Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GewO 1973 §74 Abs1 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GewO 1973 §74 Abs1 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 31. August 1995 wurde der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer näher beschriebenen gewerblichen Betriebsanlage (Kfz-Werkstätte) bei Einhaltung von im einzelnen angeführten Auflagen erteilt und die u.a. von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen als unbegründet abgewiesen. Zum Schutz der Nachbarschaft wurden unter D. u.a. folgende Auflagen vorgeschrieben:
"1. Während des Betriebes sind sämtliche nachgeführten Fenster und Türen geschlossen zu halten:
Das Sektionaltor an der Südseite einschließlich der dazugehörenden Gehtüre, die Türe zum Lüftungsaggregateraum und die Türe zum Ersatzteillager. Weiters die Fenster der Gebrauchtwagenaufbereitung, der Lackiervorbereitung, das Fenster des Lacklagers und das Fenster des Aggregateraumes. Ausgenommen hievon ist ein kurzzeitiges Öffnen zu Lüftungszwecken bis zur Installation der mechanischen Be- und Entlüftungsanlage. Während diesem Öffnen haben aber jegliche Arbeiten zu unterbleiben.
2. Ein- und Ausfahren von Kraftfahrzeugen durch das südliche Sektionaltor sowie das Öffnen dieses Tores sind nicht zulässig."
Begründend wurde - nach Wiedergabe der eingeholten Sachverständigengutachten - im wesentlichen ausgeführt, das durchgeführte Verfahren, insbesondere die von den beiden Amtssachverständigen erstatteten Gutachten hätten ergeben, daß bei gewissenhafter Erfüllung und Beachtung der spruchgemäß vorgeschriebenen Auflagen keine Bedenken gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung bestünden. Aufgrund der Äußerungen der medizinischen Amtssachverständigen sowie den diesbezüglichen Vorschreibungen, die dem Schutz der Nachbarn dienten, seien die u.a. von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen als unbegründet abzuweisen gewesen. Das medizinische Gutachten sei aufgrund näher dargelegter Prämissen - insbesondere der Ergebnisse der vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen vorgenommenen Lärmmessungen - zur Auffassung gelangt, daß auch bei geschlossenen Fenstern und geschlossenem Tor an der Süd- und Westseite Lärm durch Arbeiten in der Betriebsanlage mit deutlicher Lärmentwicklung bei den Beschwerdeführern hörbar sein werde, daß dieser aber, knapp über der Grenze der Zumutbarkeit gelegen, gerade noch toleriert werden könne. Ein- und Ausfahrten über das südliche Sektionaltor würden sich - zusammen mit dem Öffnen und Schließen des Tores - auf einen Zeitraum von ca. einer Minute erstrecken und zu einer Abfolge von unterschiedlichen Geräuschen führen, die nicht nur Schalldruckpegel bewirkten, die deutlich höher seien als die Umgebungsgeräuschpegel, sondern auch Geräuschcharaktere aufwiesen, die sich von den Umgebungsgeräuschen unterschieden, wodurch die subjektive Wahrnehmbarkeit verstärkte werde. Verbunden mit diesen Geräuschen durch Fahrbewegungen seien zusätzliche informationshältige Geräusche durch gleichzeitig stattfindende Gespräche sowie Lärmentwicklungen aus der Betriebsanlage bei geöffnetem Tor, die die Lärmimmissionssituation beim Nachbarn zusätzlich verstärkten. Es sei daher jegliches Ein- und Ausfahren über das südliche Sektionaltor sowie das Öffnen des Tores mit unzumutbarer Belästigung verbunden. Die Zulieferungen zum Ersatzteillager an der Südseite der Betriebsanlage führten nicht nur zu den Fahrgeräuschen (Zufahrten, Bremsen, Starten, Wegfahren) der Lieferautos, sondern zu Lärmentwicklungen bei Entladevorgängen, bei den damit verbundenen Gesprächen und beim Öffnen und Schließen von Türen. Im Rahmen des lärmtechnischen Gutachtens seien auch hier die durchschnittlichen Dauerschallpegel als auch die Lärmspitzenpegel deutlich über der umgebungsbedingten Lärmistsituation festgestellt worden. Sie würden daher subjektiv als lauter und insgesamt als störend empfunden (Informationshältigkeit, Impulshältigkeit). Eine dadurch bedingte unzumutbare Lärmbelästigung sei nur hintanzuhalten, wenn diese Zulieferungen in ihrer Frequenz auf ein Minimum (dreimal täglich) eingeschränkt und gleichzeitig gewährleistet würde, daß der Entladevorgang kontinuierlich und in einem stattfinde. Außerdem müsse der Anlagenbetreiber zur Einhaltung größtmöglicher Sorgfalt angehalten werden (Vermeiden von Türenschlagen, udgl. sowie jeder unnötigen Lärmerregung).
Die mitbeteiligte Partei erhob Berufung, in der sie eine Abänderung der unter D 1 und 2 vorgeschriebenen Auflagen dahin beantragte, daß ein fallweises (ca. fünfmal tägliches) Öffnen und Befahren des südlichen Sektionaltores zugelassen werde.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 30. November 1995 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei die erstbehördliche Schlußfolgerung, jegliches Ein- und Ausfahren über das südliche Sektionaltor sowie das Öffnen und Schließen dieses Tores sei mit unzumutbarer Lärmbelästigung für die Nachbarn verbunden, aus der Zusammenschau der dadurch entstehenden Geräusche mit den Auswirkungen auf den menschlichen Organismus nachvollziehbar. Ein- und Ausfahrten durch dieses Tor seien daher gänzlich abzulehnen.
Aufgrund der auch gegen diesen Bescheid von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung holte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ein gewerbetechnisches Gutachten ein. Darin wird u.a. ausgeführt, der energieäquivalente Dauerschallpegel einer Einfahrt inklusive Öffnen und Schließen des Tores betrage - ausgehend von den im erstbehördlichen Verfahren vorgenommenen Lärmmessungen - ca. 53 dB für 40 Sekunden, für eine Ausfahrt inklusive Öffnen und Schließen des Tores ca. 54 dB für 50 Sekunden. Lege man diese Werte einer Rechnung für fünf Ausfahrten täglich zugrunde, so ergebe sich rechnerisch ein auf acht Stunden bezogener energieäquivalenter Dauerschallpegel von 33,4 dB. Der während acht Stunden herrschende energieäquivalente Dauerschallpegel der vorhandenen Umgebungsgeräusche werde durch fünf Ein- oder Ausfahrvorgänge praktisch nicht angehoben. Die diesbezüglich zu berücksichtigenden Spitzenpegel lägen nur während dieser Vorgänge knapp über jener der Umgebungsgeräusche. Unter Berücksichtigung der betriebskausalen Lärmimmissionen bei lärmintensiven Arbeiten im Gebäude bei geöffnetem Sektionaltor sowie des Umstandes, daß ca. drei Zulieferungen und Entladungsvorgänge täglich als zumutbar eingestuft worden seien, obwohl diese Vorgänge teilweise etwas höhere und länger dauernde Schallimmissionen bewirkten, als die Ein- und Ausfahrten beim Sektionaltor, lasse sich als Gesamtbetrachtung erschließen, daß die Ein- und Ausfahrten nicht wegen der unmittelbar dadurch entstehenden Schallemissionen als unzumutbar eingestuft worden seien, sondern wegen der von lärmintensiven Arbeiten im Betriebsgebäude bei geöffnetem Sektionaltor herrührenden hohen Schallemissionen. Darauf weise auch die Stellungnahme der Beschwerdeführer hin, wonach die Öffnung dieses Tores zum Aus- und Einfahren mit Pkws dann nicht als störend empfunden werde, wenn während dieser Vorgänge nicht gearbeitet werde. Aus gewerbetechnischer Sicht könnten somit unter Berücksichtigung sämtlicher bisher erstellten Gutachten zur Vermeidung unzumutbarer Lärmbelästigungen von Nachbarn die Auflagen D 1 und 2 wie folgt abgeändert werden:
"D 1. Während des Betriebes sind folgende Türen und Fenster geschlossen zu halten: Die Türe zum Lüftungsaggregateraum, die Türe zum Ersatzteillager sowie die Fenster der Gebrauchtwagenaufbereitung, der Lackiervorbereitung, das Fenster des Lacklagers und das des Aggregateraums.
D 2. Das südliche Sektionaltor darf nur zum unmittelbaren Ein- oder Ausfahren von Kraftfahrzeugen maximal etwa fünfmal täglich geöffnet werden. Solange das Tor geöffnet ist, müssen sämtliche lärmintensiven Arbeiten in der Betriebsanlage, wie z. B. Hämmern, Schleifen, Bohren etc. eingestellt werden. Ein Offenhalten des Tores über die unbedingt für die Fahrbewegungen erforderliche Zeit hinaus ist während der Betriebszeiten unzulässig. Die Gehtüre ist während der Betriebszeiten geschlossen zu halten."
Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten holte weiters ein ergänzendes medizinisches Gutachten ein, in dem der rechnerisch ermittelte 8-Stunden-Mittelwert für fünf Fahrbewegungen durch das südliche Sektionaltor für die medizinische Beurteilung der Lärmimmissionen durch Ein- und Ausfahrten über dieses Tor als nicht relevant angesehen wurde. In diesem Wert seien nämlich keinerlei Informationen über die tatsächliche Lärmentwicklung im Zusammenhang mit solchen Fahrbewegungen enthalten. Die gemessenen Schalldruckpegel würden weiters bestimmte - zwar nicht vom gewerbetechnischen, jedoch von der medizinischen Sachverständigen in ihrem Gutachten beschriebenen - Komponenten dieses Störlärms nicht enthalten, wie gleichzeitig vorhandenen impulshaltigen Lärm durch Schlaggeräusche (Zuschlagen von Autotüren, Motorhauben u. dgl.), informationshältigen Lärm durch begleitende Gespräche oder Zurufe der Angestellten oder laufende Autoradios sowie wiederholte Lärmpegelerhöhungen durch Absterben des Motors der zu reparierenden Kfzs mit neuerlichem Starten. Berücksichtige man diese Komponenten des Störlärms bei den in Rede stehenden Fahrbewegungen, so müsse aus lärmmedizinischer Sicht für Informations- bzw. Impulshältigkeit ein Pegelaufschlag von 5 dB mitberücksichtigt werden, sodaß sich daraus insgesamt eine deutliche und höhere Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze als beim Störgeräusch durch Liefervorgänge ergebe. Die ortsübliche Schallimmissionssituation werde nicht nur durch die Schallpegelerhöhung, sondern vor allem auch durch eine Änderung des Geräuschcharakters nachteilig verändert. Dies führe dazu, daß bei den Beschwerdeführern unzumutbare Lärmbelästigungen aufträten. Entgegen der Auffassung des vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eingeholten gewerbetechnischen Gutachtens seien Ein- und Ausfahrten durch das südliche Sektionaltor nicht nur wegen der von lärmintensiven Arbeiten im Betriebsgebäude bei geöffnetem Tor herrührenden hohen Schallemissionen als unzumutbar beurteilt worden, sondern es sei der Störläm der Ein- und Ausfahrten mit all seinen Komponenten aus lärmmedizinischer Sicht als unzumutbar beurteilt worden.
Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. April 1997 wurden die unterinstanzlichen Bescheide dahin geändert, daß die Auflagenpunkte D 1 und D 2 wie folgt zu lauten haben:
"D 1. Während des Betriebes sind folgende Türen und Fenster geschlossen zu halten:
Die Türen zum Lüftungsaggregateraum, die Türe zum Ersatzteillager sowie die Fenster der Gebrauchtwagenaufbereitung, der Lackiervorbereitung, das Fenster des Lacklagers und das des Aggregateraumes. D 2. Das südliche Sektionaltor darf nur zum unmittelbaren Ein- und Ausfahren von Kraftfahrzeugen maximal fünfmal täglich geöffnet werden. Solange das Tor geöffnet ist, müssen sämtliche lärmintensiven Arbeiten in der Betriebsanlage wie z.B. Hämmern, Schleifen, Bohren, usw. eingestellt werden. Ein Offenhalten des Tores über die unbedingt für die Fahrbewegungen erforderliche Zeit hinaus ist während der Betriebszeiten unzulässig. Die Gehtüre ist während der Betriebszeiten geschlossen zu halten."
Hiezu wurde - nach Wiedergabe des vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eingeholten gewerbetechnischen Gutachtens, nicht aber auch des medizinischen Ergänzungsgutachtens - im wesentlichen ausgeführt, der Bundesminister folge den klaren, eindeutigen und schlüssigen Aussagen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, woraus sich ergebe, daß mit der nunmehr vorgeschriebenen Auflagenänderung eine Belästigung der Nachbarn vermieden werden könne. Für ein gänzliches Verbot des Öffnens des südlichen Sektionaltores werde weder rechtlich noch faktisch eine Notwendigkeit gesehen und würde dies einem Betriebsverbot gleichkommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich - ihrem gesamten Vorbringen zufolge - durch den angefochtenen Bescheid in den ihnen nach der GewO 1994 zukommenden Nachbarrechten verletzt. Sie bringen hiezu im wesentlichen vor, die belangte Behörde hätte aufgrund der Berufung der mitbeteiligten Partei kein weiteres gewerbetechnisches, sondern ein medizinisches Gutachten einholen müssen. Demgegenüber lege die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich dar, daß sie dem gewerbetechnischen Gutachten folge, sie habe sich jedoch mit den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen in keiner Weise auseinandergesetzt, obwohl dieser die vom gewerbetechnischen Sachverständigen vorgeschlagene Frequenz der Ein- und Ausfahrten durch das südliche Sektionaltor aus medizinischer Sicht als unzumutbar qualifiziert habe. Die weitere Begründung, wonach die ursprünglichen Auflagen einem Betriebsverbot gleichkämen, sei nicht nachvollziehbar. Die geänderte Auflage D 2 sei, insoweit sie vorsehe, daß sämtliche lärmintensiven Arbeiten in der Betriebsanlage wie z.B. hämmern, schleifen, bohren usw. eingestellt werden müßten, solange das Tor geöffnet sei und daß ein Offenhalten des Tores über die für die Fahrbewegungen unbedingt erforderliche Zeit hinaus während der Betriebszeiten unzulässig sei, nicht ausreichend bestimmt. Es könne nicht im Belieben der mitbeteiligten Partei stehen, zu entscheiden, welche über Hämmern, Schleifen und Bohren hinausgehenden lärmintensiven Arbeiten zum Schutz der Nachbarn einzustellen seien und welche nicht. Was vom Nachbarn als lärmintensiv und störend empfunden werde, könne vom Betriebsinhaber als nicht störend angesehen werden. Weiters seien den Beschwerdeführern, obwohl sie Berufungsgegner gewesen seien, die Berufungsschriftsätze der mitbteiligten Partei nicht zugestellt worden. Das Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen sei ihnen direkt zugestellt worden, obwohl sie anwaltlich vertreten gewesen seien und schließlich habe die belangte Behörde eine Begründung unterlassen, warum sie dem Antrag der Beschwerdeführer, ein weiteres lärmtechnisches Gutachten einzuholen, nicht entsprochen habe.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...
Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, ist gemäß § 77 Abs. 2 leg. cit. danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
Die Feststellung, ob die (sachverhaltsbezogenen) Voraussetzungen für die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage vorliegen, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Den Sachverständigen obliegt es, aufgrund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Während sich der gewerbetechnische Sachverständige über die Art und das Ausmaß der zu erwartenden Emissionen zu äußern hat, ist es Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen, die Auswirkungen der Emissionen auf die Nachbarschaft zu beurteilen. Dabei gehört es grundsätzlich zu den Aufgaben des gewerbetechnischen Sachverständigen, sich in einer die Schlüssigkeitsprüfung ermöglichenden Weise nicht nur über das Ausmaß, sondern auch über die Art der zu erwartenden Immissionen zu äußern und in diesem Zusammenhang darzulegen, ob und gegebenenfalls welche Eigenart einem Geräusch (z.B. Impulscharakter, besondere Frequenzzusammensetzung, Informationshältigkeit) unabhängig von seiner Lautstärke anhaftet. Demgegenüber hat der ärztliche Sachverständige auch dann, wenn hinsichtlich der Klangcharakteristik subjektive Wahrnehmungen von Bedeutung sein können, vor allem von den objektiven durch den gewerbetechnischen Sachverständigen in seinem Gutachten aufgenommenen Beweisen auszugehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1994, Zl. 94/04/0054, und die hier zitierte Vorjudikatur).
Die Behörde darf Fachfragen nur dann selbst beurteilen, wenn sie die Kenntnisse und Erfahrungen hat, die für eine selbständige fachliche Beurteilung von Fragen des betreffenden Wissensgebietes vorausgesetzt werden müssen. Die betreffenden selbständigen Darlegungen der Behörde müssen, abgestellt auf das jeweils in Betracht kommende Wissensgebiet, methodisch und dem inhaltlichen Niveau nach den gleichen Anforderungen entsprechen wie das Gutachten eines Sachverständigen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0215, und die hier zitierte Vorjudikatur).
Im vorliegenden Fall erachtete die belangte Behörde die mit einem maximal fünfmaligen täglichen Öffnen des in Rede stehenden Sektionaltores zum unmittelbaren Ein- und Ausfahren von Kraftfahrzeugen verbundene Lärmbelästigung der Nachbarn als zumutbar im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994. Sie begründete ihre Auffassung damit, daß laut Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, der während acht Stunden herrschende energieäquivalente Dauerschallpegel der vorhandenen Umgebungsgeräusche dadurch praktisch nicht angehoben würde, die zu berücksichtigenden Spitzenpegel nur während dieser Vorgänge knapp über jenen der Umgebungsgeräusche lägen und sich aus dem (von der Erstbehörde eingeholten) medizinischen Gutachten erschließen lasse, daß die Ein- und Ausfahrten lediglich wegen der von lärmintensiven Arbeiten im Betriebsgebäude bei geöffnetem Sektionaltor herrührenden hohen Schallemissionen als unzumutbar eingestuft worden seien.
Entgegen der oben dargestellten Rechtslage hat es die belangte Behörde jedoch unterlassen, sachverständig fundierte Feststellungen über den Charakter der einzelnen erhobenen Lärmereignisse (Impulscharakter, Informationshältigkeit, etc.) und der damit verbundenen Lärmspitzen zu treffen. Vielmehr ist sie allein vom numerischen Wert der Lautstärke der erhobenen Störgeräusche ausgegangen. Zur Feststellung, diese seien zumutbar im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 ist sie schließlich gelangt, ohne des weiteren (aus medizinischer Sicht) abzuklären, welche Auswirkungen diese Immissionen ihrer Art und ihrem Ausmaß nach auf den menschlichen Organismus auszuüben vermögen.
Schon aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit und zwar infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Diese Rechtswidrigkeit wird allerdings durch folgende inhaltliche Rechtswidrigkeit in den Hintergrund gedrängt:
Nach der ständigen hg. Judikatur (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1997, Zl. 96/04/0119) kann eine Auflage im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 jede der Vermeidung von Immissionen dienende und zur Erfüllung dieses Zweckes geeignete (behördlich erzwingbare) Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben. Eine Auflage ist daher im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 nur dann geeignet, wenn ihre Einhaltung von der Behörde jederzeit und aktuell überprüft werden kann. Diese Überprüfbarkeit erfordert einen solchen Inhalt der Auflage, daß jederzeit beurteilt werden kann, ob ein bestimmtes Verhalten als Einhaltung der Auflage zu deuten ist.
Diesen Erfordernissen entspricht die unter D 2 vorgeschriebene Auflage, "sämtliche lärmintensive Arbeiten in der Betriebsanlage wie z.B. Hämmern, Schleifen, Bohren usw."
einzustellen, solange das Tor geöffnet ist, schon insoferne nicht, als hier schlechthin auf die Durchführung "lärmintensiver Arbeiten" Bezug genommen wird (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0225); werden die in der Folge angeführten Arbeiten doch ausdrücklich als Beispiele für "lärmintensive Arbeiten" genannt, sodaß nicht davon ausgegangen werden kann, daß als "lärmintensive Arbeiten" nur die genannten in Betracht kämen. Es kann daher - ohne auf die grundsätzliche Frage einzugehen, inwieweit eine solche Auflage bei laufendem Betriebsgeschehen überhaupt eine i.S.d.
§ 77 Abs. 1 GewO 1994 geeignete Auflage sein könnte - schon aus diesem Grund nicht von einer geeigneten Auflage gesprochen werden kann.
Indem die belangte Behörde dennoch davon ausging, bei Vorschreibung dieser Auflage könnten vorhersehbare Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, hat sie die Rechtslage verkannt und solcherart den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher - ohne auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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