Normen
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
EMRK Art6;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §39;
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
EMRK Art6;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §39;
Spruch:
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung der Gemeinde G gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Dezember 1996, Zl. UR - 304156/49 - 1996 Ol/Kap e.o., Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass der am 4. April 1996 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Inertstoff- und Bauschuttdeponie samt semimobiler Aufbereitungsanlage für Betonabbruch auf den Grundstücken Nr. 374/4, 374/7 und 398/7, je KG M, in G abgewiesen wird.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Anbringen vom 4. April 1996 beantragte die S. GmbH beim Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) die abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Inertstoff- und Bauschuttdeponie samt semimobiler Aufbereitungsanlage für Betonabbruch. In den eingereichten Projektsunterlagen wird das Deponienettovolumen mit rund 450.407 m3 bezeichnet, unter den zur Lagerung vorgesehenen Stoffen werden u.a. auch Gießereiabfälle, Altsand, Keramik, Glas und Altglas, Bauschutt, Straßenaufbruch, Bodenaushub, Asbestzement, Betonabbruch, Gips, Asphalt sowie Bitumen in Schollenform genannt. In der Baubeschreibung wird ausgeführt, dass für eine Inertstoff- und Bauschuttdeponie eine Basisabdichtung ebenso nicht erforderlich sei wie eine Sickerwassererfassung, weil das Gefahrenpotential der abgelagerten Stoffe sehr gering sei. Nach erfolgtem Schotterabbau auf dem Gelände werde die Abbausohle als Unterbauplanum = Deponiesohle geebnet und angeglichen; Fehlstellen würden mit anstehendem Material gefüllt und verdichtet.
Mit Anbringen vom 5. September 1996 erklärte die Beschwerdeführerin ihren Eintritt in das Bewilligungsverfahren an Stelle der S. GmbH, welche ihre Tätigkeit eingestellt habe. Die Beschwerdeführerin habe die für die Betriebszwecke vorgesehene Liegenschaft erworben und betreibe nach Übernahme auch eines Teiles des Betriebsvermögens der S. GmbH an deren Stelle auch die Schottergrube.
Nach Durchführung des in § 29 Abs. 4 AWG vorgesehenen Ediktalverfahrens beraumte der LH am 4. Dezember 1996 für den 13. Dezember 1996 eine mündliche Verhandlung an, in welcher nach Vorstellung des Projektes und Erstattung der Gutachten durch die Amtssachverständigen ein Nachbar seine schon schriftlich erstatteten Einwendungen wiederholte und auch der Vertreter der Standortgemeinde als weiterer Partei des Verwaltungsverfahrens (im Folgenden: Gemeinde) auf die schriftlich erhobenen Einwendungen verwies. In diesen waren Bedenken aus dem Grunde der Lage der Grundstücke in einem geplanten Grundwasserschongebiet geltend gemacht worden. Das Vorhaben widerspreche auch dem Flächenwidmungsplan; das Interesse am Schutz des Trinkwasservorkommens müsse jenem an der Errichtung einer derart groß dimensionierten Inertstoff- und Bauschuttdeponie vorgehen.
Mit Bescheid vom 31. Dezember 1996 erteilte der LH der Beschwerdeführerin die begehrte abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Projektsunterlagen unter näher genannten Nebenbestimmungen; den Einwendungen des Nachbarn und der Gemeinde wurde, so weit ihnen nicht teilweise in den Nebenbestimmungen Rechnung getragen worden war, keine Folge gegeben. Begründend führte der LH u.a. aus, aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Deponietechnik ergebe sich, dass es sich bei einer Inertstoffdeponie um eine Deponie für Abfälle mit keinem oder derart geringem Schadstoffgehalt handle, dass bei deren Lagerung keine Vorgänge auftreten könnten, die technische Maßnahmen zur Erfassung und Ableitung von Sickerwasser erforderlich machten. Der Einwand, es befinde sich die Deponie im geplanten Grundwasserschongebiet, erweise sich als nicht berechtigt, weil eine entsprechende Schongebietsverordnung, in welcher die Errichtung einer Inertstoffdeponie untersagt wäre, rechtswirksam nicht vorliege; ein bloßer Entwurf könne keine rechtliche Grundlage für die Entscheidung der Behörde darstellen. Es habe die beantragte Bewilligung somit gemäß § 29 Abs. 1 Z. 6 AWG erteilt werden können.
Gegen diesen Bescheid erhob die Gemeinde Berufung, in welcher sie sich gegen die Erteilung der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung vor allem unter dem Aspekt der bevorstehenden Grundwasserschongebietsverordnung für das betroffene Gebiet wandte, auch den Widerspruch des Vorhabens zum Flächenwidmungsplan geltend machte und hilfsweise auch die Vorschreibung weiter gehender Beweissicherungsmaßnahmen und eines Sicherstellungsbetrages in Höhe von S 10,000.000,-- forderte.
Die Berufung der Gemeinde langte am 21. Jänner 1997 beim LH ein und wurde von diesem mit Schreiben vom 31. Jänner 1997 unter Anschluss des Verfahrensaktes der belangten Behörde vorgelegt, bei welcher sie am 14. Februar 1997 eintraf.
Mit ihrer am 30. Dezember 1997 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung der Pflicht der belangten Behörde zur Entscheidung über die von der Gemeinde erhobene Berufung gegen den Bescheid des LH vom 31. Dezember 1996.
Mit Berichterverfügung vom 18. Februar 1998, 98/07/0001-2, wurde die Beschwerde der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Nach Zustellung dieser Verfügung an die belangte Behörde am 27. Februar 1998 holte die belangte Behörde am 24. März 1998 eine Stellungnahme ihrer Fachabteilung ein.
In dieser vom Amtssachverständigen der belangten Behörde erstatteten Stellungnahme wird u.a. darauf hingewiesen, dass der Konsensumfang der Deponie jenem einer Baurestmassendeponie im Sinne der Deponieverordnung, die Deponietechnik hingegen bloß jener einer Bodenaushubdeponie im Sinne der Deponieverordnung entspreche. Bei der Ablagerung von Baurestmassen entstünden Sickerwässer, die die Grundwasserbeschaffenheit mehr als geringfügig beeinflussen könnten. Es seien Baurestmassen daher nach dem Stand der Technik in einer Deponie mit mineralischer Basisabdichtung, einem Sickerwassersammelsystem und einer Oberflächenabdichtung abzulagern. Dieser Anforderung werde das vorliegende Projekt nicht gerecht, weshalb von der Beschwerdeführerin eine Projektsmodifikation vorzulegen wäre, mit welcher dem Stand der Technik entsprochen würde, wobei auch die Aufteilung in zwei Schüttbereiche (Bodenaushubteil und Baurestmassenteil) zulässig wäre. Des Weiteren schlug der Amtssachverständige eine Abänderung des Bescheides des LH auch in anderen Punkten vorbehaltlich der noch zu erstellenden Projektsmodifikation vor.
Mit Schreiben vom 26. Mai 1998 setzte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin und die Gemeinde vom Inhalt der Stellungnahme des Amtssachverständigen mit der Einladung in Kenntnis, zu den Ausführungen des Amtssachverständigen bis zum 1. Juni 1998 Stellung zu nehmen. Ebenfalls mit Schreiben vom 26. Mai 1998 stellte die belangte Behörde beim Verwaltungsgerichtshof den Antrag, die Frist zur Erlassung des versäumten Bescheides gemäß § 36 Abs. 2 VwGG bis zum 1. Juni 1999 zu verlängern. Begründet wurde dieser Antrag mit der Wiedergabe der Ausführungen des Amtssachverständigen und dem Vorbringen, dass auf Grund der geforderten Projektsmodifikation, die nach § 31d Abs. 6 WRG 1959 zulässigerweise gefordert werden könne, mit einer voraussichtlichen Verfahrensdauer von ungefähr noch einem Jahr gerechnet werden müsse. Dieser Antrag wurde beim Verwaltungsgerichtshof am 28. Mai 1998 überreicht.
Mit Berichterverfügung vom 15. Juli 1998, 98/07/0001-4, wurde der belangten Behörde ihr in einfacher Ausfertigung überreichter Antrag auf Fristverlängerung mit dem Auftrag zurückgestellt, den Antrag binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Verfügung in zweifacher Ausfertigung wieder vorzulegen, und der belangten Behörde gleichzeitig Gelegenheit gegeben, sich zur Frage der Rechtzeitigkeit ihrer Antragstellung nach § 36 Abs. 2 Satz 2 VwGG zu äußern.
Dem kam die belangte Behörde mit Schreiben vom 22. Juli 1998 nach, indem sie mitteilte, dass die Beförderung ihres Fristverlängerungsantrages nach Auskunft der Abgangsstelle der belangten Behörde erst am 28. Mai 1998 erfolgt sei, wobei es sich um ein Versehen der Kanzlei gehandelt habe, durch welches der mit ausdrücklichem Datum versehene Dringlichkeitsvermerk auf dem Referatsbogen nicht beachtet worden sei.
Nachdem sich die zur Äußerung eingeladene Beschwerdeführerin gegen die begehrte Fristverlängerung ausgesprochen hatte, wurde der Antrag der belangten Behörde auf Verlängerung der Frist nach § 36 Abs. 2 Satz 2 VwGG mit Beschluss des Berichters vom 1. September 1998, 98/07/0001-8, aus dem Grunde verspäteter Einbringung - vom Rechtsinstitut des § 46 VwGG hatte die belangte Behörde keinen Gebrauch gemacht - zurückgewiesen; gleichzeitig wurde der belangten Behörde die Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens neuerlich aufgetragen.
Nachdem die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt hatte, wurde die Beschwerdeführerin mit Berichterverfügung vom 22. Februar 1999, 98/07/0001-10, dazu eingeladen, binnen gesetzter Frist zu der der Beschwerdeführerin schon mit Schreiben der belangten Behörde vom 26. Mai 1998 bekannt gegebenen Stellungnahme des Amtssachverständigen der belangten Behörde Position zu beziehen. Der Beschwerdeführerin wurde dabei insbesondere Gelegenheit zur Äußerung gegeben, ob sie der fachlichen Beurteilung durch den Amtssachverständigen der belangten Behörde entgegentritt
1) dass ihr Projekt vom Inhalt der zu lagernden Abfälle her dem Deponietyp der Baurestmassendeponie im Sinne des § 3 Z. 2 der Verordnung des Bundesministers für Umwelt über die Ablagerung von Abfällen (Deponieverordnung), BGBl. Nr. 164/1996, darstellt und
2) dass die projektsgemäß vorgesehene deponiebautechnische Ausgestaltung den in den §§ 18 ff der genannten Verordnung normierten Vorgaben für eine Deponie, die nicht bloß eine Bodenaushubdeponie ist, nicht gerecht wird.
Innerhalb antragsgemäß verlängerter Frist äußerte sich die Beschwerdeführerin dahin, dass die ihr zur Verfügung gestellte Stellungnahme des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen, die ihr zudem nur in einer Zusammenfassung durch die belangte Behörde mitgeteilt worden sei, nicht die Qualität eines Gutachtens aufweise, weil es an einem Befund fehle, welcher die Tatsachen enthielte, auf die sich das Urteil des Sachverständigen gründete, und welcher erkennen ließe, auf welche Weise sich der Sachverständige die erforderlichen Tatsachen beschafft habe. Bei der mündlichen Bewilligungsverhandlung vor dem LH hätten die von diesem beigezogenen Amtssachverständigen im Zuge des sehr eingehend vorgenommenen Ortsaugenscheines Befund aufgenommen und auf der Basis der Befunde ruhende Gutachten erstattet, deren Unschlüssigkeit von der Berufung erhebenden Gemeinde in keiner Weise habe aufgezeigt werden können. Die der Beschwerdeführerin übermittelte Stellungnahme des nicht einmal namentlich genannten Amtssachverständigen sei nicht geeignet, die Richtigkeit und Schlüssigkeit der Ausführungen der von der Erstbehörde beigezogenen Sachverständigen zu erschüttern. Die Zurückstufung auf eine normale Bodenaushubdeponie würde den der Beschwerdeführerin im Bewilligungsbescheid vom 31. Dezember 1996 erteilten Konsens zerstören und ihrem Bewilligungsantrag nicht mehr entsprechen. Eine Basisabdichtung wiederum sei von ihr nicht annähernd zu finanzieren, weil die Kosten auf
2,5 bis 3 Mio. Schilling einzuschätzen seien. Bei der Ablagerung von Baurestmassen entstünden entgegen den Ausführungen des Amtssachverständigen keinerlei Sickerwässer, weil das Material ausnahmslos trocken angeliefert werde. Dazu komme, dass die primäre Vorgangsweise darin bestehe, dass die angelieferten Materialien "recycled" und nicht deponiert würden. Die bedeutend geringere Anlieferungsmenge, welche einer Deponierung zugeführt werde, könne auch mit entsprechenden "Naturalen" abgedeckt oder mit reinem Aushubmaterial abgedichtet werden, womit gewährleistet sei, dass Niederschlagswässer nicht in die Baurestmassenschichten eindringen könnten. Eine solche Vorgangsweise, welche in Form weiterer Auflagen sichergestellt werden könnte, wäre ungleich weniger kostenintensiv.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 29 Abs. 1 Z. 6 AWG bedarf die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von Deponien für nicht gefährliche Abfälle mit einem Gesamtvolumen von mindestens 100.000 m3 einer Genehmigung des Landeshauptmannes.
Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AWG hat der Landeshauptmann bei der Erteilung der Genehmigung gemäß Abs. 1 nach Maßgabe der folgenden Absätze alle Bestimmungen anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Berg-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- sowie des Eisenbahnrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Vorhabens anzuwenden sind.
Parteistellung im Verfahren nach § 29 Abs. 1 AWG hat nach § 29 Abs. 5 Z. 4 leg. cit. auch die Gemeinde des Standortes.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, verschafft die Bestimmung des § 29 Abs. 5 Z. 4 AWG der Standortgemeinde zwar keine subjektiv-öffentlichen Rechte, die sie vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgen könnte, räumt ihr aber alle prozessualen Rechte im abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligungsverfahren nach § 29 AWG mit der Wirkung ein, dass sie eine Verletzung dieser ihr zukommenden prozessualen Rechte auch vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgen darf (vgl. für viele zuletzt das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1998, 95/05/0034, mit weiteren Nachweisen).
In Wahrnehmung dieser ihr zukommenden Verfahrensrechte war die Gemeinde als Standortgemeinde somit berechtigt, gegen den Bescheid des LH vom 31. Dezember 1996 Berufung zu erheben. Da die von der Gemeinde angerufene belangte Behörde binnen der in § 27 Abs. 1 VwGG genannten Frist über die Berufung der Gemeinde nicht entschieden hat, war die Beschwerdeführerin zur Erhebung der Säumnisbeschwerde berechtigt, weil die Verletzung der Pflicht der belangten Behörde zur Entscheidung über die Berufung ihrer Gegnerin dem Eintritt der Rechtskraft der ihr vom LH bescheidmäßig erteilten Bewilligung hindernd entgegen stand.
In der dem Verwaltungsgerichtshof nach § 42 Abs. 4 Satz 2 VwGG zukommenden Obliegenheit zur Entscheidung in der Sache selbst hat er zufolge Säumigkeit der belangten Behörde in der Fällung einer Berufungsentscheidung die Bestimmung des § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall der Bescheidkassation, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die als zulässig zu beurteilende Berufung der Gemeinde gegen den Bescheid des LH vom 31. Dezember 1996 hat damit im Ergebnis der von der Beschwerdeführerin zulässig erhobenen Säumnisbeschwerde die Obliegenheit des Verwaltungsgerichtshofes ausgelöst, den Bescheid des LH vom 31. Dezember 1996 unter allen in der Erledigung eines Bewilligungsantrages nach § 29 Abs. 1 AWG zu wahrenden Gesichtspunkten der öffentlichen Interessen zu überprüfen und die von ihm gefundene Anschauung an die Stelle jener des LH zu setzen. Den Verwaltungsgerichtshof traf damit auch die jede Rechtsmittelbehörde treffende Pflicht zur Anwendung des im Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung geltenden Rechtes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Slg. N.F. Nr. 14.010/A, mit weiterem Nachweis).
Zu den vom Verwaltungsgerichtshof demnach anzuwendenden Vorschriften zählt auch die nach § 145 WRG 1959 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 59/1997 mit dem 1. Juli 1997 in Kraft getretene Bestimmung des § 31d Abs. 6 WRG 1959 in der Fassung der genannten Novelle in Verbindung mit § 29 Abs. 2 AWG. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"(6) Bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängigen Bewilligungsverfahren sind die gemäß § 29 Abs. 18 und 19 AWG verordneten Anforderungen anzuwenden, wenn das Bewilligungsverfahren nach dem 1. Jänner 1996 eingeleitet oder eine Anzeige nach dem UVP-Gesetz, BGBl. Nr. 697/1993, erstattet wurde;
in bereits früher anhängig gemachten Verfahren sind die in Abs. 3 lit. c genannten Anforderungen der Bewilligung zugrunde zu legen;
diesbezügliche Projektsergänzungen gelten nur dann als Neuantrag, wenn durch die Anpassung fremde Rechte (§ 12 Abs. 2) ohne Zustimmung der Betroffenen in Anspruch genommen werden."
Das Verfahren über den Bewilligungsantrag der Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/1997 am 1. Juli 1997 zufolge Berufung der Gemeinde gegen den erstinstanzlichen Bescheid des LH vom 31. Dezember 1996 noch anhängig. Das Bewilligungsverfahren war mit Antragstellung durch den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin als Konsenswerber am 4. April 1996 nach dem 1. Jänner 1996 eingeleitet worden, was zur Anwendung der in § 31d Abs. 6 WRG 1959 genannten gemäß § 29 Abs. 18 und 19 AWG verordneten Anforderungen auf das vorliegende Bewilligungsverfahren zwingt.
Die in der genannten Gesetzesstelle angesprochenen Anforderungen wurden in der auch auf Grund des § 29 AWG erlassenen Verordnung des Bundesministers für Umwelt über die Ablagerung von Abfällen (Deponieverordnung), BGBl. Nr. 164/1996, festgeschrieben.
§ 2 Z. 4 der Deponieverordnung definiert Baurestmassen als Gemenge von bei Bau- oder Abbrucharbeiten anfallenden Materialien, wie insbesondere Bodenaushub, Betonabbruch, Asphaltaufbruch und mineralischer Bauschutt.
§ 3 Deponieverordnung legt als Deponietypen die Bodenaushubdeponie, die Baurestmassendeponie, die Reststoffdeponie und die Massenabfalldeponie fest. In der Bodenaushubdeponie ist nach § 4 Abs. 1 Deponieverordnung die Ablagerung von Inertabfällen zulässig, die den Anforderungen der Tabellen 1 und 2 der Anlage 1 entsprechen, ausgenommen verfestigte Abfälle, Asbestabfälle und Asbestzementprodukte. Demgegenüber ist in der Baurestmassendeponie nach § 4 Abs. 2 der Deponieverordnung die Ablagerung von Inertabfällen zulässig, die zumindest den Anforderungen der Tabellen 3 und 4 der Anlage 1 entsprechen sowie von Baurestmassen gemäß Anlage 2.
In Anlage 2 zur Deponieverordnung werden die Baurestmassen, die gemäß § 4 Abs. 2 und 4 der Verordnung für die Ablagerung auf Baurestmassen- und Massenabfalldeponien geeignet sind, sofern sie bei Abbruch- oder Sanierungsarbeiten anfallen, aufgezählt, wobei sich darunter mit den Materialien Beton, Porzellan, Sand, Asphalt, Glas, Bitumen sowie Mauersteine auf Gipsbasis solche Materialien finden, die den im Projekt der Beschwerdeführerin zur Übernahme vorgesehenen Abfallarten weitgehend entsprechen.
§ 18 Abs. 1 der Deponieverordnung schreibt vor, dass bei allen Deponien, ausgenommen Bodenaushubdeponien, auf dem Deponierohplanum der Sohl- und Böschungsflächen eine Deponiebasisdichtung zu errichten ist, die in Verbindung mit einem Basisentwässerungssystem ein Austreten von Deponiesickerwasser in den Untergrund verhindert. Nach § 19 Abs. 1 der Deponieverordnung ist für jede Deponie, ausgenommen eine Bodenaushubdeponie, ein Basisentwässerungsystem, bestehend aus einem Flächenfilter und darin verlegten Sickerwasserleitungen zu errichten. Durch das Basisentwässerungssystem ist die dauerhafte Erfassung und Ableitung des anfallenden Deponiesickerwassers zu gewährleisten. Die Anlage 3 - in dieser finden sich nähere Anforderungen an die Standsicherheit, an Deponiebasisdichtungs- und Basisentwässerungssysteme, an Deponieoberflächenabdeckungen und an die Qualitätssicherung - ist anzuwenden.
Die Anwendung der genannten Vorschriften auf das Vorhaben der Beschwerdeführerin erweist die vom Amtssachverständigen der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung, die Beschwerdeführerin begehre die Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Baurestmassendeponie im Sinne des § 4 Abs. 2 der Deponieverordnung, während die projektsgemäß vorgesehene bautechnische Ausstattung der Deponie den in §§ 18 ff der Deponieverordnung erhobenen Anforderungen nicht entspreche, als schlüssig. Dies ergibt sich schon aus dem Inhalt des Projektes, welches die Art der Deponie nach Bezeichnung und vorgesehenen Abfällen als Baurestmassendeponie ebenso offen legt wie das Fehlen der im Projekt für nicht erforderlich erklärten Basisabdichtung und Sickerwassererfassung. Nichts anderes ergibt sich auch aus der Äußerung der Beschwerdeführerin gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof, in welcher sie die beabsichtigte Ablagerung von Baurestmassen ebenso wenig bestreitet wie das Fehlen von Basisabdichtung und Sickerwassererfassung.
Die Erteilung einer abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligung auf Grund eines nach dem 1. Jänner 1996 gestellten Bewilligungsantrages für eine Baurestmassendeponie ohne projektsgemäß vorgesehene Deponiebasisdichtung und projektsgemäß vorgesehenes Basisentwässerungssystem wurde aber mit dem Inkrafttreten der Bestimmung des § 31d Abs. 6 WRG 1959 am 1. Juli 1997 nach diesem Zeitpunkt rechtlich unmöglich. Wenn die Beschwerdeführerin in der Stellungnahme des Amtssachverständigen der belangten Behörde einen Befund vermisst, dann übersieht sie mit diesem Einwand, dass die Erforderlichkeit von Deponiebasisdichtungs- und Basisentwässerungssystem auch für eine Baurestmassendeponie nach der vom Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage nicht Ergebnis einer fachlichen Beurteilung, sondern Ergebnis der rechtlich gebotenen Anwendung der Normen der Deponieverordnung ist, zu deren Anwendung die Bestimmung des § 31d Abs. 6 WRG 1959 in Verbindung mit § 29 Abs. 2 AWG zwingt. Dass die projektsgemäß vorgesehene Deponie aber dem Typus der Baurestmassendeponie im Sinne der Deponieverordnung unterstellt werden muss und dass die für eine solche Deponie in der Deponieverordnung zwingend vorgeschriebenen deponiebautechnischen Einrichtungen im Projekt nicht vorgesehen sind, ist sachbezogen offenkundig und wird auch von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt.
Wohl räumt die Bestimmung des § 31d Abs. 6 letzter Halbsatz WRG 1959 dem Konsenswerber die Möglichkeit ein, sein Projekt zu modifizieren; dass eine entsprechende Projektsänderung nach Maßgabe der Bestimmung des § 13 Abs. 8 AVG in der Fassung
BGBl. I Nr. 158/1998 im Zusammenhalt mit § 31d Abs. 6 letzter Halbsatz WRG 1959 diesfalls auch im Berufungsverfahren zulässig gewesen wäre, mag sein. Eine solche Projektsmodifizierung war von der Beschwerdeführerin allerdings nicht zu "fordern", wie dies die belangte Behörde in ihrem Fristverlängerungsantrag vom 26. Mai 1998 zum Ausdruck gebracht hat, sondern ihr gegebenenfalls zu ermöglichen. Es setzte eine Projektsänderung aber in jedem Fall einen darauf gerichteten und in die Tat umgesetzten Willensentschluss der Beschwerdeführerin voraus, weil es allemal in der Freiheit eines Konsenswerbers liegt, sich für oder gegen eine ihm vorgeschlagene Projektsänderung zu entscheiden.
Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin mit ihrer Äußerung gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie weder zu einer Einschränkung ihres Bewilligungsantrages auf eine bloße Bodenaushubdeponie noch zur Installation einer Basisabdichtung bereit ist. Das Schicksal des im Instanzenzug zu erledigenden Bewilligungsantrages der Beschwerdeführerin ist damit entschieden. Mangels Bewilligungsfähigkeit des vorliegenden Projektes nach der ab dem 1. Juli 1997 geltenden Rechtslage war auf Grund der Berufung der Gemeinde gegen den Bescheid des LH vom 31. Dezember 1996 der bekämpfte Bescheid im Sinne der Abweisung des gestellten Bewilligungsantrages nach § 29 Abs. 1 AWG abzuändern, ohne dass es eines Eingehens auf die von der Gemeinde vorgetragenen Gründe bedurfte.
Der Verwaltungsgerichtshof konnte auch unter Bedachtnahme auf Art. 6 MRK über die vorliegende Säumnisbeschwerde ohne Abhaltung einer öffentlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof trotz gebotener Gelegenheit nicht gestellt hat (vgl. EGMR vom 28. Mai 1997, Pauger gegen Österreich) und weil die Entscheidung auf Grund einer klaren Rechtslage zu erfolgen hatte (vgl. Mayer, B-VG, Manz 1994, S. 435).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 55 Abs. 1 Satz 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Gründe im Sinne des § 55 Abs. 2 und 3 VwGG sind angesichts der vollständigen Untätigkeit der belangten Behörde bis zur Zustellung der Säumnisbeschwerde nicht hervorgekommen.
Wien, am 10. Juni 1999
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