VwGH 90/04/0215

VwGH90/04/021529.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. Juni 1990, Zl. 312.333/1-III-3/90, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Parteien: 1. A in X 2. B in X), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GewO 1973 §77 Abs2;
AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GewO 1973 §77 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. Juni 1990 wurde ausgesprochen, daß den von den mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von E vom 30. Juni 1989 erhobenen Berufungen Folge gegeben werde und daß dieser Bescheid vom 30. Juni 1989 und der ihm zugrundeliegende Bescheid des Bürgermeisters der Stadt X vom 29. April 1988, letzterer mit Ausnahme der Vorschreibung der Kommissionsgebühren und der Barauslagen für die Teilnahme eines Vertreters des Arbeitsinspektorates, behoben würden; das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 15. Oktober 1987 um Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für eine Kfz-Reparatur- und Servicewerkstätte für Motoren aller Art in X, C-Straße 25, werde gemäß § 77 GewO 1973 abgewiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe mit Eingabe vom 15. Oktober 1987 um Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung für eine Kfz-Reparatur- und Servicewerkstätte für Motoren aller Art in X, C-Straße (Gst. 724/9, KG Y) angesucht. Über dieses Ansuchen sei von der Erstbehörde am 21. März 1988 eine mündliche Augenscheinsverhandlung durchgeführt worden. Im Zuge dieser Augenscheinsverhandlung hätten u.a. die nunmehrigen mitbeteiligten Parteien Einwendungen wegen befürchteter Gesundheitsgefährdungen bzw. unzumutbarer Immissionen durch Lärm und Abgase erhoben. Mit Bescheid vom 29. April 1988 sei die beantragte Betriebsanlagengenehmigung unter insgesamt 37 Auflagen erteilt worden. Gegen diesen Bescheid hätten die mitbeteiligten Parteien in getrennten Schriftsätzen Berufung erhoben. Die Zweitbehörde habe ein ergänzendes Ermittlungsverfahren unter Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 22. Juni 1989 durchgeführt. Mit Bescheid vom 30. Juni 1989 sei den Berufungen insofern Folge gegeben worden, als die Auflage unter Punkt 2) des Bescheides der Erstbehörde ergänzt worden sei und drei neue Auflagen unter den Punkten 38) bis 40) vorgeschrieben worden seien. Auch gegen diesen Bescheid hätten die mitbeteiligten Parteien Berufung erhoben. Aufgrund des Beschwerdevorbringens habe die Drittbehörde zunächst die Frage geklärt, ob zu Recht ein Verfahren gemäß § 77 GewO 1973 durchgeführt worden sei. Diese Frage sei schließlich zu bejahen gewesen, da früher erteilte Betriebsanlagengenehmigungen infolge Nichtbetriebes durch mehr als 3 Jahre gemäß § 80 GewO 1973 erloschen seien. Des weiteren sei unter einem vom Beschwerdeführer eine Ergänzung der Betriebsbeschreibung zur Frage der Zu- und Ablieferung der zu reparierenden Motoren eingeholt worden. Sodann sei am 23. Jänner 1990 eine mündliche Augenscheinsverhandlung unter Beiziehung eines gewerbetechnischen und eines ärztlichen Amtssachverständigen abgehalten worden. Zur Klärung des Sachverhaltes und des Berufungsvorbringens sei am 22. Jänner 1990 ein Augenschein unter Beiziehung der angeführten Sachverständigen durchgeführt worden. Eingangs der sodann am 23. Jänner 1990 durchgeführten Verhandlung habe der Beschwerdeführer die Betriebsbeschreibung neuerlich ergänzt. Anläßlich des Augenscheins am 22. Jänner 1990 seien Schallpegelmessungen vorgenommen worden. Der Meßpunkt habe sich im Erdgeschoß des Hauses C-Straße 30 im Kinderzimmer an der Ecke zum D-Weg befunden. Das Fenster Richtung C-Straße sei geöffnet gewesen. Die Messungen hätten folgendes Ergebnis erbracht: In der Zeit von 16.03 Uhr bis 16.30 Uhr sei ein Grundgeräuschpegel von 30 dB(A) festgestellt worden. Vorüberfahrende Pkw hätten Werte zwischen 56 und 60 dB(A), ein startender PKW unmittelbar vor dem Haus einen Wert von 62 dB(A) verursacht. Das Zuschlagen einer Autotüre habe eine Pegelspitze von 62 dB(A) hervorgerufen, Passantengeräusche (Gespräche und Kinderwagenrollgeräusch) seien mit 42 bis 50 dB(A) gemessen worden. Der energie-äquivalente Dauerschallpegel (Leq) für die Zeit von 16.03 Uhr bis 16.30 Uhr habe 43,7 dB(A) betragen. Einzelne Geräusche aus der Werkstätte der Betriebsanlage seien mit 39 dB(A) gemessen worden (Zischen und Klappern). Die neuerliche Messung des Grundgeräuschpegels in der Zeit von 19.10 Uhr bis 19.15 Uhr habe einen Wert von 28 dB(A) ergeben. Sodann seien mittels des vom Konsenswerber zur Verfügung gestellten Lkw (Type Steyr 12 S 14, Bj. 1986, 12 to zulässiges Gesamtgewicht) Störungsgeräusche simuliert worden. Dieser Vorgang sei vom Verhandlungsleiter überwacht worden. Bei Vollgas und Leerlauf bei einer Drehzahl von 2.500 U/min hätten sich folgende Werte ergeben: Im Hof vor der Einfahrt in die Halle 50 dB(A), in der Halle bei geschlossenem Tor und einem gekippt geöffneten Fenstersegment nächst dem Meßpunkt 49 dB(A) und in der Einfahrt mit einer halben Wagenlänge vor der Baulinie mit dem Kühler Richtung Straße 62 dB(A). Zu Vergleichszwecken sei beim gleichen Motorgeräusch eine Messung vor dem Kühler in zwei Meter Entfernung durchgeführt worden; diese habe einen Wert von 92 dB(A) ergeben. Auf Grund der Angaben der mitbeteiligten Parteien sei auch versucht worden, das Störgeräusch durch den Betrieb des Kompressors zu ermitteln. Das Geräusch beim Aufladen des Windkessels sei gegenüber den sonstigen Umgebungsgeräuschwerten nicht eindeutig meßtechnisch erfaßbar gewesen und dürfte etwa bei 36 dB gelegen gewesen sein. Eindeutig erfaßbar sei nur ein Zischgeräusch beim Ende des Aufladevorganges beim Kompressor mit 40 dB(A) gewesen. Der gewerbetechnische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten u.a. ausgeführt, anläßlich des Augenscheins seien diverse Störgeräusche durch Lkw-Verkehr simuliert worden. Grundsätzlich sei festzustellen, daß hinsichtlich Höhe und Häufigkeit die Störgeräusche durch Lkw-Verkehr und Probeläufe von Motoren in ein- oder ausgebautem Zustand als wesentlichstes Merkmal in dieser Hinsicht zu betrachten seien. Demgegenüber seien sowohl der Werkstätteninnenpegel durch Verwendung der im Betrieb vorgesehenen Maschinen und Geräte als auch der Pegel durch Kausalverkehr durch Pkw als wesentlich niedriger einzustufen. Der bei der Simulation vorhandene Lkw habe einen Nahfeldpegel von 92 dB erzeugt. Bei anderen Verfahren seien bei Lkw Nahfeldpegel von 95 und bei Baugeräten von 97 dB gemessen worden. In der weiteren Betrachtung seien daher bei den zu erwartenden Immissionsmaxima Zuschläge von 5 dB angerechnet worden. Es sei also von einer 5 dB höheren Emission ausgegangen worden als beim Augenschein. Je nach Standort des geräuscherzeugenden Motors hätten sich daher die nachstehenden Immissionswerte ergeben. Diese Werte würden für beide Nachbarn gleicherweise gelten, da das Grundstück C-Straße 26 der südlichen Ausfahrt direkt gegenüberliege, an beiden Ausfahrten gleich hohe Pegelspitzen auftreten könnten und für den Bereich der Werkstätte die Entfernung zum Haus C-Straße 30 nur etwas geringer sei als zur anderen mitbeteiligten Partei und dies schalltechnisch kaum ins Gewicht falle. Im Einfahrtsbereich sei mit Pegelspitzen von 62 bis 68 dB zu rechnen, auf dem Hof und aus der Werkstättenhalle mit Pegelspitzen von 49 bis 55 dB (dies unter der Voraussetzung, daß die Werkstättentore geschlossen seien und die öffenbaren Fenster in Anspruch genommen würden). Auf Grund der Ausstattung des Betriebes könne davon ausgegangen werden, daß in der Betriebsanlage nahezu ausschließlich Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Reparatur von Motoren ausgeführt würden. Diese Tätigkeiten seien aber vom Beschwerdeführer nicht näher spezifiziert worden. Eine kürzere Dauer der Tätigkeiten im Ausmaß von etwa einem halben bis einem Tag sei nicht ausgeschlossen. Die Anlieferung der Motoren erfolge entweder mit dem zugehörigen Kfz selbst oder im ausgebauten Zustand per Lkw, möglich wäre auch die Anlieferung mittels Pkw-Anhänger oder mittels der in Betrieb stehenden Kleintransporter. In welcher Form dies erfolge, sei nicht absehbar und auch nicht überprüfbar. Es müsse daher bei der Beurteilung der Häufigkeit von einer Maximalzahl ausgegangen werden, die sich aufgrund der Ausstattung, der Betriebsgröße und auch der Anzahl der Arbeitnehmer ergebe. Sicherlich sei mindestens eine Bearbeitung von drei Aggregaten gleichzeitig und die Zustellung eines vierten pro Tag möglich. Die Annahme einer Anzahl von vier bis fünf Lkw-Bewegungen pro Tag sei daher nicht auszuschließen. Hinzu komme die Frage der Häufigkeit von Probeläufen, deren tägliche Anzahl ebenfalls mit vier bis fünf angenommen werden könne. Die Zeitdauer bei zügigem Einfahren in die Betriebsanlage liege im Bereich einiger Sekunden, sofern kein Reversieren erforderlich sei. Hingegen ergäben sich bei Probeläufen im Hof oder in der Halle oder bei Verwendung eines Autokranes sicherlich auch Störgeräusche in der angegebenen Höhe für jeweils mehrere Minuten. Die Beurteilung dieser Fragen erfolge im wesentlichen auf Basis der Überprüfbarkeit, da eine Kontrolle, inwieweit die anläßlich der Genehmigung angenommene Betriebsweise noch gegeben sei, in sehr kurzer Zeit ohne Einblick in Unterlagen, wie z.B. Buchhaltung, möglich sein müsse. Der ärztliche Amtssachverständige habe in seinem Gutachten ausgeführt, Lärmeinwirkungen seien in Abhängigkeit verschiedener Faktoren, auf die im folgenden näher eingegangen werde, grundsätzlich geeignet, eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens bzw. der Gesundheit des Menschen herbeizuführen. In bezug auf die Gesundheitsbeeinträchtigung könne man grob zwischen direkten und indirekten Auswirkungen von Lärmimmissionen unterscheiden. Direkte Effekte beträfen das Gehörsinnesorgan und bestünden in einer Beeinträchtigung der Hörfähigkeit (Lärmschwerhörigkeit). Entsprechende Auswirkungen seien dann zu erwarten, wenn über längere Zeit Schallimmissionen höherer Intensität (ab etwa 85 dB(A)) einwirkten. Indirekte Lärmwirkungen seien hingegen unspezifischer und nicht für Lärm typischer Natur, die sich im wesentlichen in Funktionsbeeinträchtigungen von Organen äußerten, die dem autonomen Nervensystem unterlägen. Sie seien Ausdruck der fehlenden Adaption von Überlastungen des psychovegetativen Ablaufes somatischer Reaktionen.

Ausschlaggebend für das Auftreten solcher Funktionsänderungen seien Lärmimmissionen, die signifikante vegetative Wirkungen herbeiführen könnten. Ausschlaggebend dafür sei primär wiederum die Intensität der Schalleinwirkungen, wobei in der Literatur (siehe Jansen, "Zur erheblichen Belästigung und Gefährdung durch Lärm", Zeitschrift für Lärmbekämpfung 33/1986, Seite 2-7) als kritischer Bereich Schallpegel über 75 dB angesehen würden. Bei Lärmeinwirkungen geringerer Intensität sei an eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens zu denken, wobei eine solche dann wahrscheinlich sei, wenn die neu hinzutretenden Lärmimmissionen nach Art und Ausmaß eine signifikante Änderung des gewohnten Umgebungsgeräuschniveaus herbeiführten. Im konkreten Fall habe anläßlich des Augenscheines festgestellt werden können, daß von der Betriebsanlage Lärmimmissionen auf die Nachbarschaft einwirken würden, die sich in einer Größenordnung bis etwa 62 dB (bzw. unter Annahme der Zufahrt lauterer Lkw bis 68 dB) bewegen würden. Es handle sich dabei im wesentlichen um die mit den Zufahrts- bzw. Abfahrtsvorgängen von der Betriebsanlage einhergehenden Geräusche. Geräusche aus der Betriebsanlage selbst seien hingegen von wesentlich geringerer Intensität und würden sich vom Umgebungsgeräuschniveau (wie während des Augenscheines festgestellt habe werden können) kaum abheben. Auf der Grundlage der erhobenen Schallpegelwerte könne somit jedenfalls eine Gefährdung der Gesundheit in der Nachbarschaft ausgeschlossen werden. Zur Frage einer signifikanten Änderung des Umgebungsgeräuschniveaus sei auszuführen, daß sich die erhobenen Schallereignisse jedenfalls tagsüber kaum nach Art und Ausmaß von den sonstigen Umgebungsgeräuschen (Kfz-Verkehr) unterscheiden. Eine Änderung scheine jedoch insofern einzutreten, als es offensichtlich am Abend zu einer deutlichen Beruhigung des Verkehrsaufkommens in der C-Straße komme, sodaß zu dieser Zeit die mit der Frequentierung der Betriebsanlage verbundenen Kfz-Geräusche in den Vordergrund treten würden. Es werde aus ärztlicher Sicht daher zwecks Verhinderung der Beeinträchtigung des Wohlbefindens die Begrenzung der Betriebszeit auf die Tagzeit innerhalb 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr für notwendig erachtet. Dies auch im Hinblick darauf, daß die Umgebung der Betriebsanlage sich als überwiegendes Wohngebiet darstelle und sich somit in der Freizeit (also außerhalb der vorhin genannten Zeiten; diese seien statistisch dokumentiert) ein legitimes Bedürfnis nach Ungestörtheit ergebe. Der Verhandlungsleiter habe den ärztlichen Amtssachverständigen gefragt, ob die oben vorgenommene Beurteilung hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen der zu erwartenden Lärmimmissionen auch für ein gesundes, normal empfindendes Kind Geltung habe. Der ärztliche Amtssachverständige habe diese Frage bejaht. Der Verhandlungsleiter habe den ärztlichen Amtssachverständigen weiters gefragt, ob im konkreten Fall der Abstand zwischen dem Grundgeräuschpegel von 30 dB und den zu erwartenden maximalen Lärmimmissionen von bis zur 68 dB für die Beeinträchtigung des Wohlbefindens eine Rolle spiele. Der ärztliche Amtssachverständige habe hierauf geantwortet, daß diesem Faktum dann entscheidende Bedeutung zukäme, wenn keine sonstigen Umgebungsgeräusche besonderer Häufigkeit vorhanden wären. Bedingt durch den Verkehr in der C-Straße sei dies im konkreten Fall jedoch nicht gegeben. Der Verhandlungsleiter habe den gewerbetechnischen Amtssachverständigen gefragt, mit welchem Kfz-Verkehr ganz allgemein aufgrund der Umgebungssituation in der C-Straße zu rechnen sei. Der gewerbetechnische Amtssachverständige habe hierauf geantwortet, daß, wenn die gegenständliche Betriebsanlage unberücksichtigt bleibe, der Verkehr in der C-Straße vom Zweck her als "privater" Gelegenheitsverkehr, teilweise Berufsverkehr und nur in sehr geringem Maße als Geschäftsverkehr im Zusammenhang Pelzverkauf Z anzusehen sei. Durchwegs handle es sich um Ziel- und Quellenverkehr, wobei im Tagesdurchschnitt eine Stundenfrequenz von zehn Kfz nicht überschritten werden dürfte. Nach Abhaltung der genannten Augenscheinsverhandlung seien mehrere Eingaben der mitbeteiligten Parteien bei der Drittbehörde eingelangt.

Für den behördlichen Abspruch sei zu prüfen gewesen, ob eine Gefährdung der Gesundheit durch die von der gegenständlichen Betriebsanlage zu erwartenden Immissionen bei allfälliger Vorschreibung von Auflagen "vermieden" werde. Die Annahme der Gefährdung der Gesundheit bei Lärmspitzen von 15 bis 20 dB über dem Grundgeräuschpegel sei jedenfalls nicht als rechtswidrig anzusehen (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1989, Zl. 86/04/0114). Es sei weiters nicht als rechtswidrig anzusehen, wenn die Behörde einem ärztlichen Amtssachverständigengutachten, das bei einem Abstand zwischen Lärmspitzen und Grundgeräuschpegel von 13 dB keine Bedenken in medizinischer Hinsicht, sei es eine Gefährdung der Gesundheit oder eine Belästigung, gesehen habe, nicht folge (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 1988, Zl. 87/04/0272). Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeute dies, daß vorerst zu untersuchen sei, ob die von der Betriebsanlage zu erwartenden Lärmimmissionen, wobei Art und Umfang der gewerbetechnische Amtssachverständige festzustellen habe, eine Gefährdung der Gesundheit besorgen ließen und ob verneinendenfalls diese Immissionen als zumutbar bezeichnet werden könnten: Nach dem begründeten und schlüssigen gewerbetechnischen Amtssachverständigengutachten sei bei Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage im Einfahrtsbereich mit Schallpegelspitzen bei den nächstgelegenen Nachbarn von 62 bis 68 dB und aus dem Hof und aus der Werkstättenanlage mit Pegelspitzen von 49 bis 55 dB zu rechnen, wobei nach diesem Gutachten für die Lärmemissionen der Betriebsanlage Störgeräusche durch Lkw-Verkehr und Probeläufe von Motoren im ein- und ausgebauten Zustand als das wesentlichste Merkmal zu betrachten seien. Diesen zu erwartenden Lärmimmissionen stehe ein Grundgeräuschpegel von 28 bis 30 dB gegenüber. Wie der ärztliche Amtssachverständige in seinem Gutachten selbst ausführe, komme es vor allem darauf an, ob die neu hinzutretenden Lärmimmissionen nach Art und Ausmaß geeignet seien, eine signifikante Änderung des gewohnten Umgebungsgeräuschniveaus herbeizuführen. Dazu sei festzuhalten, daß Lkw-Verkehr und Probeläufe von (hauptsächlich) Dieselmotoren durch den Betrieb der gegenständlichen Werkstätte gegenüber der bisherigen Umgebungsgeräuschsituation als neu hinzutretende Immissionen aufzufassen seien. Wie der gewerbetechnische Amtssachverständige auf Befragen des Verhandlungsleiters schlüssig ausgeführt habe, sei zum in der Umgebung der Betriebsanlage herrschenden Verkehr auszusagen, daß es sich dabei vom Zweck her um "privaten" Gelegenheitsverkehr, teilweise Berufsverkehr und nur in sehr geringem Maße Geschäftsverkehr im Zusammenhang mit dem Pelzverkauf Z handle, wobei davon ausgegangen werden könne, daß im Tagesdurchschnitt eine Stundenfrequenz von 10 Kfz kaum überschitten werde. Die Umgebung der Betriebsanlage, insbesondere die nächstgelegenen Nachbarliegenschaften, seien daher grundsätzlich als eine ruhige Wohngegend zu bezeichnen. Dies komme in den Befunden der Sachverständigen deswegen nicht so deutlich zum Ausdruck, weil zum Zeitpunkt des Augenscheines am 22. Jänner 1990 in der C-Straße Straßenbauarbeiten durchgeführt worden seien, die zu einer Erhöhung der Lärmimmissionen von Fahrzeugen, die diese Straße benützten, geführt hätten, da die Straße infolge der Entfernung der Asphaltdecke sehr uneben gewesen sei. Darüber hinaus sei bei Beendigung der Arbeitstätigkeit am 22. Jänner 1990 ein zusätzlicher Straßenverkehr herbeigeführt worden, der bei Nichtdurchführung der sicherlich nicht als typischer Zustand zu bezeichnenden Bauarbeiten nicht vorhanden sei. Wenn der gewerbetechnische Amtssachverständige vier Anlieferungen und vier bis fünf Probeläufe pro Tag als möglich angesehen habe, fielen diese Lärmereignisse in Anbetracht der ruhigen Umgebungslage auch hinsichtlich der Häufigkeit durchaus ins Gewicht. Von besonderer Bedeutung sei jedoch der sehr hohe Abstand zwischen den zu erwartenden Lärmspitzen von maximal 68 dB und dem erhobenen Grundgeräuschpegel von 28 bis 30 dB. Es handle sich dabei nach den Gesetzen der Akustik um eine Versechzehnfachung (Ü) des Grundgeräuschpegels. Der Verwaltungsgerichtshof habe bei wesentlich geringeren Modulationstiefen (Abstand Grundgeräuschpegel - Störgeräusche) die Feststellung einer Gesundheitsgefährdung als der Rechtsordnung entsprechend angesehen. Selbst bei Betrieb in der Werkstättenanlage, bei dem mit Pegelspitzen von 49 bis 55 dB zu rechnen sei, komme es zumindest zu einer Vervierfachung des Grundgeräuschpegels. In Anbetracht dessen könne der ärztlichen Aussage auf die Frage des Verhandlungsleiters, daß dieser Modulationstiefe nur dann entscheidende Bedeutung zukäme, wenn keine sonstigen Umgebungsgeräusche vorhanden wären, nicht gefolgt werden, wobei anzumerken sei, daß eine solche Situation im praktischen Leben in unseren Breiten kaum vorkomme. Den der Entscheidung der Erstbehörde zugrundegelegten Sachverhalt, daß von einem Betriebsablauf dergestalt auszugehen sei, daß die Kunden den bereits ausgebauten Motor (zu Fuß?, mit einem Pkw?) bringen und weniger oft das Fahrzeug selbst zum Betrieb abgeschleppt werde, könne nach Vorlage ergänzender Unterlagen schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht beigetreten werden. Vielmehr sei bei einer Motorenwerkstätte, die sich auf (Groß-)Dieselmotoren verschiedenster Herkunft spezialisiere, damit zu rechnen, daß die Motoren in der Regel mit LKW angeliefert würden oder die schadhaften Geräte, sofern diese Selbstfahrer seien und noch fahrbar seien, selbst zur Betriebsanlage gebracht würden. Zusammenfassend sei festzuhalten, daß durch die projektierte Betriebsanlage eine Gefährdung der Gesundheit von Nachbarn durch Lärmimmissionen, insbesondere aufgrund der Höhe der zu erwartenden Lärmspitzen und ihrem Abstand zum Grundgeräuschpegel, nicht vermieden werde und es auch keine technischen Möglichkeiten gebe, diese Immissionen in den Bereich der Zumutbarkeit herabzumindern. Der gewerbetechnische Amtssachverständige habe nämlich schlüssig ausgeführt, daß Reversiermanöver bei größeren Fahrzeugen unvermeidlich seien, ebensowenig ließen sich bei der beabsichtigten Betriebsweise Probeläufe von eingebauten Dieselmotoren im Freien vermeiden, weil dies zur Beurteilung des Schadenszustandes vor Durchführung von Reparaturen unerläßlich sei. Eine Beschränkung der Länge von Kundenfahrzeugen aber komme schon aus rechtlichen Gründen nicht in Frage, weil Auflagen nicht an Kunden gerichtet werden könnten. Es habe daher dem ärztlichen Amtssachverständigengutachten, auch was das "Vermeiden" einer Gesundheitsgefährdung anlange, nicht gefolgt werden können.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Auch die mitbeteiligten Parteien erstatteten je eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung verletzt. Er trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, er besitze die Gewerbeberechtigung für eine Kfz-Reparatur- und Servicewerkstätte für Motoren aller Art mit dem Standort X, C-Straße 25. Diese Liegenschaft liege nach dem Flächenwidmungsplan der Stadt X im gemischten Baugebiet. Der Bürgermeister der Stadt X habe mit dem Bescheid vom 29. April 1988 unter Auflagen die Betriebsanlage genehmigt. Der Landeshauptmann habe diesen Bescheid im wesentlichen mit geringen Ergänzungen und Auflagen mit dem Bescheid vom 30. Juni 1989 bestätigt. Wesentlich sei die Beurteilung von Lärmimmissionen gewesen, wobei die erste und zweite Instanz zur richtigen Auffassung gelangt seien, daß der durch den Betrieb entstehende Lärm durch Auflagen in einem solchen Maß gehalten werden könne, daß Nachbarn nicht unzumutbar beeinträchtigt würden. Die gegenteilige auch der Beurteilung der Sachverständigen im Berufungsverfahren widersprechende Auffassung stehe mit dem Gesetz im Widerspruch. Für die Zumutbarkeit sei von der Widmung oder sonst von der Ortsüblichkeit auszugehen. Die Behörde habe das nach der Widmung maßgebende Widmungsmaß nicht festgestellt, das für gewerbliche Klein- und Mittelbetriebe gelte, mögen sie schon bestehen oder nicht. Dadurch sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Komme es nicht auf das Widmungsmaß an, so sei jedenfalls vom ortüblichen Ausmaß, also vom Störpegel auszugehen, jenem Dauergespräch, das nicht als Besonderheit empfunden werde. Die Unterinstanzen hätten festgestellt, daß die vom Betrieb zu erwartenden Lärmimmissionen unter dem Umgebungsgeräusch lägen. Damit decke sich der Befund des ärztlichen Amtssachverständigen, wonach die Grundgeräuschsituation durch entfernten an- und abschwellenden Verkehrslärm gekennzeichnet sei, der immer wieder durch Geräusche aus der C-Straße, Kfz-Lärm, Türenschlagen von parkenden Kraftfahrzeugen und Starten übertönt werde. Auch der simulierte, unten noch kritisch behandelte LKW-Fahrvorgang habe Geräusche erbracht, die deutlich unter dem Umgebungslärm vorüberfahrender Kraftfahrzeuge gelegen gewesen seien. Daher sei der ärztliche Amtssachverständige zu dem richtigen Urteil gekommen, daß zu erwartenden Lärmimmissionen bis 68 dB(A) nur dann entscheidende Bedeutung zukommen würde, wenn keine sonstigen Umgebungsgeräusche von besonderer Häufigkeit vorhanden wären. Bedingt durch den Verkehr in der C-Straße seien aber solche Umgebungsgeräusche gegeben. Diese ärztliche Beurteilung der Geräuschsituation decke sich auch mit den Geräuschmessungen in dem kurzen Zeitraum von 16.03 bis 16.30 an einem einzigen Tag. PKW-Geräusche hätten Werte von 60 bis 62 dB(A) ergeben. Allein schon auf Grund dieses Befundes sei es unzulässig gewesen, einen Vergleich der mit dem Betrieb verbundenen Lärmimmissionen mit einem Grundgeräuschpegel von nur 30 dB(A) anzustellen. Im Widerspruch mit dem vom ärztlichen Sachverständigen erhobenen Befund und Gutachten gehe der angefochtene Bescheid von einem Grundgeräuschpegel von 30 dB(A) aus. Dies beruhe auf einer rechtswidrigen Einschränkung des Befundes des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, in dem willkürlich die gemessenen Verkehrsgeräusche ausgeschieden worden seien, die Werte bis zu 62 dB(A) ergeben hätten. Für die Beurteilung des Störpegels seien aber diese Geräusche einzubeziehen. Um aber diese Verkehrsgeräusche zu erfassen, wäre es notwendig gewesen, den Befund nicht nur am späten Nachmittag in einer knappen halben Stunde aufzunehmen. Die Lärmmessungen hätten mehrmals in der Zeit von 8.30 Uhr bis 17.00 Uhr und dies an mehreren Tagen durchgeführt werden müssen, um einen aussagekräftigen verläßlichen Befund zu erhalten. Der Verkehr sei zu anderen Tageszeiten wesentlich stärker. Es würden auch Schwerfahrzeuge, solche der Post, der Müllabfuhr usw., regelmäßig die Straße befahren. Allein schon aus diesem Grund sei das Verfahren mangelhaft geblieben und belaste den Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Unzulässig und damit rechtswidrig sei auch der Weg, die Betriebslärmimmissionen zu ermitteln, indem LKW-Fahrbewegungen simuliert worden seien, die mit dem Betriebsablauf nicht verbunden seien. Niemals erfordere der Betrieb das Laufen eines stehenden Fahrzeuges mit Vollgas. Diese vom Verhandlungsleiter angeordnete Betriebsweise sei auch durch das Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen nicht gedeckt, der einen solchen Vorgang weder als möglich noch als notwendig erachtet habe. Der Lärm, der beim Einfahren eines LKWs in die Halle und beim Ausfahren aus der Halle erzeugt werde, sei gar nicht gemessen worden. Wenn der gewerbetechnische Amtssachverständige mit Pegelspitzen im Einfahrtsbereich, auf dem Hof und aus der Halle von 62 bis 68 dB(A) rechne, gehe er von einem Vollgasbetrieb eines LKWs aus, was betriebs- und wirklichkeitsfremd sei, und von Probeläufen von Aggregaten mit Vollgas, wozu es ebenfalls nicht komme. Kein überholter Motor laufe mit Vollgas zur Probe. Das verböten die Vorschriften der bekanntesten Kolbenhersteller. Kein Fachmann werde so arbeiten. Würden schon in der Praxis nicht vorkommende Extremfälle (Vollgasbetrieb) gemessen, dann sei es unzulässig, den Messungsdaten noch weitere 5 dB(A) hinzuzuschlagen. Die Annahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen über die Häufigkeit der Ereignisse lasse die auf den Betriebsaufzeichnungen beruhenden Angaben des Beschwerdeführers ebenso außer acht wie die Festellungen der Unterinstanzen. Der Amtssachverständige der zweiten Instanz habe festgestellt, daß hauptsächlich Motoren im ausgebauten Zustand angeliefert und abgeholt würden und daß nur in den seltensten Fällen das gesamte Fahrzeug in den Betrieb gebracht werde. Die Reparatur eines Dieselmotoraggregats erfordere 3 bis 5 Tage, bei Ersatzteilbestellungen sogar längere Zeit. In der Halle sei nur für 2 LKW Platz. Die drei Arbeitnehmer des Beschwerdeführers könnten unmöglich gleichzeitig vier Aggregate bearbeiten. Probeläufe in der Halle seien nicht häufig, weil kein Motorprüfstand zum Betrieb gehöre. Probeläufe im Hof seien ausdrücklich untersagt, woran sich der Beschwerdeführer selbstverständlich halte. Sollte ein Autokran verwendet werden, so laufe der Motor mit einer erhöhten Leerlaufdrehzahl von rund 800 Umdrehungen/min und keineswegs mit Vollgas und einer Drehzahl von 2.200-2.800/min. Verfehlt sei auch die Annahme, daß es keine Abhilfen gebe, die Immissionen herabzumindern. Der Lärm könne durch entsprechende Auflagen herabgesetzt werden, zum Beispiel, die Fenster in der Halle bei Probeläufen zu schließen, allenfalls Doppelfenster anzubringen, die Arbeiten im Freien zu verbieten. Die Betriebsgeräusche überstiegen nicht den (nicht festgestellten) Widmungspegel, aber ebensowenig das ortsübliche Umgebungsgeräusch von mindestens 62 dB(A). Die belangte Behörde hätte daher dem Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen folgen und feststellen müssen, daß Nachbarn durch Lärm nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden. Der Berufung hätte daher schon aus dieser Überlegung keine Folge gegeben werden dürfen. Der Auffassung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, daß das Befahren der C-Straße die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs hindere, müsse widersprochen werden. Es habe in der Zeit seit dem Jahre 1952 keine Schwierigkeiten gegeben, als die Liegenschaft von den "Firmen" F und G benützt worden sei, deren Betriebe mit einem lebhaften LKW-Verkehr verbunden gewesen seien. Auch habe sich kein Anrainer deshalb beschwert. Die vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen angenommenen Kfz-Abgaswerte ziehe der Beschwerdeführer in Zweifel, weil keine schweren Aggregate gestartet würden. Hiezu fehle ein Motorprüfstand. Mit Rücksicht auf das amtsärztliche Gutachten seien selbst die angenommenen Werte völlig bedeutungslos.

Im Grunde des § 77 Abs. 2 GewO 1973 (in seiner - wie auch in Ansehung der weiters angeführten Bestimmungen - hier im Hinblick auf den Zeitpunkt der Becheiderlassung anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988) dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, (Z. 1) das Leben oder die Gesundheit des Gewerbebetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn, zu gefährden; ... (Z. 2) die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen ... Zufolge des § 74 Abs. 3 GewO 1973 besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1973 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Nach Abs. 2 dieses Paragraphen ist, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Die Feststellung, ob die (sachverhaltsbezogenen) Voraussetzungen für die Genehmigung vorliegen, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlage als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartende Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden. Dem ärztlichen Sachverständigen fällt - fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen - die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend den in diesem Zusammenhang im § 77 Abs. 2 GewO 1973 enthaltenen Tatbestandsmerkmalen auszuüben vermögen. Auf Grund der Sachverständigengutachten hat sich sodann die Behörde im Rechtsbereich ihr Urteil zu bilden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0035).

Das Gutachten eines Sachverständigen hat aus einem Befund und dem Urteil, dem Gutachten im engeren Sinn, zu bestehen. Hiebei hat der Befund alle jene Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung zu nennen, die für das Gutachten, das sich auf den Befund stützende Urteil, erforderlich sind. Dieses Urteil muß so begründet sein, daß es auf seine Schlüssigkeit hin überprüft werden kann (siehe u.a. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1985, Zl. 83/06/0040).

Eine Behörde darf Fachfragen nur dann selbst beurteilen, wenn sie die Kenntnisse und Erfahrungen hat, die für eine selbständige fachliche Beurteilung von Fragen eines Wissensgebietes vorausgesetzt werden müssen. Die betreffenden selbständigen Darlegungen der Behörde müssen, abgestellt auf das jeweils in Betracht kommende Wissensgebiet, methodisch und dem inhaltlichen Niveau nach den gleichen Anforderungen entsprechen wie das Gutachten eines Sachverständigen (siehe u. a. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1985, Zl. 84/03/0004).

Der ärztliche Amtssachverständige legte im vorliegenden Fall seinem Gutachten fachliche Prämissen zugrunde, die im wesentlichen darin bestanden, daß bei einem Störlärm ab etwa 85 dB(A) Schäden des Gehörsinnesorgans und bei einem Störlärm über 75 dB(A) Funktionsbeeinträchtigungen von dem autonomen Nervensystem unterliegenden Organen zu befürchten seien. Der ärztliche Amtssachverständige ging weiters davon aus, daß im vorliegenden Fall ein solches Verhältnis zwischen dem sich bereits bisher über den Grundgeräuschpegel erhebenden Störlärm der Umgebung und dem zu erwartenden betrieblichen Störlärm bestehe, daß dieser betriebliche Störlärm nicht einmal eine bloße Beeinträchtigung des Wohlbefindens bewirken würde.

Die belangte Behörde beurteilte dieses Gutachten als unschlüssig, ohne jedoch die relevanten Zusammenhänge aus medizinischer Sicht hinlänglich abzuklären. Im Ergebnis ging die belangte Behörde davon aus, daß ein betrieblicher Störlärm in der vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen in Ansehung des Betriebes des Beschwerdeführers angenommenen Häufigkeit jedenfalls - d.h. ohne Rücksicht auf den sich bereits nach der bisherigen Situation über den Grundgeräuschpegel erhebenden Störlärm - gesundheitsschädlich sei, wenn die Differenz zwischen dem Grundgeräuschpegel und dem neuen betrieblichen Störlärm 13 dB oder mehr betrage. Die belangte Behörde führte im gegebenen Zusammenhang zwar die hg. Erkenntnisse vom 19. April 1988, Zl. 87/04/0272, und vom 12. Dezember 1989, Zl. 86/04/0114, ins Treffen, ohne jedoch einerseits die Besonderheiten der diesen Erkenntnissen zugrundeliegenden Fälle (Zl. 86/04/0114: hoher Informationsgehalt der Störgeräusche; Zl. 87/04/0272: Impulsartigkeit mit besonderer Klangcharakteristik, nämlich Gläserklirren) und ohne andererseits die vom ärztlichen Amtssachverständigen in Ansehung des Umgebungslärms als für die medizinische Beurteilung maßgebend zugrunde gelegten Besonderheiten des vorliegenden Falles zu berücksichtigen. Ferner hatte der Verhandlungsleiter anläßlich der Augenscheinsverhandlung vom 23. Jänner 1990 dem ärztlichen Amtssachverständigen ausdrücklich die Frage gestellt, ob im konkreten Fall der Abstand zwischen dem Grundgeräuschpegel von 30 dB und den zu erwartenden maximalen Lärmimmissionen von bis zu 68 dB für die Beeinträchtigung des Wohlbefindens eine Rolle spiele; die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Antwort des ärztlichen Amtssachverständigen an, daß der bezeichneten hohen Differenz zwischen dem Grundgeräuschpegel und dem betrieblichen Störlärm "dann entscheidende Bedeutung zukommen" würde, "wenn keine sonstigen Umgebungsgeräusche besonderer Häufigkeit vorhanden" wären; "bedingt durch den Verkehr in der C-Straße" sei "dies im konkreten Fall jedoch nicht gegeben". Anstelle einer Argumentation auf medizinisch-fachlicher Ebene stellte sich die belangte Behörde auf den Standpunkt, die vom ärztlichen Amtssachverständigen in Hinsicht auf die bisherigen Umgebungsgeräusche als medizinisch relevant bezeichnete Fallkonstellation sei als unrealistisch einzustufen. Außerdem hielt die belangte Behörde dem Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen eine erst nach der Abgabe dessen Gutachtens eingeholte ergänzende Aussage des gewerbetechnischen Amtssachverständigen entgegen, der Verkehr in der C-Straße sei "vom Zweck her als privater Gelegenheitsverkehr, teilweise Berufsverkehr und nur in sehr geringem Maße als Geschäftsverkehr im Zusammenhang Pelzverkauf Z anzusehen", wobei "im Tagesdurchschnitt eine Stundenfrequenz von 10 Kfz nicht überschritten werden dürfte", ohne den ärztlichen Amtssachverständigen unter dem Gesichtspunkt medizinischen Fachwissens zu diesen Feststellungen zu hören. Das Beziehungsfeld zwischen dem Hinzutreten des zu erwartenden neuen betrieblichen Störlärms zu einer durch den Grundgeräuschpegel in Verbindung mit dem darüber hinaus gehenden bereits nach der bisherigen Situation vorhandenen Störlärm gekennzeichneten Situation einerseits und dem menschlichen Organismus andererseits auf dem Boden des einschlägigen medizinischen Erkenntnisstandes wurde von der belangten Behörde somit nicht abgeklärt. Es fehlt sowohl die Bezugnahme der Begutachtung des ärztlichen Amtssachverständigen auf die Umgebungsgeräuschsituation, die nach Ansicht der Behörde als erwiesen anzusehen sei, als auch die Darlegung des für das bezeichnete Beziehungsfeld einschlägigen medizinischen Erkenntnisstandes. Solcherart bedarf der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung.

Unter dem Gesichtspunkt der Umgebungsgeräuschsituation wurde der Sachverhalt von der belangten Behörde darüber hinaus nicht entsprechend den im Verfahren erstatteten Gutachten angenommen. Die belangte Behörde stellte den maßgebenden Sachverhalt nämlich unter anderem, und zwar obwohl dies "in den Befunden der Sachverständigen" "nicht so deutlich zum Ausdruck" komme, dahin fest, daß zum Zeitpunkt des Augenscheins am 22. Jänner 1990 in der C-Straße Straßenbauarbeiten durchgeführt worden seien, die zu einer Erhöhung der Lärmimmissionen von Fahrzeugen, die diese Straße benützten geführt hätten, da die Straße infolge der Entfernung der Asphaltdecke sehr uneben gewesen sei; darüber hinaus sei bei Beendigung der Arbeitstätigkeit am 22. Jänner 1990 ein zusätzlicher Straßenverkehr herbeigeführt worden, der bei Nichtdurchführung der "sicherlich nicht als typischer Zustand zu bezeichnenden Bauarbeiten" nicht vorhanden sei. Die belangte Behörde unterstellte somit eine von ihr angenommene, eher zu Ungunsten des Beschwerdeführers sprechende durch Ruhe gekennzeichnete Normalsituation der Umgebungsgeräusche und setzte sich solcherart insofern in Widerspruch zur Aktenlage, als, wie sie selbst ausführte, die Gutachten - und somit insbesondere auch der vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen erhobene Befund - hiefür keine Anhaltspunkte boten.

Im angefochtenen Bescheid wurden Feststellungen dahin getroffen, daß die anläßlich des Augenscheines am 22. Jänner 1990 simulierten Störgeräusche in der Einfahrt mit einer halben Wagenlänge vor der Baulinie mit dem Kühler Richtung Straße 62 dB(A) ergeben hätten. Dem Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen wurde ferner entnommen, daß im Einfahrtsbereich mit Pegelspitzen von 62 bis 68 dB zu rechnen sei. Nach dem Befund des ärztlichen Amtssachverständigen sei das Herausfahren aus der Halle nur andeutungsweise hörbar gewesen; deutlich sei das Motorgeräusch des Lkw geworden, als dieser in die C-Straße hinausgefahren sei, sich also am Übergang vom Hof zum Straßenbereich befunden habe. Weiters wurde im angefochtenen Bescheid festgestellt, es sei damit zu rechnen, daß die Motoren in der Regel mit Lkw angeliefert würden oder die schadhaften Geräte, insofern diese Selbstfahrer seien und noch fahrbar seien, "selbst" zur Betriebsanlage gebracht würden. Inwiefern die in diesem Zusammenhang entstehenden Störgeräusche durch den Beschwerdeführer als Inhaber der Anlage, seine Erfüllungsgehilfen und durch Personen "in der Betriebsanlage" oder durch andere Personen als den Beschwerdeführer und seine Erfüllungsgehilfen bereits außerhalb der Betriebsanlage (beim Hinausfahren aus ihr bereits auf einer auf der Straße mit öffentlichem Verkehr gelegenen Stelle) verursacht würden, wurde im angefochtenen Bescheid nicht erörtert. Solcherart bedarf der Sachverhalt auch unter dem Blickwinkel der Bestimmung des § 74 Abs. 3 GewO 1973 in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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