Normen
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs2;
KOG 2001 §14 Abs2;
ORF-G 2001 §10 Abs5;
ORF-G 2001 §14 Abs2;
ORF-G 2001 §19 Abs1;
ORF-G 2001 §35 Abs1;
ORF-G 2001 §36 Abs1 Z1 lita;
ORF-G 2001 §36 Abs1;
ORF-G 2001 §37 Abs2;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs2;
KOG 2001 §14 Abs2;
ORF-G 2001 §10 Abs5;
ORF-G 2001 §14 Abs2;
ORF-G 2001 §19 Abs1;
ORF-G 2001 §35 Abs1;
ORF-G 2001 §36 Abs1 Z1 lita;
ORF-G 2001 §36 Abs1;
ORF-G 2001 §37 Abs2;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Der Erstbeschwerdeführer sendete am 18. September 2005 die Live-Diskussionssendung "Offen gesagt" unter dem Titel "Deutschland hat gewählt" und lud dazu Vertreter der ÖVP, der SPÖ, der Grünen und des BZÖ ein. Die Einladung erging (direkt) an die politische Partei BZÖ und nicht an den Freiheitlichen Parlamentsklub. Ein Vertreter der mitbeteiligten Partei wurde nicht in die Sendung eingeladen.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. März 2006 wurde von der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 1 ORF-G festgestellt, dass der Erstbeschwerdeführer bei der Zusammensetzung des Teilnehmerinnen- und Teilnehmerkreises der Sendung "Offen gesagt" am 18. September 2005 in ORF 2 gegen § 10 Abs. 5 ORF-G verstoßen hat. Im Übrigen wurde den Beschwerden und Anträgen gemäß § 36 Abs. 1 iVm § 4 und § 10 ORF-G nicht stattgegeben (Spruchpunkt I.).
Unter einem wurde dem Erstbeschwerdeführer gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G diesbezüglich die näher umschriebene Veröffentlichung sowie die Erbringung des Nachweises über die Veröffentlichung in Form der Übermittlung von Aufzeichnungen gemäß § 36 Abs. 5 ORF-G aufgetragen (Spruchpunkt II.).
Begründend führte die belangte Behörde zunächst aus, die mitbeteiligte Partei behaupte eine Verletzung in ihrem Recht nach § 4 Abs. 5 ORF-G auf objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität, weiters eine Verletzung in ihrem Recht nach § 10 Abs. 5 ORF-G auf umfassende, unabhängige, unparteiliche und objektive Information sowie eine Verletzung in ihrem Recht nach § 10 Abs. 6 ORF-G auf Berichterstattung über die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen. Nach Wiedergabe des eingangs festgestellten unstrittigen Sachverhalts, der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung legte sie dar, das Objektivitätsgebot und der Grundsatz der Unparteilichkeit verpflichteten den Erstbeschwerdeführer zu einer sachlichen Abgrenzung des Diskutantenkreises bei (Live-)Diskussionsveranstaltungen wie der vorliegenden in zweierlei Hinsicht: Die im Hinblick auf das gewählte Diskussionsthema jedenfalls unmittelbar erkennbar betroffenen Standpunkte und Interessen müssten nach Maßgabe der Möglichkeiten angemessen repräsentiert sein; im Hinblick auf eine sachliche Abgrenzung des Diskutantenkreises sei auch der Kreis der Eingeladenen so zu gestalten, dass damit nicht von vornherein objektiv erkennbar der Diskussionsverlauf vorbestimmt und zu Lasten einzelner verzerrt werde. Eine in diesem Sinn objektive und unparteiliche Abgrenzung des Diskutantenkreises erfordere eine Reihe von Einschätzungen und Bewertungen, die nach journalistischen Kriterien im Lichte der jeweils behandelten Fragestellung vorzunehmen seien. Dabei spiele das behandelte Thema ebenso eine Rolle wie das aktuelle Umfeld der Diskussionsveranstaltung. Dem Erstbeschwerdeführer komme hier im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ein weiter journalistischer Beurteilungsspielraum zu. Es sei unbestritten, dass der Obmann der mitbeteiligten Partei zu zahlreichen anderen Sendungen des Erstbeschwerdeführers eingeladen und der mitbeteiligten Partei in zahlreichen weiteren Sendungen breiter Raum eingeräumt worden sei. Es zeige sich insgesamt, dass die mitbeteiligte Partei in der Berichterstattung des Erstbeschwerdeführers breiten Raum einnehme, sodass von einem "Totschweigen" keine Rede sein könne. Durch deren Nichteinladung zu der in Rede stehenden Sendung habe der Erstbeschwerdeführer im Lichte einer angemessenen Berichterstattung nicht gegen § 4 Abs. 5, § 10 Abs. 5 und 6 ORF-G verstoßen. Auch im Lichte der Themenstellung der in Rede stehenden Sendung "Offen gesagt" - Diskussion über die Ergebnisse der Bundestagswahl in Deutschland - sei eine Einladung eines Vertreters oder einer Vertreterin der mitbeteiligten Partei im Hinblick auf das Objektivitätsgebot nicht geboten gewesen. Wenn der Erstbeschwerdeführer die Zusammensetzung des Diskutantenkreises insbesondere damit begründet habe, es seien ein Vertreter bzw. eine Vertreterin jener im österreichischen Nationalrat vertretenen Parteien eingeladen worden, die sozusagen "spiegelbildlich" den im deutschen Bundestag vertretenen Parteien ihrer politischen Ausrichtung her entsprächen, so sei das jedenfalls eine sachliche Begründung dafür, die mitbeteiligte Partei in diesen Kreis der Eingeladenen nicht einzubeziehen. Am Maßstab des § 4 Abs. 5 und des § 10 Abs. 5 ORF-G sei dem Erstbeschwerdeführer nicht entgegen zu treten, wenn er der mitbeteiligten Partei keine "spiegelbildliche Bedeutung" zu einer der in der politischen Diskussion um die Bildung einer Regierungskoalition nach der deutschen Bundestagswahl maßgeblichen Parteien zumesse. Diese journalistische Beurteilung der realen politischen Gegebenheiten wahre jedenfalls die Rahmenbedingungen des § 4 Abs. 5 und des § 10 Abs. 5 ORF-G. Es könne nicht gesagt werden, dass die Einschätzung des Erstbeschwerdeführers jeder sachlichen Begründung entbehre.
Mit ihrem Vorbringen, der Erstbeschwerdeführer habe auch deswegen gegen § 4 Abs. 5 bzw. § 10 Abs. 5 ORF-G verstoßen, weil die Einladung des BZÖ zu der in Rede stehenden Diskussionsveranstaltung sachlich nicht gerechtfertigt gewesen sei, sei die mitbeteiligte Partei jedoch im Ergebnis im Recht: Die Einladung eines Vertreters des BZÖ sei im Lichte der damals konkreten, aktuellen Verhältnisse auf eine besondere politische Situation getroffen. Es sei notorisch gewesen, dass zwischen den politischen Gruppierungen des BZÖ und der mitbeteiligten Partei auf Grund der politischen Entwicklungen Spannungen insbesondere zur Frage bestanden hätten, wer nunmehr welche früher gemeinsam vertretenen Interessengruppen in politisch legitimer Weise zu vertreten beanspruchen könne. Diese Diskussion sei jedoch politisch zu führen gewesen und letztendlich von den Wählern zu entscheiden. Auf Grund dieser besonderen Situation - insbesondere da im gegenständlichen Fall Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern unmittelbar bevorgestanden seien, bei denen die beiden Gruppierungen "gegeneinander" angetreten seien - sei der Frage der Behandlung des BZÖ und der mitbeteiligten Partei bei deren Präsentation im Lichte des Gebots der Objektivität und Unparteilichkeit besondere Bedeutung zugekommen. Das Herausgreifen eines der beiden - im Nationalrat in ein und demselben Klub organisierten - politischen Kontrahenten habe vor dem Hintergrund der damaligen Diskussion insofern Bedeutung gehabt, als damit eine bestimmte Wertung zum Ausdruck gebracht worden sei. Diese Wertung sei dem Zuseher insbesondere deshalb als "Faktum" vermittelt worden, weil die zwischen BZÖ und der mitbeteiligten Partei umstrittenen Fragen bei der in Rede stehenden Sendung in keiner Weise ein Thema gewesen seien. Damit sei aber gleichzeitig eine politische Entwicklung vorweggenommen worden, die zum damaligen Zeitpunkt Gegenstand tagesaktueller politischer Diskussion gewesen sei und sich erst so oder so herausbilden haben müssen. Insgesamt hätte von einer Einladung beider Parteien abgesehen werden können, ohne das ORF-G, insbesondere § 10 Abs. 5 ORF-G, zu verletzen. Wenn der Erstbeschwerdeführer aus journalistischen Gründen davon ausgegangen sei, dass die Einladung sowohl des BZÖ als auch der mitbeteiligten Partei den beiden Gruppierungen im Diskussionsgefüge insgesamt eine zu große Bedeutung zugemessen hätte, wäre er verpflichtet gewesen, die Einladung zur Sendung an den (damals noch einheitlich bestehenden) Parlamentsklub und nicht direkt an die politische Partei BZÖ zu richten. Auf diese Weise wäre die Auswahl, welcher Vertreter welcher Partei diesen Parlamentsklub repräsentiere, auf Grund der politischen Auseinandersetzung der betroffenen Mandatarinnen und Mandatare getroffen worden. Durch die gezielte Einladung an das BZÖ sei aber eine Verletzung des Unparteilichkeitsgebotes des § 10 Abs. 5 ORF-G passiert, die einer sachlich tragfähigen Begründung entbehre. Der Erstbeschwerdeführer hätte bei einer Einladung an den Parlamentsklub auch darauf bestehen können, dass nur ein Repräsentant des Parlamentsklubs an der Diskussion teilnehmen möge.
Der Ausspruch über die Veröffentlichung stütze sich auf § 37 Abs. 4 ORF-G, der Ausspruch über die Erbringung eines Nachweises auf § 36 Abs. 5 ORF-G.
3. Gegen diesen Bescheid (mit Ausnahme des zweiten Satzes des Spruchpunktes I.) erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 4. Oktober 2006, B 911/06, ablehnte und sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In ihrer ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Die mitbeteiligte Partei beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben der Feststellung, dass sie gegen § 10 Abs. 5 ORF-G verstoßen haben, weiters in ihrem Recht auf Unterbleiben einer Verpflichtung im Sinne des § 36 Abs. 5 und des § 37 Abs. 4 ORF-G verletzt und bringen vor, dass zur Diskussion über die Auswirkungen der Wahl in Deutschland Vertreter der ÖVP, SPÖ, der Grünen und des BZÖ sowie als Kennerin der deutschen Szene eine Historikerin eingeladen worden seien. Diese journalistische Entscheidung habe auf der Parallelität zwischen ÖVP/CDU-CSU, SPÖ/SPD, Grüne/Bündnis 90-Grüne sowie BZÖ/FDP beruht. Das BZÖ sei u.a. deshalb eingeladen worden, weil es von Vertretern der mitbeteiligten Partei als Nachfolgepartei des Liberalen Forums bezeichnet worden sei. Es seien weder Vertreter der mitbeteiligten Partei noch einer Linkspartei, insbesondere der KPÖ, eingeladen worden. Die journalistisch maßgebliche Erwägung für die Einladung der Teilnehmer sei der Umstand gewesen, dass die Kommentierung des Ereignisses "Bundestagswahl in Deutschland" durch jene politischen Kräfte erfolgen sollte, die durch Abgeordnete im Nationalrat vertreten gewesen seien. Zum damaligen Zeitpunkt habe sich der überwiegende Teil des Freiheitlichen Parlamentsklubs einschließlich dessen Klubobmanns ausdrücklich und öffentlich zum BZÖ bekannt. Abgeordnete, die sich zur mitbeteiligten Partei bekannt hätten, hätten nicht über Klubstärke verfügt. Die mitbeteiligte Partei habe lediglich über eine einzige Abgeordnete verfügt. Grundsätzlich habe die belangte Behörde zutreffend festgehalten, eine Einhaltung des Objektivitätsgebots sei keinesfalls daran zu messen, dass über alle politischen Fragen in gleicher Weise zu informieren sei. Es genüge vielmehr eine entsprechend objektive und journalistisch-sachlich begründete Auswahl auf Grund einer Beurteilung und Abschätzung, welche Fragen wichtig und wesentlich seien. Die belangte Behörde habe ebenfalls richtig ausgeführt, dass niemand einen Anspruch darauf habe, seinen Standpunkt in einer ganz bestimmten Sendung des Erstbeschwerdeführers darlegen zu können. Demnach sei die Ausgewogenheit der Berichterstattung anhand des gesamten Sendungsspektrums zu beurteilen. Die Standpunkte und Meinungen der mitbeteiligten Partei seien, wie auch von der belangten Behörde festgestellt, insgesamt - auch im Hinblick auf die bevorstehenden Landtagswahlen - ausreichend berücksichtigt worden. Das Thema der Sendung habe primär außenpolitischen Charakter gehabt. Die journalistische Entscheidung, dieses Thema von einer Historikerin und Vertretern der im Nationalrat vertretenen Kräfte diskutieren zu lassen, sei sachlich fundiert und von der belangten Behörde auch nicht gerügt worden. Dabei könne jedoch nicht kritisiert werden, dass die Einladungen nicht an die Parlamentsklubs, sondern die politischen Parteien gegangen seien, weil eine derartige Gewichtung den realen Machtverhältnissen der österreichischen Demokratie entsprochen habe. Die Auffassung der belangten Behörde, dass für die heikle Phase des Umbruchs im Fall der mitbeteiligten Partei und des BZÖ etwas anderes gelten müsse, träfe lediglich dann zu, wenn es in der Sendung um Themen gehe, die zwischen diesen beiden strittig seien und/oder es sich dabei um konkrete innenpolitische Themen handle. Bei einem außenpolitischen Thema sei dies aber nicht zutreffend. Es genüge darauf zu verweisen, zum Zeitpunkt der Ausstrahlung sei realpolitisch klargestellt gewesen, dass sich der überwiegende Teil der Abgeordneten des Freiheitlichen Parlamentsklubs zum BZÖ bekenne und daher nur diese Partei in der Lage gewesen sei, politische Vorhaben real umzusetzen. Daher habe zu diesem Zeitpunkt das BZÖ dieses realpolitische Gewicht gehabt, wobei nicht Thema der Sendung und daher nicht zu prüfen gewesen sei, inwiefern dieses Gewicht demokratisch legitimiert sei, was den Hauptgegenstand der Auseinandersetzung zwischen mitbeteiligter Partei und BZÖ gebildet habe. Die Zusammensetzung der Teilnehmer dieser Diskussion habe also die realen Machverhältnisse der im Parlament vertretenen Parteien widergespiegelt, wobei es sich um ein Faktum handle, das nicht erst durch die Auswahl der Personen geschaffen worden sei, sondern vielmehr durch die Abgeordneten, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits öffentlich zum BZÖ bekannt hätten. Insoweit sei auch keine Entscheidung des Wählers vorweggenommen worden. Es sei nicht zu erkennen, weshalb durch die gegenständliche Sendung das Gesamtbild der Berichterstattung zu einer zu Ungunsten der mitbeteiligten Partei verzerrten Gesamtschau hätte führen können, die dem realpolitischen Gewicht nicht entsprochen habe.
Da ein Verstoß gegen das ORF-G nicht vorliege, hätte die belangte Behörde auch nicht auf Veröffentlichung gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G erkennen dürfen. Unabhängig davon sei aber der Auftrag der belangten Behörde, gemäß § 36 Abs. 5 ORF-G binnen einer im Bescheid bestimmten Frist einen Nachweis über die Veröffentlichung in Form der Übermittlung einer Aufzeichnung zu erbringen rechtswidrig (wird näher ausgeführt).
4.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Komm-Austria-Gesetzes - KOG im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides lauten:
"§ 1. ...
(2) Zur Kontrolle der Verwaltung in Angelegenheiten der Rundfunkregulierung und zur Rechtsaufsicht über den Österreichischen Rundfunk wird der Bundeskommunikationssenat eingerichtet.
§ 14. ...
(2) Dem Generalintendanten (nach dem ORF-G nunmehr: Generaldirektor) des Österreichischen Rundfunks oder einem von ihm bestellten Vertreter kommt im Verfahren vor dem Bundeskommunikationssenat, soweit es sich um ein Verfahren auf Grund der Bestimmungen des Rundfunkgesetzes (nunmehr: ORF-G) handelt, jedenfalls Parteistellung zur Wahrung der Rechte des Österreichischen Rundfunks zu.
..."
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk in der Fassung
BGBl. I Nr. 83/2001 (ORF-G) lauten auszugsweise:
"Programmauftrag
§ 4. ...
(5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen weiters für
1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;
2. die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen;
3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität zu sorgen.
...
Programmgrundsätze
Allgemeine Grundsätze und Jugendschutz
§ 10. ...
(5) Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen.
6) Die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen ist angemessen zu berücksichtigen, die Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre des Einzelnen sind zu achten.
§ 36. ...
(5) Der Österreichische Rundfunk hat von allen seinen Sendungen Aufzeichnungen herzustellen und diese mindestens zehn Wochen aufzubewahren. Im Falle einer Aufforderung des Bundeskommunikationssenats hat er diesem die gewünschten Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Überdies hat er jedermann, der daran ein rechtliches Interesse darzutun vermag, Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.
§ 37. ...
(4) Der Bundeskommunikationssenat kann auf Veröffentlichung seiner Entscheidung erkennen und dem Österreichischen Rundfunk oder einer Tochtergesellschaft auftragen, wann, in welcher Form und in welchem Programm diese Veröffentlichung zu erfolgen hat. "
4.4. Zur Zurückweisung der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:
Der Verwaltungsgerichtshof hat bei Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde vom Inhalt des angefochtenen Bescheides auszugehen. Danach wurde mit diesem Bescheid über eine auf § 36 Abs. 1 (Z. 1 lit. a) ORF-G gestützte Beschwerde der mitbeteiligten Partei entschieden und eine Verletzung der Bestimmungen des ORF-Gesetzes durch den ORF, dessen Tätigkeit im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen des ORF-Gesetzes gemäß § 35 Abs. 1 ORF-G der Rechtsaufsicht der belangten Behörde unterliegt, festgestellt. Durch eine derartige Entscheidung kann eine Verletzung subjektiver öffentlicher Recht der Zweitbeschwerdeführerin, die im Zeitpunkt der Sendung und der Erlassung des angefochtenen Bescheides Generaldirektorin des Erstbeschwerdeführers war, nicht eingetreten sein.
Eine bei Bescheiderlassung noch andauernde Verletzung des ORF-G durch die Zweitbeschwerdeführerin (vgl. § 37 Abs. 2 iVm § 19 Abs. 1 ORF-G), die diese in ihren subjektiven öffentlichen Rechten verletzen könnte, wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt.
Auch daraus, dass dem Generaldirektor (oder einem von ihm bestellten Vertreter) im Verfahren vor dem Bundeskommunikationssenat, soweit es sich um ein Verfahren auf Grund der Bestimmungen des ORF-G handelt, gemäß § 14 Abs. 2 KOG jedenfalls Parteistellung zur Wahrung der Rechte des Österreichischen Rundfunks zukommt, ist im Beschwerdefall für die Zweitbeschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Diese Bestimmung vermittelt keine über die Stellung als Formalpartei hinausgehende Rechtsstellung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zlen. 2003/04/0045, 0060 mwN).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, vermittelt die Begründung der Parteistellung durch Gesetz für sich allein nicht die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof. Fehlt es an der Behauptung, in der eigenen Interessenssphäre verletzt zu sein, oder überhaupt an der Möglichkeit einer derartigen Verletzung, dann bedarf es zur Beschwerdeerhebung, außer in den bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fällen (vgl. insbesondere Art. 131 Abs. 1 Z. 2 und Z. 3 B-VG), einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Fällen, in denen einer Organpartei keine eigene, gegen den Staat gerichtete Interessenssphäre zukam, dieser aber insoweit die Beschwerdelegitimation zuerkannt, als es zur Durchsetzung der aus der Parteistellung folgenden prozessualen Befugnisse erforderlich ist. Nur die sich aus einer ausdrücklich eingeräumten Parteistellung ergebenden prozessualen Rechte (u.a. Recht auf Bescheidzustellung, auf Akteneinsicht, auf Berufung, auf Parteiengehör, auf Ladung zur öffentlichen Verhandlung) stellen danach subjektive öffentliche Rechte der Organpartei dar, deren Verletzung in einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG geltend gemacht werden kann. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 8 VwGG wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.
Eine Verletzung in den dargestellten Rechten wird in der vorliegenden Beschwerde aber nicht behauptet.
Das KOG räumt der Zweitbeschwerdeführerin auch nicht die Befugnis zur Erhebung einer Amtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Bundeskommunikationssenates ein.
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.
4.5. Zur Feststellung der Gesetzesverletzung:
Bei der Auswahl des Diskutantenkreises für die in Rede stehende Sendung kam dem Erstbeschwerdeführer, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, vor dem Hintergrund des Gebots der Objektivität und Unparteilichkeit ein weiter journalistischer Entscheidungsspielraum zu. Die für die Nichteinladung eines Vertreters der mitbeteiligten Partei gegebene Begründung des Erstbeschwerdeführers wurde von der belangten Behörde als - die Rahmenbedingungen des § 4 Abs. 5 und des § 10 Abs. 5 ORF-G wahrend - sachlich gerechtfertigt angesehen.
Die Einladung eines Vertreters des BZÖ erachtete die belangte Behörde jedoch als im Lichte des Unparteilichkeitsgebots des § 10 Abs. 5 ORF-G nicht sachlich gerechtfertigt. Diese Ansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt:
Die belangte Behörde wertete die in Rede stehende (Live)Diskussionsveranstaltung als Sendung, die der Vermittlung von Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen diente. Die Einhaltung des Objektivitätsgebotes bei der Wiedergabe von Standpunkten ist in § 4 Abs. 5 Z. 2 ORF-G geregelt. Nach dieser Bestimmung hat der ORF bei Gestaltung seiner Sendungen für die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Standpunkten (sowie weiters Kommentaren und kritischen Stellungnahmen) unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen zu sorgen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu bereits das zu § 2 RFG ergangene Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2001/04/0240, dem ein ähnlich gelagerter Sachverhalt - Auswahl der Teilnehmer zu einer "Pressestunde des ORF-" zu Grunde lag, sowie das zu § 4 ORF-G ergangene Erkenntnis vom 15. September 2006, Zl. 2004/04/0074, mwH) hat der ORF zur Erfüllung des Auftrages zur umfassenden Information dafür Sorge zu tragen, dass die Vielfalt der Meinungen "in einem Programm (in seiner Gesamtheit)" zum Ausdruck kommt. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch einer Interessenvertretung (oder Partei) auf Präsenz in einer bestimmten Sendung. Entscheidend ist vielmehr, dass es insgesamt allen nennenswerten politischen Kräften möglich ist, ihre Meinungen darzulegen.
Die belangte Behörde hat die Nichteinladung der mitbeteiligten Partei zu der in Rede stehenden Sendung am wiedergegebenen Maßstab des Objektivitätsgebotes gemessen und sie -
wie dargestellt - als diese Rahmenbedingungen wahrend sachlich gerechtfertigt angesehen. Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht ersichtlich, dass die Einladung eines Vertreters des BZÖ - gemessen an diesem Maßstab - mit dem Objektivitätsgebot nicht in Einklang stünde, zumal zum damaligen Zeitpunkt auch keine Vertreter der mitbeteiligten Partei, sondern Vertreter des BZÖ in der Regierung Verantwortung hatten.
Da die Feststellung einer Verletzung des ORF-G auf einer Verkennung der Rechtslage beruht, belastete die belangte Behörde Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides mit Rechtswidrigkeit. Da der Auftrag zur Veröffentlichung und zur Erbringung des Nachweises hierüber (Spruchpunkt II) damit in untrennbarem Zusammenhang steht, war der Bescheid im gesamten angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. Juli 2007
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