OGH 8ObA2186/96w

OGH8ObA2186/96w12.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Dr.Hans Peter Bobek und Helmut Stöcklmayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Silvia P*****, vertreten durch Dr.Georg Kahlig und Mag.Gerhard Stauder, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Bratislav T*****, vertreten durch Dr.Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 67.258,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.Dezember 1994, GZ 31 Ra 162/94-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7.Juni 1994, GZ 20 Cga 345/93p-19, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Oktober 1994, GZ 20 Cga 345/93p-22 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Angestellte einer GmbH & Co KG. In denselben Räumlichkeiten mit dem selben Unternehmenszweck dem Handel mit Elektrogeräten, war auch eine GmbH situiert, deren Angestellter der Beklagte war. Beide Gesellschaften trugen als charakterisierenden Firmenbestandteil den Familiennamen der Klägerin. Diese, ihr Bruder sowie beide Eltern waren an beiden Gesellschaften zu nicht feststellbaren Anteilen beteiligt. Geschäftsführer der GmbH war der Bruder der Klägerin, jener der GmbH & Co KG im Jänner 1991 deren Vater. Außer der Klägerin und dem Beklagten hatten die beiden Gesellschaften jeweils keine anderen Angestellten. Aufgabe des Beklagten, eines gelernten Elektrotechnikers, war es, Satellitenanlagen zu montieren und Elektroinstallationen durchzuführen. Er wurde auch für Zulieferdienste und sonstige anfallende Arbeiten eingesetzt. Dem Beklagten war nicht bekannt, bei welcher Gesellschaft er konkret beschäftigt war. Tatsächlich wurde er auch im Bereich beider Unternehmen unterschiedslos eingesetzt und jeder der Familienangehörigen konnte dem Beklagten Weisungen hinsichtlich seiner Arbeitsleistungen erteilen. Für die Verwendung des Beklagten im Bereich der GmbH & Co KG mußte nicht die Zustimmung des Geschäftsführers der GmbH eingeholt werden. Für betriebliche Zwecke wurde primär ein auf die GmbH zugelassener Kastenwagen benützt. War dieser nicht verfügbar, kam ein auf die Klägerin zugelassener Kombinationskraftwagen zum Einsatz. Auf beiden Fahrzeugen befand sich ein Firmenlogo, enthaltend den Familiennamen der Klägerin.

Am 9.1.1991 kam der Beklagte mit dem Kastenwagen gegen 14 Uhr von einer Montage auf das Firmengelände zurück. Die Klägerin wies den Beklagten an, mit dem auf sie zugelassenen Kombinationskraftwagen Elektrogeräte zu betrieblichen Zwecken von einem Unternehmen dringend abzuholen. Der Kastenwagen konnte nicht genutzt werden, weil er mit empfindlichen Meßgeräten beladen war.

Der Beklagte holte auftragsgemäß die Geräte von dem Unternehmen ab. Auf dem Rückweg zur Firma kam es im Bereich der nicht durch Verkehrszeichen geregelten Kreuzung Goldschlagstraße/Matznergasse in Wien 14. zu einem Unfall mit einem von rechts kommenden Fahrzeug. Der Beklagte, welcher den anderen, im Rechtsvorrang befindlichen Verkehrsteilnehmer übersehen hatte, übersetzte die Kreuzung ohne Verminderung der nicht feststellbaren Geschwindigkeit. Durch die Kollision entstand am Fahrzeug der Klägerin Totalschaden. Sowohl der Beklagte als auch der zweite Unfallsbeteiligte wurden verletzt. Die Klägerin erfuhr am gleichen Tag vom Unfall und war bei der Sachverhaltsaufnahme anwesend.

Mit ihrer am 31.3.1992 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin den Ersatz der unfallkausalen Schäden. Der Beklagte habe die ungeregelte Kreuzung mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h und eingelegtem dritten Gang übersetzt und sei dabei mit einem anderen von rechts kommenden Fahrzeug kollidiert. Den Beklagten treffe an diesem Unfall das Alleinverschulden, da er unter Einhaltung einer für die Verkehrsverhältnisse relativ überhöhten Fahrgeschwindigkeit den Rechtsvorrang mißachtet habe. Wegen dieses Unfalles sei der Beklagte rechtskräftig mit Strafverfügung des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung schuldig erkannt worden. Den Beklagten treffe am Unfall grobes Verschulden. Der Beklagte habe ohne Wissen und Willen des Geschäftsführers der KG den Privatwagen der Klägerin geliehen. Der Auftrag zur Durchführung der Dienstfahrt habe die Verwendung des Kastenwagens vorgesehen.

Der Beklagte wendete dagegen ein, daß er von der Klägerin, welche die Tochter des Geschäftsführers der GmbH & Co KG ist, zur Durchführung der Dienstfahrt mit ihrem Kombinationskraftwagen beauftragt worden sei. Das den Beklagten am Unfall treffende Verschulden erreiche nur den Grad minderen Versehens, allenfalls einer leichten Fahrlässigkeit, was im Rahmen der Regelungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes haftungsmindernd sei. Der Auftrag, das Fahrzeug für eine Dienstfahrt zu benützen, habe konkludent eine Haftungsbeschränkung auf jenen Haftungsmaßstab enthalten, welchen das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz für den Dienstnehmer vorsehe. Der Beklagte habe den Auftrag der Klägerin so verstehen dürfen, daß seine Haftung nicht strenger sei, als wäre der Auftrag direkt von seinem Dienstgeber erteilt worden. Bei Kenntnis eines höheren Haftungsmaßstabes hätte der Beklagte das Fahrzeug nicht benützt. Die Unterlassung des Hinweises, daß es sich bei dem dem Beklagten zur Verfügung gestellten Fahrzeug nicht um ein Fahrzeug des Dienstgebers handle, begründe ein Mitverschulden der Klägerin; überdies werde Verjährung eingewendet, da die Forderung gemäß § 6 Dienstnehmerhaftpflichtgesetz innerhalb von sechs Monaten geltend zu machen gewesen wäre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß bei einer derartig engen Verflechtung und den unklaren Hierarchieverhältnissen, wie sie zwischen den beiden Gesellschaften herrschten, die Arbeitgebereigenschaft der GmbH & Co KG zu bejahen sei. Daß das beschädigte Kraftfahrzeug auf die Klägerin zugelassen gewesen sei, könne daran nichts ändern, da die Klägerin ihr Privatfahrzeug offenkundig für betriebliche Zwecke der GmbH & Co KG zur Verfügung gestellt habe. Der Arbeitnehmer könne nicht dadurch schlechter gestellt werden, daß der Arbeitgeber fremde Betriebsmittel einsetze. Dies gelte umsomehr, als die Stellung der Klägerin in der GmbH & Co KG über jener einer Angestellten und bloßen Befehlsempfängerin weit hinausgegangen sei. Es sei daher davon auszugehen, daß der Beklagte seinen Dienstgeber bei Erbringung seiner Dienstleistung geschädigt habe. Das Klagebegehren sei daher nicht berechtigt und sei die Klägerin darauf zu verweisen, daß sie die Begleichung ihres Schadens allenfalls von ihrem Arbeitgeber gemäß § 1014 ABGB erlangen könne. Dem Beklagten sei lediglich die Mißachtung des Rechtsvorranges vorzuwerfen, ohne daß weitere Sorgfaltsverletzungen feststellbar gewesen wären. Grobes Verschulden könne daher nicht unterstellt werden. Gemäß § 6 Dienstnehmerhaftpflichtgesetz seien aber die auf einen minderen Grad des Versehens beruhenden Schadenersatz- oder Rückgriffsansprüche zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer erloschen, wenn sie nicht binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden können, gerichtlich geltend gemacht werden. Da die Klägerin sofort vom Unfall Kenntnis erlangt habe, sei die Klage verfristet.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und würdigte diese rechtlich dahin, daß die Klägerin gegenüber dem Beklagten als bevollmächtigte Vertreterin des Dienstgebers aufgetreten sei, zumal jeder Familienangehörige dem Beklagten habe Weisungen geben können, ohne daß es der Zustimmung des Geschäftsführers bedurft hätte. Der PKW der Klägerin sei immer dann für betriebliche Zwecke genutzt worden, wenn der Kastenwagen nicht verfügbar gewesen sei. Auch das äußere Erscheinungsbild der beiden Fahrzeuge habe jenem für betriebliche Einsätze entsprochen. Die aufgetragene Arbeitsverrichtung habe die Verwendung eines Fahrzeuges erforderlich gemacht. Hätte der Dienstgeber dem Dienstnehmer ein Kfz zur Verfügung gestellt, hätte er das Unfallrisiko tragen müssen. In Verbindung mit § 7 AÜG kämen damit auch hier alle im DHG enthaltenen Haftungsbegünstigungen zum Tragen. Das "Übersehen des Vorrangzeichens" (?) stelle sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles in Anbetracht der Eiligkeit des Auftrages nicht als so schwerwiegend dar, daß grobe Fahrlässigkeit angenommen werden müsse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben zutreffend auf die mangelnde Trennung der Arbeitsbereiche der beiden Gesellschaften und die völlig unklare Definition des Arbeitsbereiches des Beklagten verwiesen. Festgestellt wurde, daß dem Beklagten selbst nicht bekannt war, wer von den beiden Gesellschaften tatsächlich sein Dienstgeber war. Zu diesem Problemkreis hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung DRdA 1994, 402 Stellung genommen, in der er sich mit der Definition des Begriffes Arbeitgeber auseinandersetzte und ausgeführt hat, daß dieser gesetzlich nicht determinierte Begriff mehrdeutig sei. Bei der Lösung eines konkreten Falles sei nach der für Verträge geltenden Vertrauenstheorie zu prüfen, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers objektiv gesehen darauf vertrauen durfte, daß der Erklärende im eigenem Namen als Arbeitgeber bzw als Vertreter für einen bestimmten Arbeitgeber auftrete. Nähmen mehrere Personen (auch juristische Personen) Arbeitnehmerfunktionen wahr, sei aus der Wahrnehmung von Einzelpflichten nach den Grundsätzen eines beweglichen Systems auf die mögliche Arbeitgeberstellung im Sinn des Arbeitsvertragsrechtes zu schließen (vgl hiezu auch 8 ObS 2049/96y).

Obwohl im gegenständlichen Fall ausreichende Feststellungen dazu fehlen, ob nach den besonderen Umständen des Einzelfalles der Beklagte davon ausgehen konnte, daß die GmbH & Co KG (auch) sein Arbeitgeber sei, bedarf es diesbezüglich keiner Verfahrensergänzung, da selbst im Falle der klaren arbeitsvertraglichen Zuordnung des Beklagten zur GmbH für die Klägerin nichts gewonnen wäre. Es käme nämlich dann das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz 1988 zur Anwendung, da dieses auch die bloß gelegentliche Überlassung von Arbeitskräften umfaßt (Geppert, AÜG 16; SZ 66/79). Das eine der im § 1 Abs 2 AÜG normierten Ausnahmen, insbesondere jene der Z 4 lit a (Überlassung von Arbeitskräften innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft oder bei der betrieblichen Zusammenarbeit zur Erfüllung gemeinsam übernommener Aufträge) vorläge, wurde im Verfahren weder behauptet noch ist dies sonst hervorgekommen. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich vielmehr im Gegenteil eine ausschließlich im Interesse der GmbH & Co KG ausgeübte Tätigkeit. Auf die Tätigkeit des Beklagten für die GmbH & Co KG sind daher auch in dem Falle, daß der Beklagte als von der GmbH überlassene Arbeitskraft anzusehen wäre, gemäß § 7 Abs 1 AÜG die Haftungsbeschränkungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes anzuwenden.

Die durch das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) im Innenverhältnis zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer geschaffene Haftungsmilderung darf grundsätzlich die haftungsrechtliche Position des geschädigten Dritten nicht schmälern (Kerschner DHG § 1 RdZ 19). Es wird daher in ständiger Rechtsprechung zu dem - hier schon mangels Vorliegens eines Verletzungsschadens nicht anwendbaren - § 333 ASVG judiziert, daß Haftungsbeschränkungen bei Schadenersatzansprüchen gleichrangiger Dienstnehmer desselben Betriebes untereinander nicht in Betracht kommen. Eine ausdehnende Auslegung dieser Ausnahmebestimmung wird aus der Erwägung abgelehnt, daß die durch einen Arbeitsunfall Geschädigten über die vom Gesetz ausdrücklich normierten Fälle hinaus an der Geltendmachung der normalen Schadenersatzansprüche nicht gehindert werden sollen (ArbSlg 9703; 9704; ZVR 1982/365; WBl 1991, 263). Der Oberste Gerichtshof hat in ArbSlg 9605 judiziert, daß der "Bund" nicht Dritter, sondern funktioneller Dienstgeber nach dem DHG gegenüber einem Vertragsbediensteten sei, der formell als Bediensteter eines Bundeslandes im Rahmen der Auftragsverwaltung gemäß Art 104 Abs 2 B-VG dem Bund einen Schaden zufügt. Die tragende Begründung dieser Entscheidung läßt sich dahin zusammenfassen, daß durch die Bestimmungen des DHG die strenge Anwendung der Grundsätze über die Schadenersatzpflicht nach bürgerlichem Recht, wonach der Grad des Verschuldens nur für die Art der Ersatzleistung, nicht aber für die Ersatzpflicht an sich für Bedeutung ist, bei Schäden, die von einem Dienstnehmer bei Erbringung seiner Dienstleistung verursacht wurden, grundsätzlich ausgeschlossen werden sollte, weil diese Grundsätze in solchen Fällen im steigenden Maß als unbillig empfunden würden. Sinn des DHG sei es, durch dieses Gesetz die Frage der Ersatzpflicht des Dienstnehmers für einen bei Erbringung seiner Dienstleistungen verursachten Schaden vollständig und abschließend zu regeln. Der soziale Schutzgedanke des DHG gebiete eine Auslegung, die den Interessenkonflikt sozialbefriedigend, nämlich dahin löst, daß dem Dienstnehmer die Vorteile des DHG möglichst vollständig gewahrt bleiben und die Interessen Dritter dort nicht beeinträchtigt werden dürfen, wo es nicht sachgerecht wäre, den Anspruch des Dritten deswegen einzuschränken, weil ihm der Schaden bei Erbringung einer Arbeitsleistung zugefügt wurde, mit der er an sich nichts zu tun hatte. Wurde aber die Arbeitsleistung für ihn im Auftrag seines Vertreters oder auf seine Kosten erbracht, komme dem Umstand, daß der Dienstnehmer formell nicht sein Bediensteter, sondern Bediensteter seines Vertreters war, keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Im zu entscheidenden Fall sei der "Bund" somit hinsichtlich der Anwendbarkeit der Bestimmungen des DHG nicht als außenstehender Dritter, sondern als "Dienstgeber" zu behandeln. Diese Entscheidung wurde von der Lehre überwiegend zustimmend zur Kenntnis genommen (Waas, DRdA 1978, 137; Reischauer, Dienstnehmerhaftung DRdA 1978, 195; Schrammel, Kraftfahrer, DRdA 1979, 407; ders., Haftungserleichterung ZAS 1985, 210; Kerschner, Arbeitnehmerüberlassung, JBl 1981, 405 [FN 121]; Jabornegg in Tomandl [Hrsg.], Haftungsprobleme, 104 f, 117 f, 119). Lediglich Koziol in ZAS 1978, 187 lehnte die Entscheidung in ihrer Begründung ab. Er erachtete zwar das Bestreben des Obersten Gerichtshofes, den Schädiger davor zu bewahren, die Schadenersatzleistung bis zur Realisierung des Rückgriffsanspruches vorstrecken zu müssen, als sehr verständlich, hielt es jedoch für die sachgerechtere Lösung, dem Dienstnehmer gegen seinen Dienstgeber einen Freistellungsanspruch einzuräumen. Ohne auf diese Vorentscheidung und das umfangreiche literarische Echo näher einzugehen, sprach der Oberste Gerichtshof in DRdA 1993/35 in einem vergleichbaren Fall aus, daß dem "Bund" in Fällen, in denen der Landesbedienstete den im Eigentum des Bundes stehenden Dienst-LKW auf einer Landesstraße beschädige, keine funktionelle Dienstgebereigenschaft zukomme. Verrichte ein Dienstnehmer teilweise Arbeiten für seinen Dienstgeber und teilweise im Auftrag seines Dienstgebers solche für einen Dritten, dann sei der Dritte auf keinen Fall funktioneller Dienstgeber, auch wenn dabei sein Kraftfahrzeug verwendet werde. Diese, die in der Vorentscheidung aufgezeigte Problematik nicht weiter behandelnde Entscheidung wurde von Oberhofer in DRdA 1993, 308 ablehnend besprochen. Den überzeugenden Argumenten des Glossators vermag sich der erkennende Senat nicht zu verschließen. Wie zutreffend die in ArbSlg 9605 angestellten Überlegungen zum sozialen Schutzgedanken des DHG waren, zeigt nicht zuletzt die Reaktion des Gesetzgebers auf die bei der Überlassung von Arbeitskräften entstehende schadenersatzrechtliche Problematik. Der Oberste Gerichtshof hatte in seiner Entscheidung ArbSlg 9677 dazu ausgesprochen, daß bei Beurteilung von Schadenersatzansprüchen des entliehenen Dienstnehmers gegen den Beschäftiger die Bestimmungen des DHG nicht angewendet werden können; der Dienstnehmer hafte vielmehr nach den Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechts und bleibe bezüglich eines allfälligen Vergütungsanspruches gegenüber seinem Dienstgeber auf die im § 3 DHG normierten Rückgriffsmöglichkeiten verwiesen. Durch § 7 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes stellte der Gesetzgeber daraufhin klar, daß die Haftungsbeschränkungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes und des Organhaftpflichtgesetzes sowohl zwischen dem Überlasser und der überlassenen Arbeitskraft als auch zwischen dem Beschäftiger und der überlassenen Arbeitskraft Anwendung zu finden habe. Der Gesetzgeber wollte somit Umgehungen des DHG in einem sehr weiten Bereich möglichst ausschalten.

Es ist grundsätzlich nicht Sache des Arbeitnehmers, die Betriebsmittel beizustellen (vgl Schrammel, Betriebsrisiko und arbeitsrechtliche Wertordnung, ZAS 1985, 8 ff). Hätte der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug für die dem Arbeitnehmer aufgetragene Tätigkeit einsetzen und daher das damit verbundene Unfallrisiko selbst tragen müssen, hat er gemäß § 1014 ABGB für einen Schaden, den ein Arbeitnehmer auf einer Dienstfahrt mit seinem eigenen Kraftfahrzeug erlitten hat, einzustehen, wenn die Benützung des Fahrzeuges dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist (ArbSlg 10.268). Es soll daher das mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges für betriebliche Zwecke verbundene Risiko keinesfalls auf den Dienstnehmer überwälzt werden. Dies wäre aber der Fall, wollte man denjenigen, der sein Fahrzeug dem Dienstgeber für die Verwendung durch die Dienstnehmer zur Verfügung stellt, als Außenstehenden und damit von den Haftungsbeschränkungen des DHG nicht betroffenen Dritten ansehen, sodaß der Arbeitnehmer atypischerweise nur auf den "verdünnten" Schutz nach § 3 DHG verwiesen wäre. Wer sein Eigentum an die Stelle des Arbeitgebereigentums setzt, wird in das System des innerbetrieblichen Schadensausgleiches eingebunden, weil er in Kauf nimmt, daß sein Eigentum im betrieblichen Produktionsprozeß von Personen, die den Schutz des DHG genießen, benützt und bedient wird. Er ist insoweit dem Dienstgeber zuzuordnen und kann nicht in weiterem Umfang Ansprüche gegen den Dienstnehmer geltend machen, als dieser selbst.

Wie bereits in der Entscheidung ArbSlg 9605 eingehend dargelegt, würde die bloße Verweisung des Dienstnehmers, der im Regelfall kaum Einflußmöglichkeit auf diese ausschließlich im Interesse des Dienstgebers gelegene Dispositionen hat, auf die Regreßmöglichkeit des § 3 DHG dem sozialen Schutzgedanken des Gesetzes widersprechen, weil sie einerseits unrationell wäre und andererseits für den Dienstnehmer die unbillige Härte der Notwendigkeit der Bevorschussung sowie des Prozeß- und Einbringungsrisikos mit sich bringen würde.

Weil somit die Klägerin nicht als außenstehende Dritte anzusehen ist, kommen die Bestimmungen des DHG über die Ersatzpflicht des Dienstnehmers für einen bei Erbringung seiner Dienstleistung dem Dienstgeber zugefügten Schaden (§ 2) zur Anwendung. Gemäß § 6 DHG erlöschen auf einem minderen Grad des Versehens beruhende Schadenersatz- oder Rückgriffsansprüche zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer, wenn sie nicht binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden können, gerichtlich geltend gemacht werden. Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß dem Beklagten grobe Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden kann. Diese läge vor, wenn sich das Versehen über die alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich hinaushöbe und der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß möglich vorhersehbar wäre (ArbSlg 9168; 9179; 9605). Es darf zwar nicht übersehen werden, daß eine Nichtbeachtung von Vorschriften der StVO allgemein eine häufige und besondere Gefahrenquelle darstellt. Es muß aber auch berücksichtigt werden, daß das Lenken eines Fahrzeuges als eine "schadensgeneigte Tätigkeit" zu beurteilen und diese Dienstleistung schon an sich mit einem höheren Wagnis verbunden ist, als die Arbeit vieler anderer Dienstnehmer (ArbSlg 9199; 9467; 9605). Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ist dem Beklagten bei Überfahren der ungeregelten Kreuzung ein Aufmerksamkeitsfehler vorzuwerfen. Dieser kann jedoch unter Berücksichtigung auch des Umstandes, daß sich der Unfall gegen Ende eines Arbeitstages ereignete, noch nicht als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden, sondern stellt einen minderen Grad des Versehens dar, zumal selbst die Klägerin keine 40 km/h übersteigende Geschwindigkeit des vom Beklagten gelenkten Kombi behauptet. Damit ist aber den Vorinstanzen darin beizupflichten, daß der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch verfristet ist.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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