VwGH 2005/04/0051

VwGH2005/04/005118.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde 1. der politischen Partei "L" und 2. des H, beide in W, beide vertreten durch MMag. Dr. Ernst Denk und Dr. Günther Kaufmann, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Am Hof 13, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 20. Jänner 2005, Zl. 611.936/0001- BKS/2005, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

KOG 2001 §11 Abs3;
KOG 2001 §12;
EMRK Art10;
EMRK Art6 Abs1;
ORF-G 2001 §1;
ORF-G 2001 §10;
ORF-G 2001 §36 Abs1 idF 2004/I/097;
ORF-G 2001 §37;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z1;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z2;
ORF-G 2001 §4;
VwGG §39 Abs2 Z6;
KOG 2001 §11 Abs3;
KOG 2001 §12;
EMRK Art10;
EMRK Art6 Abs1;
ORF-G 2001 §1;
ORF-G 2001 §10;
ORF-G 2001 §36 Abs1 idF 2004/I/097;
ORF-G 2001 §37;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z1;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z2;
ORF-G 2001 §4;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 29. November 2004 erhoben die Beschwerdeführer, eine Partei nach dem ParteienG und ihr vertretungsbefugter und zum Mitglied des Europäischen Parlaments gewählter Vorsitzender, "Beschwerde gemäß §§ 36 ff ORF-G" an die belangte Behörde und beantragten die Feststellung, dass der Österreichische Rundfunk (ORF) einerseits durch die Darstellung in der Sendung "ORF-REPORT" vom 19. Oktober 2004 und andererseits durch die mangelnde Berichterstattung bis zum 19. Oktober 2004 über die Arbeit der beiden Beschwerdeführer zu Europa betreffenden Themen Bestimmungen des ORF-G, insbesondere die §§ 1 und 10 leg. cit., verletzt habe. Gleichzeitig beantragten die Beschwerdeführer gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G die Veröffentlichung dieser Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2004 stellten die Beschwerdeführer außerdem den Antrag, dem ORF aufzutragen, Auflistungen darüber vorzulegen, wie oft die Beschwerdeführer im Zeitraum 13. Juni 2004 bis 19. Oktober 2004 im Vergleich zu Vertretern anderer im Europäischen Parlament vertretenen österreichischen Parteien in den Fernsehinformationssendungen des ORF genannt bzw. vertreten gewesen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den genannten Feststellungsantrag samt Antrag auf Veröffentlichung gemäß den §§ 36 und 37 in Verbindung mit den §§ 1, 4 und 10 ORF-G ab und den Antrag vom 30. Dezember 2004 zurück.

Zur Begründung führte sie aus, die Beschwerdeführer behaupteten in ihrer Beschwerde die Verletzung ihres Rechtes auf objektive, unparteiliche und ausgewogene Berichterstattung einerseits dadurch, dass der ORF über sie und ihre Arbeit seit der "Europawahl" (Wahlen zum Europäischen Parlament) am 13. Juni 2004 bis zur Ausstrahlung der Sendung "ORF-REPORT" am 19. Oktober 2004 nicht entsprechend dem Stimmverhältnis bei der Europawahl berichtet habe und andererseits dadurch, dass der ORF in dieser Sendung in kreditschädigender Weise über sie berichtet und damit gegen das Gebot der Objektivität und Unparteilichkeit verstoßen habe. Im Hinblick darauf sei zunächst an der Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer im Sinne des § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-G nicht zu zweifeln.

Im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung schilderte die belangte Behörde den Inhalt des die Beschwerdeführer betreffenden Beitrags der Sendung "ORF-REPORT" vom 19. Oktober 2004 und gab dabei wörtlich zwei in dieser Sendung ausgestrahlte Stellungnahmen des Zweitbeschwerdeführers über seine Tätigkeit im Europäischen Parlament wieder. Der Zweitbeschwerdeführer habe in diesen Stellungnahmen über seine Arbeit und die Missstände im Europäischen Parlament berichtet. Zwischen den Stellungnahmen des Zweitbeschwerdeführers seien wiederholt Szenen aus dem Kabarett "Dorfers Donnerstalk" eingeblendet worden, die klar als solche zu erkennen gewesen seien. Der Beitrag enthalte auch Interviews anderer österreichischer Vertreter im Europäischen Parlament, wie etwa von H S und J V. Befragt zum Zweitbeschwerdeführer habe J V im inkriminierten Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben:

"4 Monate (Zweitbeschwerdeführer), nein. 4 Monate neues Parlament. 4 Monate Diskussion über Verfassung und Erweiterung. 4 Monate über neue finanzielle Vorausschauen, über Türkei, über die Frage der Ratifikation der Verfassung, über ein neues System von Flüchtlingspolitik, ja, das alles ohne (Zweitbeschwerdeführer). Ich habe ihn in all den großen Debatten, Diskursen, Auseinandersetzungen so wenig gesehen, wie die letzten 5 Jahre. Ich weiß nicht, wem er auflauert und, ob er die Stundenliste der Putzfrauen in den Toiletten überprüft und, ob sich jemand eine zweite Portion Nachspeise erschleicht in der Kantine und, ob in einem Kuchen mehr Rosinen sind als in einem anderen, ich weiß es nicht."

In rechtlicher Hinsicht wies die belangte Behörde darauf hin, dass der ORF bei der Gestaltung seiner Sendungen den Grundsatz der Objektivität nach § 4 Abs. 5 Z. 1 und 3 ORF-G zu wahren habe . Das Objektivitätsgebot fordere nicht zwingend die Beschränkung der Meinungsfreiheit des Journalisten. Es sei nicht ein einzelner Beitrag alleine am Objektivitätsgebot zu messen, sondern eine Gesamtbetrachtung der Berichterstattung zu einem bestimmten Thema unter Berücksichtigung des Wissensstandes eines durchschnittlichen Fernsehzusehers geboten.

Was den inkriminierten Beitrag betreffe, so lasse dieser weder eine herabsetzende Tendenz erkennen, noch enthalte er ehrenbeleidigende Aussagen. Selbst wenn auf Grund der Fragestellung des gesamten Beitrages "Was macht eigentlich (der Zweitbeschwerdeführer) ?" und der Einspielung von Szenen aus einer Kabarett-Sendung der Charakter einer reinen Informationssendung verlassen werde, so sei nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer durch diesen Beitrag in ihrer Persönlichkeit herabgesetzt worden seien. Die Einspielung von Kabarettszenen in Informationssendungen sei nicht per se unzulässig und nicht geeignet, die Gebote der Objektivität, Unparteilichkeit, Pluralität und Ausgewogenheit zu verletzen. Außerdem gelte bei der Beurteilung des Ausmaßes an zulässiger Kritik an Politikern und Personen, die in der Öffentlichkeit stünden, nach der Judikatur des EGMR ein anderer Maßstab.

Dem Rechtsstandpunkt des Zweitbeschwerdeführers, er habe auf den Vorwurf von J V keine Gelegenheit zur Replik gehabt, sei zu entgegnen, dass ein Anspruch auf Replikmöglichkeit nur dann bestehe, wenn tatsächlich Vorwürfe erhoben würden, was hier aber nicht der Fall sei. Der Abgeordnete J V habe dem Zweitbeschwerdeführer durch die oben wiedergegebene Aussage nämlich nicht vorgeworfen, in den vier Monaten seit der Wahl völlig untätig gewesen zu sein oder nichts gearbeitet zu haben. Die Aussage von J V, er habe den Zweitbeschwerdeführer so oft gesehen wie in den letzten fünf Jahren, sei als persönliche Feststellung des Abgeordneten zu werten und nicht als Vorwurf, sodass den ORF keine Pflicht getroffen habe, den Beschwerdeführern eine Replik zu ermöglichen.

Im Rahmen der objektiven Auswahl obliege dem ORF die Beurteilung und Abschätzung, welche Fragen wichtig und wesentlich seien. Daher bestehe auch kein Anspruch auf Veröffentlichung einer Zwischenbilanz über die Arbeit der Beschwerdeführer in einem bestimmten Ausmaß. Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf Präsenz in einer bestimmten Sendung. Daher gehe auch der Einwand der Beschwerdeführer, sie seien in Informationssendungen bzw. Diskussionsrunden des ORF nicht ausreichend berücksichtigt worden, ins Leere.

Insgesamt lägen daher keine Verstöße gegen das Objektivitätsgebot des § 4 ORF-G vor, sodass auch eine Verletzung der §§ 1, 4 Abs. 4 und des § 10 Abs. 4 und Abs. 5 nicht erfolgt sei.

Zur Zurückweisung des Antrages vom 30. Dezember 2004 führte die belangte Behörde aus, dass nach dem ORF-G kein Anspruch auf Auflistung jener Personen bzw. Parteien, über die in den Sendungen des ORF berichtet werde, bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens (darin enthalten eine Aufzeichnung der in Rede stehenden Sendung) und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Einhaltung des in § 4 Abs. 5 Z. 1 und 3 ORF-G verankerten Grundsatzes der Objektivität bei der Gestaltung der Sendungen des ORF sowie auf die Einhaltung der §§ 1, 4 Abs. 4 und § 10 ORF-G verletzt. Sie bringen unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes im Wesentlichen vor, der ORF sei seiner Verpflichtung zur Sicherung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung insofern nicht nachgekommen, als die Beschwerdeführer seit dem 16. Juni 2004, also den Tagen nach der "Europawahl 2004", bis zur Sendung "ORF-REPORT" am 19. Oktober 2004 in den Sendungen des ORF, die "Europathemen" behandelt hätten, nicht präsent gewesen seien. Im Gegensatz zu anderen Parteien und Mandataren im Europäischen Parlament sei über die nach der Wahl erbrachte Arbeit der Beschwerdeführer, wie etwa zur Frage der Verfassung, zu den Kommissionsanhörungen und zur Aufdeckung von weiteren Missständen in keiner Weise berichtet worden. Die Beschwerdeführer seien trotz entsprechender Anfragen weder zu politischen Sendungen des ORF wie etwa den "Sommergesprächen" oder der "Pressestunde am Sonntag" eingeladen worden, noch hätten sie an Diskussionsrunden des ORF wie "Offen gesagt" teilnehmen können. Gegenstand der Beschwerde sei jedoch nicht die mangelnde Präsenz in einer bestimmten Sendung, sondern das "Totschweigen" und die mangelnde Berichterstattung über die Arbeit der Beschwerdeführer nach der Europawahl, also im Zeitraum von 16. Juni 2004 bis zur in Rede stehenden Sendung "ORF-REPORT" am 19. Oktober 2004. In diesem Zeitraum sei im Fernsehprogramm des ORF mit dem Zweitbeschwerdeführer "bloß ein Interview in der ZIB 3" betreffend "bloß untergeordnet Europa-relevante politische Themen" gesendet worden. Dieses Totschweigen der Leistungen der drittstärksten österreichischen Partei im Europäischen Parlament in den vier Monaten nach der "Europawahl" entspreche nicht dem Gebot der Objektivität, Unparteilichkeit, Pluralität und Ausgewogenheit.

Der ORF habe das Objektivitätsgebot aber auch durch die Sendung "ORF-REPORT" am 19. Oktober 2004 verletzt, weil er dort über die Arbeitsinhalte, Erfolge und Schwierigkeiten der Beschwerdeführer "so gut wie gar nicht berichtet" habe, obwohl der Zweitbeschwerdeführer dazu im Vorfeld der Sendung ausführlich interviewt worden sei. Auch die im Rahmen eines Interviews getätigten positiven Äußerungen des niederländischen Abgeordneten P v B über die Arbeit der Beschwerdeführer habe im gegenständlichen Beitrag keine Erwähnung gefunden. Der ORF habe es "stattdessen" vorgezogen, Kabarettisten, Kabarettbesucher und politische Gegner die Arbeit der Beschwerdeführer beschreiben und beurteilen zu lassen. Zwar sei auch nach Ansicht der Beschwerdeführer die Einspielung von Ausschnitten aus Kabarettsendungen in eine Informationssendung nicht per se unzulässig, jedoch könnten diese nicht als Ersatz für die gebotene objektive Information dienen. Eine derartige Berichterstattung stehe mit dem Objektivitätsgebot nicht in Einklang.

Außerdem habe der Abgeordnete J V in dieser Sendung ausgeführt, dass der Zweitbeschwerdeführer in den vier Monaten seit der Wahl völlig untätig gewesen sei und insbesondere in wichtigen Fragen nichts gearbeitet habe. Von einem durchschnittlichen Zuseher werde dies als schwerer Vorwurf gegenüber einem Mitglied des Europäischen Parlaments verstanden, der einen Anspruch auf Replikmöglichkeit ausgelöst habe. Eine entsprechende Möglichkeit, zu den Aussagen von J V Stellung zu nehmen, sei dem Zweitbeschwerdeführer jedoch nicht eingeräumt worden.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften führt die Beschwerde aus, die belangte Behörde habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht festgestellt, weil sie es unterlassen habe, die vom Beschwerdeführer beantragte Auflistung der Namensnennungen in den Fernsehinformationssendungen des ORF außerhalb der reinen Wahlberichterstattung für den Zeitraum vom 16. Juni 2004 bis 19. Oktober 2004 einzuholen. Darüber hinaus wäre gemäß den §§ 37 und 45 Abs. 2 AVG festzustellen gewesen, wie oft die Beschwerdeführer im Vergleich zu anderen im Europäischen Parlament vertretenen Parteien im erwähnten Zeitraum in politischen Sendungen des ORF vertreten gewesen seien.

Die im antragsgegenständlichen Zeitraum bzw. im Zeitpunkt der in Rede stehenden Sendung maßgebenden Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2004, lauten auszugsweise:

" 1. Abschnitt

Einrichtung und Aufgaben des Österreichischen Rundfunks

Stiftung 'Österreichischer Rundfunk'

§ 1. ...

(3) Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder sowie auf den Grundsatz der Freiheit der Kunst, Bedacht zu nehmen und die Sicherung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks, die mit der Besorgung der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks beauftragt sind, gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten.

...

Programmauftrag

§ 4.

...

(4) Insbesondere Sendungen in den Bereichen Information, Kultur und Wissenschaft haben sich durch hohe Qualität auszuzeichnen. Der Österreichische Rundfunk hat ferner bei der Herstellung und Sendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen auf die kulturelle Eigenart, die Geschichte und die politische und kulturelle Eigenständigkeit Österreichs sowie auf den föderalistischen Aufbau der Republik besonders Bedacht zu nehmen.

(5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen weiters für

1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;

2. die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen;

3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität

zu sorgen.

...

2. Abschnitt

Programmgrundsätze

Allgemeine Grundsätze und Jugendschutz

§ 10. ...

(5) Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein. ...

(6) Die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen ist angemessen zu berücksichtigen, die Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre des Einzelnen sind zu achten.

..."

1.) Zum Einwand des "Totschweigens":

Wie dargestellt vermeinen die Beschwerdeführer eine Verletzung des ORF-G schon darin zu erkennen, dass über ihre Arbeit im Europäischen Parlament über einen Zeitraum von etwa vier Monaten (16. Juni 2004 bis 19. Oktober 2004) im Fernsehprogramm des ORF nicht berichtet worden sei. Die Beschwerdeführer bzw. ihre Vertreter seien in diesem Zeitraum zu keiner politischen Diskussionssendung des ORF eingeladen worden.

Mit diesem Einwand sprechen die Beschwerdeführer die Frage der Objektivität der Auswahl und Vermittlung von Informationen über ihre parlamentarische Arbeit (§ 4 Abs. 5 Z. 1 ORF-G) bzw. die Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen (§ 4 Abs. 5 Z. 2 leg. cit.) sowie die Unparteilichkeit der Information gemäß § 10 ORF-G an.

Die Stichhaltigkeit des genannten Einwandes wird zunächst schon durch die Beschwerde relativiert, die selbst zugesteht, dass im fraglichen Zeitraum sehr wohl ein Interview mit dem Zweitbeschwerdeführer in der ZIB 3 gesendet wurde. Der genannte Einwand ist aber vor allem deshalb nicht zielführend, weil die in den genannten Bestimmungen enthaltenen und von der Beschwerde angesprochenen Grundsätze der Meinungsvielfalt und der Objektivität bei der Auswahl und der Vermittlung von Informationen, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2001/04/0240, ausgeführt hat, vom ORF im allgemeinen über einen längeren Beobachtungszeitraum erfüllt werden müssen. Außerdem ist die Frage der Auswahl und Gewichtung der Berichterstattung über bestimmte Ereignisse, Vorkommnisse oder Meinungen innerhalb des rundfunkverfassungsrechtlichen Rahmens bei vom ORF selbst gestalteten Sendungen - um solche geht es im vorliegenden Fall - Sache des ORF (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. März 1993, B468/91, VfSlg. 13338). Daher hat eine Interessensvertretung oder, wie gegenständlich, eine Partei grundsätzlich auch keinen Anspruch auf Präsenz in einer bestimmten Sendung des ORF (vgl. dazu neben dem bereits zitierten hg. Erkenntnis auch jenes vom 26. Juli 2007, Zl. 2006/04/0175). Der Umstand, dass die Beschwerdeführer im genannten Zeitraum zu diversen politischen Diskussionssendungen wie den "Sommergesprächen" oder "Offen gesagt" nicht eingeladen waren, bewirkte daher keine Verletzung des ORF-G. Vielmehr zeigt gerade die Tatsache, dass über die Beschwerdeführer vier Monate nach den Wahlen zum Europäischen Parlament im Rahmen der Reportage vom 19. Oktober 2004 berichtet wurde, dass damit die Grundsätze der Meinungsvielfalt und der Objektivität bei der Auswahl und der Vermittlung von Informationen beachtet wurden.

Vor diesem Hintergrund war die belangte Behörde nicht gehalten, im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht (§ 39 Abs. 2 AVG) eine Auflistung der Namensnennungen (gemeint: der einzelnen im Europäischen Parlament vertretenen Parteien) in den Fernsehinformationssendungen des ORF im genannten Zeitraum 16. Juni 2004 bis 19. Oktober 2004 beizuschaffen. Der in der Beschwerde behauptete Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor.

2.) Zur Sendung "ORF-REPORT" am 19. Oktober 2004:

Eine Verletzung des Objektivitätsgebotes durch die genannte Sendung sehen die Beschwerdeführer vor allem darin, dass in dieser Sendung über die Arbeitsinhalte, Erfolge und Schwierigkeiten der Beschwerdeführer "so gut wie gar nicht berichtet" worden sei. Dem stehen die unwidersprochenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid gegenüber, in denen die belangte Behörde wörtlich zwei Teile eines mit dem Zweitbeschwerdeführer geführten und in der Sendung am 19. Oktober 2004 ausgestrahlten Interviews über Schwerpunkte und Schwierigkeiten seiner Tätigkeiten wiedergegeben hat. Der Beschwerde ist daher auch nicht beizupflichten, wenn sie meint, dass die (auch von den Beschwerdeführern grundsätzlich für zulässig erachtete) Einblendung von Ausschnitten einer Kabarettsendung in die Sendung "ORF-REPORT" die fehlende objektive Information über die Tätigkeit der Beschwerdeführer "ersetzt" hätte. Soweit die Beschwerdeführer in der Einspielung von Kabarettszenen eine im Rahmen einer Informationssendung unzulässige Kritik an ihrer Arbeit sehen, sind sie darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aus jüngerer Zeit etwa das Urteil vom 14. Oktober 2008, Petrina gegen Rumänien, sowie die bei Mayer, B-VG, zu Art. 10 EMRK referierte Judikatur) die journalistische Freiheit ein gewisses Maß an Übertreibung und sogar Provokation erlaubt und gerade von Politikern ein größeres Maß an Toleranz gegenüber Kritik verlangt wird.

Im Übrigen kann dem ORF-G eine Bestimmung, wonach der ORF verpflichtet wäre, sämtliches ihm zugekommenes oder von ihm produziertes (Sende-) Material lückenlos zu verwerten, nicht entnommen werden. Vor dem Hintergrund der Rundfunkfreiheit des Art. 10 EMRK (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. März 1993, VfSlg. 13338) stellt es daher keine Verletzung des ORF-G dar, wenn das vom ORF mit einem niederländischen Abgeordneten aufgenommene Interview betreffend die Arbeit der Beschwerdeführer in der genannten Sendung keine Erwähnung gefunden hat.

Eine Verletzung des Objektivitätsgebotes ist schließlich auch nicht darin zu erkennen, dass den Beschwerdeführern keine Möglichkeit zur Replik auf die in der Sendung wiedergegebene Stellungnahme des Abgeordneten J V geboten wurde, beschränkt sich doch dessen oben zitierte (wenngleich ironisch formulierte) Aussage im Wesentlichen darauf, keine Kenntnis über die konkrete Arbeit der Beschwerdeführer zu haben, was - wie von der belangten Behörde angeführt - lediglich als persönliche Feststellung des J V zu werten ist.

3.) Zur Zurückweisung des Antrages vom 30. Dezember 2004:

Da die Beschwerdeführer mit diesem Antrag ausdrücklich Ermittlungen der belangten Behörde verlangt haben, wie oft die Beschwerdeführer im Vergleich zu Vertretern anderer im Europäischen Parlament vertretenen österreichischen Parteien in den Fernsehsendungen des ORF genannt wurden, die belangte Behörde aber - wie oben ausgeführt - fallbezogen zu diesen Ermittlungen nicht verpflichtet war, ist eine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführer nicht erkennbar, wenn die belangte Behörde über diesen Antrag formal abgesprochen und ihn zurückgewiesen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Beschwerdeführer schon bei der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, eine mündliche Verhandlung hätten beantragen können, dies aber unterlassen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2006, Zl. 2005/04/0120 mwN).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 18. März 2009

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