Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 16.3.1988 bis 3.5.1990 als Lehrling und vom 4.5.1990 bis 6.11.1990 als Facharbeiter bei einer Kommanditgesellschaft beschäftigt. Mit Beschluß vom 9.5.1986 wurde über das Vermögen der Kommanditgesellschaft der Konkurs eröffnet, welcher mit Beschluß vom 20.6.1988 gemäß § 157 KO infolge Abschlusses eines Zwangsausgleiches aufgehoben wurde. Mit Beschluß vom 13.11.1990 wurde das Unternehmen im Firmenbuch von Amts wegen gelöscht.
Aus dem Dienstverhältnis haften noch Lohnforderungen des Klägers für die Zeit vom 1.7. bis 6.11.1990 einschließlich anteiliger Sonderzahlungen von S 50.029,35 netto unberichtigt aus. Wegen dieser Ansprüche nahm der Kläger zunächst die Kommanditgesellschaft mit Klage in Anspruch. Mit Beschluß vom 19.6.1992 wurde diese Klage mangels Parteifähigkeit der Beklagten zurückgewiesen. Daraufhin klagte der Kläger den einzigen Komplementär auf Zahlung der offenen Lohnforderungen. In diesem Verfahren wurde zwischen den Streitteilen am 20.1.1993 ein Vergleich abgeschlossen, mit dem sich der Beklagte verpflichtete, dem Kläger einen Betrag von S 69.784,93 brutto sA für rückständigen Lohn vom 1.7. bis 6.11.1990 sowie Sonderzahlungen für die Zeit vom 1.1. bis 6.11.1990 zu bezahlen. Gestützt auf diesen Exekutionstitel stellte der Kläger am 22.6.1993 den Antrag, über das Vermögen des Komplementärs das Konkursverfahren zu eröffnen. Dieser Antrag wurde mit Beschluß vom 14.2.1994 gemäß § 63 KO zurückgewiesen, da der Antragsgegner im Sprengel des Gerichtes offenbar kein Unternehmen betreibe, keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr besitze und es auch an einer Niederlassung fehle.
Unter Hinweis auf den vorgenannten Beschluß stellte der Kläger am 21.4.1994 den Antrag auf Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld, welcher mit Bescheid vom 7.10.1994 mit der Begründung abgelehnt wurde, der Kläger sei Dienstnehmer der Kommanditgesellschaft und nicht des Komplementärs gewesen. Mit seiner am 9.11.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Zuerkennung eines Betrages von S 65.780,84 "brutto für netto" und von S 1.533,16 netto sA. Er sei nicht Dienstnehmer der Kommanditgesellschaft, sondern des Komplementärs gewesen. Im übrigen seien nach herrschender Lehre und Judikatur bei der OHG und der KG, die keine juristischen Personen seien, Dienstgeber der dort beschäftigten Personen die Gesellschafter, die zur ungeteilten Hand für sämtliche Ansprüche gegen die Personengesellschaft zu haften hätten. Der Begriff Arbeitgeber im Sinne des IESG sei so auszulegen, daß darunter auch persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft zu verstehen seien.
Die Beklagte wendete dagegen ein, die vom Kläger erhobenen Forderungen seien nicht nach dem IESG gesichert, weil er nie Dienstnehmer des Komplementärs gewesen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Betrag von S 50.029,35 sA Folge und wies das Mehrbegehren ab. Dieses Urteil erwuchs in seinem abweislichen Teil in Rechtskraft. Den Zuspruch begründete das Erstgericht damit, daß bei einer Kommanditgesellschaft als Arbeitgeber im Sinn des § 1 Abs 1 IESG nicht nur die Gesellschaft, sondern auch der persönlich haftende Gesellschafter anzusehen sei. Der Fall der Konkurseröffnung "über das Vermögen des Arbeitgebers" liege sowohl bei Konkurs der Gesellschaft als auch des persönlich haftenden Gesellschafters vor. Dem Kläger stehe daher Insolvenzausfallgeld für die gemäß § 1 Abs 2 IESG gesicherten Ansprüche zu, die im Sinn des § 3 Abs 4 IESG als Nettoansprüche zu berechnen seien.
Der Berufung des Beklagten gab das Gericht zweiter Instanz Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es erklärte die ordentliche Revision gemäß § 46 Abs 1 ASGG für zulässig. Rechtlich folgerte das Berufungsgericht, daß der Umstand der (Mit-)Haftung für die Lohnforderungen der Arbeitnehmer allein keinen zwingenden Rückschluß auf die Dienstgebereigenschaft zulasse. Als Dienstgeber im Sinn des § 1151 Abs 1 ABGB, dessen Definition nach ständiger Rechtsprechung für den Arbeitgeberbegriff des § 1 Abs 1 IESG maßgeblich sei, sei jene Person zu betrachten, der sich der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag zur Dienstleistung verpflichtet habe. Die Dienstgebereigenschaft der Personengesellschaft des Handelsrechtes sei in Lehre und Rechtsprechung strittig. Während in der handels- und gesellschaftsrechtlichen Literatur allgemein die Ansicht vertreten werde, daß bei der OHG und KG die Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsnatur als quasi-juristische Person, die selbst Verbindlichkeiten eingehen kann, als Dienstgeber anzusehen sei, werde für das Arbeitsrecht überwiegend davon ausgegangen, daß (auch) die Gesellschafter der OHG bzw KG als Arbeitgeber in Betracht kommen. Letztere Auffassung werde allerdings der von der Rechtsprechung anerkannten eingeschränkten Rechtsfähigkeit von OHG und KG nicht gerecht. Obwohl ihr eine von ihren Gesellschaftern verschiedene Rechtspersönlichkeit mit allen Konsequenzen gleich einer juristischen Person nicht zukomme, spreche doch einiges dafür, für den arbeitsvertraglichen Bereich die Gesellschaft von den Gesellschaftern zu trennen, zumal sich der als herrschend bezeichnete arbeitsrechtliche Meinungsstand im wesentlichen auf die unreflektierte Übernahme des Rechtssatzes des LG für ZRS Wien in ArbSlg 5554 stütze, in der die Dienstgebereigenschaft der OHG nur deshalb verneint wurde, weil sie keine juristische Person sei. Der Verwaltungsgerichtshof sei in seiner Judikatur zur Frage, wer bei Personengesellschaften als Arbeitgeber im Sinn des § 35 ASVG anzusehen sei, von seiner ursprünglichen Entscheidungslinie, daß die Gesellschafter Arbeitgeber seien, durch die Entscheidung eines verstärkten Senates abgegangen und vertrete seither in ständiger Spruchpraxis die Meinung, daß bei Dienstverhältnissen zu handelsrechtlichen Personengesellschaften die Gesellschaft Dienstgeber sei. Auch der Verfassungsgerichtshof habe diese Auffassung gebilligt. Zwar unterscheide sich der sozialversicherungsrechtliche Arbeitgeberbegriff von dem arbeitsvertraglichen dadurch, daß es dort auf die rechtliche Zurechenbarkeit des Betriebsrisikos des Unternehmens ankomme, in dem der Arbeitnehmer tätig sei, doch sei der dogmatische Ansatz auch für das Arbeitsvertragsrecht zu übernehmen, daß für die Dienstgebereigenschaft die gewisse rechtliche Selbständigkeit der Gesellschaft gegenüber den einzelnen Gesellschaftern bei der OHG und KG wesentlich sei. Zusammenfassend sei daher davon auszugehen, daß für den Fall einer Beschäftigung bei einer OHG oder KG nicht die persönlich haftenden Gesellschafter, sondern die Gesellschaft selbst Dienstgeber im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes und damit auch im Sinn des § 1 IESG sei. Der Konkurs des persönlich haftenden Gesellschafters reiche daher nicht aus, um Ansprüche auf Insolvenzausfallgeld zu begründen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision des Klägers kommt keine Berechtigung zu.
Der Zweck des Insolvenzentgeltsicherungsgesetzes ist die sozialversicherungsrechtliche Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenen Ansprüchen von Arbeitnehmern im Falle der Insolvenz ihres Arbeitgebers. Es sind nur jene Ansprüche gesichert, die mit den ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Haupt- und Nebenpflichten in einem solchen Sachzusammenhang stehen, daß davon ausgegangen werden kann, die Ansprüche hätten ihren Entstehungsgrund letztlich im Arbeitsverhältnis (DRdA 1992, 383; 8 ObS 7/94 = ecolex 1994, 561). Voraussetzung des Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld ist daher gemäß § 1 Abs 1 IESG unter anderem, daß über das Vermögen des Arbeitgebers (ehemaligen Arbeitgebers) im Inland der Konkurs eröffnet wird oder dieser Tatsache gleichzusetzende vom Gesetz aufgezählte Maßnahmen getroffen werden. Sowohl der Begriff des Arbeitnehmers wie auch jener des Arbeitgebers orientiert sich im Rahmen des IESG am Arbeitsvertragsrecht (Schwarz/Reißner/Holzer/Holler, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz3, 39; 9 ObS 26/93; WBl 1995, 36). Unter dem Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes und damit auch im Sinne des § 1 Abs 1 IESG ist nach dem hiebei anzuwendenden § 1151 Abs 1 ABGB jene Person zu verstehen, der sich der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung verpflichtet hat (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht5 143; Liebeg, Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, 73; Tomandl, Arbeitsrecht I3, 104; VwGHSlg 11.559 (A)). Dieser Arbeitgeberbegriff ist nicht identisch mit jenem des Sozialversicherungsrechtes, wo gemäß § 35 ASVG derjenige als Dienstgeber gilt, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird (Schwarz/Löschnigg aaO; VwGHSlg 11.559 (A)). Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes GesRZ 1979, 33, wonach Dienstgeber derjenigen Personen, welche in einem Dienstverhältnis zur OHG stehen, die Gesellschafter und nicht die OHG sei, kann daher dem gegenständlichen Fall nicht dienstbar gemacht werden.
Sowohl die OHG (§ 124 HGB) als auch die KG (§ 161 Abs 2 HGB) nehmen, individualisiert durch ihre Firma, als Gesellschaft am Rechts- und Prozeßrechtsverkehr teil und können Sachenrechte erwerben (Koppensteiner in Straube HGB2 § 124 Rdz 1). Es ist daher heute im wesentlichen nicht mehr strittig, daß diese Personengesellschaften des Handelsrechtes Dienstgeber sein können (Krejci in Rummel ABGB2 Rdz 144 zu § 1151; Schwarz/Löschnigg aaO 144; Liebeg aaO, 73; VwGH GesRZ 1983, 227; VwGH ZfVB 1989/2001). Der Oberste Gerichtshof hat sich - soweit überblickbar - mit dieser Frage bisher noch nicht auseinanderzusetzen gehabt und lediglich in seinen Entscheidungen SZ 39/158 und EvBl 1973/92 über die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Klagen einzelner Gesellschafter einer Personengesellschaft gegen einen Angestellten der Gesellschaft abzusprechen gehabt. Er hat in diesem Zusammenhang zwar ausgeführt, daß der Gesellschafter als "Unternehmer" im Sinn des § 1 Abs 1 ArbGerG anzusehen sei, jedoch in SZ 39/158 ausdrücklich klargestellt, daß mit der Bejahung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit noch nicht über die materiellrechtliche Frage der Aktivlegitimation des klagenden Gesellschafters abgesprochen sei. In seiner Entscheidung DRdA 1994, 402 hatte sich der Oberste Gerichtshof mit der Definition des Begriffes Arbeitgeber auseinanderzusetzen und ausgeführt, daß dieser gesetzlich nicht determinierte Begriff mehrdeutig sei. Bei der Lösung eines konkreten Falles sei nach der für Verträge geltenden Vertrauenstheorie zu prüfen, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers objektiv gesehen darauf vertrauen durfte, daß der Erklärende im eigenen Namen als Arbeitgeber bzw. als Vertreter für einen bestimmten Arbeitgeber auftrete. Nehmen mehrere Personen (auch juristische Personen) Arbeitgeberfunktionen wahr, sei aus der Wahrnehmung von Einzelpflichten nach den Grundsätzen eines beweglichen Systems auf die mögliche Arbeitgeberstellung im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes zu schließen. Kürner verwies in seiner zustimmenden Glosse zu dieser Entscheidung (aaO 408) darauf, daß auch OHG und KG Arbeitgeber sein können.
Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen kann nicht zweifelhaft sein, daß das Lehr- und Dienstverhältnis des Klägers nicht zum Komplementär, sondern zur Kommanditgesellschaft begründet wurde, findet sich doch im Lehrvertrag neben der Unterschrift des lehrberechtigten Komplementärs der Stempelaufdruck mit der Firmenbezeichnung der Kommanditgesellschaft. Daß die Ausübung der Rechte des Dienstgebers tatsächlich vom Komplementär vorgenommen wurden, vermag an der Dienstgebereigenschaft der Kommanditgesellschaft nichts zu ändern, da die Differenzierung zwischen einem juristischen und einem funktionellen Arbeitgeber nicht zulässig ist. Nicht der für die juristische Person handelnden natürlichen Person wird die Einhaltung der vertraglich übernommenen Pflichten des Arbeitnehmers geschuldet, sondern der juristischen Person selbst (Tomandl, Arbeitsrecht I3, 104). Nichts anderes gilt in Anbetracht der dargestellten besonderen Rechtsnatur für die Personengesellschaften des Handelsrechtes.
Richtet sich ein Entgelt- oder sonstiger Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis nicht gegen den (ehemaligen) Arbeitgeber, sondern nur gegen einen Dritten, so besteht aus dem deutlichen Wortlaut des Gesetzes heraus kein gesicherter Anspruch. Konkurseröffnung über das Vermögen des (ehemaligen) Arbeitgebers bzw. gleichgestellter Tatbestand erfüllen die Sicherungsvoraussetzungen nur dann, wenn ein zu sichernder Anspruch gegen den Arbeitgeber besteht. Konkurseröffnung oder ein gleichgestellter Tatbestand betreffend das Vermögen des entgeltzahlungspflichtigen Dritten, der nicht Arbeitgeber ist, lösen die Sicherung nicht aus. Mit der Verweisung auf die "gegen den Arbeitgeber" zustehenden Ansprüche hat das Gesetz abschließend den Anspruch auf Insolvenzausfallgeld bei Bestehen von lediglich gegen den Nichtarbeitgeber zu richtenden Ansprüchen verneint (Liebeg aaO, 73). Zwischen der Personengesellschaft des Handelsrechtes und ihren Gesellschaftern besteht keine Identität (EvBl 1964/13; WBl 1993, 92). Gemäß § 128 HGB haften die Gesellschafter der Personengesellschaft für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Ihre Pflicht zur Lohnzahlung gründet sich daher nicht auf den mit der Gesellschaft abgeschlossenen Arbeitsvertrag, sondern außerhalb desselben auf die gesetzliche Haftungsbestimmung. Damit sind sie aber lediglich als allenfalls aufgrund Gesetzes zahlungspflichtige Dritte, nicht jedoch als Arbeitgeber anzusehen, sodaß im Konkurs der Gesellschafter die gegen sie gerichteten Lohnzahlungsansprüche nicht nach dem IESG gesichert sind.
Es ist daher der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Besondere Billigkeitsgründe, die einen Kostenzuspruch trotz Unterliegens des Klägers rechtfertigen könnten, wurden von ihm weder bescheinigt noch sind solche der Aktenlage zu entnehmen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)