VwGH 2006/15/0315

VwGH2006/15/031522.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der Miteigentumsgemeinschaft, bestehend aus F und C T, in S, vertreten durch Dr. Rainer Mutenthaler, Rechtsanwalt in 3370 Ybbs/Donau, Herrengasse 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 11. Juli 2006, Zl. RV/1274-W/05, betreffend Festsetzung der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Oktober bis Dezember 2004, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art22 Abs3 litb;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;
61999CJ0177 Ampafrance Sanofi VORAB;
62006CJ0271 Netto Supermarkt VORAB;
BAO §115 Abs2;
EURallg;
UStG 1994 §11 Abs1 Z4;
UStG 1994 §11 Abs1;
UStG 1994 §11 Abs2;
UStG 1994 §11;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
UStG 1994 §12;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art22 Abs3 litb;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;
61999CJ0177 Ampafrance Sanofi VORAB;
62006CJ0271 Netto Supermarkt VORAB;
BAO §115 Abs2;
EURallg;
UStG 1994 §11 Abs1 Z4;
UStG 1994 §11 Abs1;
UStG 1994 §11 Abs2;
UStG 1994 §11;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
UStG 1994 §12;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht die Berechtigung zum Vorsteuerabzug in Streit.

Die beschwerdeführende Miteigentümergemeinschaft (in der Folge: Beschwerdeführerin), die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, ermittelte für den Streitzeitraum einen Umsatzsteuerüberschuss in Höhe von EUR 7.109,87, darin enthalten Vorsteuern für einen Autokauf.

Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für den Streitzeitraum ohne Berücksichtigung der Vorsteuern aus dem Autokauf fest.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, einer der Miteigentümer der Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom 22. September 2004 - in eigener Sache zur Steuernummer 020/2983 - eine Anfrage an das Finanzamt gestellt. Darin habe er ausgeführt, zur Wahrung der Mobilität und zum Erreichen der künftigen Erwerbsziele habe er die kaufmännische Entscheidung getroffen, einen Kleinbus gemäß der Verordnung aus 2002 anzuschaffen.

Am 29. November 2004 habe die "Firma Friedrich T."

(Anmerkung: das ist der oben erwähnte Miteigentümer der Beschwerdeführerin) sodann bei einem Autohaus ein Kraftfahrzeug der Marke Peugeot 807 SV Premium HDI bestellt. An die Adresse der Beschwerdeführerin sei dieses Kfz mit der Rechnung vom 2. Dezember 2004 fakturiert worden. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für den Streitzeitraum habe die Beschwerdeführerin eine Ablichtung der Originalrechnung vorgelegt. Der Inhalt der Rechnung ist wortwörtlich wiedergegeben und lautet wie folgt:

"(Briefkopf, Adresse, Tel. & Fax. Nr. des Autohauses L Gesellschaft mbH)

Autohaus L, S

Firma

T Friedrich und Christine

S, 2.12.2004Re.Nr.4/21

1 VORFÜHRWAGEN

PEUGEOT 807 SV Premium HDI 130

Option:

Fahrgestellnummer:

VF3EB4HWG13172785

Motornummer:

 

Farbe:

Grau

  

Kaufpreispreis:

EUR 25.512,00

+ 11 % Nova

EUR 2.806,32

 

EUR 28.318,32

+ 20 % Mwst

EUR 5.663,66

Gesamt:

EUR 33.981,98

(Bankverbindung und UID Nr. des Autohauses L Gesellschaft mbH)

Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung unser Eigentum"

Mit Vorhalt vom 18. Jänner 2005 habe das Finanzamt die Beschwerdeführerin um eine schriftliche Stellungnahme u.a. zu der Frage ersucht, in welchem Ausmaß das erworbene Fahrzeug betrieblich genutzt werde; gleichzeitig sei um Vorlage entsprechender Unterlagen und Nachweise ersucht worden.

Im Antwortschreiben vom 25. Jänner 2005 habe die Beschwerdeführerin bekannt gegeben,

"das angekaufte Fahrzeug Peugeot 807 dient ausschließlich zur firmenmäßigen Verwendung und ist auf Grund der erforderlichen Mobilität einer Firma neben anderen auch zum Aufbauen künftiger Betätigungsfelder und zur Erschließung von Ertragsmärkten unerlässlich. Wie alle anderen Güter steht auch dieses Fahrzeug zu 100 % im Eigentum meiner Firma und wird im Bedarfs- bzw. Auftragsfall gegen entsprechendes Nutzungsentgelt firmenfremden Personen zur Nutzung überlassen."

Mit weiterem Vorhalt vom 22. Februar 2005 habe das Finanzamt die Beschwerdeführerin um eine schriftliche Stellungnahme darüber ersucht, welches Unternehmen (Firma) das Fahrzeug und all die anderen Güter verwende, welche Personen an diesem Unternehmen (Firma) beteiligt seien und welchen Geschäftszweck dieses Unternehmen (Firma) verfolge. Andererseits habe das Finanzamt die Vorlage eines Fahrtenbuches oder vergleichbarer Unterlagen über die Verwendung dieses Kraftfahrzeuges verlangt.

In Beantwortung dieses Vorhaltes habe die Beschwerdeführerin im Schreiben vom 9. März 2005 ausgeführt, "in der Firmenkonstellation, im Betriebsziel und in der vom Finanzamt bewilligten 'Steuerform' (Bescheid vom 4. Dezember 2002, ATU 58632402) hat sich nichts geändert. ... Demnach sind mit Ihrem Betriebsbesuch, der umfassenden Belegvorlage, meinen Eingaben vom 17. Jänner und vom 24. Jänner 2005 alle Ihre Fragen beantwortet".

Im Rahmen der Schlussbesprechung habe das Finanzamt die Auffassung vertreten, dass der Empfänger der Lieferung nicht die Beschwerdeführerin, sondern die "Firma des genannten Miteigentümers der Beschwerdeführerin" sei und folglich ein Vorsteuerabzug bei der Beschwerdeführerin nicht möglich sei, weil sämtliche Belege und die Zulassung des Kfz, mit Ausnahme o.a. dargestellter Rechnung, auf den Miteigentümer lauteten.

In der Berufung gegen diesen der Umsatzsteuersonderprüfung folgenden Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, die in der Niederschrift vom 4. Juli 2005 dargelegten Fakten seien unwahr und die Prüfungsfeststellungen mit der Vorsteuerkürzung seien "zu Unrecht und widersprechen der Belegsituation". Die Belegsammlung sei eindeutig und die ausgestellte Rechnung Nr. 4/21 vom 2. Dezember 2004 weise als Rechnungs- und Lieferanschrift die Beschwerdeführerin auf und berechtige daher auch diese zum Vorsteuerabzug in voller Höhe. Nach Angabe der ATU-Nummer der Beschwerdeführerin wurde ausgeführt, das Rechnungsdatum sei mit 2. Dezember 2004 unmissverständlich angeführt und alle "Ausdrucke", die ohne "meine Kenntnis und ohne meinen Einfluss" irgendwo im Umlauf seien, könnten nicht zur Grundlage der gegenständlichen Umsatzsteuereinschau gemacht werden. Die "in meinem Hause" vorliegenden Originalbelege berechtigten zweifelsfrei zum Vorsteuerabzug.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. Juni 2005 habe das Finanzamt die Berufung als unbegründet abgewiesen. Im Vorlageantrag habe die Beschwerdeführerin ergänzend ausgeführt,

"zur Begründung berufe ich mich auf alle meine Eingaben unter der gegenständlichen Steuernummer ab dem Zeitraum der vorgenommenen Anfrage über den beabsichtigten Ankauf eines vorsteuerabzugsberechtigten Fahrzeuges in der Firma (Beschwerdeführerin) beim Finanzamt vom 22. September 2004. Das gegenständliche Fahrzeug ist vorsteuerabzugsberechtigt, wurde mit ordnungsgemäßer Rechnung vom 2.12.2004, Nr. 4/21, von der Firma (Beschwerdeführerin) angekauft und steht seit dem Zeitpunkt der Anmeldung in dieser Firma in Verwendung und wird nach Möglichkeit und gegen Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer vermietet. Für das Fahrzeug Peugeot 87 liegt Herrn (Miteigentümer der Beschwerdeführerin) keine (!) ordnungsgemäße Rechnung vor."

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten aus, enthalte eine Urkunde nicht die in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben, sei sie nicht als Rechnung im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei dies u.a. auch dann der Fall, wenn die Urkunde entgegen der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Z. 4 UStG 1994 den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nicht anführe (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 2000, 99/14/0062, vom 26. Juni 2001, 2001/14/0023, vom 12. September 2001, 99/13/0069, und vom 25. April 2001, 98/13/0081).

Im vorliegenden Fall habe das Autohaus die wörtlich wiedergegebene Urkunde an die Beschwerdeführerin ausgestellt. Diese Urkunde stelle keine Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 dar, zumal der Lieferzeitpunkt des Kraftfahrzeuges daraus nicht zu erkennen sei. Auf diesem Dokument seien auch keine weiteren Angaben bzw. Hinweise auf andere Belege enthalten, aus denen eben dieser Lieferzeitpunkt hervorgehe bzw. ersehen werden könnte. Da eine Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 nicht vorliege, könne ein Vorsteuerabzug aus dieser daher nicht vorgenommen werden.

Abschließend - so die Bescheidbegründung weiter - bleibe festzuhalten, dass ein Unternehmer nur Vorsteuerbeträge für Leistungen geltend machen könne, die für sein Unternehmen ausgeführt worden seien. Entscheidend sei, ob die Leistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten im konkreten Fall Zwecken des Unternehmens diene oder dienen solle. Den Zwecken des Unternehmens diene die Leistung, wenn sie mit der Leistungserstellung im Unternehmen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlich zusammenhänge. Zur Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall die Anschaffung des Personenkraftwagens (Minivan) nun der unternehmerischen Sphäre der Beschwerdeführerin (Vermietung und Verpachtung) oder der privaten Sphäre einzelner Miteigentümer zuzuordnen sei, habe die Beschwerdeführerin trotz zweifacher Aufforderung durch das Finanzamt keine entscheidungsrelevanten und sachdienlichen Nachweise erbracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, die belangte Behörde habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen. Das Finanzamt habe die Ansicht vertreten, dass Leistungsempfänger nicht die Beschwerdeführerin, sondern ein Miteigentümer der Beschwerdeführerin sei. Ein Vorsteuerabzug bei der Beschwerdeführerin sei daher nicht möglich. Die belangte Behörde habe den Vorsteuerabzug mit dem völlig neuen Argument verweigert, die Rechnung enthalte keine Angaben nach § 11 Abs. 1 Z. 4 UStG 1994. Die belangte Behörde irre aber, wenn sie meine, dass alle Rechnungen Angaben über den Tag der Lieferung aufweisen müssten. Die Beschwerdeführerin vertrete die Ansicht, dass es im gegebenen Fall für die Anerkennung des Vorsteuerabzuges nicht zwingend erforderlich gewesen sei, den Lieferzeitpunkt in der gegenständlichen Rechnung anzugeben. Im Zweifel sei Zug um Zug anzunehmen und gelte als Lieferzeitpunkt das Datum der Rechnungsausstellung. Das Rechnungsausstellungsdatum sei daher auch der Tag der Lieferung.

Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ein im Abgabenverfahren geltendes Überraschungsverbot bejaht (vgl. Ritz, BAO3, § 115 Tz. 16). Demnach hat die belangte Behörde die Obliegenheit, den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot liegt aber nicht vor, wenn die belangte Behörde sich bei ihrer anderen rechtlichen Beurteilung ausschließlich auf vom Steuerpflichtigen selbst vorgebrachte Sachverhaltsmomente stützt. Ob der belangten Behörde ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot vorzuwerfen ist, ist im Beschwerdefall aber nicht zu untersuchen. Ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot stellt jedenfalls lediglich eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Eine solche führt nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn die Beschwerde die Relevanz dieses behaupteten Verstoßes darstellt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1995, 93/13/0217, vom 29. September 2004, 2001/13/0135, vom 21. Oktober 2004, 2000/13/0121, vom 11. Mai 2005, 2002/13/0142, und vom 22. Dezember 2005, 2002/15/0169).

Mit dem Hinweis, das Rechnungsausstellungsdatum sei Zeitpunkt der Lieferung, stellt die Beschwerdeführerin die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Nach § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen die in den folgenden Ziffern 1 bis 6 aufgezählten Angaben enthalten; nach der Z. 4, den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (z.B. Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt.

Gemäß § 11 Abs. 2 UStG 1994 können die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird.

Enthält eine Urkunde nicht die in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben, ist sie nicht als Rechnung im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen. Auf eine solche Rechnung kann der Vorsteuerabzug nicht gestützt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dies auch dann der Fall, wenn die Urkunde entgegen der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Z. 4 UStG den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nicht anführt (vgl. zusätzlich zu den von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnissen auch die Erkenntnisse vom 26. Februar 2004, 2004/15/0004, und vom 2. März 2006, 2006/15/0022). Eine Rechnung, die keine Angabe über den Tag der Lieferung und auch keinen Hinweis, dass der Tag der Lieferung in einem anderen Beleg angeführt ist, enthält, berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1988, 87/15/0079). Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. April 2001, 98/13/0081, zum Ausdruck gebracht hat, begnügt sich das Gesetz, dem Zweck dieser Bestimmung entsprechend, nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die konkret in Rechnung gestellten Lieferungen oder Leistungen zu einem konkret bestimmten Zeitpunkt erbracht hat. Es entspricht nämlich dem Regelungsziel und -zweck des § 12 UStG, dass eine Vorsteuer nur bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung abgezogen werden kann. Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Rechnung steht der Vorsteuerabzug - unabhängig von Gut- und Schlechtgläubigkeit - nicht zu. Auch wenn die Beschwerdeführerin die (auf die Umsatzsteuer entfallenden) Teile der Rechnungsbeträge bezahlt hat, ändert dies nichts an den vom Gesetz vorgegebenen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2003, 2002/15/0155). Die im § 11 Abs. 1 UStG 1994 genannten Voraussetzungen verfolgen das Ziel, die Erhebung der Umsatzsteuer und ihre Überprüfung sicherzustellen. Die Rechnungsangaben müssen daher eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ermöglichen. Sofern eine Rechnung kein Leistungsdatum enthält, ist für die Finanzverwaltung nicht ersichtlich, wann die hiermit zusammenhängende Umsatzsteuer und der damit korrespondierende Anspruch auf Vorsteuerabzug entstanden ist. Wäre ein Leistungsdatum - entsprechend der Auffassung der Beschwerdeführerin - bei identischem Leistungs- und Rechnungsdatum entbehrlich, bestünde für die Finanzverwaltung bei einer Rechnung ohne Leistungsdatum stets die Ungewissheit, ob das Leistungsdatum mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt oder ob es aus anderen Gründen fehlt. Eine leichte und einfache Erkennbarkeit des zutreffenden Voranmeldungszeitraumes wäre mit einem derartigen Verständnis von § 11 Abs. 1 UStG 1994 nicht zu vereinbaren. Auch nach Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer - gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG) - muss eine Rechnung für Mehrwertsteuerzwecke u.a. folgende Angaben enthalten:

"... das Datum, an dem die Lieferung der Gegenstände oder die

Dienstleistung bewirkt bzw. abgeschlossen wird, oder das Datum, an dem die Vorauszahlung nach Buchstabe a Unterabsatz 2 geleistet wird, sofern dieses Datum feststeht und nicht mit Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist".

Diese Bestimmung unterscheidet nach ihrem Wortlaut zwischen dem Leistungsdatum und dem Datum einer An- oder Vorauszahlung. Der letzte Halbsatz dieser Norm ("sofern dieses Datum feststeht ...") bezieht sich dabei nur auf die zweite Alternative, also auf das Datum einer An- oder Vorauszahlung. Andernfalls hätte der Richtliniengeber formuliert: "sofern diese Daten feststehen" (vgl. auch das Urteil des Bundesfinanzhofes - der Bundesrepublik Deutschland - zu einer vergleichbaren Rechtslage vom 17. Dezember 2008, XI R 62/07.

Auch der europarechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz steht der Auffassung, dass der Leistungszeitpunkt in einer Rechnung anzugeben ist, nicht entgegen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehört nach ständiger Rechtsprechung des EuGH zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Hierbei ist zu prüfen, ob eine Regelung zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten konkreten Ziels erforderlich und geeignet ist und die Ziele der Grundsätze der Richtlinie 77/388/EWG nicht mehr als erforderlich beeinträchtigt (vgl. die Urteile des EuGH vom 19. September 2000, C-177/99 , und C-181/99 , Ampafrance und Sanofi, Randnrn 42f, und vom 21. Februar 2008, C-271/06 , Netto Supermarkt, Randnrn 18 f).

Die zwingende Angabe des Leistungszeitpunktes ist auf Grund der oben angeführten Gründe erforderlich und geeignet, die korrekte Erhebung der Umsatzsteuer sicherzustellen. Sie beeinträchtigt die Interessen des Leistungsempfängers schon deshalb nicht mehr als erforderlich, weil die Aufnahme des Leistungszeitpunktes in die Rechnung dem Rechnungsaussteller ohne Schwierigkeiten möglich ist.

Die Beschwerde zeigt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf; sie erweist sich als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. April 2009

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