VwGH 2007/01/0295

VwGH2007/01/029528.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des H V in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. Februar 2007, Zl. 1/12-19240/17-2007, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §100 Abs1 litb;
ASVG §105 Abs3;
ASVG §292 Abs1;
ASVG §292;
ASVG §293;
StaatsbürgerschaftsrechtsNov 2005;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs5;
StGG Art2;
ASVG §100 Abs1 litb;
ASVG §105 Abs3;
ASVG §292 Abs1;
ASVG §292;
ASVG §293;
StaatsbürgerschaftsrechtsNov 2005;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs5;
StGG Art2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Der Beschwerdeführer wurde am 1. April 1940 in Bosnien und Herzegowina geboren. Er ist seit 17. März 1989 ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet und beantragte am 9. Mai 2005 bei der belangten Behörde die österreichische Staatsbürgerschaft.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 39 iVm § 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in dem nach § 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 StbG maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2003 bis September 2006 einen Pensionsbezug von EUR 19.193,30 erhalten. Demgegenüber stünden die erforderlichen Richtsätze von EUR 23.934,78. Bis zur Bescheiderlassung sei kein höherer Pensionsbezug als der von 2006 bekannt gegeben worden, nach Angaben der ausgewiesenen Vertreter habe der Beschwerdeführer außer seiner Pension keine weiteren Einkünfte.

Bis zur Erlassung des gegenständlichen Bescheides sei vom Beschwerdeführer ein Antrag auf eine Ausgleichszulage zur Pension nach § 292 Abs. 1 ASVG bzw. die Feststellung des Bezuges der Ausgleichszulage aus Anlass des Pensionsantrages gemäß § 296 Abs. 2 ASVG nicht nachgewiesen worden. Im Übrigen würde der Bezug von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften für die letzten drei Jahre gemäß § 10 Abs. 5 StbG einen Versagungsgrund darstellen.

Der Beschwerdeführer erfülle daher nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 StbG.

Da dem Beschwerdeführer bis 23. März 2006 die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht zugesichert worden sei, sei für ihn gemäß § 64a StbG das Staatsbürgerschaftsgesetz in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 anzuwenden gewesen.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur anwendbaren Rechtslage nach der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 (§ 64a StbG):

1.1. Die Beschwerde bringt gegen den angefochtenen Bescheid zunächst vor, die Bestimmung des § 10 Abs. 5 StbG sei für den Beschwerdeführer nur deswegen wirksam geworden, weil die belangte Behörde seinen am 27. April 2006 eingebrachten Antrag "wegen verschiedener anderer Dinge" unnötig hinausgezögert und ihm den Zusicherungsbescheid verweigert habe.

1.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2007, Zl. 2006/01/0701, ausgeführt hat, kann dahin stehen, aus welchen Gründen die belangte Behörde nicht entschieden hat, weil dadurch eine Änderung der maßgeblichen Sach- oder Rechtslage nicht eintreten würde. Da das Gesetz einen Vertrauenstatbestand nicht kennt, war die belangte Behörde vielmehr verpflichtet, den Bescheid auf Grundlage der im Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage möglichst binnen sechs Monaten zu erlassen.

Daher hatte die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das Staatsbürgerschaftsgesetz in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG) anzuwenden. Mangels Vorliegens eines Zusicherungsbescheides zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten Novelle am 23. März 2006 konnte die Übergangsbestimmung des § 64a Abs. 4 StbG nicht zur Anwendung gelangen.

2. Zum hinreichend gesicherten Lebensunterhalt (§ 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 StbG):

2.1. Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.

Gemäß § 10 Abs. 5 StbG ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen.

2.2. Beschwerdevorbringen:

Der Beschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid insoweit vor, er habe vom 18. Lebensjahr an immer gearbeitet und seit 1997 Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension. Grundsätzlich würde dem Beschwerdeführer auch eine Ausgleichszulage zur Pension nach § 292 Abs. 1 ASVG zustehen, die er jedoch aus prinzipiellen Gründen nicht in Anspruch nehme. Er habe seit Gewährung der Alterspension zu keinem Zeitpunkt Sozialhilfe oder sonstige staatliche Unterstützung in Anspruch genommen, weil er keine "Almosen" wolle.

Die belangte Behörde hätte jedoch bei der Heranziehung des Richtsatzes nach § 293 ASVG von jenen Einkünften auszugehen gehabt, auf die der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch habe. Es wäre eine unbillige Auslegung des § 10 Abs. 5 StbG würde man den Beschwerdeführer dafür bestrafen, dass er freiwillig auf den Empfang von Sozialleistungen verzichte.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten Richtsätze in Ausnahmefällen auch überschritten werden. Im Umkehrschluss müsse aber dann auch ein Unterschreiten des jeweiligen Richtsatzes möglich sein, wenn der Beschwerdeführer auf Grund seines individuellen Konsumverhaltens weniger Geldbedarf habe. In diesem Zusammenhang hätte die belangte Behörde zu berücksichtigen gehabt, dass der Beschwerdeführer bei seiner Schwiegertochter wohne und dabei keine Kosten fürs Wohnen zu tragen habe, was den Aufwand für Lebenserhaltung und damit auch den Richtsatz enorm herabsetze.

Der Verwaltungsgerichtshof habe sich weiters dafür ausgesprochen, dass ziffernmäßige Abstriche der Richtsätze möglich sein sollen, wenn bei einer Haushaltsführung Einsparungen möglich seien (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, Zl. 92/08/0146).

Die Weigerung des Beschwerdeführers, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, sei der beste Beweis dafür, dass er niemals eine Belastung der öffentlichen Hand sein wolle. Es sei daher mehr als gerecht, seine vorhandenen Einkünfte (mitsamt den ihm rechtlich zustehenden Sozialhilfeleistungen) als ausreichend anzusehen.

2.3. Zur Anknüpfung an die Richtsätze des § 293 ASVG:

Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts im Sinne der vorgenannten Bestimmungen kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2008, Zl. 2008/01/0494, mwN).

Zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft hat der Gesetzgeber die Höhe der nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG angeknüpft (vgl. auch hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 4. September 2008, Zl. 2008/01/0494). Diese Bestimmung legt die Höhe der Richtsätze derart fest, dass davon ausgegangen wird, dass bei Erreichen eines solchen Einkommens der notwendige Lebensunterhalt, also auch die Bestreitung der Kosten einer Unterkunft, gesichert sind. Daher sind daraus resultierende weitere Belastungen nicht von den Einkünften abzuziehen. Andererseits sind auch diverse weitere Beträge, wie etwa die (bewertete) Möglichkeit, bei einem Unterhaltspflichtigen wohnen zu dürfen und von ihm in Naturalien versorgt zu werden, nicht den Einkünften hinzuzurechnen (vgl. hiezu das zur nahezu gleichlautenden Bestimmung des § 11 Abs. 5 NAG ergangene hg. Erkenntnis vom 3. April 2009, Zl. 2008/22/0711).

Auch für eine Unterschreitung dieser vom Gesetzgeber herangezogenen Richtsätze besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes keine Grundlage (arg.: "der Höhe nach den Richtsätzen … entsprechen") und aus verfassungsrechtlicher Sicht auch kein Anlass (vgl. zur verfassungsrechtlich zulässigen Durchschnittsbetrachtung allgemein die bei Mayer, B-VG4 (2007), 572, zu Art. 2 StGG wiedergegebene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) sowie speziell zur Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 etwa der im hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2007, Zl. 2007/01/0019, zitierte Beschluss des VfGH vom 30. November 2006, B 1169/06, und die dort zusammengefasst wiedergegebene Rechtsprechung des VfGH).

2.4. Zur Berücksichtigung der Ausgleichszulage zur Pension (§ 292 ASVG):

2.4.1. Die im Beschwerdefall in diesem Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des ASVG (immer in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung) lauten:

"ABSCHNITT V

Ausgleichszulage zu Pensionen aus der Pensionsversicherung Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichszulage

§ 292. (1) Erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes (§ 293), so hat der Pensionsberechtigte, solange er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension.

(2) Bei Feststellung des Anspruches nach Abs. 1 ist auch das gesamte Nettoeinkommen des (der) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Ehegattin) unter Bedachtnahme auf § 294 Abs. 4 zu berücksichtigen.

…Richtsätze

§ 293. (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) im gemeinsamen Haushalt leben 1091,14 Euro,

bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen 726,00 Euro,

Höhe und Feststellung der Ausgleichszulage

§ 296. (1) Die Ausgleichszulage gebührt in der Höhe des Unterschiedes zwischen der Summe aus Pension, Nettoeinkommen (§ 292) und den gemäß § 294 zu berücksichtigenden Beträgen einerseits und dem Richtsatz (§ 293) andererseits.

(2) Die Ausgleichszulage ist erstmalig auf Grund des Pensionsantrages festzustellen. Sie gebührt ab dem Tag, an dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind. Wird die Ausgleichszulage erst nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Voraussetzungen beantragt, so gebührt sie frühestens ab dem Beginn des vor dem Tag der Antragstellung liegenden vollen Kalendermonates. Der Anspruch auf Ausgleichszulage endet mit dem Ende des Monates, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch wegfallen. Das gleiche gilt für die Erhöhung bzw. Herabsetzung der Ausgleichszulage. Ist die Herabsetzung der Ausgleichszulage in einer auf Grund gesetzlicher Vorschriften erfolgten Änderung des Ausmaßes der Pension oder des aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens

(§ 292) begründet, so wird sie mit dem Ende des der Änderung vorangehenden Monates wirksam. Erhöhungen der Ausgleichszulage auf Grund der Bestimmungen der §§ 292 Abs. 4 lit. h und 293 Abs. 2 sind von Amts wegen festzustellen.

(3) Bei einer Änderung der für die Zuerkennung der Ausgleichszulage maßgebenden Sach- und Rechtslage hat der Träger der Pensionsversicherung die Ausgleichszulage auf Antrag des Berechtigten oder von Amts wegen neu festzustellen. "

2.4.2. Zunächst besteht die Auffassung der belangten Behörde, bei Einkünften aus einer Ausgleichszulage zur Pension nach den obigen Bestimmungen des ASVG handle es sich um Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften iSd § 10 Abs. 5 StbG, nicht zu Recht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Notstandshilfe und das Arbeitslosengeld als Versicherungsleistungen gemäß § 10 Abs. 5 StbG zu berücksichtigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2008, Zl. 2008/01/0494, mwN). Gleiches gilt auch für die Ausgleichszulage zur Pension nach § 292 ASVG:

§ 11 Abs. 5 NAG knüpft nahezu gleichlautend - dort bei der Frage, ob der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt - an die Richtsätze des § 293 ASVG an und enthält eine dem § 10 Abs. 5 letzter Satz StbG nahezu inhaltsgleiche Regelung. Dies lässt sich dadurch erklären, dass der Gesetzgeber der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 das Staatsbürgerschaftsgesetz an das NAG anpassen wollte, um zu gewährleisten, dass es (Fremden gegenüber) zu keinen Wertungswidersprüchen kommt (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2007/01/0944, mit Verweis auf RV 1189 BlgNR XXII. GP, S. 3). Zu dieser Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, Zl. 2008/22/0659, bereits festgehalten, dass die Ausgleichszulage keine "Sozialhilfeleistung der Gebietskörperschaft" im Sinn des § 11 Abs. 5 NAG ist und deren Inanspruchnahme keine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft im Sinn des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG darstellt.

Diese Auffassung ist aus folgenden Erwägungen auch auf § 10 Abs. 5 StbG übertragbar: Die Ausgleichszulage mag eine Leistung mit Fürsorgecharakter und somit keine Versicherungsleistung im engeren Sinn sein, da sie das Existenzminimum des Pensionisten sichern soll (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 21. Juli 2009, 10 Ob S 116/09w, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des OGH, und auch Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts5 (2002), 187 f, wonach diese Fürsorgeleistung in die Pensionsversicherung "eingepflanzt" sei, was sich auch an der Finanzierungsweise im Rahmen des Finanzausgleichs erkennen lasse). Dies ändert aber nichts daran, dass die Ausgleichszulage vom Bestehen eines Pensionsanspruches abhängt (arg.: "der Pensionsberechtigte" in § 292 Abs. 1 ASVG) und daher eine akzessorische Leistung darstellt, die zur Versicherungsleistung (Pensionsanspruch) hinzutritt. Auch wenn die Ausgleichszulage somit nicht durch eigene Beiträge abgedeckt sein mag, wird auf Grund eigener Versicherungsleistungen eine Anwartschaft auch auf die Ausgleichszulage begründet. Diese stellt somit eine Versicherungsleistung (wenn auch im weiteren Sinne) dar (vgl. auch § 100 Abs. 1 lit. b ASVG, der die Ausgleichszulage als laufende Leistung in der Pensionsversicherung nennt und § 105 Abs. 3 ASVG, der die Ausgleichszulage als Teil der Pension behandelt (arg.: "einschließlich")). Da § 10 Abs. 5 StbG pauschal von Versicherungsleistungen spricht, fällt auch die Ausgleichszulage unter diesen Begriff.

2.4.3. Grundsätzlich gebührt die Ausgleichszulage zur Pension bereits ab dem Tag, an dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind (§ 296 Abs. 2 zweiter Satz ASVG). Die Ausgleichszulage (gemeint offenbar die Zulage und nicht der Bezug der Zulage) ist auch erstmalig auf Grund des Pensionsantrages festzustellen (§ 296 Abs. 2 erster Satz ASVG), bei maßgebender Änderung der Sach- und Rechtslage ist sie vom Träger der Pensionsversicherung von Amts wegen neu festzustellen (§ 296 Abs. 3 ASVG). Wird die Ausgleichszulage jedoch erst nach Erfüllung der Voraussetzungen beantragt, so gebührt sie erst ab dem Beginn des vor dem Tag der Antragstellung liegenden vollen Kalendermonats (§ 296 Abs. 2 dritter Satz ASVG).

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer - seinem Vorbringen nach und den Feststellungen der belangten Behörde folgend, nach denen vom Beschwerdeführer ein Bezug der Ausgleichszulage und die "Feststellung des Bezuges der Ausgleichszulage" nicht nachgewiesen wurde - eine Ausgleichszulage nicht beantragt und daher auch nicht bezogen. Somit ist fraglich, wie dieser Umstand nach § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm Abs. 5 StbG zu berücksichtigen ist.

Ausgehend vom Erfordernis des § 10 Abs. 5 StbG, feste und regelmäßige Einkünfte (hier fallbezogen) aus Versicherungsleistungen nachzuweisen, könnte man ableiten, dass es allein Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, im Rahmen seiner Nachweispflicht entsprechende, den Richtsatz nach § 293 ASVG erreichende Einkünfte und somit auch den Bezug der Ausgleichszulage zu belegen. Bei dieser Auslegung würde es dem Beschwerdeführer zum Nachteil gereichen, dass er, wenn er Anspruch auf eine Ausgleichszulage hatte, auf eine Antragstellung nach § 296 Abs. 2 ASVG - aus welchen Gründen auch immer - verzichtet hat.

Eine solche Auslegung würde jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf den mit dieser Regelung verfolgten Zweck (siehe oben 2.3.) zu einem unsachlichen Ergebnis führen:

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll mit dieser Regelung sichergestellt werden, dass die (künftigen) Staatsbürger ihren Lebensunterhalt in Österreich ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften - wozu Versicherungsleistungen eben nicht zählen - gesichert haben und künftig auch sichern werden. Dieses Erfordernis wird bereits dann erfüllt, wenn der Staatsbürgerschaftswerber nachweisen kann, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichszulage zur Pension für den maßgeblichen Zeitraum (der letzten drei Jahre) vorgelegen sind.

In einem solchen Fall wäre nämlich bereits gesichert, dass der Staatsbürgerschaftswerber dem Zweck des § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm Abs. 5 StbG entsprechend nicht auf Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften angewiesen ist, sondern vielmehr seinen Anspruch auf Ausgleichszulage geltend machen kann. Aus welchen Motiven der Staatsbürgerschaftswerber auf diesen Antrag verzichtet hat, ist unerheblich. Es wäre vielmehr unsachlich, einem Antragsteller den Umstand, dass er auf ihm von Gesetzes wegen zustehende staatliche Leistungen verzichtet, als Verleihungshindernis entgegen zu halten.

3. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde daher verkannt, dass die Ausgleichszulage keine "Sozialhilfeleistung der Gebietskörperschaft" iSd § 10 Abs. 5 StbG ist und dass es hiebei nicht auf den tatsächlichen Bezug der Ausgleichszulage, sondern auf den gesetzlichen Anspruch auf eine Ausgleichszulage ankommt.

Davon ausgehend hat die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen, ob der Beschwerdeführer in dem nach § 10 Abs. 5 StbG maßgeblichen Zeitraum einen derartigen Anspruch auf eine Ausgleichszulage, der einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland voraussetzt (vgl. § 292 Abs. 1 ASVG), hatte.

Diese Feststellungen wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren, sollten nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage keine sonstigen Verleihungshindernisse vorliegen, zu treffen haben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Oktober 2009

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