Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Iran, reiste am 12. Juli 1997 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 18. Juli 1997 Asyl. Bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21. Juli 1997 gab sie im Wesentlichen an, sie sei als Studentin einer Technischen Hochschule im Iran Mitglied einer kleinen monarchistischen Gruppe gewesen, deren Anführer im Februar 1996 hingerichtet worden sei. Die Beschwerdeführerin sei im Frühjahr 1997 vom Studium ausgeschlossen worden, habe in weiterer Folge wegen des Vorwurfs regimefeindlicher Tätigkeiten Ladungen zum Landesgericht in Teheran erhalten, die sie nicht befolgt habe, und sei schließlich im Juni 1997 in Abwesenheit zu sechs Jahren Haft und hundert Schlägen verurteilt worden, wobei sie nicht wisse, was im Urteil als Straftatbestand angeführt worden sei. Auf Grund des Urteils sei sie geflüchtet.
In der Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Juli 1997, mit dem ihr Asylantrag abgewiesen wurde, bekämpfte die Beschwerdeführerin die Ansicht des Bundesasylamtes, ihre Angaben seien nicht glaubwürdig. Mit Schriftsatz vom 21. August 1997 erstattete sie, verbunden mit einer Vorlage von Urkunden, ein weiteres Vorbringen zu den behaupteten Widersprüchen in ihren Angaben.
In einer Stellungnahme vom 16. Februar 1999 antwortete die Beschwerdeführerin auf eine Aufforderung der belangten Behörde, bestimmte weitere Urkunden vorzulegen. Zugleich machte sie nun als "Nachfluchtgrund" geltend, sie studiere seit Oktober 1998 an der Technischen Universität Wien und führe schon seit einem Jahr eine Lebensgemeinschaft mit einem Studenten aus Bulgarien. Außereheliche Beziehungen, noch dazu mit einem Christen, seien nach dem iranischen Vergeltungsgesetz streng verboten und würden mit Auspeitschen, wenn nicht sogar mit Steinigung bestraft. Das iranische Regime unterhalte im Westen ein gut organisiertes Spitzelwesen, dessen Zielgruppe neben politischen Oppositionellen besonders auch Frauen seien. Gerade in die Studentenszene würden immer wieder Spitzel eingeschleust, die schon als Spitzel nach Österreich kämen oder sich als Gegenleistung für den Genuss eines Stipendiums von der iranischen Botschaft über Mitstudenten befragen lassen müssten. Die Beschwerdeführerin gehöre mit ihrer Lebensweise der "sozialen Gruppe" der Frauen an, die nicht bereit seien, sich dem im Iran herrschenden strengen Sittenkodex zu fügen, und schon deshalb von Verfolgung bedroht seien. Durch ihre Lebensweise agiere die Beschwerdeführerin aber auch höchst politisch, was den Machthabern im Iran bewusst sei. Es werde alles unternommen, um Versuche von Frauen, die nach Selbständigkeit, Gleichberechtigung und freier Wahl ihrer Lebensweise strebten, im Keim zu ersticken. Insofern sei die strenge Bestrafung von Frauen, die sich nicht an diese Regeln hielten, politisch motiviert.
Mit Schriftsatz vom 15. März 1999 legte die Beschwerdeführerin das Schreiben eines ihrem Vorbringen zufolge auch vom UNHCR herangezogenen Iranexperten vom 2. März 1999 vor, worin im Wesentlichen ausgeführt wurde, nach § 82 des Iranischen Strafgesetzbuches werde "unehelicher Geschlechtsverkehr" unabhängig von der Religionszugehörigkeit der Betroffenen mit dem Tode bestraft. In der Konstellation, dass eine moslemische Frau geschlechtlichen Kontakt zu einem nichtmoslemischen Mann unterhalte, seien die Bestimmungen aber "viel strenger". Selbst eine reguläre Eheschließung zwischen einer moslemischen Frau und einem nichtmoslemischen Mann sei nach islamischem Recht nicht erlaubt. Eine solche Ehe gelte als ungültig und die Beziehung als "unehelich". Die Gefährdung einer Iranerin moslemischen Glaubens, die im Ausland eine außereheliche Beziehung mit einem Nichtmoslem habe, hänge im Wesentlichen davon ab, inwieweit dies den iranischen Vertretungen im jeweiligen Land bekannt geworden sei. In der Praxis werde § 82 "trotz aller einschränkenden Bestimmungen" von der iranischen Justiz "sehr großzügig" angewendet. Es seien zahlreiche Fälle bekannt, wonach Frauen nur auf Grund einer einzigen Anzeige wegen Ehebruches bzw. außerehelichen Geschlechtsverkehrs zum Tod, teilweise sogar durch Steinigung, verurteilt worden seien. Die iranische Justiz handle nach dem Motto "im Zweifelsfall gegen die Frau".
Die Vorlage dieses Schreibens verband die Beschwerdeführerin mit weiteren Ausführungen über das Spitzelwesen des iranischen Geheimdienstes in der österreichischen Studentenszene, wodurch "ohne Zweifel eine sehr große Wahrscheinlichkeit" bestehe, dass die Beziehung der Beschwerdeführerin den iranischen Behörden bekannt geworden sei.
Die belangte Behörde führte am 12. April 1999 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, in der zunächst Fragen der Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin zu den Vorgängen vor ihrer Ausreise aus dem Iran und zu den von ihr vorgelegten Urkunden im Vordergrund standen. Zu der von ihr in Österreich eingegangenen Lebensgemeinschaft mit einem Christen brachte die Beschwerdeführerin vor, sie werde von ihrem Lebensgefährten regelmäßig von der Universität abgeholt und habe die Lebensgemeinschaft auch gegenüber anderen iranischen Studenten erwähnt, bevor sie erfahren habe, dass die Studentenszene von Informanten der iranischen Behörden unterwandert sei. Die Kurse an der Technischen Universität würden auch von Mitarbeitern der iranischen Botschaft besucht. Von diesen sei sie bisher noch nicht direkt angesprochen worden, und sie habe bisher auch noch nicht von anderen Studenten gehört, dass diese Informanten sich nach ihr erkundigt hätten. Studienkollegen hätten ihr aber gesagt, die Informanten seien sehr gefährlich. Sollte die Beschwerdeführerin in den Iran zurückkehren müssen, so befürchte sie wegen der Lebensgemeinschaft mit einem Christen großer Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt zu sein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 AsylG ab, wobei die belangte Behörde zunächst mit näherer Begründung darlegte, warum die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrer behaupteten monarchistischen Betätigung im Iran und einer von ihr deshalb erlittenen Verfolgung nicht glaubwürdig seien. In Bezug auf den geltend gemachten "Nachfluchtgrund" führte die belangte Behörde aus, dass an der behaupteten Lebensgemeinschaft der Beschwerdeführerin mit einem bulgarischen Studenten christlichen Glaubens nicht zu zweifeln sei, zumal die Beschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme durch die belangte Behörde den Eindruck einer selbstbewussten jungen Frau hinterlassen habe, die "zweifelsfrei in Österreich keinen Lebenswandel nach den strengen iranischen Sitten und gesellschaftlichen Vorgaben geführt" habe. Es könne aber nicht festgestellt werden, "ob" ihre Lebensgemeinschaft mit einem Christen den iranischen Behörden bzw. den von der Beschwerdeführerin behaupteten Informanten "tatsächlich zur Kenntnis gelangt" sei. Dies sei auch anhand der Angaben der Beschwerdeführerin selbst "nicht verifizierbar".
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, in Bezug auf die dem Asylantrag zunächst zugrunde gelegten Verfolgungsbehauptungen ergebe sich mangels deren Glaubwürdigkeit kein unter die Bestimmungen des Asylgesetzes bzw. der Genfer Flüchtlingskonvention subsumierbarer Sachverhalt. Zum geltend gemachten "Nachfluchtgrund" werde auf das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 96/20/0793, verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof habe darin zu dem ähnlich gelagerten Sachverhalt einer außerehelichen Beziehung eines iranischen Staatsbürgers ausgeführt, in einem solchen Fall werde der Betroffene nicht wegen seiner Zugehörigkeit zu einer "sozialen Gruppe" im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern wegen der von ihm begangenen Tat verfolgt. Nach Ansicht der belangten Behörde drohe der Beschwerdeführerin die befürchtete Verfolgung wegen einer nach den Strafbestimmungen des Heimatlandes begangenen Straftat und nicht wegen der Zugehörigkeit zu einer "sozialen Gruppe". In dem erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes werde auch ausgeführt, dass im Falle einer Bedrohung mit der Todesstrafe oder einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe das Verbot einer Zurück- oder Abschiebung des davon Betroffenen in Betracht komme. Hierüber sei im vorliegenden Fall gemäß § 44 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit dem dazu ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0365, von der Berufungsbehörde aber nicht zu entscheiden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin nahezu ausschließlich gegen die Beurteilung des von ihr geltend gemachten "Nachfluchtgrundes" durch die belangte Behörde wendet.
Die belangte Behörde hat dazu eine Gegenschrift erstattet, in
der sie von der "Unmöglichkeit" spricht, die von der
Beschwerdeführerin verlangten Feststellungen darüber zu treffen,
ob ihr Vorbringen hinsichtlich des Spitzelwesens der iranischen
Behörden in Österreich für glaubwürdig erachtet werde, zumal
Ermittlungen hierüber die staatspolizeiliche Observation der
diplomatischen Vertretungen ausländischer Staaten in Österreich
erfordern würden, um Feststellungen über die Kontakte einzelner
Studenten zu den Botschaften treffen zu können. Solche
Ermittlungen würden sich "zudem als unnötig darstellen", weil die
belangte Behörde "grundsätzlich ... den Angaben der
Beschwerdeführerin bezüglich ihrer Lebensgemeinschaft ... durchaus
Glauben geschenkt hat". Die belangte Behörde habe sich "jedoch" in
der rechtlichen Beurteilung des geltend gemachten
"Nachfluchtgrundes" auf die Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes gestützt. Was die in der Beschwerde
verlangten Ermittlungen über die Intentionen des iranischen
Strafrechts und Strafrechtsgesetzgebers anlange, so werde darauf
hingewiesen, dass das im angefochtenen Bescheid zitierte, zum
AsylG 1991 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes aus
einer Zeit stamme, in der schon bekannt gewesen sei, dass etwa
Ehebruch und außereheliche Beziehungen im Iran unter schwersten
strafrechtlichen Sanktionen stünden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid eine differenzierende Beweiswürdigung zugrunde gelegt und der Beschwerdeführerin in Bezug auf die ursprünglich geltend gemachten Fluchtgründe im Ergebnis - aus Gründen, die die Beschwerde nicht ernsthaft zu erschüttern trachtet - den Versuch einer vorsätzlichen Täuschung der Asylbehörden unterstellt, ihre Behauptungen darüber, dass sie sich nicht an die strengen iranischen Sitten und gesellschaftlichen Vorgaben halte und in einer Lebensgemeinschaft mit einem christlichen Studenten lebe, hingegen als glaubwürdig angesehen. Vor diesem Hintergrund wäre es - für den Fall, dass Feststellungen über den geltend gemachten "Nachfluchtgrund" nicht schon aus rechtlichen Erwägungen unterbleiben konnten - erforderlich gewesen, im angefochtenen Bescheid auch klar zum Ausdruck zu bringen, ob den Behauptungen der Beschwerdeführerin darüber, was sie über die Beobachtung der Studentenszene durch die iranische Botschaft wisse, Glaubwürdigkeit zuerkannt werde oder nicht. In dieser Hinsicht wäre zumindest das dazu schon vorliegende Ermittlungsergebnis, nämlich die Aussage der Beschwerdeführerin, einer Beweiswürdigung zu unterziehen gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof kann aber auch die Ansicht der belangten Behörde, weitere Ermittlungen zu diesem Thema wären nicht möglich, nicht teilen. Ermittlungen über die Intensität der Exilüberwachung sind für die Verfolgungsprognose bei so genannten Nachfluchtgründen regelmäßig nötig und im Prinzip nicht anders zu führen als solche über die Bespitzelung von Verfolgung bedrohter Personen in den Herkunftsländern selbst. Bei der Beurteilung der Exilüberwachung wird darüber hinaus - u.a. - auch der relativen Häufigkeit einer nach der Rückkehr in den Herkunftsstaat einsetzenden Verfolgung wegen des Verhaltens im Ausland, bezogen auf die Zahl der in Betracht kommenden Rückkehrfälle, Bedeutung zukommen. Dem Hinweis der belangten Behörde auf das (hypothetische) Erfordernis staatspolizeilicher Observationen ist entgegen zu halten, dass Anfragen an die Staatspolizei tatsächlich zu den Informationsquellen zählen, auf die in diesem Zusammenhang zurückzugreifen ist (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2001, Zl. 2000/01/0076). Im Übrigen kann es aber auch hier, insoweit mit dem Amtswissen der Behörde und den Aussagen der Beteiligten kein Auslangen gefunden wird, der Einholung von Sachverständigengutachten oder der Heranziehung von Stellungnahmen und Berichten privater Organisationen bedürfen.
Die belangte Behörde ist letztlich davon ausgegangen, dass dem geltend gemachten "Nachfluchtgrund" keine Asylrelevanz beizumessen sei und sich nähere Feststellungen dazu schon aus diesem Grund erübrigten. Die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid zielen angesichts der Art der Strafen, die der Beschwerdeführerin nach ihren Behauptungen drohen, auf die Abgrenzung des demnach in Betracht kommenden Abschiebungsschutzes gemäß § 57 Abs. 1 FrG und damit - u.a. - des nach Art. 3 EMRK gebotenen Schutzes, über den im vorliegenden Fall aus den im angefochtenen Bescheid richtig dargestellten Gründen nicht zu entscheiden war, gegenüber den Voraussetzungen für die Asylgewährung. Sie betreffen das von der belangten Behörde angenommene Fehlen eines der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten und gemäß § 7 AsylG (vgl. insoweit auch § 6 Z 2 AsylG) für die Asylgewährung maßgeblichen Gründe für die im Herkunftsstaat drohende Verfolgung.
Die belangte Behörde stützt sich in dieser Hinsicht auf das von ihr zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 96/20/0793, das den Fall einer Beschwerdeführerin betraf, die vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend machte, die ihr im Iran drohende Steinigung wegen eines von ihr begangenen Ehebruches richte sich als "Verfolgung von Ehebrechern" gegen eine "soziale Gruppe" im Sinne des § 1 Z 1 AsylG 1991 und des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention. Der Verwaltungsgerichtshof folgte dieser Ansicht nicht, verwies auf den Abschiebungsschutz nach dem Fremdengesetz und merkte ergänzend an, es sei nicht behauptet worden, dass die zweifellos unmenschliche Sanktion nur für Frauen gelte. In einem zweiten, zur hg. Zl. 96/20/0800 ergangenen Erkenntnis vom selben Tag wurde ein Beschwerdeführer aus dem Iran auf das zuvor erwähnte Erkenntnis verwiesen, wobei zu der Behauptung in der Beschwerde, die Verfolgung geschehe "aus Gründen der Religion", angemerkt wurde, dies sei vor dem Hintergrund des gesamten Beschwerdeinhaltes nur dahingehend zu verstehen, dass der Straftatbestand des Ehebruches und die dafür vorgesehene schwere Strafe auf den dominierenden Einfluss des Islam im iranischen Staat zurückzuführen sei. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft oder aus anderen in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen werde damit nicht geltend gemacht.
Demgegenüber ist - abgesehen von einem klarstellenden Hinweis darauf, dass die Prüfung des erforderlichen Zusammenhanges einer Verfolgungsgefahr mit einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen ist und die Asylbehörden sich nicht damit begnügen dürfen, den Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt des vom Asylwerber selbst bezeichneten Konventionsgrundes zu prüfen - auf neuere, schon zum geltenden Asylgesetz ergangene Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, die im Zusammenhang mit der Verquickung von Staat und Religion im Iran das Erfordernis einer Prüfung auch dem Schutz religiöser Werte dienender Strafvorschriften unter dem Gesichtspunkt einer unterstellten politischen Gesinnung zum Ausdruck bringen (vgl. in diesem Sinn die Erkenntnisse vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/20/0350, und vom 16. September 1999, Zl. 98/20/0543, die Strafverfolgung wegen Weitergabe einer Bibel bzw. Besitzes eines Buches von Salman Rushdie betreffend). Auch die übermäßige Strenge einer in den Gesetzen des Herkunftsstaates vorgesehenen Bestrafung wurde als mögliches Indiz dafür gewertet, dass dem Täter eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde und dies der Grund für die Höhe der Strafdrohung sei (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0431, unerlaubte Handelsbeziehungen mit Kurden im Irak betreffend, und daran anknüpfend das zitierte den Iran betreffende Erkenntnis vom 16. September 1999, Zl. 98/20/0543; hinsichtlich der Strafen für die unerlaubte Ausreise aus dem Irak - mit Hinweisen auf die grundsätzliche Beachtlichkeit so genannter Nachfluchtgründe - im Anschluss an das Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, Zl. 98/20/0415, etwa das Erkenntnis vom 15. Februar 2001, Zlen. 99/20/0045, 0139). Davon ausgehend könnte auch der drohenden Bestrafung wegen eines im Ausland begangenen Verstoßes gegen bestimmte im Herkunftsstaat gesetzlich verbindliche Moralvorstellungen asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn die völlige Unverhältnismäßigkeit der drohenden staatlichen Maßnahmen den Schluss zulässt, dass sie an eine dem Zuwiderhandeln gegen das Gebot vermeintlich zugrunde liegende, dem Betroffenen unterstellte Abweichung von der ihm von Staats wegen vorgeschriebenen Gesinnung anknüpfen.
Bei ihrer Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 96/20/0793, hat die belangte Behörde aber auch übersehen, dass im vorliegenden Fall behauptet wird, bei der praktischen Anwendung der Strafdrohung werde es mit einschränkenden Bestimmungen (gemeint offenbar: die schwer erfüllbaren Anforderungen an den Nachweis derartiger "Delikte" im islamischen Recht) nicht so genau genommen, was die drohende Bestrafung auch nach dem iranischen Recht des Charakters einer dem Gesetz entsprechenden Strafrechtspflege entkleiden könnte, und dass für die befürchteten Sanktionen auch der Umstand, dass es sich beim Lebensgefährten der Beschwerdeführerin um einen Christen handelt, von Bedeutung sein soll. Die mangelnde Asylrelevanz einer strafrechtlichen Verfolgung, die unabhängig von einer allfälligen (zivilen) Eheschließung zwischen den Beteiligten an die Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses von Lebensgefährten anknüpft, ließe sich auch aus dem von der belangten Behörde herangezogenen Vorerkenntnis (und dem weiteren Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 96/20/0800) nicht ableiten.
Der angefochtene Bescheid war aus den dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. September 2001
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