VwGH 2006/01/0520

VwGH2006/01/052025.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde der D V in K, geboren 1964, vertreten durch Dr. Günther Fornara, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Radetzkystraße 16, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. Juli 2006, Zl. -1W-PERS-9849/2- 2006, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992;
FrG 1997 §7 Abs4 Z4;
FremdenG 1997;
FrPolG 2005 §24;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
NAG 2005 §8;
NAG 2005;
NAGDV 2005 §11 Abs1 litB Z10;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §15 Abs1;
AufG 1992;
FrG 1997 §7 Abs4 Z4;
FremdenG 1997;
FrPolG 2005 §24;
NAG 2005 §2 Abs2;
NAG 2005 §2 Abs3;
NAG 2005 §8;
NAG 2005;
NAGDV 2005 §11 Abs1 litB Z10;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §15 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,4 binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsbürgerin von Bosnien-Herzegowina, suchte am 29. Mai 2006 beim Amt der Kärntner Landesregierung um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an. Im Verleihungsansuchen gab die Beschwerdeführerin unter anderem an, dass sie seit 30. Juli 1990 durchgehend einen Hauptwohnsitz in Klagenfurt habe. Die Beschwerdeführerin legte dem Ansuchen eine Kopie ihres Reisepasses bei, aus der hervorgeht, dass sie über eine - zuletzt bis zum 29. Mai 2006 gültige - "Aufenthaltserlaubnis Selbständig, § 7 Abs. 4 Z 4 FrG" verfügte. Sie ist seit 1. April 2006 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet.

Mit Schreiben vom 1. Juni 2006 teilte das Amt der Kärntner Landesregierung der Beschwerdeführerin mit, dass die "gesetzlichen Einbürgerungsvoraussetzungen" nicht vorliegen würden. Die Staatsbürgerschaft dürfe gemäß § 10 Abs. 1 StbG einem Fremden nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich aufhalte und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen sei. Aus den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin sei unter anderem ersichtlich, dass keine Niederlassungsbewilligung vorliege.

Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, sich hiezu im Rahmen des Parteiengehörs zu äußern.

In der durch ihren Rechtsvertreter mit Schreiben vom 20. Juni 2006 eingebrachten Stellungnahme führte die Beschwerdeführerin dazu zusammengefasst aus, sie halte sich seit mehr als 16 Jahren durchgehend in Österreich auf und sei seit mehr als fünf Jahren in Österreich niedergelassen. Sie sei Wohnungseigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft in Klagenfurt, habe infolge ihrer Berufstätigkeit als Selbständige "bis vor ca. drei Jahren" regelmäßig Einkommensteuer bezahlt und leiste seit dem Jahr 2001, mit Unterbrechung im Jahr 2002, regelmäßig Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge. Daraus sei ersichtlich, dass der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich gelegen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verleihung der Staatsbürgerschaft sei abzuweisen gewesen, da die Beschwerdeführerin über "keinen zumindest 5-jährigen Niederlassungsnachweis" gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG verfüge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin werden zunächst die Angaben aus der Stellungnahme vom 20 Juni 2006 im Wesentlichen wiederholt. Außerdem wird in der Beschwerde vorgebracht, das Erfordernis der Niederlassung liege hinsichtlich der Beschwerdeführerin infolge der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 1 "BGBl. I Nr. 85 aus dem Jahre 1998" vor.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.

In den Erläuterungen (RV 1189 BlgNR, XXII. GP, S. 4) wird zu dieser Bestimmung ausgeführt:

"Nach Abs 1 Z 1 muss der Staatsbürgerschaftswerber mindestens zehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und in dieser Zeit mindestens fünf Jahre niedergelassen sein. Zum rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt siehe § 15. Es zählen dazu vor allem Zeiten des sichtvermerksfreien Aufenthalts, des Aufenthalts mit Visum oder auf Grund der Legitimationskarte oder einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 NAG. Ob ein Staatsbürgerschaftswerber niedergelassen ist, ergibt sich aus den einschlägigen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, im Besonderen aus § 2 Abs. 2 NAG. So gelten die Zeiten des Aufenthalts auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung ausdrücklich nicht als Niederlassung (§ 2 Abs. 3 NAG). Zur Niederlassung benötigt der Staatsbürgerschaftswerber entweder einen Aufenthaltstitel nach dem

2. Teil 1. bis 3. Hauptstück des NAG oder er muss sich als EWRoder Schweizer Bürger oder als Angehöriger eines freizügigkeitsberechtigten EWR- oder Schweizer Bürgers im Sinne der §§ 51 NAG rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen haben (2. Teil, 4. Hauptstück des NAG)."

1.2. Die relevanten Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005 in der gegenständlich maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 157/2005 (NAG) lauten:

"§ 2. ...

(2) Niederlassung ist der tatsächliche oder zukünftig beabsichtigte Aufenthalt im Bundesgebiet zum Zweck

1. der Begründung eines Wohnsitzes, der länger als sechs Monate im Jahr tatsächlich besteht;

  1. 2. der Begründung eines Mittelpunktes der Lebensinteressen oder
  2. 3. der Aufnahme einer nicht bloß vorübergehenden Erwerbsabsicht.

(3) Der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z 5) gilt nicht als Niederlassung im Sinne des Abs. 2.

...

§ 8. (1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:

1. 'Niederlassungsbewilligung' für eine nicht bloß vorübergehend befristete Niederlassung im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (Abs. 2) mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' (Z 3) zu erlangen;

2. Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' für die befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - Familienangehöriger' (Z 4) zu erhalten;

3. Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;

4. Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - Familienangehöriger' für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;

5. 'Aufenthaltsbewilligung' für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69 und § 72) mit der Möglichkeit, anschließend eine Niederlassungsbewilligung zu erlangen, sofern dies in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(2) Niederlassungsbewilligungen gemäß § 1 Z 1 werden erteilt als:

1. 'Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft', die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung oder ein Gutachten nach §§ 12 Abs. 4 oder 24 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;

2. 'Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit', die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt;

3. 'Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt', die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt;

4. 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt', die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gilt, berechtigt;

5. 'Niederlassungsbewilligung - Angehöriger', die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt; die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur auf Grund einer nachträglichen quotenpflichtigen Zweckänderung erlaubt.

..."

2. Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall keine näheren Feststellungen zur Frage getroffen, ob die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das Kriterium des rechtmäßigen und ununterbrochenen zehnjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG erfüllt hat.

Sie stützt die Abweisung des Verleihungsantrages tragend auf das Argument, dass die Beschwerdeführerin die zweite Voraussetzung nach dieser Bestimmung - das Erfordernis einer mindestens fünfjährigen Niederlassung - nicht erfüllt habe.

Begründend vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass zur Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmales ein entsprechender Rechtstitel ("Niederlassungsnachweis") erforderlich sei, über den die Beschwerdeführerin aber nicht verfüge.

3. Demgegenüber liegt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verleihungsverfahren erkennbar die Ansicht zugrunde, dass das Erfordernis der mindestens fünfjährigen Niederlassung durch - in besonderer Weise qualifizierte - faktische Kriterien des Aufenthalts erfüllt werde.

4. Mit dieser Auffassung ist die Beschwerdeführerin zunächst aus folgenden Erwägungen nicht im Recht:

4.1. Nach den obzitierten Erläuterungen erfordert die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG, dass der Staatsbürgerschaftswerber mindestens zehn Jahre rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufhältig und in dieser Zeit (arg. "davon") zumindest fünf Jahre niedergelassen ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen daher sowohl dem Wortlaut als auch den Materialen zufolge als Verleihungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2008, 2008/01/0316).

Der Begriff "niedergelassen" ist nach den erwähnten Erläuterungen bzw. mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im StbG im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 und 3 NAG zu verstehen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2006/09/0070); die "Niederlassung" ist demnach eine qualifizierte Form des Aufenthalts.

4.2. Zum Kriterium des mindestens zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts hat der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis vom 20. Juni 2008, Zl. 2008/01/0316, ausgesprochen, dass danach der Verleihungswerber einen - unter Berücksichtigung der Unterbrechungstatbestände des § 15 Abs. 1 StbG - durchgehenden legalen Aufenthalt im Bundesgebiet vorweisen muss (vgl. zuletzt auch das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2009/01/0001)

Nach den Gesetzesmaterialen zählen dazu vor allem Zeiten des sichtvermerksfreien Aufenthalts, des Aufenthalts mit Visum oder auf Grund einer Legitimationskarte oder einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 NAG.

4.3. Hinsichtlich des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung weisen die Erläuterungen ausdrücklich darauf hin, dass der Staatsbürgerschaftswerber zur Niederlassung entweder einen "Aufenthaltstitel" nach dem 1. bis 3. Hauptstück des 2. Teiles des NAG benötigt oder sich als EWR- oder Schweizer Bürger nach Maßgabe der Bestimmungen des 4. Hauptstückes des NAG "rechtmäßig" im Bundesgebiet niedergelassen haben muss.

"Niedergelassen" im Sinn des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG ist demnach, wer - als Drittstaatsangehöriger - zu einem der in § 2 Abs. 2 NAG genannten Zwecke auf der Grundlage eines entsprechenden Aufenthaltstitels (Niederlassungsbewilligung bzw. Niederlassungsberechtigung) mindestens fünf Jahre in Österreich aufhältig ist.

Das Beschwerdeargument, alleine der tatsächliche Aufenthalt im Bundesgebiet erfülle das Erfordernis der Niederlassung nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG greift zu kurz. Zwar definiert das NAG die Niederlassung als "tatsächlichen oder zukünftig beabsichtigten Aufenthalt im Bundesgebiet" zu näher bezeichneten Zwecken (§ 2 Abs. 2 NAG). Dies ändert aber nichts daran, dass eine solche Niederlassung nach dem Obgesagten auch eine "rechtmäßige" sein muss, um die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG zu erfüllen.

4.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat im erwähnten Erkenntnis vom 20. Juni 2006, Zl. 2008/01/0316, im Hinblick das Erfordernis des rechtmäßigen (und unterbrochenen) zehnjährigen Aufenthalts bereits ausgesprochen, dass für Zeiten vor dem In-Kraft-Treten des NAG die Rechtmäßigkeit auch mit Aufenthaltstiteln nach dem Fremdengesetz 1997 oder dem Aufenthaltsgesetz nachgewiesen werden kann.

Auch die Rechtmäßigkeit der fünfjährigen Niederlassung für Zeiten vor dem In-Kraft-Treten des NAG ist nach den bis dahin geltenden maßgeblichen fremdenrechtlichen Vorschriften bzw. der auf deren Grundlage ergangenen Niederlassungsberechtigungen zu beurteilen.

Ergänzend sei hiezu auch darauf hingewiesen, dass nach der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 2 NAG vor dem In-Kraft-Treten des NAG erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Gültigkeitszweckes insoweit weiter gelten, als sie nach dem Zweck des Aufenthalts den Bestimmungen des NAG entsprechen.

Konkret ist die Weitergeltung von derartigen Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen in der auf Grundlage des letzten Satzes des § 81 Abs. 2 NAG ergangenen Bestimmung des § 11 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 451/2005 (NAG-DV), geregelt.

5. Fallbezogen ergibt sich, dass die Niederlassung der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und auch nach der Aktenlage auf keinem entsprechenden Rechtstitel beruht.

5.1. Die zuletzt bis zum 26. Mai 2005 gültige Aufenthaltserlaubnis der Beschwerdeführerin für den Aufenthaltszweck "Selbständig" stellte einen Aufenthaltstitel auf der Grundlage des § 7 Abs. 4 Z 4 Fremdengesetz 1997 dar. Nach dieser Bestimmung benötigten Drittstaatsangehörige eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie in Österreich erwerbstätig waren, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein.

Daraus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/18/0182, abgeleitet, dass "im Fall einer Erwerbstätigkeit in Österreich eine Aufenthaltserlaubnis nur dann als Aufenthaltstitel ausreicht, wenn der erwerbstätige Fremde nicht in Österreich niedergelassen ist. Für den Fall dass ein Fremder bereits in Österreich niedergelassen ist, benötigt er zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit vielmehr eine Niederlassungsbewilligung (vgl. § 7 Abs. 3 Z 2 FrG)."

Die erwähnte Aufenthaltserlaubnis war demnach keine Niederlassungsbewilligung nach den vormals geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen.

Nach der Bestimmung des § 11 Abs. 1 lit. B. Z 10 NAG-DV gilt eine nach § 7 Abs. 4 Z 4 Fremdengesetz 1997 erteilte "Aufenthaltserlaubnis Selbständig" (lediglich) als Aufenthalts-Reisevisum (Visum D+C) im Sinne des § 24 Fremdenpolizeigesetz 2005 weiter. Die erteilte Aufenthaltserlaubnis stellt somit auch keinen Aufenthaltstitel im Sinn des NAG dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0310).

5.2. Den in der Beschwerde geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die NAG-DV vermag der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht zu folgen, weil entgegen dem Beschwerdevorbringen darin keine Quotenregelung für Fremde getroffen wird.

5.3. Das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, die Beschwerdeführerin unterliege dem Anwendungsbereich des Bundesgesetzes, mit dem integrierten Vertriebenen aus Bosnien und Herzegowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird, BGBl. Nr. 85/1998, und erfülle dadurch das Erfordernis der (rechtmäßigen) Niederlassung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG, geht insofern ins Leere, als gemäß § 1 Abs. 1 des erwähnten Gesetzes den dort genannten Fremden unter bestimmten Voraussetzungen für die Niederlassung auf Dauer auf Antrag eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Fremdengesetz 1997 zu erteilen war. Die Beschwerdeausführungen enthalten keinen Hinweis, dass die Beschwerdeführerin einen solchen Antrag gestellt hätte bzw. ihr eine derartige Niederlassungsbewilligung erteilt worden wäre.

6. Die belangte Behörde durfte daher im vorliegenden Fall zu Recht davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zumindest fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG war, weil sie über keine Niederlassungsbewilligung bzw. keinen sonstigen Nachweis der Rechtmäßigkeit der Niederlassung verfügte.

7. Dem angefochtenen Bescheid muss jedoch aus folgenden Erwägungen der Bestand verwehrt bleiben:

Gemäß § 12 Z 1 lit b) StbG ist einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er seit mindestens 15 Jahren seinen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet hat und seine persönliche und berufliche Integration nachweist.

Die Beschwerdeführerin ist nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid seit 1990 - und somit im Zeitpunkt der Bescheiderlassung seit mehr als 15 Jahren - in Österreich aufhältig. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin, die insoweit von der belangten Behörde zumindest nicht angezweifelt wurden, ist dieser Aufenthalt auch ununterbrochen.

Falls der Aufenthalt darüber hinaus rechtmäßig war und kein Verleihungshindernis gemäß § 10 Abs. Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 StbG vorlag, wäre ein Anspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft nach der zitierten Bestimmung gegeben, wenn die Beschwerdeführerin ihre "nachhaltige persönliche und berufliche Integration" nachgewiesen hätte. Der angefochtene Bescheid lässt zu diesen Tatbestandsmerkmalen jegliche Feststellungen bzw. rechtliche Erwägungen vermissen.

Indem sich die belangte Behörde mit diesen Fragen nicht auseinander gesetzt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit relevanten Begründungmängeln behaftet, zumal nach der Aktenlage die Erfüllung der genannten Verleihungsvoraussetzungen durch die Beschwerdeführerin nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.

8. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 25. Juni 2009

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