Normen
FSG 1997 §14 Abs8;
FSG 1997 §26 Abs2;
FSG 1997 §37a;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;
FSG 1997 §7 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
FSG 1997 §14 Abs8;
FSG 1997 §26 Abs2;
FSG 1997 §37a;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;
FSG 1997 §7 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 7 Abs. 1 und 3 Z. 1 und 26 Abs. 2 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F und G für die Dauer von vier Monaten (gerechnet ab der am 23. April 1998 erfolgten Zustellung des Mandatsbescheides) entzogen. Als begleitende Maßnahme wurde die Absolvierung eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings für alkoholauffällige Kraftfahrer aufgetragen. Weiters wurde dem Beschwerdeführer der Auftrag erteilt, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen und dazu eine verkehrspsychologische Stellungnahme mitzubringen.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Annahme zu Grunde, der Beschwerdeführer habe sich am 27. Februar 1998, nachdem er um
20.30 Uhr einen PKW gelenkt hatte, um 20.43 Uhr nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und dazu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Zur Begründung dieser Sachverhaltsfeststellung - die vom Beschwerdeführer mit der Begründung bekämpft wurde, er sei bereit gewesen, zum Zwecke der Atemluftuntersuchung zum Gendarmeriepostenkommando Leibnitz mitzufahren, dies sei aber von dem Gendarmeriebeamten mit der Begründung abgelehnt worden, der Alkotest gelte bereits als verweigert - verwies die belangte Behörde ebenso auf die Begründung des erstinstanzlichen (Vorstellungs-)Bescheides (vom 13. August 1998) wie zur Widerlegung des (auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 1997, Zl. 96/11/0336, gestützten) Einwandes des Beschwerdeführers, er habe nachgewiesen, nicht alkoholbeeinträchtigt gewesen zu sein.
Die Erstbehörde hatte dazu ausgeführt, der nachträgliche Nachweis, nicht alkohlbeeinträchtigt gewesen zu sein, hindere auf Grund der "neuen" Gesetzeslage die Behörde nicht, die Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer außerdem nicht seine "Nichtalkoholosierung" nachgewiesen, weil die Untersuchung der am 27. Februar 1998 abgenommenen Blutprobe einen Blutalkoholgehalt von 0,3 %o ergeben habe. Der vom Beschwerdeführer erbrachte Nachweis habe im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung nicht berücksichtigt werden können, weil der Beschwerdeführer die Atemluftuntersuchung verweigert und damit die Feststellung des Alkoholgehaltes verhindert habe. Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis habe die Berücksichtigung des nachträglichen Nachweises, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, im Rahmen der Wertung der bestimmten Tatsache für zulässig erachtet. Da der Beschwerdeführer Ersttäter sei, seien "die Bestimmungen der §§ 24-26 des Führerscheingesetzes" heranzuziehen. Eine Wertung sei daher ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber den Verweigerungstatbestand bereits selbst als verwerflich ansehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1 b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.
Gemäß § 7 Abs. 5 FSG sind für die Wertung der im Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
§ 26 leg. cit. regelt "Sonderfälle der Entziehung". Nach § 26 Abs. 2 leg. cit. ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wird.
Gemäß § 26 Abs. 8 leg. cit. hat die Behörde bei einer Entziehung nach Abs. 1 Z. 3 oder Abs. 2 begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8.
Die Behörden des Entziehungsverfahrens haben in selbstständiger Beurteilung der Vorfrage, ob der Beschwerdeführer die Untersuchung der Atemluft verweigert und damit eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen hat - das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren ist noch nicht abgeschlossen -, diese Frage bejaht und die Entziehung der Lenkberechtigung auf § 26 Abs. 2 FSG gestützt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zum KFG 1967 (§§ 66 Abs. 2 lit. e und Abs. 3) die Auffassung vertreten, eine Verweigerung des Alkotests weise zwar grundsätzlich dieselbe Verwerflichkeit auf wie eine erwiesene Alkoholbeeinträchtigung, diese Verwerflichkeit ergebe sich aber nicht aus dem gegenüber dem einschreitenden Straßenaufsichtsorgan an den Tag gelegten Ungehorsam, sondern daraus, dass durch die Verweigerung die Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung vereitelt wird. Ungeachtet der Strafbarkeit der Verweigerung sei im Rahmen der Wertung (§ 66 Abs. 3 KFG 1967) ein positiver Nachweis, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, sehr wohl von Bedeutung, so dass der Fall eintreten könne, dass zwar eine in der Verweigerung der Untersuchung (§ 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960) liegende Tatsache vorliege, deren Wertung aber nicht zur Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person führe (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 19. März 1997, Zl. 96/11/0336, vom 18. November 1997, Zl. 97/11/0158, vom 24. März 1999, Zl. 98/11/0009, und vom 24.August 1999, Zl. 99/11/0138). Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung auch im Anwendungsbereich des FSG fest. In jenen (Ausnahms-)Fällen, in denen nachträglich ein einwandfreier Nachweis gelingt, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, kann nämlich nicht auf eine die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit rechtfertigende Sinnesart im Sinne des § 7 Abs. 1 FSG geschlossen werden. Nur dann, wenn - wie im Normalfall, den der Gesetzgeber bei der Regelung des § 26 Abs. 2 FSG offenbar vor Augen hatte - wegen der Verweigerung der Atemluftuntersuchung eine Feststellung über die Alkohlbeeinträchtigung nicht möglich ist, ist es nämlich gerechtfertigt, in Ansehung der Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit denjenigen, der die Untersuchung der Atemluft verweigert hat, in gleicher Weise zu behandeln wie denjenigen, der in dem im § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 beschriebenen Ausmaß durch Alkohol beeinträchtigt war und ein Kraftfahrzeug gelenkt hat.
Der belangten Behörde ist einzuräumen, dass der Verwaltungsgerichtshof sowohl zum KFG 1967 als auch zum FSG die Auffassung vertreten hat, dass die Wertung bestimmter Tatsachen, in Ansehung derer im Gesetz selbst die Entziehungsdauer mit einem fixen Zeitraum normiert ist, zu entfallen hat (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 1. Oktober 1996, Zl. 96/11/0197, mwN, vom 22. April 1997, Zl. 96/11/0367, und vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/11/0227), sodass dann, wenn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmals eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wurde und sich die Behörde mit der im § 26 Abs. 2 FSG genannten Mindestdauer begnügt, eine Wertung der bestimmten Tatsache und eine nach den Wertungskriterien vorzunehmende Bemessung der Entziehungszeit nicht erforderlich sind. Dieser Grundsatz bedarf aber insofern einer Modifikation, als im Falle einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 der eindeutige Nachweis, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, nach dem oben Gesagten die allein auf die Verweigerung der Atemluftuntersuchung gestützte Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nicht rechtfertigt. Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Auffassung, bei der erstmaligen Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 sei der Nachweis, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, zufolge § 26 Abs. 2 FSG nicht zu beachten, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt, weil es zu einem unerträglichen Wertungswiderspruch führen würde, im Falle eines Wiederholungstäters, also bei einem, der bereits einmal oder mehrmals beim Lenken eines Kraftfahrzeuges eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat, den Nachweis zuzulassen und darauf gestützt, die Verkehrsunzuverlässigkeit zu verneinen, einem Ersttäter aber die Möglichkeit eines solchen Nachweises zu verweigern.
Die belangte Behörde hat nach dem Gesagten die Rechtslage verkannt und dem vom Beschwerdeführer erbrachten Nachweis, der einen durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (im Sinne des § 5 Abs.1 StVO 1960) ausschließt, keine Beachtung geschenkt. Der Umstand, dass eine Übertretung gemäß § 37a i.V.m. § 14 Abs. 8 FSG nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann (vgl. zu den Erfahrungssätzen betreffend Abbau des Blutalkoholgehaltes das oben zitierte Erkenntnis vom 19. März 1997), ist im gegebenen Zusammenhang ohne Bedeutung, weil eine solche Übertretung keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 leg. cit. darstellen würde.
Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer die Untersuchung der Atemluft verweigert hat, und die darauf bezughabenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerde brauchte nach dem Gesagten nicht eingegangen zu werden.
Aus der Rechtswidrigkeit der Entziehung der Lenkberechtigung folgt auch die Rechtswidrigkeit der auf § 26 Abs. 8 FSG gestützten, eine Entziehung voraussetzenden Anordnungen einer begleitenden Maßnahme und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens.
Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. März 2000
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