Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs9;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §48 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs9;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §48 Abs3;
Spruch:
1. den Beschluss gefasst:
Die Gegenschrift der mitbeteiligten Stadtgemeinde wird zurückgewiesen,
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.860,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem am 18. Dezember 1996 bei der Behörde eingelangten Baugesuch kamen die Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bauwerber) um baubehördliche Bewilligung zwecks "Umbau und Sanierung, bzw. Dachgeschoßausbau" betreffend ein bestehendes Haus im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, soll ein bestehender "Carport" (Garage) saniert bzw. erneuert werden, wobei eine neue Stahlbetondecke vorgesehen ist, die als Terrasse dienen soll. Weiters soll das Dachgeschoß und das "DBG" (das ist nach den Plänen der Dachraum oberhalb des bereits ausgebauten Dachgeschosses) für zwei Wohneinheiten ausgebaut werden (den Akten zufolge weist der Bestand im Dachgeschoß eine Wohneinheit auf). An der nördlichen Seite des Daches, das erhöht werden soll, sind vier Schleppgauben, an der Südseite des Daches drei Schleppgauben vorgesehen (den Plänen zufolge befindet sich an der Südseite des Daches bereits eine Gaube, die erweitert werden soll; hinzu kommen zwei weitere Gauben). Die erstmitbeteiligte Partei ist Eigentümerin eines Grundstückes, das nördlich und östlich an die zu bebauende Liegenschaft grenzt (.../1), die zweitmitbeteiligte Partei Eigentümerin eines nördlich gelegenen Grundstückes (.../2).
Die Behörde beraumte für den 13. Februar 1997 eine mündliche Verhandlung an, zu welcher unter anderem auch die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei (in der Folge kurz: Nachbarn) unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen wurden. Beide Nachbarinnen erhoben mit einem Schriftsatz vom 11. Februar 1997 (der am selben Tag bei der Behörde einlangte) folgende Einwendungen gegen das Vorhaben (im "Kopf" des Schriftsatzes heißt es: "Beantragen eine Abklärung der nachstehenden Punkte"):
- "1. Beweissicherung vor Inangriffnahme der Baumaßnahmen.
- 2. Bei eventuellen Beschädigungen des Nachbarobjektes muss deren Wiederherstellung vor Erhalt der Einzugsbewilligung erfolgen.
- 3. Genaue Auskunft über die Baufristen.
- 4. Wir ersuchen um Bekanntgabe der Baunutzungszahl aufgrund des Dachgeschoßausbaues.
5. Detaillösung über die Dachwasserableitung der geplanten Terrasse. Alle Anschlusskosten sind vom Bauherrn zu übernehmen.
6. Das Geländer der neu geplanten Terrasse darf die gesetzliche Höhe nicht überschreiten und es darf zu keinem Lichtverlust auf die Nachbarobjekte (GSt-Nr. .../1 und .../2) kommen. Auch beim Aufstellen von Grünpflanzen ist darauf zu achten, dass kein Lichtverlust entsteht."
In der Bauverhandlung brachte die erstmitbeteiligte Partei (auch als Vertreterin der zweitmitbeteiligten Partei) vor, die Zustimmungserklärung vom 22. Februar 1988 treffe für eine Abstandsnachsicht für die Dachgauben auf der Nordseite nicht zu. Im Übrigen werde auf die Stellungnahme vom 11. Februar 1997 verwiesen (Anmerkung: in dieser in den Akten befindlichen "Vereinbarung" vom 28. Februar 1988 heißt es unter anderem, weiters werde vereinbart, dass die Eigentümerin einer näher bezeichneten Grundparzelle - es folgt der Name der erstmitbeteiligten Partei - bei einem Ansuchen auf Abstandsnachsicht zu dieser Grundparzelle diesem (dem Ansuchen) bis auf null Meter zustimme (es folgt ein Hinweis auf Vermessungspunkte). Es folgen die Namen dreier als "Eigentümer" bezeichneter Personen mit drei entsprechenden Unterschriften)).
In der Bauverhandlung hielt der Verhandlungsleiter fest, die nach § 6 Abs. 2 bis 8 des Vorarlberger Baugesetzes (in der Folge kurz: BauG.) vorgeschriebenen Abstände würden nicht allseits eingehalten. Die für eine Ausnahmebewilligung nach § 6 Abs. 9 BauG. erforderliche Zustimmung des Stadtrates sei noch ausständig.
Nach der Bauverhandlung kam es zu verschiedenen Besprechungen und auch zu einem Schriftverkehr mit der Behörde. Insbesondere ist festzuhalten, dass der Amtssachverständige ein Gutachten vom 31. Juli 1997 in Bezug auf die Gewährung von Abstandsnachsichten hinsichtlich der nordseitigen Gauben erstattete. Darin heißt es, das bestehende Gebäude weise drei Vollgeschosse und ein ausgebautes Dachgeschoß auf. Darin befinde sich eine Wohnung mit ca. 100 m2 Nutzfläche, die über die Giebelwandflächen und eine südseitige Dachgaube belichtet und belüftet werde. In einer Entfernung von 80 cm bis 370 cm zur bestehenden nördlichen Aussenwand des projektgegenständlichen Gebäudes stünden die für Wohnzwecke genutzten Nachbargebäude der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei. Ein Bebauungsplan liege für dieses Gebiet nicht vor. Das Grundstück sei gemäß dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan als Baufläche-Kerngebiet ausgewiesen.
Es heißt dann unter anderem weiter, zunächst sei zu prüfen, ob überhaupt die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 6 Abs. 9 BauG. für eine Abstandsnachsicht vorlägen. Diese Ausnahmebestimmung dürfe keinesfalls so ausgelegt werden, dass zu Lasten des Nachbarn jede beliebige größere Ausnutzung eines Bauplatzes zulässig wäre. Das Tatbestandsmerkmal (dieser gesetzlichen Bestimmung) hinsichtlich der Form und Lage des Grundstückes sei für die Errichtung der Dachgauben nicht relevant, weil diese in der bereits bebauten Grundfläche des Objektes vorgesehen seien. Der Verwaltungsgerichtshof sei bei der Auslegung des Begriffes "der zweckmäßigeren Bebauung" im Sinne dieser Bestimmung davon ausgegangen, dass dabei wirtschaftliche Gesichtspunkte zweifelsfrei eine Rolle spielten, weil jedes Grundstück nur dann als zweckmäßig bebaubar beurteilt werden könne, wenn eine wirtschaftlich vernünftige Bauführung zulässig sei, also ein entsprechend langer und breiter Baukörper unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsvorschriften errichtet werden könne. Wäre die Errichtung eines solchen Baukörpers unzulässig, dann könnte von einer zweckmäßigen Bebauung nicht gesprochen werden und es wäre durch Gewährung einer Ausnahme eine zweckmäßigere Bebauung zuzulassen. Hiebei habe der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass diese Ausnahmebestimmung keinesfalls so ausgelegt werden dürfe, dass zu Lasten des Nachbarn jede beliebige Ausnutzung des Bauplatzes zulässig wäre. Nicht einmal eine aus betriebswirtschaftlichen Gründen beabsichtigte Erweiterung eines Betriebes rechtfertige für sich allein genommen eine Ausnahme von den geltenden Abstandsvorschriften. Vorliegendenfalls treffe diese Voraussetzung nicht zu, weil eine objektiv zweckmäßige Nutzung des Dachgeschosses auch unter Beibehaltung der bestehenden Situation erreicht werden könne. Durch die Errichtung der nördlichen Dachgauben würde sich die bereits vorhandene Belastung des Nachbargrundstückes weiter erhöhen. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass nach Auffassung des Sachverständigen die Abstandsnachsicht für die Dachgauben und die Dacherhöhung aus den genannten Gründen nicht befürwortet werden könne. Der Abstandsnachsicht für die Hofüberdachung (Anmerkung: Terrasse) werde zugestimmt, weil dadurch gegenüber dem bestehenden Flugdach die Brandschutzsituation wesentlich verbessert werde.
In weiterer Folge erging der erstinstanzliche Bescheid vom 29. August 1997. Im Vorspruch dieses Bescheides heißt es unter anderem, dass die "Entfernungen des Bauvorhabens zu den unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstücken" durch das Bauvorhaben nicht geändert würden. Es sei jedoch aufgrund der geänderten Dachkonstruktion eine Abstandsnachsicht zu den Grundstücken der beiden Nachbarinnen erforderlich. Die Abstandsnachsicht gemäß § 6 Abs. 9 BauG. sei vom Stadtrat am 5. August 1997 genehmigt worden. Weiters habe das Bundesdenkmalamt mit Bescheid vom 7. März 1997 und einer "Bescheidänderung" vom 22. April 1997 die vorgesehenen Baumaßnahmen genehmigt.
Mit dem eigentlichen Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde
I. gemäß § 6 Abs. 9 BauG. "die nach Maßgabe des vorstehenden Sachverhaltes" erforderliche Abstandsnachsicht bewilligt,
II. eine im Beschwerdefall nicht maßgebliche Ausnahmebewilligung erteilt,
III. die angestrebte Baubewilligung mit zahlreichen Vorschreibungen erteilt,
IV. ausgesprochen, dass die Beschwerdeführer näher bezeichnete Verfahrenskosten zu tragen hätten und
V. ausgesprochen, dass die Einwendungen der beiden Nachbarinnen (wiedergegeben nach dem Schriftsatz vom 11. Februar 1997 und nach dem protokollierten Vorbringen in der Niederschrift vom 13. Februar 1997) als unzulässig zurückgewiesen bzw., soweit sich diese Einwendungen auf das Privatrecht stützten, auf den Rechtsweg verwiesen würden.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Nachbarinnen keine der im § 30 Abs. 1 BauG. umschriebenen Nachbarrechte geltend gemacht hätten. Somit seien diese Einwendungen als unzulässig zurückzuweisen bzw. auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen.
Nach Wiedergabe des § 6 Abs. 9 BauG. heißt es weiter, der Stadtrat habe die "im Sachverhalt angeführten Abstandsnachsichten" mit folgender Begründung genehmigt:
"Die Abstandsnachsicht für die Dacherhöhung und die Dachgauben wird entgegen dem vorliegenden Gutachten vom 31. Juli 1997 gewährt, da sehr wohl von einer, wie im § 6 Abs. 9 Baugesetz für die Gewährung von Abstandsnachsichten gefordert, zweckmäßigeren Bebauung ausgegangen werden kann. Die auszubauende Dachwohnung hat derzeit einen viel zu geringen Lichteinfall, der sich durch den Ausbau der Gauben wesentlich verbessern wird. Die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes werden nach Aktenlage nicht negativ betroffen".
Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Dagegen erhoben die Nachbarinnen mit Schriftsatz vom 8. September 1997 Berufung, der mit dem Berufungsbescheid vom 13. November 1997 nicht stattgegeben wurde.
Zusammengefasst teilte die Berufungsbehörde die Auffassung der erstinstanzlichen Behörde, dass die Nachbarinnen keine Einwendungen im Sinne des § 30 Abs. 1 BauG. erhoben hätten. Die erst in der Berufung erhobenen Einwendungen seien gemäß § 42 AVG präkludiert.
Dagegen erhoben die nun anwaltlich vertretenen Nachbarinnen Vorstellung, in welcher sie unter anderem mit näheren Ausführungen geltend machten, sie hätten in der Bauverhandlung Einwendungen erhoben, die aber nicht protokolliert worden seien. Jedenfalls sei die Berufungsbehörde zu Unrecht nicht auf die Einwendungen eingegangen.
Die Beschwerdeführer bestritten dieses Vorbringen.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückverwiesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, die beiden Nachbarinnen hätten bereits mit Schreiben vom 11. Februar 1997 eingewendet, dass es durch das Bauvorhaben zu keinem Lichtverlust auf ihren Grundstücken kommen dürfe und hätten zudem anlässlich der mündlichen Verhandlung erklärt, dass ihre Zustimmungserklärung aus dem Jahr 1988 für eine Abstandsnachsicht nicht für die jetzt geplanten Dachgauben zutreffe. Diese beiden Erklärungen ließen nach Ansicht der belangten Behörde klar erkennen, dass sich die Nachbarinnen wegen der Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstände, insbesondere wegen der Wegnahme von Licht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt fühlten. Es sei daher davon auszugehen, dass sie sehr wohl rechtzeitig Einwendungen wegen Verletzung der Abstandsvorschriften gemäß § 6 BauG. erhoben hätten. Es sei daher nicht erforderlich gewesen, durch Einvernahme der Verhandlungsteilnehmer festzustellen, ob die Verhandlungsniederschrift vollständig sei oder nicht.
Gemäß § 6 Abs. 9 BauG. könne die Behörde wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in den Absätzen 2 bis 8 leg. cit. vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt würden. Derartige Ausnahmen dürften somit nur dann zugelassen werden, wenn mindestens eine der angeführten Voraussetzungen - besondere Form oder Lage des Baugrundstückes oder zweckmäßigere Bebauung - gegeben sei, und (im Original hervorgehoben) Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt würden.
Dazu sei zunächst festzustellen, dass die Baubehörden, ohne nähere Begründung, die Zulassung der Abstandsnachsicht ausschließlich auf das Tatbestandsmerkmal der "zweckmäßigeren Bebauung" gestützt hätten, obwohl ein dieser Annahme entgegenstehendes Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vorgelegen sei. Zudem bedeuteten die Worte "aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung" nicht, dass eine Ausnahme immer dann zu erteilen wäre, wenn das Grundstück bei Zulassung einer Ausnahme (noch) zweckmäßiger bebaut werden könnte als bei Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstände und Abstandsflächen. Eine solche Auslegung würde die Bestimmungen über die Abstände und Abstandsflächen nämlich ad absurdum führen, weil dies praktisch bei jedem Bauvorhaben zutreffen würde und die Abstandsvorschriften immer dann unterlaufen werden könnten, wenn der Bauplatz für das Projekt des Bauwerbers zu klein sei. Vielmehr ergebe sich aus dem Zusammenhang der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung, dass auch die "Gründe einer zweckmäßigeren Bebauung" nur auf die Besonderheiten des Baugrundstückes, nicht aber auf ein Missverhältnis zwischen Baugrundstück und Projekt gestützt werden könnten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem maßgeblichen Erkenntnis vom 19. April 1977, Zl. 1618/76, zu dieser Bestimmung dargelegt habe, spielten zwar bei der Frage der zweckmäßigen Bebauung auch wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle, weil jedes Grundstück nur dann als zweckmäßig bebaubar beurteilt werden könne, wenn eine wirtschaftlich vernünftige Bauführung zulässig sei. Nur dann, wenn die Errichtung eines solchen Baukörpers unzulässig wäre, könnte von einer zweckmäßigen Bebauung gesprochen werden und es wäre durch Gewährung einer Ausnahme eine zweckmäßigere Bebauung zuzulassen.
Diese Ausnahme könne daher dann nicht zum Tragen kommen, wenn ein Grundstück auch ohne Zulassung einer Abstandsnachsicht zweckmäßig bebaut werden könne oder wenn es bereits zweckmäßig bebaut sei. Beides treffe im gegenständlichen Fall zu, weil das Grundstück bereits mit einem Mehrfamilienhaus bebaut sei und nach dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen eine objektiv zweckmäßige Nutzung des Dachgeschosses auch unter Beibehaltung der bestehenden Abstandssituation erreicht werden könne.
Hinzu komme noch, dass die Zulassung der Abstandsnachsicht damit begründet worden sei, dass "die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nach Aktenlage nicht negativ betroffen werden" (im Original unter Anführungszeichen). Ein brandschutztechnisches Gutachten sei aber gar nicht eingeholt worden, obwohl die Nachbarn in ihrer Berufung ausdrücklich eine erhöhte Brandgefahr geltend gemacht hätten. Auch die Frage einer möglichen Gesundheitsbeeinträchtigung sei nicht geprüft worden, obwohl bereits der bautechnische Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 31. Juli 1997 ausgeführt habe, dass sich die bereits vorhandene Belastung des Nachbargrundstückes weiter erhöhen würde.
Zusammenfassend ergebe sich somit, dass eine Ausnahme von den Abständen und Abstandsflächen nach § 6 Abs. 9 BauG. nicht hätte erteilt werden dürfen und die Nachbarinnen und ihrem Nachbarrecht nach § 30 Abs. 1 lit. b BauG. verletzt worden seien.
Der angefochtene Berufungsbescheid sei somit, ohne auf das übrige Vorbringen in der Vorstellung weiter einzugehen, aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückzuverweisen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, und, ebenso wie die mitbeteiligten Nachbarinnen, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Auch die mitbeteiligte Stadtgemeinde hat eine Gegenschrift erstattet, in welcher allerdings begehrt wird, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben. Es heißt darin, den Beschwerdeführern sei beizupflichten, dass entsprechende Einwendungen im Sinne des § 6 Abs. 9 BauG. dem Vorbringen der mitbeteiligten Nachbarinnen nicht entnommen werden könnten.
Kostenersatz wird nicht begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Vorarlberger Baugesetz (BauG.),
LGBl. Nr. 39/1972 in der Fassung LGBl. Nr. 72/1997, anzuwenden.
Dieses Gesetz zählt die Nachbarrechte in seinem § 30 Abs. 1
lit. a bis f taxativ auf; dazu zählt gemäß § 30 Abs. 1 lit. b auch die Befugnis der Geltendmachung einer Verletzung des § 6 leg. cit. insoweit, als diese Bestimmung den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm betrifft.
§ 6 BauG. trifft nähere Bestimmungen hinsichtlich der Abstandsflächen; im Beschwerdefall ist insbesondere dessen Abs. 9 relevant. Dieser lautet:
"Wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung kann die Behörde mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen oder Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt werden".
Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. hiezu beispielsweise das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, uva.).
Die Beschwerdeführer bringen zunächst (zusammengefasst) vor, die mitbeteiligten Nachbarinnen hätten - entgegen der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - rechtzeitig keine Einwendungen erhoben; die belangte Behörde habe den Schriftsatz vom 11. Februar 1997 und die in der Niederschrift protokollierte Erklärung unzutreffend gedeutet.
Den Beschwerdeführern ist einzuräumen, dass es der Schriftsatz vom 11. Februar 1997 an der wünschenswerten Klarheit vermissen lässt und man ihn auch derart auslegen könnte, dass sich das Begehren, es dürfe zu keinem Lichtverlust kommen, lediglich auf die Terrasse beziehen würde. Dabei darf aber das protokollierte Vorbringen in der Niederschrift über die Bauverhandlung (in dem auch auf diesen Schriftsatz verwiesen wird) nicht unbeachtet bleiben. Angesichts dessen können aber diese Erklärungen keinesfalls mit der erforderlichen Sicherheit in dem von den Beschwerdeführern gewünschten, stark eingeschränkten Sinn verstanden werden. Vielmehr ist vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles davon auszugehen, dass die Nachbarinnen rechtzeitig eingewendet hatten, die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abstandsnachsicht gemäß § 6 Abs. 9 BauG. lägen nicht vor, sie wären daher in ihrem Recht auf Einhaltung des Abstandes gemäß § 6 BauG. verletzt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer war das Mitspracherecht der Nachbarinnen im weiteren Verfahren daher nicht etwa bloß auf Aspekte des Lichteinfalles beschränkt.
Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die belangte Behörde übersehe, dass eine Abstandsnachsicht gemäß § 6 Abs. 9 leg. cit. nicht nur dann möglich sei, wenn eine zweckmäßige Bebauung dies erfordere, sondern auch, wenn dies aus der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes heraus gerechtfertigt sei. Insoweit auf die besondere Form oder die besondere Lage abgestellt werde, solle auf die besonderen Gegebenheiten im Baubereich Rücksicht genommen werden. Wenn von der Lage des Baugrundstückes die Rede sei, sei damit insbesondere gemeint, dass im Ortskern oft Haus an Haus gebaut sei. Diese besondere Lage stelle aber nach den Intentionen des Gesetzgebers eine besondere Situation dar, für welche - anders als bei den vielen in Vorarlberg vorhandenen Grundstücken mit lockerer Bebauungsweise - naturgemäß die Erforderlichkeit von Abstandsnachsichten für Baumaßnahmen gegeben sei. Vorliegendenfalls rechtfertige deshalb die besondere Lage des Baugrundstückes, auf welchem sich das projektgegenständliche Haus befinde, die Erteilung einer Abstandsnachsicht. Dies ergebe sich aus der Lage im Stadtkern der mitbeteiligten Stadtgemeinde, welche in diesem Bereich durch unmittelbar oder ganz aneinander anschließende Häuserzeilen gekennzeichnet sei. Auch ein näher bezeichnetes Haus (Anmerkung:
mit einer anderen Hausnummer, als das projektgegenständliche; dem Zusammenhang nach könnte aber ein Schreibfehler vorliegen und das projektgegenständliche Haus gemeint sein) befinde sich in einem Häuserblock, in welchem fünf Häuser in alter Bausubstanz unmittelbar aneinander gereiht seien. Würde hier auf die Kriterien der zweckmäßigen Bebauung, die von der belangten Behörde zitiert worden seien, abgestellt werden, dann wäre im Ortskern ein Neubau oder ein Zubau nicht möglich. Durch die Rücksichtnahme auf die Lage des Baugrundstückes solle aber diesem Bedarf entsprochen werden. Dies umso mehr, wenn aus Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Denkmalschutzes eine Baumaßnahme, hier das Erfordernis von Dachgauben, gegeben sei. Des Weiteren habe auch das Baugrundstück eine besondere Form im Sinne des § 6 Abs. 9 BauG. Entsprechend der engen Aneinanderreihung der Häuser sei das Grundstück, auf welchem sich das projektgegenständliche Haus befinde, sehr schmal und lang gezogen. Auch diese Form des Baugrundstückes erfordere es, dass Abstandsnachsichten für Bauführungen erteilt würden. Dies ergebe sich auch aus den der Beschwerde beigelegten Lichtbildern (Anmerkung: es wurden drei Lichtbilder angeschlossen). Aus diesen ergebe sich aber auch, dass die mitbeteiligten Nachbarinnen selbst nicht nur Dachgauben unmittelbar an die Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführer gebaut hätten, sondern "ihre Gebäude" derart angelegt hätten, dass "dieses" (gemeint wohl: diese) eine um einiges größere Abstandsnachsicht "benötigt" (gemeint allenfalls: benötigten).
Darüber hinaus setze die Nutzung des vorhandenen Dachbodens voraus, dass eine Belichtung erfolge. Da nach den Vorschreibungen des Denkmalamtes nur Dachgauben verwendet werden dürften (Anmerkung: im Hinblick auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren wohl gemeint: Dachgauben errichtet werden müssten und keine Dachflächenfenster eingebaut werden dürften) und diese auf der Nord- und Südseite symmetrisch angeordnet sein müssten, seien deshalb vorliegendenfalls auch die Voraussetzungen für eine zweckmäßigere Nutzung des Hauses gegeben, weil aufgrund der Vorschreibungen des Denkmalamtes der Dachboden ansonsten gar nicht als Wohnung genützt werden könne.
Überdies stütze die belangte Behörde die Aufhebung des Berufungsbescheides "offensichtlich auf die Begründung der Gewährung der Abstandsnachsicht durch die Vorinstanzen". Dies sei rechtswidrig, weil sie zu prüfen gehabt hätte, ob die Berufungsentscheidung "von ihrem Spruch her richtig" sei.
Letzterem Argument ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde bei gegebener Mangelhaftigkeit des Verfahrens auf Gemeindeebene zwar berechtigt gewesen wäre, ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchzuführen, hiezu aber nicht verpflichtet war.
Mit der Auslegung der Frage der zweckmäßigeren Bebauung im Sinne des § 6 Abs. 9 des Baugesetzes - die im Übrigen inhaltlich nicht völlig trennscharf von den anderen Kriterien ("besondere Form oder Lage des Baugrundstückes") abgesondert werden kann - hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt auseinander gesetzt. So hat er in seinem Erkenntnis vom 19. April 1977, Zl. 618/76, ausgeführt, dass bei der Frage der zweckmäßigen Bebauung wirtschaftliche Gesichtspunkte zweifelsfrei eine Rolle spielen, weil jedes Grundstück nur dann als zweckmäßig bebaubar beurteilt werden könne, wenn eine wirtschaftlich vernünftige Bauführung zulässig sei, also ein entsprechend langer und breiter Baukörper unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsvorschriften errichtet werden könne. Wäre die Errichtung eines solchen Baukörpers unzulässig, dann könnte von einer zweckmäßigen Bebauung nicht gesprochen werden und es wäre durch die Gewährung einer Ausnahme eine zweckmäßigere Bebauung zuzulassen. Der Gerichtshof stellte aber bereits in diesem Erkenntnis fest, dass die genannte Ausnahmebestimmung keinesfalls so ausgelegt werden dürfe, dass zu Lasten des Nachbarn jede beliebige größere Ausnutzung des Bauplatzes zulässig wäre. Auch in der Folge hat der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsauffassung aufrecht erhalten (siehe das hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 92/06/0072, unter Hinweis auf Vorjudikatur). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken.
Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass vorliegendenfalls die Abstandsnachsicht nicht rechtens "aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung" erteilt werden kann. Das Grundstück ist nämlich bereits mit einem dreigeschossigen Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoß bebaut. Lediglich die weitere Bebauung (die geplante Erweiterung) ist - bei Einhaltung der Abstandsbestimmungen - nicht möglich, was aber vorliegendenfalls nicht als tauglicher Ausnahmegrund angesehen werden kann (siehe dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1991, Zl. 91/06/0118, und vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0107). Das ist auch der im erstinstanzlichen Bescheid wiedergegebenen Argumentation des Stadtrates zu entgegnen. Insbesondere können sich die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Bundesdenkmalamt aus Gründen des Denkmalschutzes im Zusammenhang mit dem geplanten weiteren Ausbau des (ohnedies bereits ausgebauten) Dachgeschosses die Errichtung von Gauben (auch) an der Nordseite des Gebäudes (also zu den Grundstücken der mitbeteiligten Nachbarinnen hin) verlangt und den Einbau von Dachflächenfenstern abgelehnt habe, weil für eine Abstandsnachsicht gemäß § 6 Abs. 9 BauG. allein die dort vorgeschriebenen Kriterien maßgeblich sind.
Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist insoweit unklar, als daraus nicht deutlich hervorgeht, ob die Entscheidung als abschließend gedacht war (also nach Auffassung der belangten Behörde eine Abstandsnachsicht keinesfalls in Betracht komme, sodass ein ergänzendes Ermittlungsverfahren auf Gemeindeebene zu unterbleiben habe) oder ob die Aussage in der Begründung des angefochtenen Bescheides, zusammenfassend ergebe sich somit, dass eine Ausnahme von den Abständen und Abstandsflächen nach § 6 Abs. 9 BauG. nicht hätte erteilt werden dürfen, dahin zu verstehen war, dass wegen der Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens eine abschließende Beurteilung dieser Frage noch nicht vorgenommen werden könne, es demnach einer Verfahrensergänzung bedürfe. Nach den Umständen des Falles ist letzteres anzunehmen, weil die belangte Behörde eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens auf Gemeindeebene darin erblickte, dass die Frage einer möglichen Brandgefahr und einer möglichen Gesundheitsbeeinträchtigung nicht geprüft worden waren. Somit kann der von den Beschwerdeführern gerügte Umstand, dass sich die belangte Behörde nicht (selbst) mit der (bislang von den Gemeindebehörden nicht geprüften) Frage befasst habe, ob eine Abstandsnachsicht wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes in Betracht komme, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründen (womit sich andererseits der Verwaltungsgerichtshof vorliegendenfalls einer Aussage zu diesem Aspekt zu enthalten hat), zumal ja die belangte Behörde, wie gesagt, zu einer Ergänzung des Ermittlungsverfahrens nicht verpflichtet war.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die "Gegenschrift" der mitbeteiligten Stadtgemeinde, mit welcher sie nicht etwa die Abweisung der Beschwerde, sondern, wie die Beschwerdeführer, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides anstrebte, war - gleich einer verspäteten Beschwerde - zurückzuweisen (siehe das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1994, Zl. 94/06/0053, mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 36 Abs. 4 VwGG) Gegenschriften nur in zweifacher Ausfertigung zu erstatten sind, konnte den mitbeteiligten Nachbarinnen Stempelgebührenersatz nur in diesem Umfang, daher nicht für die dritte Ausfertigung der Gegenschrift, zuerkannt werden.
Wien, am 9. September 1999
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