VwGH 2009/07/0133

VwGH2009/07/013316.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der F GmbH in H, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. Oktober 2007, Zl. VwSen-200269/2/BMa/Se, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit der Übertretung nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8 impl;
PMG 1997;
VStG §9 Abs7;
VwGG §21;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8 impl;
PMG 1997;
VStG §9 Abs7;
VwGG §21;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren des Bundesamtes für Ernährungssicherheit wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft E (BH) vom 9. Juli 2007 wurde Mag. Klaus F. als handelsrechtlichem Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei und somit als deren nach außen zur Vertretung befugtem Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG eine Verwaltungsübertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 (PMG) vorgeworfen und über ihn eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück.

Eine Berufung sei - so führte die belangte Behörde begründend aus - als unzulässig zurückzuweisen, wenn die als Berufungswerber auftretende Person zur Einbringung der Berufung nicht legitimiert sei. Das Straferkenntnis vom 9. Juli 2007 sei an Mag. Klaus F. als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen befugtem Organ der beschwerdeführenden Partei gerichtet. Diesem werde aufgrund seiner in § 9 Abs. 1 VStG verankerten verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Nichteinhaltung von Verwaltungsbestimmungen eine Übertretung des PMG zur Last gelegt.

Aus einem Bescheid müsse aber hervorgehen, an wen er sich richte, da jede individuelle Norm an eine bestimmte Person gerichtet sein müsse. Der Strafbescheid sei nicht gegenüber der juristischen Person erlassen worden, sondern ihr nur - ohne Einbindung in das vorangegangene Verfahren - zugestellt worden. Die bloße Zustellung an eine im Bescheid nicht erwähnte und durch diesen nicht beschwerte Person sei zur Begründung einer Parteistellung nicht ausreichend.

Dadurch könne das Straferkenntnis keine Wirkung gegenüber der juristischen Person gemäß § 9 Abs. 7 VStG entfalten und diese sei mangels Beschwer nicht rechtsmittellegitimiert.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit Beschluss vom 3. Juli 2009, Zl. B 2334/07- 12, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In ihrer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift - ebenso wie das Bundesamt für Ernährungssicherheit - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus einem Bescheid gemäß § 56 AVG muss hervorgehen, an wen er sich richtet, es muss der Normadressat ersichtlich sein, dies ist ein notwendiges Inhaltserfordernis eines Bescheides, die Bezeichnung des Normadressaten gehört zum normativen Spruchinhalt (vgl. Hengstschläger - Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband 2005, zu § 56 Rz 41 f). Nur wenn aus dem Bescheid dergestalt hervorgeht, dass die bescheiderlassende Behörde die Rechtssphäre einer Partei gestalten wollte und derart durch den Bescheid eine Berührung dieser Rechtssphäre geschehen ist, kann sie sich durch den Bescheid in ihren Rechten berührt erachten und Rechtsmittel ergreifen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2010, Zl. 2007/09/0267).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen den Bescheid der BH zurückgewiesen. Der Bescheid der BH enthält im Spruch keinerlei normativen Abspruch über die Haftung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über ihr zur Vertretung nach außen befugtes Organ verhängte Geldstrafe und die von diesem zu bezahlenden Verfahrenskosten. Der Bescheid der BH ist daher mangels eines gegen die beschwerdeführende Partei exequierbaren Abspruches - ungeachtet seiner Zustellung an diese - nicht geeignet, in deren Rechtssphäre einzugreifen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. September 2010, Zl. 2010/02/0160).

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurückgewiesen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2010, Zlen. 2008/09/0377 und 0380).

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ. Art. 6 Abs. 1 MRK steht dem nicht entgegen, weil eine zurückweisende Entscheidung, in der nur darüber abgesprochen wird, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 MRK fällt. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" nach dieser Bestimmung kommt daher nicht zur Anwendung, wenn Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. November 2010, Zl. 2010/07/0097, mwN). Darüber hinaus war im vorliegenden Fall lediglich eine Rechtsfrage strittig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, Zl. 2009/12/0030).

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Der Antrag des Bundesamtes für Ernährungssicherheit auf Aufwandersatz war zurückzuweisen. Diesem kommt nämlich als Amtspartei im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 21 VwGG nicht die Stellung als mitbeteiligte Partei zu (vgl. zur insoweit vergleichbaren Stellung des Disziplinaranwaltes im Verfahren über die Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten das hg. Erkenntnis vom 16. September 2010, Zl. 2007/09/0085).

Wien, am 16. Dezember 2010

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