Normen
UStG 1994 §11 Abs1 Z4;
UStG 1994 §11 Abs1;
UStG 1994 §11 Abs14;
UStG 1994 §11;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
UStG 1994 §11 Abs1 Z4;
UStG 1994 §11 Abs1;
UStG 1994 §11 Abs14;
UStG 1994 §11;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Umsatzsteuer 1996 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer 1996 ging das Finanzamt u. a. davon aus, dass die Beschwerdeführerin eine Rechnung (Entgelt 7,476.989 S, Rechnungsausstellungsdatum 29. Februar 1996) ausgestellt, aber keine Lieferung erbracht habe, und nahm daher das Entstehen einer Steuerschuld kraft Rechnungslegung nach § 11 Abs 14 UStG 1994 an. Im Juni 1996 hatte die Beschwerdeführerin die ursprünglich mit Umsatzsteuer ausgestellte Rechnung dahingehend berichtigt, dass Umsatzsteuer nicht mehr ausgewiesen wurde.
Die gegen den Umsatzsteuerbescheid 1996 erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Werde eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis durch einen Unternehmer gelegt, obwohl die in der Rechnung angegebene Leistung nicht ausgeführt worden sei, so schulde der Rechnungsaussteller den ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 11 Abs 14 UStG 1994. Diese Rechtsfolge könne durch die Berichtigung der Rechnung nicht rückgängig gemacht werden. Da im gegenständlichen Fall die in der Rechnung ausgewiesene Lieferung nicht erbracht worden sei, falle die Umsatzsteuer (hier: 20% des Entgeltes) nach der Vorschrift des § 11 Abs 14 UStG 1994 an.
Die Beschwerde richtet sich gegen diesen Bescheid. Die Beschwerdeführerin erachtet sich verletzt im Recht, dass keine Umsatzsteuer nach § 11 Abs 14 UStG 1994 vorgeschrieben werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 11 Abs 14 UStG 1994 lautet:
"Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet diesen Betrag."
Die Steuerschuld nach § 11 Abs 14 UStG 1994 hat zur Voraussetzung, dass eine solche Rechnung erstellt wird, die formal die Voraussetzungen des § 11 Abs 1 leg. cit erfüllt. Der Zweck der Regelung des § 11 Abs 14 UStG liegt darin, einem unberechtigten Vorsteuerabzug - eine Rechnung ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug - vorzubeugen (Ruppe, UStG2, § 11 Tz 147).
Nach § 11 Abs 1 UStG 1994 muss eine Rechnung u.a. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung (Z 3) sowie den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt (Z 4) enthalten.
Gemäß § 11 Abs 2 UStG 1994 können die nach Abs 1 erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird.
Enthält eine Urkunde nicht die in § 11 UStG geforderten Angaben, ist sie nicht als Rechnung iSd § 11 UStG anzusehen und fehlt somit eine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, 99/14/0304). Dies ist etwa auch dann der Fall, wenn die Urkunde entgegen der Vorschrift des § 11 Abs 1 Z 4 UStG den Zeitpunkt der Lieferung nicht anführt (vgl das hg Erkenntnis vom 22. Februar 2000, 99/14/0062).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die von ihr gegenüber der EM ausgestellte Rechnung vom 29. Februar 1996 weise die Lieferung von Entkalkungsgeräten mit einem Nettopreis von 7,476.989 S aus. Die Rechnung weise allerdings entgegen der Vorschrift des § 11 Abs 1 Z 4 UStG das Lieferdatum nicht aus. Weil somit die Rechnung nicht die Voraussetzungen des § 11 Abs 1 UStG 1994 erfülle, könne von vornherein kein Kunde mit diesem Dokument den Vorsteuerabzug ansprechen. Es seien daher - auch wenn die Lieferung nicht erbracht worden sei - die Voraussetzungen der Steuerschuld kraft Rechnungslegung nach § 11 Abs 14 UStG 1994 nicht erfüllt.
Aus der im Verwaltungsakt einliegenden Kopie der Rechnung an EM ist ersichtlich, dass die Rechnung den Tag, an welchem die Lieferung durchgeführt worden sein solle, nicht anführt; allerdings verweist die Rechnung auf einen Liefer- und Leistungsvertrag.
Die belangte Behörde tritt in ihrer Gegenschrift den Ausführungen, wonach die in Rede stehende Rechnung kein Lieferdatum enthalte, nicht entgegen. Sie verweist lediglich darauf, dass die Rechnung ein Ausstellungsdatum (das Datum 28. Februar 1996) enthalte. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde den Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und EM zwar an, trifft aber hinsichtlich dieses Vertrages (im Gegensatz zu dem im angefochtenen Bescheid ebenfalls angeführten Vertrag der Beschwerdeführerin mit IC) keine Feststellungen darüber, ob sich aus ihm der Lieferzeitpunkt ergibt.
Im Hinblick auf § 11 Abs 2 UStG wären die Rechnungsvoraussetzungen erfüllt, wenn sich das Lieferdatum aus dem verwiesenen Vertrag ergäbe. Weil die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber Feststellungen darüber, ob eine derartige Information dem Vertrag zu entnehmen ist, nicht getroffen hat, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung die Möglichkeit des Ergehens eines anders lautenden Bescheides gegeben ist, zumal die Ausstellung einer Rechnung, welche den formalen Voraussetzungen des § 11 UStG 1994 nicht zur Gänze entspricht, den Tatbestand des § 11 Abs 14 UStG nicht erfüllt.
Des Weiteren sei auf das Urteil des EuGH vom 19. September 2000, C-454/98 , Schmeink & Cofreth und Strobel, ÖStZB 2001/156, verwiesen, in welchem der EuGH zum Ausdruck gebracht hat, der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlange ausnahmslos, dass zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden könne, wenn der Aussteller der Rechnung die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt hat. Wie der EuGH in Rz 61 seines Urteils ausgesprochen hat, kommt eine Ausfallhaftung des Ausstellers der Rechnung nur dann in Betracht, wenn sich herausstellt, dass die Rückabwicklung eines gewährten Vorsteuerabzuges beim Rechnungsempfänger nicht mehr möglich ist; in einem derartigen Fall wäre allerdings auch noch die Frage des guten Glaubens des Rechnungsausstellers von Bedeutung.
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid an, die Rechnungsausstellung und deren Korrektur würden in auffälliger Weise mit den zeitlichen Abläufen der Umsatzsteuernachschau bei der Beschwerdeführerin übereinstimmen. Zu Beginn der Prüfung - diese sei am 4. Februar 1996 angemeldet und am 7. Februar 1996 tatsächlich begonnen worden - habe die Beschwerdeführerin der EM ein Anbot gestellt und die in Rede stehende Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis ausgestellt. Dies habe bei der EM zum Vorsteuerabzug geführt. Die Prüfung sei am 18. Juni 1996 beendet worden, kurze Zeit später, nämlich am 30. Juni 1996, habe die Beschwerdeführerin die Rechnung korrigiert ("von 20 % auf 0 %").
Somit hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zwar die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass EM aufgrund der von der Beschwerdeführerin ausgestellten Rechnung den Vorsteuerabzug geltend gemacht habe. Es fehlt aber die im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 19. September 2000 erforderliche Feststellung, dass die Rückabwicklung eines gewährten Vorsteuerabzuges beim Rechnungsempfänger nicht mehr möglich gewesen sei (Derartiges liegt auch insbesondere im Hinblick auf die bereits im Februar 1996 vom Finanzamt gesetzten Prüfungshandlungen nicht auf der Hand).
Da der angefochtene Bescheid somit mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet ist, war er gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.
Wien, am 26. Juni 2001
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