Normen
ABGB §1014;
ABGB §1323;
DHG §2 Abs1;
DHG §2 Abs2;
GehG 1956 §20 Abs1;
GehG 1956 §20 Abs2;
GehG 1956 §20 idF 1990/447;
OrgHG 1967 §1;
ABGB §1014;
ABGB §1323;
DHG §2 Abs1;
DHG §2 Abs2;
GehG 1956 §20 Abs1;
GehG 1956 §20 Abs2;
GehG 1956 §20 idF 1990/447;
OrgHG 1967 §1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Richter beim Landesgericht Klagenfurt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Aufgrund der fernmündlichen Mitteilung des Gendarmeriepostens Neuhaus von einem tödlichen Verkehrsunfall in der Nähe von Pudlach beantragte die Staatsanwaltschaft Klagenfurt am 23. November 1990 beim Landesgericht Klagenfurt unter anderem die gerichtsärztliche Obduktion der sich in der Bestattungshalle in Bleiburg befindlichen Leiche eines Unfallopfers. Der Beschwerdeführer beraumte nach fernmündlicher Rücksprache mit einem Sachverständigen des gerichtsmedizinischen Institutes der Universität Graz die Leichenöffnung unverzüglich für den 23. November 1990, 11.30 Uhr, an. Unter einem verfügte er die Besichtigung der Unfallstelle in Pudlach und des Unfallfahrzeuges in Neuhaus durch die Gerichtskommission unmittelbar vor der Obduktion. Nach Anberaumung des Termines ersuchte der Beschwerdeführer telefonisch im Präsidium des Landesgerichtes Klagenfurt um die Beistellung des Dienstwagens. Dort wurde ihm die Auskunft erteilt, daß das Fahrzeug nicht zur Verfügung stehe. Aus diesem Grunde und weil die Dienstreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht bzw. nicht termingerecht durchführbar gewesen wäre, benutzte der Beschwerdeführer für die Fahrt vom Gericht zu den Orten der Augenscheine (Pudlach, Neuhaus und Bleiburg) sowie zurück seinen Privat-PKW, der am 19. Oktober 1990 erstmals zum Verkehr zugelassen worden war und einen km-Stand von knapp 2.500 aufwies. Der Beschwerdeführer, in dessen PKW auch eine ihm zugeteilt gewesene Rechtspraktikantin als Schriftführerin mitfuhr, wählte nach Durchführung der Erhebungen für die Rückfahrt von Bleiburg nach Klagenfurt die kürzeste Verbindung über Mittlern, wobei er vor hatte, in weiterer Folge die Packer-Bundesstraße von Völkermarkt nach Klagenfurt zu benützen. In Seebach übersah er das Vorschriftszeichen "Vorrang geben", das die L 128 von der B 82 absicherte - er verwechselte diese Kreuzung mit einer anderen -, fuhr in den übersichtlichen Kreuzungsbereich ein und stieß dort gegen den auf der B 82 von Kühnsdorf in Richtung Völkermarkt fahrenden bevorrangten PKW des Herbert G, sodaß dessen Fahrzeug gegen den PKW des jugoslawischen Staatsbürgers Franz P geschleudert wurde, der sich auf der Links-Abbiege-Spur der B 82 eingeordnet hatte. Bei diesem Unfall wurden alle drei beteiligten PKW's erheblich beschädigt und Herbert G sowie Franz und Ludmilla P leicht verletzt. Das von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt gegen den Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Völkermarkt eingeleitete Strafverfahren wurde mit Beschluß dieses Gerichts vom 27. September 1991 gemäß § 451 Abs. 2 StPO eingestellt, wobei in der Begründung ein schweres Verschulden des Beschwerdeführers verneint wurde. Der dagegen erhobenen Beschwerde der Staatsanwaltschaft Klagenfurt wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Beschwerdegericht vom 27. April 1992 keine Folge gegeben.
Laut in Kopie vorliegenden Rechnungen betrug der Aufwand für die Behebung der unfallskausalen Schäden am PKW des Beschwerdeführers S 126.838,80; laut ebenfalls vorgelegtem Gutachten trat durch den Unfall an diesem Fahrzeug eine merkantile Wertminderung von S 24.000,-- ein, sodaß der Gesamtschaden S 150.838,80 beträgt. Einen Ersatz für diesen Schaden hat der Beschwerdeführer von dritter Seite (Versicherung) nicht erhalten.
Der Beschwerdeführer bezog als Richter der Gehaltsgruppe I im Jahre 1989 - unter Berücksichtigung der Familienbeihilfe für zwei Kinder -ein Nettoeinkommen von S 31.993,10, 14 x jährlich, zu dem Vergütungen für Journaldienst und Rufbereitschaft in unterschiedlicher Höhe (so etwa im November 1990 in der Höhe von S 2.199,-- netto) kamen. Sein monatliches Nettoeinkommen im Jahre 1991 betrug unter denselben Randbedingungen S 35.662,30, 14 x jährlich. Der Beschwerdeführer, dessen Ehefrau als Beamtin monatlich S 12.000,-- netto verdient, ist für zwei eheliche Kinder sorgepflichtig.
Mit Schreiben vom 10. Juli 1991 teilte der Beschwerdeführer den Eintritt des Verkehrsunfalles im Dienstwege mit, gab an, durch den Unfall einen Schaden von ca. S 160.000,-- erlitten zu haben, und ersuchte, seine Eingabe "an die für die Schadensregulierung zuständige Stelle" weiterzuleiten. Mit seiner weiteren Stellungnahme vom 23. August 1991 lehnte er eine ihm ursprünglich in Aussicht gestellte Geldaushilfe ab und begehrte - unter Hinweis auf den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1989, B 1332/87-11 (Einleitung des Gesetzprüfungsverfahrens betreffend die Verfassungsmäßigkeit des § 20 Abs. 2 GG 1956) und unter Bewertung seines Verschuldens als entschuldbare Fehlleistung im Sinne des DHG - den Ersatz des gesamten erlittenen Schadens aus dem Titel der Aufwandsentschädigung nach § 20 GG 1956.
Mit Bescheid vom 11. November 1992 gewährte der Präsident des Oberlandesgerichtes Graz dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 GG 1956 als Ersatz des aus dem Verkehrsunfall vom 23. November 1990 resultierenden Schadens eine Aufwandsentschädigung in der Höhe von S 50.279,60. In der Begründung ging er davon aus, daß gemäß § 20 Abs. 2 des GG 1956 idF BGBl. 447/1990 jene Schäden, die einem Beamten im Zuge einer auswärtigen Dienstverrichtung oder Versetzung am eigenen Vermögen entstehen, durch eine Aufwandsentschädigung gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. abzugelten seien. Im Lichte der im Rundschreiben des Bundeskanzleramtes vom 23. Oktober 1991, GZ 921.450/5-II/A/1/91, im Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 6. November 1991, JMZ 350.40/3-III 1/91, und des Bundesministeriums für Finanzen vom 10. Juni 1992, GZ 03.3003/12-II/3/92, herausgegebenen Richtlinien seien bei der Behandlung dieser Schadensfälle die Grundsätze des Schadenersatzrechtes nach dem ABGB und bei Schäden an Kraftfahrzeugen insbesondere jene Grundsätze zu beachten, die der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 24. Februar 1988, 9 Ob A 504/87, über den Ersatz eines KFZ-Unfallschadens richtungsweisend entwickelt habe. Demnach stehe einem Bundesbediensteten gegenüber dem Bund kein Anspruch auf Schadenersatz zu, wenn von dritter Seite Ersatz geleistet werde bzw. werden könne. Für den Ersatz eines Schadens am dienstnehmereigenen KFZ sei überdies erforderlich, daß die Benützung des dienstnehmereigenen KFZ für die dem Dienstnehmer aufgetragene Tätigkeit unabdingbar erforderlich gewesen sei und kein Grund vorliege, der den Ersatz des Schadens grundsätzlich ausschließe. Als ein derartiger Grund wäre die vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Schadens durch ausschließlich subjektives, vom Lenker persönlich zu verantwortendes Verhalten anzusehen. Das Ausmaß des Schadenersatzes ergebe sich aus der rechtlichen Beurteilung der Verschuldensfrage und der vorzunehmenden Feststellung eines Eigenverschuldensanteiles sowie der Berücksichtigung privater Interessen im Zusammenhang mit dem Schadenseintritt. Nach den Grundsätzen für die Haftung nach dem Organhaftpflichtgesetz und dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz habe die Ermittlung des Eigenverschuldensanteiles zur Folge, daß bei grober oder leichter Fahrlässigkeit der Ersatzanspruch entsprechend zu verringern sei, wohingegen bei einem minderen Grad des Versehens der volle Ersatz bemessen werden könne. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt stehe dem Beschwerdeführer kein Ersatzanspruch gegenüber dritter Seite zu. Die Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges sei für ihn zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben vom 23. November 1990 unabdingbar gewesen. Was die Ermittlung des Eigenverschuldensanteiles betreffe, so sei davon auszugehen, daß die Mißachtung des Vorschriftszeichens "Vorrang geben" (§ 52/c/23 StVO) und die dadurch bewirkte Verletzung des Vorranges nach § 19 Abs. 4 StVO - unter Berücksichtigung der eminenten Bedeutung der Beachtung der Vorrangregeln für einen geordneten Verkehrsfluß - einen Grad des Versehens darstelle, der sich mehr einer auffallenden Sorglosigkeit als einer entschuldbaren Fehlleistung nähere. Hätte der Beschwerdeführer ein Dienstfahrzeug beschädigt, erschiene unter sinngemäßer Berücksichtigung der im § 2 Abs. 2 Dienstnehmerhaftpflichtgesetz angeführten Umstände bei einem solchen Grad des Verschuldens eine Mäßigung des zu leistenden Schadenersatzes von einem Drittel im Sinne des § 3 Organhaftpflichtgesetz angemessen. Umgekehrt sei daher im vorliegenden Fall von einem Eigenverschuldensanteil des Beschwerdeführers von zwei Dritteln auszugehen, sodaß ein Drittel des von ihm erlittenen Schadens, mithin ein Betrag von S 50.279,60 als notwendig entstandener Mehraufwand nach § 20 Abs. 1 GG 1956 zuzuerkennen sein.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er die rechtliche Beurteilung der Dienstbehörde rügte und ausführte, daß das Landesgericht für Strafsachen Graz als Beschwerdegericht hinsichtlich des gegenständlichen Unfalles festgestellt habe, daß ihm kein schweres Verschulden und keine auffallende Sorglosigkeit vorgeworfen werden könne. Vergleiche man die Entscheidungen, die in ähnlich gelagerten Fällen nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz bzw. nach dem Organhaftpflichtgesetz gefällt worden seien, so hätte er vom Eigenschaden nur einen Anteil von 20, höchstens 25 % zu tragen. Mit der Anschaffung des gegenständlichen Pkw habe er seine Ersparnisse im wesentlichen aufgebraucht, sodaß die Reparaturkosten im Kreditwege hätten abgedeckt werden müssen. Mit Schreiben vom 10. Juli 1991 (zu diesem Zeitpunkt sei endgültig klar gewesen, daß die noch ausstehende Reparatur des Wagendaches nicht mehr durchgeführt werde) habe er seine Ansprüche bekanntgegeben, sodaß ihm spätestens von diesem Zeitpunkt weg eine Vergütung der sich ständig erhöhenden Kreditzinsen zustehe. Sollte der Zinsaufwand nicht mit einem Pauschalbetrag berücksichtigt werden können, sei er gerne bereit, eine Aufstellung über die jeweiligen Zinssätze vorzulegen. Der Beschwerdeführer beantragte sodann die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahin, daß bei der Ersatzbemessung von einem Eigenverschuldensanteil von einem Viertel des erlittenen Schadens samt Anhang ausgegangen und ihm drei Viertel des Schadens samt Anhang zuerkannt würden. Hilfsweise stellte er einen Aufhebungsantrag.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde entschieden wie folgt:
"Ihrer Berufung gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz vom 11. November 1992, Pers 1-K-70, mit dem Ihnen gemäß § 20 Abs. 1 GG 1956 als Ersatz des aus dem Verkehrsunfall vom 23. November 1990 resultierenden Schadens eine Aufwandsentschädigung in der Höhe von S 50.279,60 gewährt wurde, wird nicht Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt."
In der Begründung dieses Bescheides hat die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und der Rechtslage begründend ausgeführt, der Ansicht des Beschwerdeführers, daß ihm unter Berücksichtigung seines Verschuldens am Zustandekommen des Verkehrsunfalles und der im § 2 Abs. 2 Dienstnehmerhaftpflichtgesetz angeführten Umstände nicht nur ein Drittel seines Schadens zu ersetzen sei, weil ihm keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne, sodaß er vom Eigenschaden nur einen Anteil von 20 höchstens 25 % zu tragen habe, könne nicht gefolgt werden. Im angefochtenen Bescheid seien die für die Höhe der zu leistenden Aufwandsentschädigung maßgeblichen Kriterien zutreffend dargestellt und das vom Beschwerdeführer am Zustandekommen des Verkehrsunfalls zu tragende Verschulden richtig beurteilt worden. Dieses nähere sich seinem Grade nach bereits einer groben Fahrlässigkeit, weil einem Verstoß gegen die für die Verkehrssicherheit äußerst bedeutsamen Vorrangregeln immer besonderes Gewicht zukomme und das durch ein Verwechseln der Unfallkreuzung mit einer anderen ausgelöste Übersehen des Vorschriftszeichens "Vorrang geben" in Annäherung an den übersichtlichen Kreuzungsbereich eine das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit bereits übersteigende Sorglosigkeit erkennen lasse. Bei dieser Sachlage sei die Einschätzung des Eigenverschuldensanteiles des Beschwerdeführers im Sinne der §§ 2 Dienstnehmerhaftpflichtgesetz und 3 Organhaftpflichtgesetz mit zwei Drittel gerechtfertigt. Wenn der Beschwerdeführer erstmals in der Berufungsschrift seinen Ersatzanspruch dahin präzisiere, daß er auch einen Zinsenaufwand für die fremdfinanzierte Reparatur ersetzt begehre, verkenne er die Rechtslage. Es bestehe keine dienstrechtliche Vorschrift, die ihm einen Anspruch auf Verzugszinsen für die Zeit bis zur bescheidmäßigen Zuerkennung einer Aufwandsentschädigung gemäß § 20 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 einräume. Er könne sich aber auch nicht mit Erfolg auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (§§ 1333, 1334 ABGB) stützen, weil diese für Verzugszinsen Fälligkeit voraussetzten, die aber erst mit der bescheidmäßigen Feststellung eingetreten sei. Durch die Präzisierung seines Entschädigungsbegehrens auf eine in der Rechtsordnung nicht vorgesehene Nebenforderung sei für den Beschwerdeführer daher nichts zu gewinnen. Sofern er Verzugszinsen auch für die Zeit zwischen der bescheidmäßigen Zuerkennung der Aufwandsentschädigung und deren Liquidierung geltend machen wolle, wäre zu bemerken, daß dafür ausschließlich der Verfassungsgerichtshof in einem Verfahren nach Art. 137 B-VG zuständig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 idF BGBl. Nr. 447/1990 hat der Beamte Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihm in Ausübung des Dienstes oder aus Anlaß der Ausübung des Dienstes notwendigerweise entstanden ist.
Nach Abs. 2 leg. cit. wird der Ersatz des Mehraufwandes, der einem Beamten durch eine auswärtige Dienstverrichtung oder eine Versetzung entsteht, soweit es sich nicht um den Ersatz eines Schadens handelt, durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt.
§ 2 des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes, BGBl. Nr. 80/1965, in der Fassung BGBl. Nr. 169/1983, lautet:
(1) Hat ein Dienstnehmer bei Erbringung seiner Dienstleistungen dem Dienstgeber durch ein Versehen einen Schaden zugefügt, so kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit den Ersatz mäßigen oder, sofern der Schaden durch einen minderen Grad des Versehens zugefügt worden ist, auch ganz erlassen.
(2) Bei der Entscheidung über die Ersatzpflicht im Sinn des Abs. 1 hat das Gericht vor allem auf das Ausmaß des Verschuldens des Dienstnehmers und außerdem insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. auf das Ausmaß der mit der ausgeübten Tätigkeit verbundenen Verantwortung,
2. inwieweit bei der Bemessung des Entgelts ein mit der ausgeübten Tätigkeit verbundenes Wagnis berücksichtigt worden ist,
- 3. auf den Grad der Ausbildung des Dienstnehmers,
- 4. auf die Bedingungen, unter denen die Dienstleistung zu erbringen war und
5. ob mit der vom Dienstnehmer erbrachten Dienstleistung erfahrungsgemäß die nur schwer vermeidbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens verbunden ist.
(3) Für eine entschuldbare Fehlleistung haftet der Dienstnehmer nicht.
§ 3 des Organhaftpflichtgesetzes, BGBl. Nr. 181/1967, in der Fassung BGBl. Nr. 537/1984, lautet:
(1) Beruht die Schädigung, derentwegen das Organ zur Ersatzleistung herangezogen wird, auf einem Versehen, so kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit den Ersatz mäßigen oder, sofern der Schaden durch einen minderen Grad des Versehens zugefügt worden ist, auch ganz erlassen.
(2) Auf die Ausübung der dem Gericht nach Abs. 1 eingeräumten Befugnis sind die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes, BGBl. Nr. 80/1965, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 169/1983, sinngemäß anzuwenden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Juli 1992, Zl. 90/12/0216, Slg. Nr. 13.678/A, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, gebietet die durch die Aufhebung des Abs. 2 des § 20 des Gehaltsgesetzes 1956 vom 1. März 1990 durch den Verfassungsgerichtshof, G 316/89-6, Slg. Nr. 12.283, bedingte Änderung eine Neubewertung des Inhaltes der Bestimmung des § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, der bereits mit grundlegendem Urteil vom 31. Mai 1983, SZ 56/86, ausgesprochen hat, daß für den Vermögensschaden, den ein Arbeitnehmer an seinem PKW auf einer Dienstfahrt erlitten hat, der Arbeitgeber gemäß § 1014 ABGB hafte, wenn das Fahrzeug mit seiner Billigung und ohne besondere Vergütung in seinem "Betätigungsbereich" verwendet worden sei. Ein allfälliges Eigenverschulden des Arbeitnehmers sei nach den Grundsätzen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes zu berücksichtigen. In Weiterentwicklung der dort vertretenen Rechtsauffassung hat der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluß vom 24. Februar 1988, 9 Ob A 504/87, gemäß § 54 Abs. 4 ASGG festgestellt:
"Vertragsbedienstete des Bundes haben gegenüber ihrem Dienstgeber unabhängig von dessen Verschulden Anspruch auf Ersatz des Unfallschadens, der am Kraftfahrzeug eines Vertragsbediensteten anläßlich einer Dienstfahrt entstanden ist, wenn der Vertragsbedienstete die ihm aufgetragene Tätigkeit ohne Kraftfahrzeug nicht ordentlich bewältigen konnte und der Dienstgeber ein Kraftfahrzeug nicht beigestellt hat. Trifft den Vertragsbediensteten ein Verschulden an der Beschädigung seines Kraftfahrzeuges, so vermindert sich sein Ersatzanspruch gegen den Dienstgeber nach jenen Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes bzw. Organhaftpflichtgesetzes sinngemäß, die im Fall der Beistellung des Kraftfahrzeuges durch den Dienstgeber zur Anwendung gekommen wären."
In seinem Urteil vom 7. November 1990, Zl. 9 Ob A 222/90, hat der Oberste Gerichtshof zur gleichen Bestimmung unter anderem ausgeführt, dem Dienstgeber sei der Schaden aus der Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges durch den Dienstnehmer zuzurechnen, wenn dem Bediensteten Aufgaben übertragen werden, deren Erfüllung ohne Kraftfahrzeug nicht möglich oder zumutbar gewesen sei, der Schaden in Erfüllung dieser Aufgaben eingetreten sei und sich der Dienstgeber mangels Beistellung eines Dienstfahrzeuges das eigene Unfallrisiko erspart habe. Darauf, daß der Dienstnehmer seinen Personenkraftwagen im Ergebnis letztlich "freiwillig" beigestellt habe, komme es ebensowenig an, wie auf die bloße Zustimmung des Dienstgebers zur Verwendung des Kraftfahrzeuges im Sinne der den Ersatz dieser Schäden ohnehin nicht umfassenden Reisegebührenvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dem bereits zitierten Erkenntnis des verstärkten Senates der dargestellten Argumentation des Obersten Gerichtshofes angeschlossen, wobei auch nach der durch die Neuregelung des § 20 Abs. 2 GG 1956 durch die Novelle BGBl. Nr. 447/1990 geänderten Rechtslage kein Grund besteht, von dieser Rechtsprechung abzugehen (vgl. das nach der Novelle BGBl. Nr. 447/1990 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1992, Zl. 92/12/0078).
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer als öffentlich-rechtlich Bediensteter den Schaden im Zuge einer Dienstreise bei der Verwendung seines eigenen Kraftfahrzeuges erlitten hat, dessen Benützung im dienstlichen Interesse gelegen war.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, er habe das für seine Fahrtrichtung geltende Vorschriftszeichen "Vorrang geben" nicht bewußt mißachtet, sondern übersehen. Dieses Übersehen habe primär daraus resultiert, daß er sich zwar in der Gegend ungefähr ausgekannt habe, jedoch die gegenständliche Kreuzung selbst noch nie befahren hatte und sie mit einer anderen verwechselt habe, bei der er Rechtsvorrang gehabt hätte. Er habe daher nach rechts geschaut, ein von dort kommendes Fahrzeug habe seine Geschwindigkeit verlangsamt und angehalten, was er als Vorrangverzicht ihm gegenüber interpretiert habe. Er sei daher weitergefahren und habe das von links kommende Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig genug gesehen, um den Zusammenstoß verhindern zu können. Der Unfall habe sich während der Rückfahrt von einer Dienstverrichtung ereignet, die darin bestanden habe, daß er ca. drei Stunden an einer gerichtsärztlichen Obduktion eines Unfallopfers teilzunehmen gehabt habe; weiters sei zu berücksichtigen, daß er naturgemäß nicht Berufskraftfahrer sei. Die belangte Behörde erwähne im angefochtenen Bescheid zwar, daß es um ein Übersehen des Vorschriftszeichens gehe, habe jedoch mit keinem Wort zum Ausdruck gebracht, daß sie sich des Unterschiedes zu einer bewußten Hinwegsetzung über die im Nachrangfall gebotene Vorsicht bewußt gewesen sei. Die Annahme eines einer groben Fahrlässigkeit nahekommenden Verschuldens sei dann gerechtfertigt, wenn er seinen Nachrang erkannt und mit einer im Hinblick darauf übertriebenen Geschwindigkeit oder auf andere Weise unvorsichtig in die Kreuzung eingefahren wäre oder wenn das Übersehen des Nachrangzeichens aus einer besonderen Unvorsichtigkeit resultiert hätte. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, sondern das Übersehen des Vorrangzeichens erkläre sich aus dem außergewöhnlichen Umstand der Verwechslung der Kreuzung. Das habe absolut nichts mit mangelnder Sorgfalt zu tun, sondern sei etwas, was hin und wieder durch psychische Prozesse zustandekomme, die weder vorhersehbar noch ausschaltbar seien. Auch im Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, mit welchem die staatsanwaltschaftliche Beschwerde gegen die erstinstanzliche Einstellung des gegen ihn eingeleitet gewesenen Strafverfahrens zurückgewiesen worden sei, heiße es dazu, daß im konkreten Fall die gegenständliche Kreuzung mit einer anderen verwechselt worden sei, auf der der Beschwerdeführer vorrangberechtigt gewesen wäre; dabei könne wohl keine auffallende Sorglosigkeit erblickt werden und es sei auch nicht anzunehmen, daß dem Beschwerdeführer der Eintritt eines Schadens an Leib und Leben als wahrscheinlich vorhersehbar gewesen sei. Dasselbe gelte naturgemäß auch für einen Schaden materieller Art. Es stehe fest, daß er nicht die geringste konkret faßbare Unvorsichtigkeit an den Tag gelegt habe. Er sei nicht zu schnell unterwegs gewesen, habe sich nicht bewußt durch irgend etwas ablenken lassen und habe sich nicht bewußt über eine Verkehrsvorschrift hinweggesetzt. Er habe sich - ausgehend von seiner Verwechslung der Kreuzung und seinem Übersehen des Verkehrszeichens - voll und ganz der gebotenen Vorsicht entsprechend verhalten, nach rechts geschaut und das von links kommende Fahrzeug nicht gesehen. Daß ihn trotz alledem ein Verschulden träfe, ziehe er nicht in Zweifel; dieses Verschulden sei jedoch ganz eindeutig von einer Art, wie es auch beim vorsichtigen und normgetreuen Verkehrsteilnehmer vorkommen könne, weil das Gefahrenpotential des motorisierten Straßenverkehrs von einer Komplexität sei, welcher die menschliche Psyche nicht immer gerecht werde. Gerechterweise sei ihm nicht mehr als die Tragung eines Viertels des Schadens anzulasten, wie er das in seiner Berufung geltend gemacht habe.
Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ist teilweise berechtigt.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde bietet der vorliegende Sachverhalt keinen Grund zur Annahme, daß sich das Verschulden des Beschwerdeführers seinem Grade nach bereits einer groben Fahrlässigkeit nähere. Grobe Fahrlässigkeit läge dann vor, wenn sich das Versehen über die alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich hinaushöbe und der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß möglich vorhersehbar wäre. Es darf zwar nicht übersehen werden, daß eine Nichtbeachtung der Vorschriften der StVO allgemein eine häufige und besondere Gefahrenquelle darstellt. Es muß aber auch berücksichtigt werden, daß das Lenken eines Fahrzeuges als eine schadensgeneigte Tätigkeit zu beurteilen und diese Dienstleistung (vgl. z.B. die einen für betriebliche Fahrten eingesetzten Angestellten betreffende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 12. Dezember 1996, 8 Ob A 2186/96) schon an sich mit einem höheren Wagnis verbunden ist als die Arbeit vieler anderer Arbeitnehmer. Dem Beschwerdeführer ist daher bei Überfahren der ungeregelten Kreuzung ein Aufmerksamkeitsfehler vorzuwerfen. Dieser kann jedoch unter Berücksichtigung auch des Umstands, daß sich der Unfall gegen Ende eines anstrengenden Arbeitstages (Teilnahme an einer Leichenöffnung und Abhaltung zweier Lokalaugenscheine) ereignete, noch nicht als der groben Fahrlässigkeit angenähert gewertet werden, sondern ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes als leichte Fahrlässigkeit einzustufen.
Zur Abgrenzung der Schadenersatzpflicht des Dienstgeber hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits mehrfach zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Juli 1992, Zl. 90/12/0216, den vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 7. November 1990, 9 Ob A 222/90, entwickelten Grundsätzen angeschlossen, wonach die Ersatzpflicht des Dienstgebers nur bei Vorsatz des Dienstnehmers ausgeschlossen sei, während bei Schuldlosigkeit des Dienstnehmers oder bei einer ihm unterlaufenen nicht entschuldbaren Fehlleistung der Dienstgeber vollen Schadenersatz zu leisten habe; falle hingegen dem Dienstnehmer ein Versehen, also nur Fahrlässigkeit zur Last, sei der Umfang allfälliger Ersatzansprüche des Dienstnehmers nach den im § 2 Abs. 1 DHG angeführten Kriterien zu beurteilen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die belangte Behörde daher dadurch, daß sie ausgehend von einer unzutreffenden Beurteilung des Verschuldens des Beschwerdeführers diesem lediglich ein Drittel seines Schadens zugesprochen hat, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die belangte Behörde habe in der Frage der Kreditzinsen verkannt, daß er nicht Verzugszinsen geltend gemacht habe, sondern einen ihm im gleichen Zusammenhang entstandenen weiteren Schaden im Sinne des § 20 Abs. 2 Gehaltsgesetz 1956, er diese Belastung notwendigerweise zu tragen gehabt habe, weil er nicht in der Lage gewesen sei, ohne Kreditaufnahme den sehr hohen Reparaturkostenbetrag zu finanzieren, sodaß ihm im Sinne des § 20 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 ein Aufwand in Höhe der Kreditzinsen in Ausübung des Dienstes notwendigerweise entstanden und dieser bei richtiger rechtlicher Beurteilung ebenfalls zu berücksichtigen gewesen sei.
Nach § 1323 ABGB ist der Schädiger verpflichtet, um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, alles in den vorigen Stand zurückzuversetzen oder bei Untunlichkeit den Schätzungswert zu vergüten. Die Regel, daß der Schädiger den Zustand wiederherzustellen hat, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte, ist im Haftpflichtrecht vielfach unanwendbar, sodaß die Behebung des Schadens dem Geschädigten überlassen bleibt, jedoch zu Lasten des Schädigers oder des sonst Ersatzpflichtigen geht. Dieser hat demgemäß für die zur Schadensbehebung zweckmäßig aufgewendeten Mittel aufzukommen und die Kosten für die Beschaffung der erforderlichen Mittel zu tragen. Darunter fallen auch die Zinsen für die Verwendung von Fremdkapital. Die vom Geschädigten im Interesse des Schädigers aufgewendeten Kosten der Schadensbehebung fallen also nicht unter den durch die Verzugszinsen pauschalierten Schadenersatz, sondern stellen einen Teil des dem Geschädigten als Folge der Beschädigung entstandenen Schadens dar (vgl. SZ 45/63 uam).
Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, so ergibt sich, daß die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht dadurch, daß sie das Begehren des Beschwerdeführer auf Ersatz der ihm durch die für Reparaturkosten erforderliche Kreditaufnahme erwachsenden Zinsenbelastung als Begehren auf Verzugszinsen bewertet und sich mit den Voraussetzungen für den Zuspruch von Kreditzinsen nicht auseinandergesetzt hat, den angefochtenen Bescheid auch in diesem Punkt mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 2. September 1998
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