VwGH 2006/05/0124

VwGH2006/05/012410.9.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der Ö AG, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 17. November 2005, Zl. 7-B-BRM-875/2/2005, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. HG, 2. EG, beide in 9721 Weißenstein, Dorfplatz 5b,

3. Gemeinde Weißenstein), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §41 Abs2 idF I 2004/010;
AVG §42 Abs1 idF I 2004/010;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §42 idF I 2004/010;
AVG §8;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
BauO Krnt 1996 §23 Abs5;
AVG §41 Abs2 idF I 2004/010;
AVG §42 Abs1 idF I 2004/010;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §42 idF I 2004/010;
AVG §8;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
BauO Krnt 1996 §23 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligten Bauwerber sind Eigentümer eines Wohnhauses mit ehemaliger Tischlerwerkstätte in Weißenstein, Puch, Fliederweg 1; für das Baugrundstück besteht die Widmung "Bauland-Dorfgebiet". Mit Schreiben vom 12. Jänner 2005 suchten sie um die Erteilung der Baubewilligung für den Umbau des bestehenden Wohnhauses an. Nach der Baubeschreibung wird das vorhandene Wohnhaus mit Tischlerwerkstätte für die Errichtung von 3 Wohneinheiten umgebaut, wobei über der ehemaligen Tischlerwerkstätte eine zweigeschossige Aufstockung erfolgen soll.

Mit Kundmachung vom 8. Februar 2005 beraumte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde (im Folgenden: Bürgermeister) eine mündliche Bauverhandlung für den 17. Februar 2005 an Ort und Stelle an. Die Ladung, die auch an die Beschwerdeführerin ("Ö") gerichtet war, enthielt u. a. folgende Belehrung:

"Als sonst Beteiligte beachten Sie bitte, dass die Kundmachung zur Folge hat, dass nach § 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, i.d.g.F., Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde (während der Amtsstunden) oder während der Verhandlung selbst vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden und mit Ablauf dieser Frist alle Rechte, die an die Parteistellung anknüpfen, entfallen.

Gemäß § 42 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrengesetzes 1991, i.d.g.F., kann eine Person, die glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist."

Nach dem Protokoll über die Bauverhandlung hat die Beschwerdeführerin nicht teilgenommen; schriftliche Einwendungen wurden von ihr nicht erstattet.

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 11. März 2005 wurde den mitbeteiligten Bauwerbern die Baubewilligung antragsgemäß erteilt.

Wörtlich heißt es in der Begründung:

"Da dem Begehren des Bauwerbers im Allgemeinen Rechnung getragen und über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten nicht abzusprechen ist oder gemäß § 47 KBO 1996 keinen Einfluss auf die Entscheidung der Behörde haben (da dem Rechtsweg vorbehalten), entfällt gemäß § 58 Abs. 2 AVG 1991 eine weitere Begründung."

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch die I.- GmbH, Berufung, in der sie eingangs darauf verwies, dass die "Firma Österreichische Bundesbahnen" in die Beschwerdeführerin umgewandelt worden sei. Sie brachte vor, das Grundstück liege im unmittelbaren Nahbereich der ihr gehörigen Eisenbahnanlagen der Strecke Bleiburg-Innichen, die zur Hochleistungsstrecke erklärt worden sei. Der rechtmäßig bestehende Bahnbetrieb rufe trotz umfangreicher Schutzmaßnahmen die mit einem solchen Betrieb notwendigerweise verbundenen Geräusche hervor.

Ihr Vertreter, Ing. P. W., habe daher in der Bauverhandlung im Hinblick auf die durch den Bestand und Betrieb der Bahn gegebene Immissionssituation verlangt, dass die Bauwerber die notwendigen Lärmschutzmaßnahmen auf eigene Kosten zu errichten und zu erhalten hätten. Die Behörde habe es abgelehnt, auf diese Einwendungen einzugehen, und habe weder die Einwendungen noch die Ablehnung protokolliert. In der Begründung des Bewilligungsbescheides werde lediglich angeführt, dass über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten nicht abzusprechen war, da diese dem Rechtsweg vorbehalten wären. Welche Einwendungen dies waren und warum sie dem Rechtsweg vorbehalten sein sollen, gehe aus der fehlerhaften Begründung des Bescheides nicht hervor. Die Behörde habe die Baubewilligung erteilt, ohne irgendwelche auf den Eisenbahnbetrieb abstellenden besonderen Auflagen zur Hintanhaltung der Einwirkungen des Bahnbetriebes vorzusehen und in der Begründung fälschlicherweise festgestellt, dass öffentliche Interessen, insbesondere solche des Verkehrs, durch das Bauvorhaben nicht beeinträchtigt würden.

Die Flächenwidmung sei rechtswidrig erfolgt, da als Bauland nur Grundflächen festgelegt werden dürfen, die für die Bebauung geeignet seien. Nicht als Bauland dürften hingegen Grundflächen festgelegt werden, deren ungünstige örtliche Gegebenheiten, wie Immissionsbelastung, eine widmungsgemäße Bebauung ausschließen würden. Die gegenständliche Liegenschaft liege im Schienenverkehrslärm-Kataster für das Land Kärnten im 65 dB-Bereich, es läge eine hohe Lärmbelastung vor. Durch die Errichtung des Wohnhauses hätte die Beschwerdeführerin auf Grund der Immissionssituation und des in weiterer Folge erforderlichen Schutzes entsprechende Auflagen zu gewärtigen und es sei die widmungsgemäße Verwendung der Bahnlinie durch Auflagen beschränkt. Die Beschwerdeführerin verwies auf die Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes zur heranrückenden Bebauung. Durch die rechtswidrig erteilte Baubewilligung sei die Beschwerdeführerin in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Immissionsschutz verletzt.

Mit Bescheid vom 2. August 2005 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin sei als Eigentümerin von Grundstücken, die im Einflussbereich des Vorhabens lägen, Anrainerin im Sinne der Kärntner Bauordnung. Sie sei unter Hinweis auf die Säumnisfolgen des § 42 AVG geladen worden. Vor der Verhandlung habe Ing. P. W. dem Verhandlungsleiter eine "Rechtsverbindliche Erklärung" mit dem Ersuchen übergeben, diese Erklärung den Bauwerbern zu übergeben. Ing. P. W. habe dazu erklärt, es handle sich dabei um eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen den Bauwerbern und der Beschwerdeführerin. Ing. P. W. sei bei der Verhandlung nicht anwesend gewesen, die Erklärung sei den Bauwerbern übergeben worden. Einwendungen seien von der Beschwerdeführerin nicht erhoben worden.

In der gegen diesen Bescheid vorgebrachten Vorstellung führte die Beschwerdeführerin aus, Ing. P. W. habe vor dem in der Kundmachung angeführten Verhandlungsbeginn dem Verhandlungsleiter die gleichzeitig vorgelegte Erklärung mit dem Bemerken übergeben, dass diese vom Bauwerber zu unterfertigen sei, da das Bauvorhaben ansonsten abgelehnt werden müsse. Der Verhandlungsleiter habe diese Erklärung angenommen und Ing. P. W. zugesichert, diese dem Bauwerber zu übergeben und habe sodann Ing. P. W. gestattet, sich zu entfernen. In Wahrung der gesetzlichen Manuduktionspflicht hätte die Behörde Ing. P. W. vielmehr anlässlich der Übergabe der Erklärung anleiten müssen, mit der Übergabe bis zum kundgemachten Verhandlungsbeginn zu warten; es liege daher ein grober Verfahrensmangel vor.

Die von ihrem Vertreter der Behörde überreichte Erklärung stelle sehr wohl "Einwendungen" im Sinne der Kärntner Bauordnung dar. In dieser Erklärung werde nämlich die konkrete Lärmbelastung angeführt und verlangt, dass die darin angeführten Lärmschutzmaßnahmen vom Bauwerber zu setzen seien. Die Beschwerdeführerin habe daher ihre im § 23 Abs. 3 Kärntner Bauordnung gewährleisteten subjektiv öffentlichen Rechte geltend gemacht, nämlich die Lage des Bauvorhabens, die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes und den Immissionsschutz der Anrainer. Da der Bauwerber es abgelehnt hat, die verlangten Lärmschutzmaßnahmen zu setzen, hätte sich die Behörde mit den vorgebrachten Einwendungen inhaltlich auseinander setzen müssen und dem Bauwerber entsprechende Auflagen (Lärmschutzmaßnahmen) im Bescheid vorschreiben oder aber das Bauvorhaben abweisen müssen.

Die mit der Vorstellung vorgelegte, ununterfertigte Erklärung lautet:

"Rechtsverbindliche Erklärung

Betreff:

Katastralgemeinde: Puch. (75211), Parz. Nr.: 400/3

Bahnlinie: Bleiburg - Innichen, Bahnkilometer: ca. 173.700

Bauwerber: (Erst- und Zweitmitbeteiligte)

Gegenstand: Umbau best. Wohnhaus in drei Wohneinheiten und Carport

Der/die Grundeigentümer/in hat:

a) AUF EIGENE Kosten jene Lärmschutzmaßnahmen als

Objekts- bzw. Liegenschaftsschutz zu setzen, die geeignet sind,

die Einhaltung folgender Immissionsgrenzwerte als

Beurteilungspegel (Lr) zu gewährleisten:

1. für die Tageszeit

Lr = 65 dB

2. für die Nachtzeit

Lr = 55 dB

Wo dies nicht möglich ist, sind jedenfalls in allen zumindest

überwiegend Wohn-, Arbeits- und Schlafzwecken dienenden Räumen,

Lärmschutzfenster und -türen mit den erforderlichen

Lüftungseinrichtungen (Schalldämmlüfter) einzubauen, die einen

Innenraumpegel von 30 dB gewährleisten. Die Erhaltung und

Erneuerung der aktiven und passiven Lärmschutzeinrichtungen hat

der/die Bauwerber/in verpflichtend zu übernehmen oder dem

Grundeigentümer bzw. einem Dritten verbindlich zu übertragen

b) und mit den (Konzernunternehmen der

Beschwerdeführerin) einen Dienstbarkeitsvertrag abzuschließen, mit dem sich der/die Grundeigentümer/in bzw. dessen/deren Rechtsnachfolger verpflichtet, die (Konzernunternehmen der Beschwerdeführerin) oder deren Rechtsnachfolger hinsichtlich einer Beeinträchtigung durch Lärmimmissionen und Erschütterungseinflüsse, die aus dem ordnungsgemäßen Bestand und Betrieb der Bahn in gegenständlichen sich im Nahbereich zur Bahn befindlichen Grundstück oder an Objekten auf demselben erwachsen können, schad- und klaglos zu halten und keine wie immer gearteten Schadensersatzansprüche geltend zu machen sowie allfällige Immissionen (Lärm- und Erschütterungseinflüsse, elektromagnetische Felder udgl.) entschädigungslos zu dulden. Diese Schadensverzichtserklärung und die Dienstbarkeit der Duldung allfälliger Immissionen ist grundbücherlich sicher zu stellen.

Die Kosten für den Dienstbarkeitsvertrag und die Beglaubigungskosten sind vom/von Grundeigentümer/in zu übernehmen.

Anerkannt

……………………..

Unterschrift des/der Grundeigentümers/in"

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Die Erklärung einer Partei, mit dem Bauvorhaben nicht einverstanden zu sein, solange nicht eine bestimmte rechtsgültige Vereinbarung vorliege, stelle keine zulässige Einwendung dar, weil damit nicht die Verletzung konkreter subjektiver Rechte geltend gemacht würde. Der Verhandlungsleiter musste den Vertreter der unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladenen Beschwerdeführerin nicht zur Erhebung von Einwendungen anleiten. Auch wenn Einwendungen der Parteien, deren Austragung dem Rechtsweg vorbehalten seien, von der Behörde niederschriftlich festzuhalten seien, wäre der diesbezügliche Verfahrensmangel auf Grund unzulässiger Einwendungen unbeachtlich. Mangels Erhebung einer zulässigen Einwendung habe die Beschwerdeführerin ihre Parteistellung verloren.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde gegen diesen Bescheid mit Beschluss vom 27. Februar 2006, B 1/06-3, mit dem Hinweis ab, dass der Flächenwidmungsplan nicht präjudiziell sei. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, im Baubewilligungsverfahren den Immissions- und Gesundheitsschutz der Anrainer geltend zu machen und dadurch zu erwirken, dass die Baubewilligung nicht oder nur unter den geforderten Auflagen erteilt werde; es wurde Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die dem Verhandlungsleiter übergebene "Rechtsverbindliche Erklärung" habe erkennen lassen, dass die Beschwerdeführerin Beeinträchtigungen des Wohnhauses durch von der Bahn ausgehende Immissionen erwarte. In § 23 Abs. 3 Kärntner Bauordnung seien Einwendungen betreffend Immissionsschutz der Anrainer ausdrücklich als solche genannt, welche von Anrainern erhoben werden können. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ebenso für den Fall, dass vom Bauvorhaben selbst keine Immission ausgehe, aber bereits eine Immissionsquelle bestehe, welche erst in Bezug auf das zu errichtende/ändernde Bauvorhaben ihre beeinträchtigende Wirkung entfalte. Der Eigentümer jener Liegenschaft auf der sich die Immissionsquelle befinde, könne Einwendungen erheben, da er andernfalls mit öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Ansprüchen auf Unterlassung der Immissionen oder Ersatzleistung konfrontiert wäre. Jedenfalls sei nicht eine dem Rechtsweg vorbehaltene Einwendung erhoben worden. Durch die unrichtige Gesetzesanwendung hätte es die belangte Behörde unterlassen, sich mit den Einwendungen der Beschwerdeführerin auseinander zu setzen.

Sollten die von der Beschwerdeführerin angebrachten Einwendungen lediglich deswegen unwirksam sein, weil sie (entgegen § 42 Abs. 1 AVG) am Tag der mündlichen Bauverhandlung vor deren Beginn erhoben worden seien, sei das Verfahren auch insofern mangelhaft geblieben, als der Verhandlungsleiter diese Einwendung nicht protokolliert habe, die "Rechtsverbindliche Erklärung" mit der Zusicherung, diese den Bauwerbern zu übergeben, an sich genommen und dem Vertreter der Beschwerdeführerin mitgeteilt habe, er könne sich entfernen, anstatt diesen anzuleiten, mit dem Vortrag der Einwendungen noch einige Minuten zu warten, bis die Verhandlung begonnen hätte.

§ 23 Kärntner Bauordnung 1996, hier in der Fassung der Kundmachung LGBl. Nr. 22/2004 (BO), lautet auszugsweise:

"§ 23

Parteien, Einwendungen

(1) Parteien des Baubewilligungsverfahrens sind:

...

e) die Anrainer (Abs. 2).

(2) Anrainer sind:

a) die Eigentümer (Miteigentümer) der an das

Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im

Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke sowie

b) entfällt

(3) Anrainer im Sinn des Abs. 2 dürfen gegen die Erteilung

der Baubewilligung nur begründete Einwendungen dahingehend

erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektiv-öffentlichen

Rechten verletzt werden, die ihnen durch die Bestimmungen dieses

Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes

oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden, welche nicht nur dem

öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz der Anrainer

dienen. Einwendungen der Anrainer im Sinn des ersten Satzes können

insbesondere gestützt werden auf Bestimmungen über

a) die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes;

b) die Bebauungsweise;

c) die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes;

d) die Lage des Vorhabens;

e) die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von

Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken;

f) die Bebauungshöhe;

g) die Brandsicherheit;

h) den Schutz der Gesundheit der Anrainer;

i) den Immissionsschutz der Anrainer.

(4) entfällt

(5) Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde, bei Vorhaben nach § 1 Abs. 2 lit. c und d auch durch Verlautbarung in der Kärntner Landeszeitung kundgemacht und wurden die Anrainer im Sinn des § 16 Abs. 2 lit. d persönlich geladen, so bleiben im weiteren Verfahren über die Erteilung der Baubewilligung nur jene Anrainer Parteien, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinn des Abs. 3 und 4 erhoben haben.

(7) Einwendungen der Parteien, deren Austragung dem Rechtsweg vorbehalten ist, hat die Behörde niederschriftlich festzuhalten. Auf die Entscheidung über den Antrag haben solche Einwendungen keinen Einfluss."

§ 23 BO blieb - abgesehen von den durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 2004, VfSlg. Nr. 17.143, aufgehobenen Bestimmungen des Abs. 2 lit. b und des Abs. 4 - seit der Stammfassung LGBl. Nr. 62/1996 unverändert. Zu dem in § 23 Abs. 5 geregelten Verlust der Parteistellung der Anrainer hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 22. Mai 2001, Zl. 2000/05/0271, und vom 12. November 2002, Zl. 2000/05/0247, auf die Derogationsvorschrift des § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 verwiesen und ausgeführt, dass § 42 AVG in der Fassung dieser Novelle den abweichenden, vor dem 30. Juni 1998 kundgemachten Bestimmungen des § 23 Abs. 5 BO derogierte.

Die Frage des Verlustes der Parteistellung ist daher anhand des § 42 Abs. 1 AVG zu klären, wobei im Beschwerdefall sachverhaltsbezogen - der zu beurteilende Sachverhalt wurde anlässlich der Verhandlung am 17. Februar 2005 verwirklicht - die Fassung BGBl. Nr. 10/2004 Anwendung findet.

§ 41 und § 42 Abs. 1 AVG lauten:

"§ 41. (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

(2) Die Verhandlung ist so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekannt zu geben.

§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs. 5 zweiter Satz ist nicht anwendbar. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt."

Im Beschwerdefall steht fest, dass die Beschwerdeführerin weder am Tag vor der Verhandlung noch in der Verhandlung Einwendungen erhoben hat, sondern vor der Verhandlung die oben wiedergegebene "Rechtsverbindliche Erklärung" dem Verhandlungsleiter mit der Bitte übergeben hat, sie an die Bauwerber zur Unterfertigung weiterzuleiten. Da diese Erklärung im Verhandlungsprotokoll keinen Niederschlag fand, erfüllt sie keine der beiden zuletzt genannten Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 AVG. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3. Februar 2000, Zl. 99/07/0191, ausgesprochen, dass die Bestimmung des § 42 Abs. 1 AVG, wonach Einwendungen entweder spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung oder während der Verhandlung vorgebracht werden müssen, nur bedeute, dass sie am Verhandlungstag vor Beginn der Verhandlung nicht rechtswirksam vorgebracht werden könne, was seinen praktischen Sinn darin finde, dass der Verhandlungsleiter am Verhandlungstag mit dem Akt allenfalls schon unterwegs zum Verhandlungsort sei und die Einwendung mangels Kenntnis daher in der mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigen könnte. Werde aber eine schriftliche Stellungnahme am Verhandlungstag überreicht, dann falle das Argument, dass Verhandlungsleiter und übrige Verhandlungsteilnehmer keine Möglichkeit hätten, von dieser Stellungnahme Kenntnis zu erlangen, weg. (Dem lag sachverhaltsmäßig zu Grunde, dass eine am Verhandlungstag bei der Gemeinde eingelangte Stellungnahme dem Verhandlungsleiter übergeben, von diesem verlesen und als Beilage der Verhandlungsschrift angeschlossen worden war.)

Davon unterscheidet sich der nunmehrige Beschwerdefall wesentlich: Die "Rechtsverbindliche Erklärung" wurde weder als Beilage der Verhandlungsschrift angeschlossen noch verlesen, auch nach der Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde wurde kein diesbezüglicher Wunsch geäußert, sondern lediglich begehrt, dass die Erklärung von den Bauwerbern unterfertigt werde, widrigenfalls das Vorhaben "abgelehnt" werde. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die genannten Voraussetzungen, die einen Verlust der Parteistellung nach § 42 Abs. 1 AVG hindern, im Beschwerdefall nicht vorgelegen sind.

Im Übrigen soll nicht unerwähnt bleiben, dass die oben wiedergegebene "Rechtsverbindliche Erklärung" nicht als Einwendung im Sinne des § 42 AVG angesehen werden könnte. Nach Lehre und Rechtsprechung ist unter einer "Einwendung" die Behauptung zu verstehen, durch die Genehmigung des verfahrensgegenständlichen Projekts in seinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt zu sein (siehe die umfangreichen Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 42, Randzahl 32). Das hier überreichte Papier enthält eine Aufforderung an die Grundeigentümer, sich zu verpflichten, einerseits Lärmschutzmaßnahmen zu setzen und andererseits mit der Beschwerdeführerin einen Dienstbarkeitsvertrag bestimmten Inhaltes abzuschließen. Durch Unterfertigung seitens der Grundeigentümer sollte diese (zivilrechtliche) Verpflichtung entstehen. Diese Aufforderung an die Grundeigentümer, sich in der beschriebenen Weise zu verpflichten, enthält keine Geltendmachung von Rechten der Beschwerdeführerin, schon gar nicht von subjektiv- öffentlichen Rechten. Ganz im Gegenteil geht es der Beschwerdeführerin allein um die Kostentragung, was durch die besondere Hervorhebung in Blockbuchstaben deutlich gemacht wird. Auch der gewünschte Dienstbarkeitsvertrag zielt darauf ab, dass die Beschwerdeführerin schad- und klaglos gehalten wird und dass die Grundeigentümer und ihre Rechtsnachfolger auf Schadenersatzansprüche verzichten bzw. Immissionen entschädigungslos dulden. Zu Recht sind die Verwaltungsbehörden davon ausgegangen, dass hier von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte keine Rede sein kann.

Die Beschwerdeführerin verkennt, dass die von ihr offenbar angedachte, wirtschaftlich durchaus verständliche Vorgangsweise, bei Unterfertigung dieser Erklärung wäre sie mit dem Vorhaben einverstanden, mit dem Regelungswerk des § 42 AVG nicht in Einklang gebracht werden kann, zumal es hier nicht auf ein Einverständnis, sondern allein auf die Geltendmachung von subjektiven öffentlichen Rechten ankommt. Jeder Nachbar muss, um seine Parteistellung nicht zu verlieren, die in § 42 AVG beschriebenen Voraussetzungen erfüllen.

Zu prüfen bleibt allerdings, ob hier der Vorschrift des § 41 Abs. 2 AVG Genüge getan wurde, wonach die Verständigung über die Anberaumung der Verhandlung die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in ständiger Rechtsprechung (siehe zuletzt das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2008/05/0002) betont, dass der Verlust der Parteistellung gemäß § 42 AVG eine gehörige Ladung bzw. eine gehörige Kundmachung der Bauverhandlung voraussetzt, was nur dann der Fall ist, wenn in dieser Ladung auf die in § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen wird.

Der eingangs wiedergegebene Ladungstext enthält eine Belehrung über die Säumnisfolgen des § 42 AVG; es wird zwar nicht

ausdrücklich der Gesetzeswortlaut verwendet ("... hat dies zur

Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert"), sondern ausgeführt, dass verspätete Einwendungen keine Berücksichtigung finden und mit Ablauf dieser Frist alle Rechte, die an die Parteistellung anknüpfen, entfallen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daraus einen relevanten Unterschied und damit eine Nichteinhaltung der in § 41 Abs. 2 bezüglich der Verständigung bestehenden Verpflichtung nicht zu erkennen. Die Stellung als Partei ist ja der verfahrensrechtliche Ausdruck des Vorhandenseins subjektiver Rechte und Pflichten (Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 288). Alle wesentlichen Verfahrensrechte (Akteneinsicht, Parteiengehör, Bescheidzustellung, Rechtsmittelbefugnis, Geltendmachung der Entscheidungspflicht) knüpfen an die Parteistellung. Die Beschwerdeführerin wurde dahingehend belehrt, dass alle diese Rechte, die an die Parteistellung anknüpfen, entfallen sollen; im gegebenen Regelungszusammenhang - die in § 41 Abs. 2 AVG normierte Verpflichtung der Behörde soll eindringlich vor den Folgen der beschriebenen Säumnis warnen - ist kein Unterschied des gewählten Wortlautes gegenüber dem Gesetzeswortlaut "Stellung als Partei verliert" erkennbar. Die hier ergangene Ladung erfüllt daher die beschriebene Anforderung; sie enthält im Übrigen auch einen Hinweis auf die durch § 42 Abs. 3 AVG eröffneten Rechtsverfolgungsoptionen (siehe Wiederin, Die Neuregelung der Präklusion, in: Schwarzer, Das neue Anlagenverfahrensrecht, 26).

Auch von einer Verletzung der gemäß § 13a AVG gegenüber durch nichtberufsmäßige Parteienvertreter vertretene Personen bestehenden Manuduktionspflicht der Behörde kann keine Rede sein. Wie oben dargelegt, stellt die "Rechtsverbindliche Erklärung" keine Einwendung dar, weshalb es keinen Sinn gemacht hätte, den Vertreter der Beschwerdeführerin anzuleiten, mit dem Vortrag der "Einwendungen" noch bis zum Verhandlungsbeginn zuzuwarten. Die Behörde ist aber nicht gehalten, die Partei über Fragen des materiellen Rechts zu belehren, also z.B. anzuleiten, was sie in der Einwendung vorbringen muss, damit ihr stattgegeben werden kann (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht4, 119). Die Behörde war also keinesfalls verpflichtet, den Vertreter der Beschwerdeführerin darüber aufzuklären, dass ein Anbot an die Grundeigentümer, eine Verpflichtungserklärung abzugeben, keine Einwendung darstellt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unberechtigt, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Anspruch auf Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 10. September 2008

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