VwGH 2009/08/0228

VwGH2009/08/022818.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerden des M M I in Wien, vertreten durch Mag. Thomas Braun, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Berggasse 4/Stg.1/Top 7, gegen die auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 8. Juli 2009, Zl. 2009-0566-9-002056 (protokolliert zur hg. Zl. 2009/08/0228), Zl. 2009-0566-9-001933 (protokolliert zur hg. Zl. 2009/08/0229) und Zl. 2009-0566-9-001314 (protokolliert zur hg. Zl. 2009/08/0230), betreffend Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bzw. betreffend Antrag auf aufschiebende Wirkung gemäß § 56 Abs. 2 AlVG,

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1 idF 2007/I/104;
AlVG 1977 §9 Abs1 idF 2007/I/104;
AlVG 1977 §10 Abs1 idF 2007/I/104;
AlVG 1977 §9 Abs1 idF 2007/I/104;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die (zur Zl. 2009/08/0228 protokollierte) Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die (zu den Zlen. 2009/08/0229 bis 0230 protokollierten) Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den Beschwerden und vorgelegten Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1. Hinsichtlich der zu den Zlen. 2009/08/0229 bis 0230 protokollierten Beschwerden:

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden hat die belangte Behörde jeweils gemäß § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) den Verlust nachstehender Ansprüche des Beschwerdeführers ausgesprochen und das Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Umständen für eine Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG verneint:

a) des Anspruches auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 4. März bis 14. April 2009 (angefochten zur hg. Zl. 2009/08/0230) sowie

b) des Anspruches auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 30. April bis 8. Juni 2009 sowie auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 9. bis 24. Juni 2009 (angefochten zur hg. Zl. 2009/08/0229).

In den weitgehend gleichlautenden Begründungen stützte sich die belangte Behörde auf folgende Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stehe seit 11. November 2008 (wieder) in Bezug von Arbeitslosengeld, habe eine Lehre als Einzelhandelskaufmann abgeschlossen, Erfahrung als Verkäufer im Einzelhandel sowie gegenüber dem Arbeitsmarktservice erklärt, als Verkäufer oder Kassa- und Regalbetreuer im Supermarkt vermittelt werden zu wollen. In der mit dem Beschwerdeführer am 28. Jänner 2009 vereinbarten Betreuung durch das Arbeitsmarktservice habe er als mögliche Arbeitsorte Wien, den Bezirk Mödling und auch den Bezirk Schwechat angegeben.

In dem zur Zl. 2009/08/0230 angefochtenen Bescheid wurde weiters festgestellt, dass es sich bei der vermittelten Stelle bei der Firma B. um eine Beschäftigung als Kassa- und Regalbetreuer gehandelt habe, die den Kenntnissen und Fähigkeiten des Beschwerdeführers wie auch seiner bisherigen Berufserfahrung entsprochen habe. Die Wegzeit von seinem Wohnort habe etwa 30 bis 40 Minuten betragen und somit den Zumutbarkeitskriterien des § 9 AlVG entsprochen.

Der - in der Berufung aufgezeigte - Spitalsaufenthalt seiner Gattin habe vom 12. bis 17. November 2008 gedauert, danach sei sie nach den Angaben des Beschwerdeführers zu einer physikalischen Nachbehandlung gegangen. Er habe eine diesbezügliche Terminkarte vorgelegt, woraus jeweils zehn Nachbehandlungen für November/Dezember 2008, Dezember 2008/Jänner 2009 und Jänner 2009 bis 17. Februar 2009 ersichtlich seien. Den Nachweis einer Pflegefreistellung habe er nicht vorlegen können. Das zuständige Service für Unternehmen, in dem das Bewerbungsgespräch abgehalten worden sei, habe rückgemeldet, dass dem Beschwerdeführer der Arbeitsort zu weit entfernt und die Wegzeit zu lang gewesen sei. Darauf habe der Beschwerdeführer niederschriftlich in der regionalen Geschäftsstelle angegeben, dass dies korrekt sei.

Bei der belangten Behörde habe er anlässlich seiner Vorsprache am 24. Juni 2009 angegeben:

"Damals war meine Gattin krank, ich lege zum Beweis eine Bestätigung des Krankenhausaufenthaltes sowie der weiteren Behandlung vor. Sie war aber danach auch zuhause und ich habe mich um die Kinder gekümmert und meine Frau noch gepflegt. Sie war aber nicht im Krankenstand, weil sie ohnedies zuhause ist. Ich möchte nach Belehrung die Zumutbarkeit der zugewiesenen Stelle (Wegzeit zumutbar) sagen, dass ich damals bei meiner Beraterin gefragt habe, ob es etwas noch mehr in der Nähe geben würde, weil ich die Kinder in die Schule bzw. in den Kindergarten bringe.

Wenn sie es mir erklärt hätte, dass es ohnedies nur 30 oder 40 Minuten sind, hätte ich die Stelle schon angenommen.

Ich gebe dazu an: dass ich damit nicht meine Beraterin, sondern jemanden bei der Vorauswahl in der Redergasse gemeint habe."

Der Beschwerdeführer habe bis dato keine neue Beschäftigung gefunden.

In rechtlicher Hinsicht zog die belangte Behörde aus den vom Beschwerdeführer bestätigten Angaben des Service für Unternehmen, wonach er in der Vorauswahl angegeben habe, der Arbeitsort sei zu weit weg und die Anfahrtszeit zu lange, den Schluss, dass dem Beschwerdeführer schon bewusst gewesen wäre, wie lange die Anfahrtszeit gewesen wäre und dass er in einer Filiale im 17. Bezirk nicht habe arbeiten wollen. Sein späteres Vorbringen, dass er nur nach einer Alternative gefragt habe bzw. nicht gewusst habe, dass die Anfahrtszeit maximal 40 Minuten dauern würde, wurde als Schutzbehauptung gewertet. Dem Vorbringen, er habe auf Grund der gesundheitlichen Probleme seiner Gattin die Stelle nicht annehmen können, weil er die Kinder in der Früh zum Kindergarten und in die Schule bringen würde, habe ebenso nicht gefolgt werden können. So sei der Spitalsaufenthalt seiner Gattin bereits am 17. November 2008 beendet gewesen und die letzte dazu vorgelegte physikalische Behandlung am 17. Februar 2009 erfolgt, weshalb nicht nachvollziehbar sei, dass ein Arbeitsbeginn am 4. März 2009 nicht möglich gewesen wäre. Der Beschwerdeführer habe gegenüber dem Arbeitsmarktservice keine Einschränkungen seiner Verfügbarkeit angegeben, er habe auch "keine (gemeint wohl: Nachweis einer) Pflegefreistellung vorlegen können". Somit habe er auf Grund seines Verhaltens bzw. seiner Angaben das Zustandekommen eines ihm zumutbaren Dienstverhältnisses vereitelt. Berücksichtigungswürdige Nachsichtsgründe würden nicht vorliegen.

Dem zur Zl. 2009/08/0229 angefochtenen Bescheid legte die belangte Behörde auch die Feststellungen zugrunde, dass dem Beschwerdeführer (nach Beendigung einer Sperre nach § 10 AlVG) am 15. April 2009 eine Beschäftigung als Kassa- und Regalbetreuer beim potenziellen Dienstgeber S. bei kollektivvertraglicher Entlohnung und einen möglichen Arbeitsantritt am 30. April 2009 zugewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer sei nicht zur Vorauswahl erschienen. Laut Angaben der regionalen Geschäftsstelle sei er darauf hingewiesen worden, dass es sich bei diesem Vermittlungsvorschlag um eine neue Stelle handeln würde (zuvor B. nunmehr S.). Er habe in der für ihn zuständigen regionalen Geschäftsstelle angegeben, bereits im Februar 2009 ein Stellenangebot für eine Vorauswahl im AMS Wien Redergasse gehabt und sich deswegen gedacht zu haben, dass er sich dort nicht mehr hätte bewerben müssen. Die ihm zugewiesene Stelle als Kassa- und Regalbetreuer wäre eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 20 bis 30 Stunden gewesen.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens habe er zum Nichtzustandekommen der Beschäftigung beim Unternehmen S. angegeben:

"Richtig ist, dass ich schon vor Zuweisung dieser Stelle mit meiner Beraterin gesprochen hatte, weil ich die Ausbildung zum 'Heimhelfer' machen möchte und ich deswegen die Stelle bei S. nicht annehmen wollte, damit ich dann diese Ausbildung machen kann. Ich habe mich bei WAFF erkundigt und dann bei Wiener Sozialdienste, werde hoffentlich bald Bescheid bekommen."

Der Berufungsergänzung sei ein Einladungsschreiben des WAFF für den 19. Mai 2009 und eine Zeitbestätigung des WAFF - ohne näheres Datum - angeschlossen gewesen, wonach der Beschwerdeführer im Zeitrahmen von 8.30 bis 11.45 Uhr anwesend gewesen wäre. Weiters habe er habe eine Zeitbestätigung der Wiener Sozialdienste vorgelegt, dass er am 3. Juni 2009 in der Zeit von 10.00 bis 11.30 Uhr in der Personalabteilung zu einem Vorstellungsgespräch anwesend gewesen wäre.

Das gegenständliche Dienstverhältnis hätte am 30. April 2009 begonnen. Die angebotene Stelle hätte seinen Kenntnissen und Fähigkeiten sowie seinem Berufswunsch entsprochen. Bei einem Beschäftigungsausmaß von 30 Wochenstunden hätte die Entlohnung brutto EUR 1.125,20 (monatlich) betragen, 75 % der für das Arbeitslosengeld maßgeblichen Bemessungsgrundlage wären EUR 1.094,26. Die dem Beschwerdeführer zugewiesene Stelle wäre ihm auch zumutbar gewesen.

Davon ausgehend führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben im Berufungsverfahren zufolge sich deswegen für die ihm zugewiesene, zumutbare Beschäftigung nicht beworben habe, weil er eine Ausbildung zum Heimhelfer bevorzuge. Die von ihm nachträglich vorgelegten Beweise seiner Vorsprache beim WAFF bzw. bei den Wiener Sozialdiensten seien viel später datiert als der mögliche Arbeitsantritt am 30. April 2009. Es sei die Pflicht des Beschwerdeführers gewesen, sich im Rahmen der Vorauswahl zu bewerben, weil primäres Ziel seiner Betreuung durch das Arbeitsmarktservice die ehestmögliche Beendigung seiner Arbeitslosigkeit sei. Sein Wunsch, sich umschulen zu lassen, könne somit nicht das Nichterscheinen zur Vorauswahl entschuldigen, weil die ihm zugewiesene, zumutbare Beschäftigung geeignet gewesen wäre, seine Arbeitslosigkeit zu beenden. Durch sein Verhalten habe er somit das Zustandekommen einer ihm zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung vereitelt, weshalb im Hinblick darauf, dass es sich bereits um die zweite Ausschlussfrist nach § 10 AlVG handle, eine Sperre von acht Wochen auszusprechen gewesen sei. Gründe für eine Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG würden nicht vorliegen.

2. Mit dem zur Zl. 2008/08/0228 angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Juni 2009, der gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 14. Mai 2009 betreffend Verlust des Anspruches des Beschwerdeführers auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 30. April bis 8. Juni 2009, aufschiebende Wirkung gemäß § 56 Abs. 2 AlVG zuzuerkennen, keine Folge gegeben.

Dies wurde unter Heranziehung von hg. Beschlüssen über Anträge gemäß § 30 Abs. 2 VwGG damit begründet, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentlichen Interessen entgegenstehen würden und im Weiteren ausgeführt, dass dem AlVG das Rechtsinstitut einer vorläufigen, jederzeit widerruflichen und rückforderbaren Leistung fremd sei. Die Gewährung einer Leistung für den spruchgegenständlichen Zeitraum vor Abschluss des Verfahrens würde keinen provisorischen, sondern vielmehr einen endgültigen Bezug der gemäß § 10 AlVG entzogenen Leistung bedeuten. Bei einem negativen Ausgang des Berufungsverfahrens könne die Leistung dann nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 AlVG zurückgefordert werden, wobei negativer Ausgang des Verfahrens jedenfalls keinen Rückforderungsgrund darstellen würde. Damit würde aber das vom Beschwerdeführer in der Hauptsache angestrebte Ergebnis des Verfahrens in unzulässiger Weise bereits im Provisorialverfahren vorweg genommen. Auf diese Weise könne der Zweck eines Bescheides, wie des hier angefochtenen, systematisch unterlaufen werden.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, womit deren Aufhebung begehrt wird.

I. Zur Beschwerde gegen den zur hg. Zl. 2009/08/0228 angefochtenen Bescheid:

§ 56 Abs. 2 AlVG idF BGBl. I Nr. 179/1999 lautet:

"(2) Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung: Die Landesgeschäftsstelle kann der Berufung jedoch aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn

1. der Antrag auf aufschiebende Wirkung in der Berufung innerhalb der Berufungsfrist gestellt wird,

  1. 2. die Berufung nicht von vornherein aussichtslos erscheint und
  2. 3. keine begründeten Zweifel an der Einbringlichkeit allfälliger Rückforderungen bestehen."

    Wenngleich im vorliegenden Fall die belangte Behörde völlig zu Unrecht bei der Entscheidung über den Antrag, einer Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 AlVG geprüft hat, sondern auf das in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bei Antragen gemäß § 30 Abs. 2 VwGG zu berücksichtigende Kriterium der zwingenden öffentlichen Interessen abgestellt hat, mangelt es schon an der Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde wegen Fehlens der Beschwer: Die belangte Behörde hat mit (dem zur Zl. 2009/08/0229 angefochtenen) Bescheid gleichen Datums bereits inhaltlich (abschlägig) über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden. Selbst für den Fall des Obsiegens des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgerichtshof könnte er daher das angestrebte Rechtsschutzziel nicht mehr erreichen.

    Wegen des Fehlens einer Beschwer schon im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung war daher die zur Zl. 2009/08/0228 protokollierte Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. Jänner 1995, Zl. 93/03/0068) in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

    II. Zu den Beschwerden gegen die beiden zu den hg. Zlen. 2009/08/0229 und 0230 angefochtenen Bescheide:

Über diese zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§§ 9 und 10 AlVG idF BGBl. I Nr. 104/2007 lauten auszugsweise:

"§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

...

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen.

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

..."

Auf Grund des § 38 AlVG sind diese Regelungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Diese Bestimmungen sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zugrundeliegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so wieder in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141, Slg. Nr. 13.286/A, und die dort angeführte Vorjudikatur). Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege vereitelt werden. Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (so - ausgehend von dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132 - etwa das hg. Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0219, und zahlreiche weitere Erkenntnisse). Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingt der Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042, Slg. Nr. 13.722/A, und vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0050).

In der zur Zl. 2009/08/0230 protokollierten Beschwerde wendet der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, dass aus seinen im Rahmen der Niederschrift vom 24. Juni 2009 gemachten Angaben nicht die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen über die Vereitelung einer angebotenen Beschäftigung abgeleitet werden könnten und vermeint, dass sein Verhalten mit der Erfüllung der gesetzlichen Betreuungspflichten (gegenüber seinen Kindern und seiner Frau) gerechtfertigt gewesen sei. Dazu rügt er neben einer mangelhaften Bescheidbegründung auch die Unterlassung diesbezüglicher weiterer Sachverhaltsermittlungen sowie der Einvernahme derjenigen Person, gegenüber welcher der Beschwerdeführer ein die Sanktion auslösendes Verhalten gesetzt habe, durch die belangte Behörde.

In der zur Zl. 2009/08/0229 protokollierten Beschwerde wird zusammengefasst geltend gemacht, dass die belangte Behörde trotz Kenntnis der dem Beschwerdeführer treffenden Betreuungspflicht für seine beiden minderjährigen Kinder, ihrer amtswegigen Pflicht zur Erforschung des Sachverhaltes durch Unterlassung der Prüfung, ob ihm die angebotenen Tätigkeit auf Grund dieser Betreuungspflichten zumutbar gewesen sei, verletzt habe. Der Beschwerdeführer erblickt darin, dass er aus Eigeninitiative bei der WAFF die Ausbildung zum Heimhelfer in die Wege geleitet und schlussendlich genehmigt erhalten habe, einen den Verlust des Anspruches ausschließenden Grund im Sinne von § 10 Abs. 3 AlVG. Weiters würden Begründungsmängel deshalb vorliegen, weil der Bescheid nicht enthalte, wann der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegene Handlung verwirklicht haben soll.

Mit diesen Beschwerdevorbringen kann keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufgezeigt werden:

Gemäß § 60 AVG, der gemäß § 67 AVG für Berufungsbescheide gilt, sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Beide angefochtenen Bescheide halten diesen Anforderungen stand:

In dem zur Zl. 2009/08/0230 angefochtenen Bescheid wurden die Angaben des Beschwerdeführers anlässlich der Vorauswahl nicht bestritten, sodass sich weitere Erhebungen dazu erübrigten. Die bekannten Betreuungspflichten wurden von der belangten Behörde ausreichend geprüft, wobei hinsichtlich seiner Ehegattin die aus dem Spitalsaufenthalt resultierende (Nach-)Betreuung nach den vorgelegten Unterlagen abgeschlossen gewesen ist. Es wäre dem Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zugekommen, allfällige zum Zeitpunkt des möglichen Arbeitsbeginns gegebene besondere Umstände in Bezug auf seine Betreuungspflichten gegenüber seinen beiden minderjährigen Kindern und seiner Ehefrau vorzubringen. Der belangten Behörde ist frei von Rechtsirrtum, wenn sie vor dem Hintergrund dessen, dass am 28. Jänner 2009 vom AMS mit dem Beschwerdeführer (auch) Wien als möglicher Arbeitsort vereinbart wurde und zu diesem Zeitpunkt keinerlei (weitere) Einschränkung des Beschwerdeführers geäußert wurden, allein darin, dass minderjährige Kinder allenfalls zur Schule bzw. in den Kindergarten zu bringen wären, keinen für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Fahrtzeit zur vermittelten Arbeit (mit den im Lebessmittelhandel als bekannt vorauszusetzenden üblichen Arbeitszeiten) relevanten Umstand erblickt hat. Es begegnet ebenso keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde die Äußerung des Beschwerdeführers zur Wegstrecke, die im Sinne von § 9 Abs. 2 AlVG zumutbar ist, als Vereitelungshandlung wertet. Die dazu gezogenen Schlüsse sind bei Betrachtung der Gesamtsituation nachvollziehbar, wogegen der Beschwerdeführer nichts Stichhaltiges vorbringt. Dies gilt auch zum nachgeschobenen Versuch, diese Äußerungen abzuschwächen, den die belangte Behörde als Schutzbehauptung gewertet hat. Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Beschwerdevorbringen erkennbar die Beweiswürdigung bekämpfen will, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um deren Schlüssigkeit - also die Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und im Allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut - oder darum handelt, ob die Beweise, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 262 ff zu § 45 AVG wiedergegebene ständige Rechtsprechung).

Auch der zur Zl. 2009/08/0229 angefochtene Bescheid erfüllt die aufgezeigten Anforderungen hinsichtlich der Begründungspflicht, zumal sich aus den für eine abschließende rechtliche Beurteilung ausreichenden Feststellungen, wonach dem Beschwerdeführer am 15. April 2009 die gegenständliche Beschäftigung mit einem möglichen Arbeitsantritt am 30. April 2009 zugewiesen wurde, eindeutig ergibt, dass innerhalb dieser Zeitspanne die ihm zur Last gelegte Handlung, nämlich das Nichterscheinen zur Vorauswahl, gesetzt worden ist. Da die von ihm ins Treffen geführten Termine in Bezug auf die von ihm angestrebte andere Tätigkeit damit nicht kollidieren, kann die Unterlassung einer genaueren Feststellung dieser Termine keinen Verfahrensmangel darstellen. Ebenso ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie in den zitierten Einladungsschreiben bzw. in der Zeitbestätigung über die wahrgenommenen Termine des Beschwerdeführers, keinen Grund sieht, der die angenommene Vereitelungshandlung ausschließt, da nach den Angaben des Beschwerdeführers er sich bloß um eine künftige Ausbildung erkundigt habe. Das Vorbringen in der Beschwerde, wonach ihm schließlich die Ausbildung zum Heimhelfer "genehmigt worden" sei, stellt eine Neuerung dar. Bislang wurde diesbezüglich keinerlei unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit der vermittelten Arbeit behauptet bzw. ergaben sich dafür auch keine Anhaltspunkte. Soweit der Beschwerdeführer auch hier die Zumutbarkeit der vermittelten Arbeit bekämpft, vermag er keine (aus seinen Betreuungspflichten resultierenden oder sonstige) relevanten Umstände darzutun oder die Notwendigkeit weiterer Erhebungen aufzuzeigen.

Insgesamt erweist sich somit die Beurteilung der belangten Behörde in beiden angefochtenen Bescheiden als frei von Rechtsirrtum, wenn sie auf Grund des als Ergebnis eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens festgestellten Verhaltens des Beschwerdeführers eine Vereitelung der angebotenen zumutbaren Beschäftigungen angenommen und die entsprechenden Sanktionen ausgesprochen hat.

Da bereits der Inhalt dieser Beschwerden erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die (zu den Zlen. 2009/08/0229 bis 0230 protokollierten) Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. November 2009

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