise hat (der
Erstmitbeteiligte) in seiner Stellungnahme vom 10.09.2004 (...)
zum Ausdruck gebracht, dass eine Gewährleistungspflicht bestanden
habe ... . (...) Die Beweiskraft dieser Stellungnahme ist für die
(belangte Behörde) jedoch aus dem Grunde zweifelhaft, da große
Absätze fast wortwörtlich mit dem Schriftsatz des
(Beschwerdeführers) ... übereinstimmen."
§ 4 Abs. 6 ASVG lege die Reihenfolge der Prüfung der Frage der Pflichtversicherung nach § 4 ASVG fest, mache die Einordnung des Sachverhaltes unter eine von mehreren in Betracht kommenden Bestimmungen zum Gegenstand eines einzigen Verfahrens und verknüpfe die Verfahrensgegenstände des § 4 Abs. 1, Abs. 4 (und Abs. 5) ASVG zu einer Rechtssache. Über die Pflichtversicherung nach § 4 ASVG sei somit in einem Verfahren abzusprechen, und zwar mit der Konsequenz, dass beispielsweise bei Feststellung der Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 gelte, dass eine solche nach Abs. 4 (und Abs. 5) ausgeschlossen sei. Es sei daher zulässig, auch noch im Berufungsverfahren die Pflichtversicherung nach jedem der in § 4 Abs. 6 ASVG genannten Tatbestände festzustellen. Weder von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse noch vom Beschwerdeführer selbst oder dem Erstmitbeteiligten sei das Vorliegen einer Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG behauptet worden. Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes hätten sich dafür auch keine Anhaltspunke ergeben.
Strittig sei hingegen die Frage, ob der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit für den Beschwerdeführer der Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterliege oder ob ein Werkvertrag zu Stande gekommen sei. Gegenstand der vereinbarten Leistung sei nicht ein bestimmtes Projekt gewesen. Der Erstmitbeteiligte habe sich verpflichtet, im Rahmen des Forschungsauftrages die Ausarbeitung des Projektes, somit die notwendigen Recherchen und die Informationssicherung mit Hilfe von Bibliotheks- und Archivarbeiten zu übernehmen. Dies sei auch Gegenstand des abgeschlossenen Vertrages gewesen. Es sei zwar auch die Erbringung eines Zwischen- und eines Endberichtes vereinbart worden, jedoch habe der Vertrag keinerlei Konkretisierungen darüber beinhaltet, welchen Inhalt der Zwischen- und Endbericht haben müsse. Auch die vorgelegten Honorarnoten, welche der Erstmitbeteiligte für die Durchführung der Archiv- und Bibliotheksarbeiten gelegt habe, zeigten auf, dass kein Werk geschuldet worden sei. Der Erstmitbeteiligte habe sich somit nicht zur Erbringung eines Werkes verpflichtet, sondern ein Bemühen geschuldet. Der Erstmitbeteiligte habe sich eines Gehilfen oder Vertreters bedienen können. Darin spiegle sich das Wesen eines freien Dienstvertrages wider. Die Elemente, die für das Vorliegen eines freien Dienstvertrages sprächen, lägen überwiegend vor.
Eine Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 5 ASVG liege nicht vor, weil diese Bestimmung gemäß § 564 Abs. 3 ASVG nur auf vertragliche Vereinbarungen anzuwenden sei, die nach dem 30. Juni 1996 abgeschlossen worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm - ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt - von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand. Der Erstmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift. Die übrigen Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer führt aus, bei der zwischen ihm und dem Erstmitbeteiligten geschlossenen Vereinbarung habe es sich - aus näher dargestellten Gründen - um einen Werkvertrag gehandelt. Das Werk sei - soweit dies die Natur einer Forschung zulasse - ausreichend konkretisiert gewesen. Die belangte Behörde habe keine näheren Feststellungen zur Beziehung des von der Österreichischen Nationalbank gegründeten Jubiläumsfonds zu ihm getroffen. Sie bezeichne ihn als "Projektleiter", stelle jedoch nicht klar, ob er auch selbst Förderungswerber gewesen sei oder etwa das Institut für Zeitgeschichte bzw. die Universität Wien die gegenständliche Förderung beantragt habe.
2. Ein Werkvertrag liegt vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 5. Juni 2002, Zl. 2001/08/0107, vom 24. Jänner 2006, Zl. 2004/08/0101, und vom 25. April 2007, Zl. 2005/08/0082, jeweils mwN).
Im vorliegenden Fall wurde vom Erstmitbeteiligten nach dem Inhalt der primär maßgebenden Vereinbarungen zwischen ihm und dem Beschwerdeführer (insbesondere nach dem "Werkvertrag" vom 15. Jänner 1996) die "Ausarbeitung eines Projekts" (Recherchen, Informationssicherung, Erstellung des Zwischenberichtes und des Endberichtes) zum genannten Thema geschuldet. Ob in dieser "Ausarbeitung" ein Werk zu erblicken ist, lässt sich nicht abschließend beurteilen, weil nicht eindeutig ersichtlich ist, worauf das Interesse des bestellenden Vertragspartners und damit die Vertragsverpflichtung im Kern gerichtet ist. In Ermangelung einer hinreichenden Konkretisierung der geschuldeten Leistung ist auch kein bestimmter, abgrenzbarer Erfolg festgelegt, an dessen Maßstab die Ordnungsgemäßheit der Erbringung eines Werkes beurteilt werden und Gewährleistungsansprüche anknüpfen könnten. So kann unter einem "Endbericht", dem - anders als einem Gutachten - kein im Wesentlichen feststehender Begriffsinhalt zukommt, im vorliegenden Zusammenhang sowohl ein - etwa der Kontrolle wissenschaftlicher Vorgehensweise dienender - Bericht über die während der Dauer des Forschungsprojekts geleisteten Tätigkeiten und die dabei gesicherten Informationen, als auch ein Bericht über die inhaltlichen Ergebnisse der Forschungstätigkeit, der eine bestimmte einforderbare Qualität aufweisen muss, verstanden werden. Es bleibt auch unklar, in welchem Verhältnis die oben beschriebenen einzelnen Tätigkeiten des Projekts zueinander stehen, ob also die "Recherchen, Informationssicherung, Erstellung des Zwischenberichtes" lediglich untergeordnete Zwischenschritte zur Erreichung des Endprodukts (nämlich des ausschließlich geschuldeten Endberichtes) darstellen oder ob sie diesem gleichgeordnet sind und nach dem Forschungsauftrag in gleicher Weise jeweils vertraglich geschuldete Leistungen, die einem Interesse des bestellenden Vertragspartners entsprechen, darstellen. Es bleibt auch offen, welche Verbindlichkeiten der Beschwerdeführer, dessen Institut bzw. auch der Erstmitbeteiligte gegenüber dem Jubiläumsfonds eingegangen sind und ob solche Verbindlichkeiten durch Vereinbarung zwischen den Genannten überbunden worden sind. Schließlich fehlt in Ansehung des Verfahrensergebnisses, dass keine Gewährleistungsansprüche bestanden hätten, ein Aufschluss darüber, ob Gewährleistungsansprüche (des Jubiläumsfonds), die an sich mit einem Werkvertrag verbunden wären, ausgeschlossen wurden (in welchem Fall auch solche des Beschwerdeführers gegenüber dem Erstmitbeteiligten als ausgeschlossen anzusehen wären) oder ob solche (in Ermangelung eines Werkvertrages) von vornherein nicht bestanden haben.
Welche dieser Annahmen zutrifft, kann primär nur nach dem vom Jubiläumsfonds erteilten Forschungsauftrag und nach den zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen beurteilt werden, über die jedoch keine vollständigen Feststellungen vorliegen. Die belangte Behörde hat nämlich - worauf auch die Beschwerde zutreffend hinweist - weder über den Forschungsauftrag noch über den Inhalt der Richtlinien der Österreichischen Nationalbank für die Bereitstellung von Mitteln des Jubiläumsfonds, festgelegt im Merkblatt vom 2. August 1995, die nach den getroffenen Vereinbarungen integrierender Bestandteil des Werkvertrages sind, Feststellungen getroffen.
3. Da der Sachverhalt somit in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG Abstand genommen werden.
5. Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist.
Stempelgebührenersatz war wegen der sachlichen Abgabefreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen.
Wien, am 23. Mai 2007
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