VwGH 2004/07/0205

VwGH2004/07/020528.4.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Reisnerstraße 27, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 4. November 2004, Zl. BMLFUW-UW.2.1.1/2165- VI/1/2004, betreffend Duldungspflichten nach dem Altlastensanierungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

ALSAG 1989 §13 Abs1;
ALSAG 1989 §16 Abs1;
ALSAG 1989 §2 Abs11;
ALSAG 1989 §2 Abs2;
ALSAG 1989 §2 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ALSAG 1989 §13 Abs1;
ALSAG 1989 §16 Abs1;
ALSAG 1989 §2 Abs11;
ALSAG 1989 §2 Abs2;
ALSAG 1989 §2 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter dem Datum des 15. April 2004 erließ der Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) gegenüber dem Beschwerdeführer einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Der Landeshauptmann von Niederösterreich verpflichtet gemäß § 16 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 ALSAG (Altlastensanierungsgesetz, BGBl. 1989/299 i.d.g.F.) Herrn (Beschwerdeführer) hinsichtlich des Grundstücks Nr. 230/1, KG V, zur Duldung der Errichtung von insgesamt 10 Stück Boden-Luft-Untersuchungsstellen einer stationären Bodenluftmessstelle und 9 Trockenkernbohrungen sowie des Betretens und Befahrens des genannten Grundstücks zur Vornahme der erforderlichen Vorarbeiten und Probenahmen an diesen Untersuchungseinrichtungen, wobei die annähernde örtliche Lage der Untersuchungsstellen im beiliegenden Lageplan der ARGE Water & Waste/ZT Sulzgruber dargestellt ist, wobei eine Verschiebung der Untersuchungsstellen im Umkreis von 2 m erfolgen kann. Dieser Plan ist diesem Bescheid beigelegt und bildet einen wesentlichen Bestandteil desselben.

Ziel der Untersuchungen ist es, eine Erfassung, Abschätzung und Bewertung dieser Verdachtsfläche sowie eine Prioritätenklassifizierung zu ermöglichen, wobei

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 2, 13, und 16 ALSAG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 136/2004 lauten auszugsweise:

"§ 2. (1) Altlasten sind Altablagerungen und Altstandorte sowie durch diese kontaminierte Böden und Grundwasserkörper, von denen - nach den Ergebnissen einer Gefährdungsabschätzung - erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen. Kontaminationen, die durch Emissionen in die Luft verursacht werden, unterliegen nicht dem Geltungsbereich des Gesetzes.

(2) Altablagerungen sind Ablagerungen von Abfällen, die befugt oder unbefugt durchgeführt wurden.

(3) Altstandorte sind Standorte von Anlagen, in denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde.

..........

(11) Verdachtsflächen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind abgrenzbare Bereiche von Altablagerungen und Altstandorten, von denen auf Grund früherer Nutzungsformen erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen können.

§ 13. (1) Der Landeshauptmann hat dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Verdachtsflächen bekanntzugeben. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat zur Erfassung von Altlasten die bundesweite Erfassung, Abschätzung und Bewertung von Verdachtsflächen im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zu koordinieren und ergänzende Untersuchungen, soweit diese zur Erfassung, Abschätzung und Bewertung von Verdachtsflächen sowie zur Prioritätenklassifizierung erforderlich sind, nach Maßgabe der vorhandenen Mittel (§ 12 Abs. 2) durch den Landeshauptmann zu veranlassen; dazu zählen auch Beobachtungen, soweit diese für die Bewertung der Verdachtsfläche notwendig sind, weil eine abschließende Bewertung auf Grund der vorgenommenen ergänzenden Untersuchungen noch nicht möglich ist. Die aus der Erfassung gewonnenen Daten und Kenntnisse sind an das Umweltbundesamt zu übermitteln, durch das Umweltbundesamt zu verwerten und in einem Verdachtsflächenkataster (§ 11 Abs. 2 Z 2) zu führen.

(2) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat zur Erfassung von Altlasten alle Maßnahmen zur Abschätzung des Gefährdungspotentials der erfaßten Verdachtsflächen zu koordinieren. Die auf Grund der Gefährdungsabschätzung festgestellten sicherungs- bzw. sanierungsbedürftigen Verdachtsflächen sind in einem Altlastenatlas (11 Abs. 2 Z 2) als Altlasten auszuweisen, der vom Umweltbundesamt zu führen ist. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat den Landeshauptmann von der beabsichtigten Eintragung der festgestellten Altlasten zu verständigen. Die Eintragung von Altlasten in den Altlastenatlas erfolgt durch das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie nach Ablauf einer Woche, gerechnet ab dem Genehmigungsdatum der Mitteilung. Der Landeshauptmann hat jene Eigentümer, die zum Zeitpunkt der Eintragung Eigentümer der betroffenen Liegenschaften sind, von der Eintragung in den Altlastenatlas zu verständigen. In den Altlastenatlas ist beim Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie und beim Amt der jeweiligen Landesregierung während der Amtsstunden öffentliche Einsicht zu gewähren.

(3) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat beim Umweltbundesamt die EDV-technischen und fachlichen Voraussetzungen für die Führung des Verdachtsflächenkatasters und für die Führung und Einsichtnahme in den Altlastenatlas zu schaffen.

(4) Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie hat jedermann auf Anfrage Auskunft zu geben:

1. ob eine bestimmte Liegenschaft im Verdachtsflächenkataster geführt wird und

2. über die Art der Verdachtsfläche.

§ 16. (1) Soweit dies zur Beurteilung einer Verdachtsfläche unbedingt erforderlich ist, haben die Liegenschaftseigentümer sowie die an der Liegenschaft dinglich oder obligatorisch Berechtigten das Betreten der Liegenschaften und Anlagen im notwendigen Umfang insbesondere zur Entnahme von Proben durch die Organe der zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes zuständigen Stellen sowie die von diesen Behörden herangezogenen Dritten zu dulden. Vor dem Betreten der Liegenschaft oder der Anlage sind die Eigentümer und die an dieser Liegenschaft dinglich und obligatorisch Berechtigten nach Tunlichkeit zu verständigen. Bei Grundstücken oder Teilen von Grundstücken, die Bergbauzwecken dienen, sind vor dem Betreten die Bergbauberechtigten nach Tunlichkeit zu verständigen.

(2) Der Landeshauptmann hat die Liegenschaftseigentümer sowie die an der Liegenschaft dinglich oder obligatorisch Berechtigten, deren Inanspruchnahme zum Zweck der Untersuchung, Sicherung, Sanierung und Überwachung einer Altlast erforderlich ist, zu verpflichten, die notwendigen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sicherung und Sanierung einer Altlast zu dulden.

(3) Die Organe der zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes zuständigen Stellen sowie die von diesen Behörden herangezogenen Dritten haben darauf Bedacht zu nehmen, daß jede nicht unbedingt erforderliche Störung oder Behinderung vermieden wird.

(4) Die mit den durchzuführenden Maßnahmen Betrauten sind über alle ihnen bei der Ausübung ihres Dienstes bekanntgewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zur Verschwiegenheit verpflichtet".

§ 16 Abs. 1 ALSAG steht der Erlassung eines die Duldungspflicht konkretisierenden Bescheides nicht entgegen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 2002, 2001/07/0139, und vom 20. Oktober 2000, 99/07/0031).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung von Untersuchungen auf seinem Grundstück verweigert. Er begründet dies damit, dass die Behörde von ihm gestellte Fragen nicht beantwortet habe. Von der Beantwortung von vom Verpflichteten gestellten Fragen ist die Erlassung eines Bescheides zur Durchsetzung der Duldungspflichten nach § 16 Abs. 1 ALSAG aber nicht abhängig. Die Nichtbeantwortung solcher Fragen kann allenfalls einen Verfahrensmangel nach sich ziehen. Sie macht aber nicht schon für sich allein die Bescheiderlassung unzulässig.

§ 16 Abs. 1 ALSAG macht die Duldungspflicht der Liegenschaftseigentümer nur davon abhängig, dass sie zur Beurteilung einer Verdachtsfläche unbedingt erforderlich ist. Eine Eintragung in den Verdachtsflächenkataster oder die Durchführung einer Gefährdungsabschätzung ist nicht Voraussetzung für diese Duldungspflicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 2002, 2001/07/0139).

Die Duldungspflicht nach § 16 Abs. 1 ALSAG setzt nicht erst ein, wenn eine Abschätzung und Prioritätenklassifizierung einer Verdachtsfläche stattgefunden hat; vielmehr dienen die im § 16 Abs. 1 ALSAG vorgesehenen Duldungspflichten der Abschätzung und Prioritätenklassifizierung einer Verdachtsfläche, wie sich aus § 13 Abs. 1 ALSAG ergibt.

Was unter einer Verdachtsfläche zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 11 ALSAG. Zur Verdachtsfläche wird ein Grundstück oder eine Mehrzahl von Grundstücken nicht erst durch die Meldung des Landeshauptmannes an den Bundesminister oder gar erst durch die Koordinierungstätigkeiten des Bundesministers im Sinne des § 13 ALSAG; vielmehr ergibt sich die Eigenschaft als Verdachtsfläche bereits bei Zutreffen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 11 ALSAG (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 2002, 2001/07/0139).

Nach § 2 Abs. 11 ALSAG kommt es für das Vorliegen einer Verdachtsfläche darauf an, dass eine Altablagerung oder ein Altstandort vorliegt und dass auf Grund früherer Nutzungsformen erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt von diesen Altablagerungen oder Altstandorten ausgehen können.

Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 3 ALSAG sind Altstandorte Standorte von Anlagen, in denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde.

Eine Verdachtsfläche liegt nicht erst dann vor, wenn konkrete Gefahren für Gesundheit oder Umwelt zu Tage getreten sind, sondern es kommt nur darauf an, ob auf Grund früherer Nutzungsformen erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt von diesen Ablagerungen ausgehen können.

Im Bescheid des LH wurde - vom Beschwerdeführer unbestritten -

festgestellt, dass auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers und auf weiteren Liegenschaften lange Jahre eine Lackfabrik betrieben wurde.

Weiters wurde festgestellt, dass auch auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers mit potentiell grundwassergefährdenden Stoffen manipuliert wurde.

Diese Feststellungen reichen aus, um das Vorliegen eines Altstandortes und einer Verdachtsfläche anzunehmen.

Der Einwand des Beschwerdeführers, für die Lackfabrik seien alle behördlichen Genehmigungen vorgelegen und diese sei von der Behörde laufend überprüft worden, vermag diese Annahme nicht zu entkräften.

Im § 2 Abs. 2 ALSAG werden ausdrücklich auch befugte Ablagerungen von Abfällen erfasst. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum ALSAG (898 Blg NR XVII. GP, 11) heißt es dazu:

"Altablagerungen (Abs. 2) sind aufgelassene oder nicht mehr in Verwendung stehende Abfallablagerungsplätze jeglicher Art und Form mit kommunalen und gewerblichen Abfällen, produktionsspezifischen Rückständen, Bauschutt und Abraummaterial. Zu ihnen gehören also sowohl ehemals geordnete Deponien als auch unkontrolliert betriebene Ablagerungen und unbefugte, wilde Müllablageplätze ohne behördliche Genehmigung.

Altstandorte (Abs. 3) sind Standorte stillgelegter und in Betrieb befindlicher Anlagen, bei deren Betrieb mit umweltgefährdenden Substanzen umgegangen wurde."

Der Gesetzgeber wollte also auch bewilligte Deponien erfassen.

In der Definition der Altstandorte (§ 2 Abs. 3 ALSAG) ist nur vom Umgang mit umweltgefährdenden Stoffen die Rede, ohne dass dabei auf einen befugten oder unbefugten Umgang abgestellt wird. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass nur der unbefugte Umgang mit umweltgefährdenden Stoffen erfasst werden sollte, nicht aber Standorte, auf denen in behördlich genehmigten Anlagen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde. § 2 Abs. 3 ALSAG spricht von "Standorten von Anlagen". Bei "Standorten von Anlagen" handelt es sich aber in der Regel um solche, die über eine behördliche Bewilligung verfügen. Es wäre auch kein sachlicher Grund zu ersehen, warum auf der einen Seite sowohl bewilligte als auch nicht bewilligte Deponien von den Bestimmungen des ALSAG erfasst werden sollten, auf der anderen Seite aber nur Standorte von Anlagen, die über keine Bewilligung verfügen.

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf Gewerbe-, Wasser-, und Baurechtsakten verfängt nicht.

Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, in diesen Akten fände sich eine ausdrückliche Feststellung des Inhalts, dass sein Grundstück unbelastet sei.

Auch wenn im bau-, gewerbe- und wasserrechtsbehördlichen Bewilligungs- und Kollaudierungsverfahren keine Kontaminierung festgestellt wurde, besagt dies nichts darüber, ob eine Verdachtsfläche im Sinne des § 2 Abs. 11 ALSAG vorliegt, da Zweck dieser Verfahren nicht die Feststellung von Verdachtsflächen ist.

§ 16 Abs. 1 ALSAG sieht eine Duldungspflicht der Liegenschaftseigentümer sowie der an der Liegenschaft dinglich oder obligatorisch Berechtigten vor. Dass sich der angefochtene Bescheid nur auf den Beschwerdeführer als Liegenschaftseigentümer, nicht auch auf die dinglich oder obligatorisch Berechtigten bezieht, kann den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzen.

Unklar ist das Vorbringen im Hinblick auf die angeblich verweigerte Akteneinsicht.

In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides heißt es, am 27. November 2003 sei dem Beschwerdeführer in Anwesenheit seiner Rechtsvertreterin Akteneinsicht gewährt worden, wobei ihm Kopien beinahe des gesamten Aktes übergeben worden seien. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer Einsicht in die im Zuge der Vorarbeiten für die ergänzenden Untersuchungen gemäß § 13 ALSAG erstellten Unterlagen begehrt, die im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch den LH sowie den beauftragten Ziviltechniker durchgeführt worden seien. Diese Unterlagen betreffend die Vorarbeiten stellten jedoch keinen Teil des Behördenaktes dar und lägen beim LH auch gar nicht auf. In diese Unterlagen sei dem Beschwerdeführer jedoch laut Auskunft der Projektleiterin bereits zu einem früheren Zeitpunkt Einsicht gewährt worden, soweit sie sein Grundstück und allgemeine Daten betroffen hätten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er am 27. November 2003 in Anwesenheit seiner Rechtsvertreterin bei der Erstbehörde Akteneinsicht genommen hat. Er erwähnt aber, dass ihm dabei der "erste Zwischenbericht" sowie jene Unterlagen, die für die Eintragung seiner Liegenschaft in den Verdachtsflächenkataster offensichtlich maßgeblich gewesen seien, nicht vorgelegt worden seien. Der "erste Zwischenbericht" sei ihm erst im Zuge des Berufungsverfahrens übermittelt worden.

Demnach wurde dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren Einsicht in den seine Sache betreffenden Akt gewährt. Jene Akten, in die der Beschwerdeführer darüber hinaus Einsicht nehmen wollte, waren keine Akten des LH und es handelte sich nach den Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid auch nicht um die Sache des Beschwerdeführers betreffende Akten. Ob zu den nicht zum Aktenbestand des LH zählenden Akten auch der "erste Zwischenbericht" gehört, ist nicht ersichtlich. Dieser wurde dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren übermittelt.

Es bleibt somit unklar, inwiefern dem Beschwerdeführer Akteneinsicht verweigert worden sein soll.

Aus diesem Vorbringen ist daher für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen.

Gleiches gilt für den Hinweis auf eine Forderung nach § 13a AVG.

Der Beschwerdeführer erläutert nicht, welche Anleitungen ihm die belangte Behörde hätte geben sollen.

Hingegen ist der Beschwerdeführer im Recht, wenn er meint, die belangte Behörde habe sich nicht ausreichend mit seinen sonstigen Vorbringen auseinander gesetzt.

§ 16 Abs. 1 ALSAG verpflichtet die Liegenschaftseigentümer zur Duldung "im notwendigen Umfang", soweit dies zur Beurteilung einer Verdachtsfläche "unbedingt erforderlich" ist.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, seine Liegenschaft werde unverhältnismäßig stärker mit Untersuchungsstellen belastet als die anderen Verdachtsflächen.

Auf dieses Vorbringen antwortete ihm die belangte Behörde mit einem Hinweis auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides.

Im erstinstanzlichen Bescheid wird dazu Folgendes ausgeführt:

Das durchzuführende Untersuchungsprogramm setze sich im Wesentlichen aus Boden-Luft-Untersuchungen, Untersuchungen des Untergrundes mittels Kernbohrungen und Untersuchungen des Grundwassers (Herstellen von Grundwassersonden, Probenahmen und chemische Analysen) zusammen. Die geplanten Untersuchungsstellen auf dem Grundstück 230/1 seien auf dem beiliegenden Lageplan dargestellt. Die geplanten Untersuchungen seien für die Beurteilung der gegenständlichen Verdachtsfläche unbedingt erforderlich. Dabei seien objektive und bundesweit einheitliche Maßstäbe anzulegen. Die grundsätzlichen Überlegungen des Untersuchungsprogramms basierten daher auf allgemein zugänglichen Regelwerken und entsprächen dem allgemein anerkannten Stand der Technik. Für die Untersuchung von Verdachtsflächen und Altlasten seien Regelwerke wie beispielsweise die ÖNORMEN S 2085 (Ablauf der Bearbeitung von Altablagerungen und Altstandorten), S 2087 (Erhebung und Untersuchung von Verdachtsflächen und Altlasten), S 2088-1 (Gefährdungsabschätzung für das Schutzgut Grundwasser) und S 2090 (Probenahme und Untersuchung von Boden-Luft) verfügbar. Die Auswahl der Untersuchungsmethoden sei in den angeführten ÖNORMEN weitgehend freigestellt und habe sich am konkreten Einzelfall zu orientieren. Mit Hilfe der Vorerhebungen sei darauf besonders Bedacht genommen.

Dieser Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ist zu entnehmen, dass es Vorgaben für die Gestaltung der Untersuchungen in ÖNORMEN gibt, die aber kein starres Schema vorgeben, sondern sowohl die Auswahl der Untersuchungsmethode als auch die Ausgestaltung der Untersuchungsstellen nach den Gegebenheiten des Einzelfalles vorsehen. Nun ist es gerade die Gestaltung des konkreten Einzelfalles, die der Beschwerdeführer mit nicht von vornherein als ungeeignet erkennbaren Argumenten als nicht nachvollziehbar bekämpft hat. Es hätte daher einer Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen bedurft, dass auf seinem Grundstück ohne fachliche Rechtfertigung überdurchschnittlich viele Untersuchungsstellen vorgesehen sind. Der Hinweis im angefochtenen Bescheid, dass das mit der Durchführung der Untersuchungen beauftragte Unternehmen fachkundig sei, reicht dafür alleine nicht.

Weiters hat der Beschwerdeführer behauptet, die dem Bescheid angeschlossenen Pläne seien unrichtig, weil sie Baulichkeiten nicht berücksichtigten bzw. unrichtig darstellten und daher die Durchführung der Untersuchungen an den im Plan vorgesehenen Stellen gar nicht möglich sei, weil sie teilweise an Stellen vorgesehen sind, wo sich bauliche Anlagen befinden.

Auch mit diesem Vorbringen hätte sich die belangte Behörde auseinander setzen müssen.

Der Beschwerdeführer ist auch im Recht, wenn er bemängelt, dass ihm die belangte Behörde trotz eines Fristverlängerungsansuchens diese Fristverlängerung nicht gewährt habe.

Unzutreffend ist die Auffassung der belangten Behörde, nach dem AVG sei eine solche Fristverlängerung nicht vorgesehen (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 720, angeführte Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer hat die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zum Zwischenbericht, die 14 Tage betrug, mit der Begründung erbeten, er habe für eine einwöchige schulfreie Zeit seiner Tochter schon vor längerer Zeit einen Urlaub gebucht, der in die für die Abgabe einer Stellungnahme eingeräumte Zeit falle, so dass er innerhalb der gewährten Frist nicht vollinhaltlich Stellung nehmen könne.

Ob ein schon gebuchter, aus familiären Gründen nicht oder nur schwer verschiebbarer Urlaub ein Grund für eine Fristverlängerung ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Da kein Grund ersichtlich ist, dass die Behörde die zweiwöchige Frist unbedingt einhalten musste, etwa weil Gefahr im Verzug war, ist nicht zu ersehen, warum dem Beschwerdeführer die Verlängerung der Frist nicht gewährt wurde.

Hiezu kommt, dass der Beschwerdeführer auch geltend gemacht hat, er wolle vor Abgabe der endgültigen Stellungnahme noch bei der belangten Behörde Akteneinsicht nehmen, weil dem Zwischenbericht Beilagen nicht angeschlossen gewesen seien.

Dass der Beschwerdeführer ohnehin eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben hat, ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde ebenfalls kein triftiger Grund für die Verweigerung der Fristverlängerung, weil es sich dabei um eine ausdrücklich als vorläufig bezeichnete Stellungnahme gehandelt hat und der Beschwerdeführer erklärte, er wolle noch in den Akten der belangten Behörde Einsicht nehmen.

Dass jene Unterlagen, die dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde übersandt wurden und die Gegenstand seiner Stellungnahme waren, für die Entscheidung irrelevant gewesen seien, wurde von der belangten Behörde nicht dargetan.

An einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit leidet der angefochtene Bescheid auch wegen des Fehlens einer zeitlichen Beschränkung der Duldungspflicht.

§ 16 Abs. 1 ALSAG erlegt Liegenschaftseigentümern Duldungspflichten "im notwendigen Umfang" auf, soweit dies zur Beurteilung einer Verdachtsfläche "unbedingt erforderlich" ist.

Der Gesetzgeber will damit den Eingriff in das Eigentum (sowie in dingliche oder obligatorische Rechte) so weit wie möglich begrenzen, um die Belastung, die für Liegenschaftseigentümer, dinglich oder obligatorisch Berechtigte mit diesen Duldungspflichten verbunden sind, auf das unumgänglich Notwendige einzuschränken. Eine zeitlich nicht eingeschränkte Verpflichtung, die Durchführung eines Untersuchungsprogrammes zu dulden, wird dieser Absicht des Gesetzgebers nicht gerecht. Die Behörde hat daher auch einen zeitlichen Rahmen für die Duldungspflicht nach den Kriterien "notwendiger Umfang" und "unbedingt erforderlich" zu bestimmen und diesen auch zu begründen.

Die belangte Behörde argumentiert damit, eine zeitliche Begrenzung der Duldungspflicht ergebe sich ohnehin aus der Zielumschreibung des Maßnahmenprogrammes im erstinstanzlichen Bescheid. Mit der Zielerreichung sei auch die Duldungspflicht beendet.

Dieser Argumentation vermag sich der Verwaltungsgerichtshof schon deswegen nicht anzuschließen, weil die Zielformulierung des Maßnahmenprogrammes nichts darüber sagt, wann die einzelnen Schritte zu setzen sind. Es bleibt also der Behörde und den von ihr beigezogenen Helfern überlassen, ob sie das Programm zügig durchführen oder nicht. Abgesehen davon ist für den Betroffenen nicht oder zumindest nicht ohne Schwierigkeiten festzustellen, wann das Maßnahmenprogramm sein Ziel erreicht hat.

Gegen das Erfordernis einer konkreten zeitlichen Begrenzung spricht auch nicht der Umstand, dass es in manchen Fällen schwierig sein könnte, vor Beginn von Untersuchungen genau festzustellen, wie lange diese Untersuchungen dauern werden, bis sie die gewünschten Ergebnisse zeitigen. In einem solchen Fall hat die Behörde die erforderliche Dauer unter Zuhilfenahme von Fachleuten abzuschätzen. Erweist sich die so festgesetzte Frist in der Folge als zu kurz, hat sie die Möglichkeit, einen neuerlichen Duldungsbescheid zu erlassen. Eine mit Bescheid von vornherein auf unbestimmte Zeit ausgesprochene Duldungspflicht entspricht dem § 16 Abs. 1 ALSAG aber nicht.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. April 2005

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