VwGH 91/10/0129

VwGH91/10/01296.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. April 1991, Zl. IVe-223/175, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Vorarlberger Landschaftsschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art118 Abs4;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art15 Abs1;
LSchG Vlbg 1973 §4 Abs3;
LSchG Vlbg 1982 §1 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §1 Abs2 lita;
LSchG Vlbg 1982 §1 Abs3;
LSchG Vlbg 1982 §1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §26 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §27 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs3;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs4;
VwRallg;
WRG 1959 §105 Abs1 litf;
WRG 1959 §105 Abs1 litm;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §41;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art118 Abs2;
B-VG Art118 Abs4;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art15 Abs1;
LSchG Vlbg 1973 §4 Abs3;
LSchG Vlbg 1982 §1 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §1 Abs2 lita;
LSchG Vlbg 1982 §1 Abs3;
LSchG Vlbg 1982 §1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §26 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §27 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs3;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs4;
VwRallg;
WRG 1959 §105 Abs1 litf;
WRG 1959 §105 Abs1 litm;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §41;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1.1. Gemäß Spruchpunkt I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 21. Juni 1990 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 des Landschaftsschutzgesetzes, Neukundmachungsverordnung der Vorarlberger Landesregierung LGBl. Nr. 1/1982 (im folgenden: Vlbg LSchG 1982), die Landschaftsschutzbewilligung für die in seiner Eingabe vom 22. September 1989 beantragte Verrohrung des Gerinnes auf der Gp. nn/3, KG O, versagt. Mit Spruchpunkt II wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 41, 98 und 105 WRG 1959, zuletzt in der Fassung BGBl. Nr. 238/1985, die wasserrechtliche Bewilligung für die vorhin genannte Verrohrung versagt.

Diesem Bescheid zufolge solle die beantragte Verrohrung bei der am Gerinne stockenden Linde beginnen und vor der Waldgrenze enden. Es sei vorgesehen, daß in das Gerinne Glockenmuffenrohre mit einem Durchmesser von 40 cm gelegt würden. Anschließend sollten die angrenzenden Geländekanten des Grabens verschoben werden. Die Geländemulde zwischen den Oberkanten habe eine Breite von durchschnittlich 30 m. Der Beschwerdeführer könnte dadurch ca. 30 a landwirtschaftlichen Boden zusätzlich mit Maschinen bewirtschaften. Er habe dieses an seinen Hof westlich angrenzende Grundstück im Jahr 1987 erworben und bewirtschafte derzeit 9 ha landwirtschaftlich genutzten Boden, wovon ca. 2 ha dazugepachtet seien.

Sodann heißt es in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides:

"Der Amtssachverstnde für Landschaftsschutz hat in seinem Gutachten u.a. ausgeführt, daß das zur Verrohrung beantragte Fließgewässer sich in einem landwirtschaftlich genutztem Gebiet befinde. Im Abschnitt der Verrohrung mäandriere das Gerinne zwischen relativ steilen Böschungen. Es sei durch ruhige Fließstrecken sowie kleinere Abstürze gekennzeichnet. Die Uferböschungen seien durch wenige Weiden, schwarzen Holunder und Eschen bestockt. Im unteren Bereich der Verrohrung seien typische Wasserpflanzen, wie z.B. die Sumpfdotterblume, gefunden worden. Das Fließgewässer zeichne sich durch weitgehende Natürlichkeit aus und trage daher entscheidend zur Vielgestaltigkeit der umgebenden Landschaft bei. Eine Verrohrung würde nicht nur den Verlust der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers bedingen und damit zu einer Schädigung des Naturhaushaltes führen, sondern es entstünde auch ein nicht mehr gut zu machender Schaden an der umgebenden Landschaft.

Offene Fließgewässer seien Lebensraum für die im und am Wasser befindlichen Tiere und Pflanzen, die für ein intaktes ökologisches Geichgewicht wertvoll seien. Durch die Verrohrung werde die wechselseitige Beziehung zwischen Ufer- und Gewässerbereich zerstört. Die heute natürliche Bachsohle trage dazu bei, daß sich das Wasser selbst belüfte und somit einen wertvollen Beitrag zur Selbstreinigung leiste. Durch die Verrohrung werde das Gewässer aus dem Wirkungsgefüge der Landschaft herausgenommen und verliere als praktisch totes Abflußgerinne seine Selbstreinigungskraft. Eine beträchtliche Verarmung der Lebewelt des betroffenen Gewässers und des Landschaftsbildes sei die Folge. Die geplante Verrohrung sei daher aus der Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes negativ zu beurteilen.

Der landwirtschaftliche Sachverständige hat ausgeführt, daß hofnahe Flächen möglichst gut bewirtschaftbar sein sollten. Durch das geplante Projekt könnten auch die angrenzenden Flächen leichter und besser bewirtschaftet werden. Zudem sei mit der Verrohrung eine wesentliche Arbeitserleichterung zu erwarten. Es könnte auf das händische Mähen, das Abzäunen und die Beweidung des Grabens mittels Kälber verzichtet werden. Weiters würde eine bessere Zufahrt zum Hof geschaffen werden. Ökologische Verluste könnten durch eine entsprechende Geländeausformung möglichst geringgehalten werden. Das vorliegende Projekt werde daher positiv beurteilt.

Der gewässerschutztechnische Amtssachverständige stellt in seinem Gutachten u.a. fest, daß der Graben eine zunehmende Erosionstätigkeit aufweise. Diese, die landwirtschaftliche Nutzung beeinträchtigenden Erscheinungen, könnten auf mehrere Arten saniert werden. Einerseits wäre der Einbau von kleinen Sohlschwellen mittels Holzrundlingen oder Steinen und einer Teilaufforstung der Grabeneinhänge, zumindest schattenseitig, möglich. Im Sinne einer besseren Bewirtschaftung wäre eine Geländekorrektur mit einem offenen, höher gelegenen Gerinne möglich. Die Folge einer Verrohrung wäre eine Abflußbeschleunigung, welche die Grabenerosion im steilen Unterlauf verstärken würde. Der negative Einfluß auf den Lauf, die Höhe und das Gefälle und teilweise auch auf den Hochwasserabfluß könnte jedoch teils durch technische Maßnahmen reduziert werden. Bezüglich der ökologischen Beeinträchtigungen verweise er auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz. Ergänzend sei zu bemerken, daß das Grabenwasser einen höheren Nährstoffeintrag durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung im Einzugsgebiet aufweise und ein natürlicher Abbau im wesentlichen nur in einem offenen Gerinne erfolgen könne. Das Gerinne sei im beantragten Verrorhungsbereich ganzjährig wasserführend. Der nun vorliegende Antrag stelle eine Maximallösung aus landwirtschaftlicher Sicht dar. Dieser könne aus gewässerökologischer und wasserbautechnischer Sicht nicht zugestimmt werden.

Die Gemeinde L hat das Vorhaben befürwortet. Der Siedlungshof des Antragstellers sei in der Parzelle R in einem entsiedlungsgefährdeten Gebiet gelegen. In den letzten Jahren seien trotz hoher öffentlicher Mittel Bauern abgewandert; einzig beim Hof S handle es sich noch um einen ganzjährig bewohnten Bauernhof. Die Familie S habe in den letzten Jahren enorme Investitionen im Gebäude wie auch durch Grundzukauf getätigt. Sie sei daher auf die intensive Nutzung eines jeden m2 landwirtschaftlichen Bodens angewiesen, um das erforderliche Einkommen für die Familie zu erzielen und auch den Rückzahlungsverpflichtungen nachzukommen. Sollte die Familie S ihre Existenz aufgeben, so wäre die Parzelle R entsiedelt. Die gesamte, heute gut gepflegte Kulturlandschaft werde dann verwildern.

Der Antragsteller ersucht die Behörde, die beantragten Bewilligungen dennoch zu erteilen. Er habe Kompromisse gemacht, indem er den ursprünglichen Verrohrungsantrag von 170 m nun auf 90 m eingeschränkt habe. Der Bau eines offenen Gerinnes sei um ein Vielfaches teurer als die beantragte Verrohrung."

Sodann heißt es in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides weiter:

Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz gehe klar hervor, daß das Gerinne einen ganz speziellen Lebensraum für Kleintiere und Pflanzen biete sowie ein prägendes Landschaftselement inmitten eines landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebietes darstelle. Das Gerinne werde zusätzlich unmittelbar am Beginn der geplanten Verrohrung von einer ergiebigen Quelle bewässert. Im Hinblick auf diesen Umstand könne von einem ständig wasserführenden Gerinne ausgegangen werden.

Eine Verrohrung hätte zur Folge, daß ein intaktes Gerinne mit wechselseitigen Beziehungen zwischen Wasser, Sohle und Uferbereich zur Gänze zerstört und unwiederbringliche Schäden an Kleintier- und Pflanzenlebewesen verursacht würden. Es würden daher in bezug auf den Lebensraum von Tieren und Pflanzen als auch in landschaftsbildlicher Hinsicht Interessen des Landschaftsschutzes verletzt.

Eine Bewilligung könne gemäß § 10 Abs. 2 Vlbg LSchG 1982 daher nur erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwögen. Entscheidend sei, ob ausschließlich durch die Unterlassung der Verrohrung der landwirtschaftliche Betrieb des Beschwerdeführers in seiner Existenz gefährdet sei. Die unterhalb des Hofes gelegene landwirtschaftlich genutzte Fläche sei durch den gegenständlich markant gewässerführenden Graben getrennt. Die bis zu den Oberkanten angrenzenden beiden Grundstücke wiesen ein Gefälle auf. Ihre Bewirtschaftung mit Maschinen sei gut möglich. Eine Querung des Grabens mit mehrspurigen Kfz sei jedoch auf Grund der steilen Einhänge nicht möglich. Die Zufahrt zum weiter entfernt gelegenen Grundstück - vom Hof aus gesehen - erfolge über den Güterweg R. Bei einer Verrohrung bzw. Errichtung einer Überfahrt könnte die Zufahrtsstrecke vom Hof bis zu diesem Grundstück um ca. 40 m verkürzt werden.

Die beantragte Verrohrung hätte aus landwirtschaftlicher Sicht den Vorteil, daß künftig ca. 30 a Boden mit Maschinen zusätzlich bewirtschaftet werden könnten - der Graben sei bisher lediglich mit Jungvieh beweidet worden - und daß eine direkte Zufahrt vom rechtsseitig des Grabens gelegenen Grundstück zum Hofgebäude hergestellt werden könnte. Dieses Interesse sei aus landwirtschaftlicher Sicht verständlich. Durch die Verrohrung werde jedoch die maschinell bewirtschaftbare Fläche nur geringfügig - gleichzeitig unter Verlust von Weideflächen - vergrößert. Aus dieser Flächenvergrößerung und der unwesentlich längeren Zufahrt für einen Teil des Grundstückes könne jedoch nicht auf eine grundlegend existenzentscheidende Maßnahme für den landwirtschaftlichen Betrieb geschlossen werden. Die von der Gemeinde angesprochene angespannte finanzielle Lage des Beschwerdeführers sei nicht auf das Vorhandensein des zur Verrohrung vorgesehenen Grabens zurückzuführen. Auf Grund der ermittelten Interessenlage sei das beantragte Vorhaben zu versagen.

Hinsichtlich der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung sei die Bezirkshauptmannschaft auf Grund der gutächtlichen Äußerung des Amtssachverständigen für Gewässerschutz zum Ergebnis gelangt, daß sich die beantragte Verrohrung negativ auf die Wasserökologie auswirke und die Selbstreinigungskraft des Wassers gemindert werde (§ 105 lit. m WRG 1959). Den beim Augenschein wahrgenommenen Kleintier- und Pflanzenlebewesen würde durch diese Maßnahme die Lebensgrundlage entzogen werden. Alle diese Organismen seien bedeutend für die gesamte Nahrungskette. Die Erhaltung des offenen Gerinnes stelle daher ein öffentliches Interesse dar.

1.1.2. Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Hinsichtlich der landschaftsschutzrechlichen Bewilligung machte er geltend, es sei nicht darauf eingegangen worden, ob die befürchteten negativen Auswirkungen durch Auflagen hätten verhindert werden können. Was das Verfahren nach dem Wasserrechtsgesetz anlange, so habe weder der Amtssachverständige für Landschaftsschutz noch der gewässerschutztechnische Amtssachverständige ausdrücklich von einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers gesprochen. Die Verrohrung stelle selbstverständlich einen Eingriff dar, jedoch bei der beantragten Länge von 90 m keinesfalls einen wesentlichen. Auch werde die derzeitige Erosionsgefährdung durch das Gerinne nicht berücksichtigt. Hinsichtlich beider Verfahren führe er aus, daß er seinen ursprünglichen Antrag (Verrohrung auf einer Länge von 170 m) wesentlich - nämlich auf 90 m - reduziert habe. Im Oberlauf bleibe daher ein freies Gerinne von rund 80 m. Die negativen Folgen bestünden nicht mehr oder nur zu einem sehr geringen Teil. Was die Interessenabwägung anlange, so könne nicht nur dann von einem öffentlichen Interesse gesprochen werden, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Existenz unmittelbar gefährdet sei. Es liege vielmehr schon im öffentlichen Interesse, daß auf einem landwirtschaftlichen Betrieb - insbesondere am Siedlungsrand - Rationalisierungen und Arbeitserleichterungen möglich sein müßten.

1.2. Im landschaftsschutzrechtlichen Verwaltungsakt findet sich der wasserrechtliche Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 12. Dezember 1990, mit welchem der Berufung gegen Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides Folge gegeben und dem Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung zur Verrohrung des Gerinnes auf der Gp. nn/3 in einer Länge von 90 m unter Vorschreibung bestimmter Auflagen erteilt wurde. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Berufungsbehörde ein neuerliches Gutachten des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen eingeholt. Dieser habe ausgeführt, daß jede Verrohrung eine gewisse Beeinträchtigung eines Oberflächengewässers mit sich bringe, jedoch von einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers in seiner Gesamtheit hier nicht gesprochen werden könne. Insbesondere könne durch die bereits bestehenden Drainagierungen des darüberliegenden landwirtschaftlich intensiv genutzten Bodens und den damit verbundenen Nährstoffeintrag sowie die bestehenden Drainageleitungen von einem Gewässerkontinuum, welches durch die geplante Verrohrungsstrecke reduziert würde, nicht mehr gesprochen werden. Die Verrohrungsstrecke werde durch Jungvieh stark beweidet und es erfolge dadurch eine ständige zusätzliche Belastung, welche durch die Verrohrung eher verringert werden könnte. Auch könne es bei länger dauernden Trockenperioden zu einer Austrocknung des in Rede stehenden Gerinnes kommen. Jedenfalls komme es derzeit ohne Verrohrung auf Grund der geologischen Untergrundbeschaffenheit zu ständig fortschreitenden Erosionen und Uferabbrüchen.

Im Anschluß daran heißt es im wasserrechtlichen Berufungsbescheid weiter, längere Verrohrungsstrecken seien aus der Sicht des Oberflächengewässerschutzes grundsätzlich sehr kritisch, wenn nicht negativ zu beurteilen. Hier könne allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, daß einerseits dieses Gerinne nur aus Drainagewässern und dem Überlaufen von zwei Quellstuben gespeist werde und andererseits eine starke Beweidung durch Jungvieh mit ohnehin ständiger Beeinträchtigung des Gerinnes erfolge. Es könne nicht von einem ökologisch wertvollen Oberflächengewässer gesprochen werden.

1.3. Mit Bescheid vom 2. April 1991 gab die Vorarlberger Landesregierung der Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 Vlbg LSchG 1982 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Spruchpunkt I.

Nach der Begründung dieses Bescheides würden Interessen des Landschaftsschutzes durch die geplante Verrohrung verletzt, da sie nicht nur zu einem Verlust der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers und damit zu einer Schädigung des Naturhaushaltes führe, sondern auch zu einem irreversiblen Schaden der umgebenden Landschaft. Die Folgen der Verrohrung zeigten sich in einer Beeinträchtigung des Naturgenusses und in einer Verarmung des Landschaftsbildes, zumal sich das Fließgewässer durch weitgehende Natürlichkeit auszeichne und daher entscheidend zur Vielgestaltigkeit der umgebenden Landschaft beitrage.

Auflagen oder Bedingungen könnten zu keiner Minderung der Verletzung der Landschaftsschutzinteressen führen, da mit einer Bewilligung der Verrohrung auf eine Länge von 90 m unweigerlich die beschriebene Interessenverletzung erfolge.

Demzufolge könnte eine Bewilligung nach § 10 Abs. 2 leg. cit. nur dann erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwögen. Der Hof des Beschwerdeführers sei der letzte ganzjährig bewohnte Hof in der Parzelle R, einem entsiedlungsgefährdeten Gebiet. Die Erhaltung dieses Betriebes und demgemäß Rationalisierungen und Arbeitserleichterungen würden als öffentliches Interesse geltend gemacht. Da die beantragte Verrohrung nur den Vorteil hätte, 30 a Boden mit Maschinen zusätzlich bewirtschaften zu können, wobei gleichzeitig Weideflächen verloren gingen, sowie die Zufahrtsstrecke von dem rechtsseitig des Grabens liegenden Grundstück zum Hofgebäude um 40 m zu verkürzen, könne nicht auf eine grundlegend existenzentscheidende Maßnahme für den landwirtschaftlichen Betrieb geschlossen werden. Dies umso weniger, als besondere Bewirtschaftungserschwernisse durch Zahlung einer Flächenprämie zumindest teilweise abgegolten würden. Ein generelles öffentliches Interesse an der Erhaltung dieses letzten ganzjährig bewohnten Hofes werde durchaus anerkannt. Maßgebend sei jedoch, ob öffentliche Interessen jene an der Erhaltung der Landschaft überwögen. Da diese Frage ausschließlich auf das konkrete Projekt zu beziehen sei, sei davon auszugehen, daß diese geringfügigen Vorteile, die eine Verrohrung mit sich bringe, kein überwiegendes öffentliches Interesse darstellten. Davon könnte nur dann gesprochen werden, wenn die Verrohrung eine Existenzbedrohung vom Hof des Beschwerdeführers abwenden würde.

1.4. Gegen diesen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung der beantragten Landschaftsschutzbewilligung, sowie in seinen Rechten auf umfassende Bescheidbegründung und Erörterung des Verfahrensgegenstandes verletzt.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 1 Vlbg LSchG 1982 lautet:

"(1) Die Vorarlberger Landschaft ist nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu schützen und zu pflegen.

(2) Im Sinne dieses Gesetzes ist

a) Landschaftsschutz die Abwehr von Eingriffen, die geeignet sind, die Landschaft zu beeinträchtigen, zu verunstalten und zu schädigen oder den Naturgenuß zu stören;

b) Landschaftspflege die Erhaltung und Gestaltung der Landschaft in ihrer Eigenart und die Sanierung landschaftlicher Schäden.

(3) Durch dieses Gesetz werden das Naturschutzgesetz und Angelegenheiten, die in Gesetzgebung oder Vollziehung Bundessache sind, nicht berührt."

§ 4 leg. cit., betreffend den Uferschutz, bestimmt auszugsweise:

"(1) ... Als Veränderungen in der Landschaft gelten

insbesondere die Errichtung oder Änderung von Bauwerken, Einfriedungen, Ankündigungen und Werbeanlagen sowie sonstigen Anlagen, das Aufstellen von Wohnbooten, die Einrichtung von Zelt-, Lager- und Ablagerungsplätzen, das Ablagern von Abfällen, wie Altmaterial, Bauschutt u. dgl., oder die Veränderung, Beschädigung oder Beseitigung von Gehölzen, Bäumen, Hecken, Tümpeln und Schilfgürteln.

(2) ...

(3) Im Bereich von fließenden Gewässern innerhalb des Hochwasserabflußgebietes und eines daran anschließenden 20 m breiten Geländestreifens bedürfen Veränderungen im Sinne des Abs. 1, soweit nicht die §§ 3 oder 13 Anwendung finden, der Bewilligung der Behörde. Ausgenommen von der Bewilligungspflicht sind ortsübliche Einfriedungen für land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke.

(4) ..."

§ 10 Abs. 1 und 2 Vlbg LSchG 1982 lauten:

"(1) Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn Gewähr besteht, daß Interessen des Landschaftsschutzes nicht verletzt werden.

(2) Die Bewilligung darf nicht versagt werden, wenn sich die Hinderungsgründe durch Bedingungen, Auflagen oder eine Befristung der Bewilligung, die im Falle des § 3 Abs. 1 lit. m mit höchstens zehn Jahren zu bemessen ist, beseitigen lassen. Eine Bewilligung darf trotz Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes dann erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwiegen. In einem solchen Falle ist durch Bedingungen oder Auflagen die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in möglichst geringem Ausmaß zu halten."

2.2.1. In der Beschwerde verweist der Beschwerdeführer zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1984, Zl. 84/10/0193, Slg. N.F. Nr. 11.619/A = ZfVB 1985/4/1441, und bezeichnet diesen Fall, in dem es ebenfalls um die Verrohrung eines Gerinnes ging, als Präzedenzfall. Er gibt auszugsweise den Inhalt der Punkte 4.1. und 5.1. des damaligen Erkenntnisses wieder.

2.2.2. Dem erwähnten Punkt 4.1. im zitierten hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1984 läßt sich entnehmen, daß Schutzgegenstand des Vlbg LSchG 1982 die Vorarlberger Landschaft ist. Ein Landschaftsschutz, der im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet wäre, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden, ist nicht Regelungsgegenstand dieses Gesetzes, dies unbeschadet des § 27 Abs. 2 leg. cit. (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. September 1987, Zl. 87/10/0101 = ZfVB 1988/1/916). Im zitierten Punkt 5.1. des erwähnten Erkenntnisses vom 17. Dezember 1984 heißt es unter anderem, wenn auch die Verrohrungsstrecke im damaligen Fall nur 51 m betragen habe und das Gewässer nicht ganzjährig fließe, sei dennoch die in der Verrohrung gelegene Veränderung der Landschaft von der Bezirkshauptmannschaft zu Recht dem Bewilligungsverfahren unterzogen worden, lasse sich doch die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Interessen des überörtlichen Landschaftsschutzes nicht von vornherein ausschließen. Bei der Prüfung des Projektes anhand des § 1 Abs. 2 lit. a leg. cit. wäre das ausschließliche oder überwiegende Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft am Landschaftsschutz schon dann als überschritten anzusehen, wenn durch die Verwirklichung des Projektes in irgendeiner Richtung überörtliche Interessen berührt würden.

Der Beschwerdeführer vertieft seinen Hinweis auf diese Punkte des Vorerkenntnisses nicht, wirft damit aber offenkundig die Frage auf, ob das Vorhaben des Beschwerdeführers allenfalls nur örtliche Interessen am Landschaftsschutz berühre, weil es sich in seinen Auswirkungen als so unbedeutend erweisen könnte, daß die diesbezügliche Wahrnehmung des Landschaftsschutzes im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet wäre, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Damit würde er nach den Ausführungen des Vorerkenntnisses die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden des Landes in Frage stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei Beantwortung dieser Frage vom § 4 Abs. 3 Vlbg LSchG 1982 auszugehen, wonach im

Bereich von fließenden Gewässern ... Veränderungen im Sinne des

§ 4 Abs. 1 der Bewilligung der Behörde bedürfen und davon nur ortsübliche Einfriedungen für land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke ausgenommen sind. Mit dieser Regelung wurde die Bewilligungspflicht der genannten Eingriffe im Bereich von fließenden Gewässern vom Landschaftsschutzrecht dem überörtlichen Landschaftsschutz zugeordnet (vgl. die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.619/A, und vom 21. September 1987, Zl. 87/10/0101 = ZfVB 1988/3/916). Gemäß § 4 Abs. 4 leg. cit. hat die Landesregierung auf Antrag der betroffenen Gemeinde oder nach deren Anhörung durch Verordnung bestimmte fließende Gewässer von der Geltung des § 4 Abs. 3 leg. cit. auszunehmen, soweit auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere der Bebauung in diesen Gebieten, eine Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes durch Veränderungen in der Landschaft nicht zu erwarten ist. Gemäß § 27 Abs. 2 leg. cit. sind u.a. die in § 4 Abs. 4 geregelten Aufgaben der Gemeinde solche des eigenen Wirkungsbereiches. Gegen diese Regelung des § 4 Abs. 3 und 4 leg. cit. sind verfassungsrechtliche Bedenken aus Anlaß des Beschwerdefalles nicht entstanden. Eine Verordnung im Sinne des § 4 Abs. 4 leg. cit. wurde für das gegenständliche Fließgewässer nicht erlassen. Daher besteht die Bewilligungspflicht für die geplanten Maßnahmen unter der Tatbestandsvoraussetzung, daß es sich tatsächlich um ein Fließgewässer handelt und der Eingriff im Schutzbereich erfolgen soll.

Wie im hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.619/A, ist der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdefall der Auffassung, daß die Bezirkshauptmannschaft die durch die geplante Verrohrung bewirkte Landschaftsveränderung jedenfalls zu Recht einem Bewilligungsverfahren unterzogen hat, ließ sich doch eine Beeinträchtigung überörtlicher Interessen nicht von vornherein ausschließen. Letzteres, so fügt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr hinzu, nicht nur deswegen, weil die Erheblichkeitsschwelle des Eingriffes für den Landschaftsschutz evident überschritten ist, sondern auch im Hinblick auf das Fehlen einer Verordnung im Sinne des § 4 Abs. 4

Vlbg LSchG 1982. Die Prüfung der Bewilligungspflicht wurde also zuständigerweise von den Landesverwaltungsbehörden in Anspruch genommen.

2.2.3. Die Bewilligungspflichtigkeit des Vorhabens wurde auch zu Recht bejaht. Denn zum einen ist eine Veränderung der Landschaft im Sinne der beispielsweisen Aufzählung des § 4 Abs. 1 Vlbg LSchG 1982 offenkundig. Zum anderen erweisen sich die Feststellungen über das zu verrohrende Gerinne zumindest als ausreichend, um es als fließendes Gewässer im Sinne des § 4 Abs. 3 Vlbg LSchG 1982 zu qualifizieren. Dieser Begriff setzt nämlich nicht voraus, daß es sich um ein ganzjährig wasserführendes Gerinne handeln muß, vielmehr ist ein Oberflächen-Gerinne auch dann als fließendes Gewässer zu beurteilen, wenn es zum Beispiel in längeren Trockenperioden austrocknet. Im erstinstanzlichen Bescheid wurde nun festgestellt, daß das Gerinne am Beginn der Verrohrung durch eine ergiebige Quelle bewässert werde und es sich um ein ganzjährig wasserführendes Gerinne handle. Dieser Feststellung ist der Beschwerdeführer in der Berufung nicht entgegengetreten. Wenn nun in dem im zweitinstanzlichen Wasserrechtsverfahren erstatteten Gutachten des gewässerschutztechnischen Amtssachverständeigen ausgeführt wird, es könne bei länger dauernden Trockenperioden zu einer Austrocknung des Gerinnes kommen, so stünde selbst eine darauf gegründete Feststellung einer rechtlichen Beurteilung des Gerinnes als fließendes Gewässer im Sinne des § 4 Abs. 3 Vlbg LSchG 1982 nicht entgegen. Ebensowenig kommt es nach der Rechtsprechung darauf an, ob das Gerinne natürlich entstanden oder das Ergebnis von menschlichen Maßnahmen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1987, Zl. 87/10/0101 = ZfVB 1988/3/916), hier etwa aus dem Überwasser von Quellfassungen oder Drainagewässern gespeist wird.

Wenn der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.619/A, Feststellungsmängel hinsichtlich der dauernden Wasserführung für relevant erachtete, so erfolgte dies vor dem Hintergrund der Beeinträchtigung von Landschaftsschutzinteressen, nicht aber hinsichtlich der hier erörterten zunächst vorrangigen Frage der Eigenschaft des Gewässers als fließendes Gewässer und damit der Bewilligungspflichtigkeit des Vorhabens.

2.2.4. Wenn § 4 Abs. 3 Vlbg LSchG 1982 vom "Bereich von

fließenden Gewässern innerhalb des Hochwasserabflußgebietes"

spricht, bedeutet dies nicht, daß die Bewilligungspflicht die

Lage eines fließenden Gewässers innerhalb eines

Hochwasserabflußgebietes, also das Vorhandensein eines solchen

an dem in Betracht kommenden Ort des Vorhabens, zur

unabdingbaren Voraussetzung hat. Werden im Bereich eines

fließenden Gewässers verändernde Maßnahmen im Sinne des § 4

Abs. 1 leg. cit. gesetzt, so ist die Bewilligungspflicht auch

in jenen Fällen zu bejahen, in denen an das betreffende

Gewässer keine Hochwasserabflußgebiete anschließen (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 1988, Slg. N.F. Nr. 12.787/A

= ZfVB 1989/5/1576, und vom 16. März 1992, Zl. 91/10/0007

= ZfVB 1993/5/1371).

Die belangte Behörde ist daher zu Recht vom Vorliegen eines

bewilligungspflichtigen Tatbestandes ausgegangen und in die Prüfung der Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens eingetreten.

2.3.1. In der Beschwerde wird weiters geltend gemacht, die belangte Behörde habe die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes darin gesehen, daß die Verrohrung zu einem Verlust der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers und damit zu einer Schädigung des Naturhaushaltes führe, und ferner, daß es zu einer Verarmung des Landschaftsbildes kommen werde, weil sich das fragliche Gewässer durch weitgehende Natürlichkeit auszeichne. Diese Feststellungen habe die belangte Behörde in Kenntnis des zweitinstanzlichen Wasserrechtsbescheides vom 12. Dezember 1990 getroffen. Diese beiden Argumente stünden mit dem von der Wasserrechtsbehörde zweiter Instanz eingeholten gewässerschutztechnischen Gutachten im Widerspruch. Denn dieses habe verneint, daß es sich um ein ökologisch wertvolles Oberflächengewässer handle und daß es zu ständig fortschreitenden Erosionen und Uferabbrüchen komme. Das Gutachten des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen sei nicht a priori ungeeignet, die Natürlichkeit oder ökologische Funktionsfähigkeit eines Gewässers zu beurteilen. Die Wasserrechtsbehörde habe "im weitesten Sinne ökologisch-naturschützerisch-landschaftsschutzschützerisch wesentliche Gesichtspunkte bei der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung zwingend zu berücksichtigen". Insofern bestehe seit der Wasserrechtsgesetznovelle 1990 "fast völlige Übereinstimmung des Verfahrensgegenstandes mit dem Landschaftsschutzgesetz". Es sei davon auszugehen, daß § 4 Abs. 3 Vlbg LSchG 1982 seit der WRG-Nov 1990 nicht mehr verfassungskonform sei; es könnte allerdings auch angenommen werden, daß hinsichtlich der im wasserrechtlichen Verfahren behandelten Gesichtspunkte Bindung oder Berücksichtigungspflicht im landschaftsschutzrechtlichen Verfahren eintrete.

2.3.2. Im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 12. Dezember 1990 wurde das Vorhaben unter den Gesichtspunkten des § 105 Abs. 1 lit. d, e und m geprüft. Danach kann ein Unternehmen im öffentlichen Interesse als unzulässig angesehen oder nur unter entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn ein schädlicher Einfluß auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer des natürlichen Gewässers herbeigeführt würde (lit. d), die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde (lit. e) oder eine wesentliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer zu besorgen ist (lit. m). Interessen des Landschaftsschutzes waren nicht Gegenstand der wasserrechtlichen Prüfung. Den entscheidenden Gesichtspunkt des landschaftsschutzrechtlichen Verfahrens hinsichtlich des Schutzes der Landschaft hingegen bilden ästhetische Momente, die das Interesse einer unbestimmten Vielheit von Betrachtern zu einem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes gestalten, wie dies der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 9. Jänner 1964, Slg. N.F. Nr. 6199/A, ausgedrückt hat (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 2. Juli 1964, Zlen. 1993, 1994/63, und vom 10. November 1986, Zl. 86/10/0115

= ZfVB 1987/5/2073). Dies hat mit der vom Landeshauptmann geprüften Frage der Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit eines Gewässers nichts zu tun;

Gesichtspunkte des Landschaftsschutzes wurden im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid nicht behandelt, auch nicht etwa unter dem Aspekt dieses von der Wasserrechtsbehörde herangezogenen und geprüften (Versagungs)Tatbestandes (vgl. zum Begriff der "ökologischen Funktionsfähigkeit" als Sammelbegriff und zur Erforderlichkeit der Spezifizierung der jeweils betroffenen, mit dem Gewässer zusammenhängenden und von ihm abhängigen Umweltbereiche das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, Zl. 94/07/0135).

Mangels einer Berührung landschaftsschutzrechtlicher Aspekte durch den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid kam daher eine allfällige Bindungswirkung oder Berücksichtigungspflicht - wie sie dem Beschwerdeführer vorzuschweben scheint - von vornherein im landschaftsschutzrechtlichen Verfahren nicht in Betracht.

2.3.3. Wenn der Beschwerdeführer die Möglichkeit andeutet, "daß seit der großen Wasserrechtsnovelle 1990 der § 4 Abs. 3 Landschaftsschutzgesetz nicht mehr verfassungskonform" sein könnte, so hält auch dieser Einwand einer genaueren Prüfung nicht stand. Die WRG-Nov BGBl. Nr. 252/1990 brachte nämlich im Verhältnis des Wasserrechts zum Landschaftsschutzrecht keine Veränderung.

Allerdings sah bereits das WRG 1959, Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 215, in der vom Beschwerdeführer nicht erwähnten (und durch die Nov 1990 nicht veränderten) Bestimmung des § 105 lit. f die Unzulässigkeit eines Unternehmens (nunmehr: eines Antrags auf Bewilligung eines Vorhabens) vor, wenn unter anderem eine wesentliche

Beeinträchtigung oder Gefährdung eines Denkmales ... oder eines

Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit entstehen kann. Diese Regelung findet sich erstmals in dieser Form in § 87 lit. f des Wasserrechtsgesetzes BGBl. II Nr. 316/1934.

Es stellt sich also die Frage, ob der Vorarlberger Landesgesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes im Jahr 1973 zuständig war, eine Bestimmung mit dem Inhalt des § 4 Abs. 3 Vlbg LSchG zu erlassen. Weiters ist zu prüfen, welchen Regelungsumfang (sachlichen Geltungsbereich) der § 4 Abs. 3 Vlbg LSchG hat; dies unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 3 leg. cit. 2.3.3.1. Gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG ist Bundessache die Gesetzgebung und die Vollziehung in den Angelegenheiten des Wasserrechts sowie der Regulierung und Instandhaltung der Gewässer zum Zwecke der unschädlichen Ableitung der Hochfluten.

Der Inhalt der in den Kompetenzbestimmungen des B-VG verwendeten Begriffe ist nach der Rechtsprechung in einer besonderen Art der historischen Auslegung danach zu bestimmen, was im Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweiligen Kompetenzvorschrift nach den unterverfassungsgesetzlichen Normen als Bestandteil einer bestimmten Materie angesehen und geregelt wurde. Der maßgebende sogenannte Versteinerungszeitpunkt, das ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens der betreffenden Kompetenzbestimmung, ist im vorliegenden Zusammenhang der 1. Oktober 1925. Bis zu diesem Zeitpunkt war es bei dem in der Dezember-Verfassung der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder, RGBl. Nr. 141/1867 in der Fassung RGBl. Nr. 15/1907, vorgesehenen Kompetenzaufteilung zwischen Reich (Rahmengesetzgebung) und Ländern (Ausführungsgesetzgebung) auch im Geltungsbereich des B-VG zwischen Bund und Ländern geblieben. Das Reichswassergesetz RGBl. Nr. 93/1869 und die Wasserrechtsgesetze der Länder enthielten nun keine Regelung, derzufolge ein Unternehmen wegen der öffentlichen Rücksicht auf Landschaftsschutzinteressen als unzulässig anzusehen gewesen wäre. Erst die in allen Landtagen eingebrachte Regierungsvorlage eines Wasserrechtsgesetzes aus 1911 zählte im § 86 lit. e als eine solche öffentliche Rücksicht den Umstand auf, daß durch das Vorhaben "eine wesentliche Beeinträchtigung der Naturschönheit entstehen kann" (vgl. den Text bei Alter, I, 1913, 159). Die Regierungsvorlage wurde von den Landtagen von Kärnten, Krain, Görz und Gradiska sowie Vorarlberg verabschiedet. Diese Gesetzesbeschlüsse erhielten aber wegen des Ausbruches des 1. Weltkrieges die kaiserliche Sanktion nicht mehr (Haager - Vanderhaag, Das neue österreichische Wasserrecht, Kommentar, 1936, 54). Eine zwingende Berücksichtigung des hier in Rede stehenden landschaftsschutzrechtlichen Interesses fand auch in den bis zum 1. Oktober 1925 erfolgten verschiedenen Novellierungen der Wasserrechtsgesetze der Länder (Fundstellen bei Haager - Vanderhaag, aaO., 57) keine Berücksichtigung, sodaß nicht gesagt werden kann, der von Wasserbauvorhaben berührte Landschaftsschutz wäre mit dem Wasserrecht begrifflich untrennbar verbunden (gewesen), und somit ab 1925 sozusagen als ein dieser Regelungsmaterie zugeordneter besonderer "Bundes-Landschaftsschutz" zu sehen (eine Fragestellung, wie sie sich auch etwa beim Starkstromwegerecht ergibt - vgl. die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 9. November 1992, Zl. 88/10/0199 = ZfVB 1994/1/176). Verfassungsrechtliche Bedenken dahingehend, daß der Vorarlberger Landesgesetzgeber im Jahr 1973 nicht zuständig gewesen wäre, in § 4 Abs. 3 LSchG Veränderungen - auch dann, wenn sie das fließende Gewässer selbst etwa in Form einer Verrohrung betreffen - einer landschaftsschutzrechtlichen Bewilligungspflicht zu unterwerfen, sind daher nicht entstanden.

2.3.3.2. Der Vorarlberger Landesgesetzgeber durfte also die hier anzuwendende Regelung erlassen. Da es sich um keine Bundesangelegenheit (Wasserrecht) handelt, bewirkt auch § 1 Abs. 3 Vlbg LSchG 1982 (demzufolge Angelegenheiten, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind, nicht berührt werden) nicht, daß § 4 Abs. 3 leg. cit. einschränkend auszulegen wäre, etwa dahin, daß er sich nicht auf Wasserbauvorhaben, sondern nur auf andere Veränderungen in der 20 m-Zone bezöge.

Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß das WRG 1959 in der (hier nicht präjudiziellen) Bestimmung des § 105 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit den sachverhaltsbezogen in Frage kommenden §§ 38 Abs. 1 und 41 (vgl. dazu, daß Schutz- und Regulierungswasserbauten auch die Verrohrung von fließenden Gewässern zum Gegenstand haben können, die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1989, Zl. 88/07/0096 = ZfVB 1990/5/2387, und vom 2. Juni 1992, Zl. 89/07/0057) dieser komptenzrechtlichen Situation Rechnung trägt, wenn es vorsieht, daß die wasserrechtliche Bewilligung "nebst der sonst etwa erforderlichen Bewilligung einzuholen" ist, somit von einer Kumulierung von Bewilligungen ausgeht.

2.3.4.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 10. November 1986, Zl. 86/10/0115 = ZfVB 1987/5/2073, ausgeführt hat, ist Voraussetzung für die Klärung der Frage, ob durch die Verwirklichung des Projektes Interessen des Landschaftsschutzes beeinträchtigt würden, ob also im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a Vlbg LSchG 1982 ein Eingriff herbeigeführt würde, der die Landschaft beeinträchtigt, verunstaltet, schädigt oder den Naturgenuß stört, eine entsprechende Beschreibung der Landschaft vom ästhetischen Standpunkt oder des etwa durch das Vorhandensein bestimmter Tiere oder Pflanzen mit ihr verbundenen Naturgenusses sowie die fachliche Beurteilung des beabsichtigten Eingriffes in Hinsicht auf die Eignung, die Landschaft zu beeinträchtigen, zu verunstalten oder zu schädigen oder den Naturgenuß zu stören. Dies ist auch Gegenstand des Beweises durch Sachverständige, die auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) darüber abzugeben haben.

Unter dem Begriff der Landschaft wird in der Rechtsprechung

ein charakteristischer, individueller Teil der Erdoberfläche

verstanden, bestimmt durch das Wirkungsgefüge der hier

vorhandenen Geofaktoren einschließlich der

anthropogeographischen, mögen auch die Einwirkungen des

Menschen, etwa durch bauliche Anlagen, nur untergeordnete Teile

der Landschaft ausmachen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom

24. März 1969, Slg. N.F. Nr. 7538/A, vom 12. Dezember 1983,

Slg. N.F. Nr. 11.253/A = ZfVB 1984/4/1569, uva.). Zur

Landschaft gehört auch die Kulturlandschaft. Ein

"kleinräumiger, vom landschaftlichen Erscheinungsbild

naturbelassener Uferabschnitt" von kaum 30 m Länge stellt keine

Landschaft im Sinne des Gesetzes dar, sondern einen Teil der

Landschaft, deren Bild die Behörde vor Verunstaltung zu

bewahren hat (so im zuletzt erwähnten Erkenntnis Slg.

Nr. 11.253/A). Was somit den räumlichen Umfang des

Landschaftsbegriffes anlangt, hält der Verwaltungsgerichtshof

dementsprechend eine über das einzelne Landschaftselement, das

die Quelle einer möglichen Beeinträchtigung, Störung oder

Verunstaltung darstellt, hinausgehende "großräumigere"

(hg. Erkenntnisse vom 7. März 1983, Zl. 81/10/0019

= ZfVB 1983/6/2682, und vom 18. April 1988, Zl. 85/10/0151

= ZfVB 1989/1/133) bzw. "großräumige und umfassende"

(hg. Erkenntnis vom 26. September 1983, Zl. 83/10/0199 = ZfVB 1984/3/1058) Beschreibung für erforderlich (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 6. August 1983, Zl. 89/10/0119 = ZfVB 1995/3/1003).

2.3.4.2. Aus den Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides im Zusammenhang mit dem dort wiedergegebenen Gutachten des Amtssachverständigen für Landschaftsschutz läßt sich eine durchaus ausreichende Beschreibung des umzugestaltenden Landschaftselementes, nämlich des in einer Länge von 90 m zu verrohrenden Gerinnes in dem Graben, der dort durch Geländeauftrag und -abtrag in eine Mulde umgebildet werden soll, entnehmen. Es fehlt allerdings eine Beschreibung der umgebenden Landschaft, die es ermöglichen würde, in dem Gerinne und dem Graben ein charakteristisches und bestimmendes Landschaftselement zu erblicken und dessen Umgestaltung in eine andere Art landwirtschaftlich genutzter Flächen als ästhetisch nachteilig für die umgebende Landschaft zu beurteilen. Auf dem Boden einer solchen umfassenden Beschreibung hätte sich zeigen können, daß von einer ästhetischen Beeinträchtigung der Landschaft nicht gesprochen werden könnte. Der Verwaltungsgerichtshof möchte allerdings betonen, daß sich auch auf Grund einer solchen umfassenden Beschreibung der Landschaft durchaus herausstellen könnte, daß der Verlust des in Rede stehenden Taggewässers in einem natürlichen Graben und dessen Ersetzung durch eine maschinell bearbeitbare Mulde als ein Verlust an Vielgestaltigkeit der Landschaft und damit als eine Beeinträchtigung der Landschaftsästhetik beurteilt werden könnte, die auch einem in der Umgestaltung landwirtschaftlicher Flächen bestehenden Eingriff in die Vorarlberger Landschaft Grenzen setzen würde.

Der Beschwerdeführer ist im Recht, wenn er diese - bereits ergänzungsbedürftigen - Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde durch das im zweitinstanzlichen WASSERrechtlichen Verfahren erstattete Gutachten des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen erschüttert sieht. Nach der Aktenlage ist der belangten Behörde im landschaftsschutzrechtlichen Berufungsverfahren die wasserrechtliche Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes und damit die dort enthaltene Wiedergabe des erwähnten Gutachtens bekannt gewesen. Die belangte Behörde hätte dieses Beweismittel im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht beachten und die vorhandenen Widersprüche zu den von der Erstbehörde zugrundegelegten Sachverhaltsfeststellungen zum Anlaß weiterer Ermittlungen machen müssen. Dabei stehen nicht die rein wasserrechtlich relevanten Ermittlungsergebnisse des Landeshauptmannes (insbesondere hinsichtlich der ökologischen Funktionsfähigkeit und Werthaftigkeit des Gewässers) in Rede, sondern es sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch Landschaftsmerkmale betroffen, die für die Ausprägung der Landschaft im Eingriffsbereich und deren Umgebung wichtig und bestimmend sein können. Insbesondere erscheint auch unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes die Feststellung des Landeshauptmannes von Relevanz, daß das Gerinne nur aus Drainagewässern und dem Überlaufen von zwei Quellstuben gespeist werde, ferner daß es bei länger dauernden Trockenperioden zu einer Austrocknung des Gerinnes kommen könne. Diese Feststellungen hätten Anlaß geben müssen, die unterinstanzlichen Feststellungen in Frage zu stellen, denen zufolge sich das Fließgewässer durch eine weitgehende Natürlichkeit auszeichne und entscheidend zur Vielgestaltigkeit der Landschaft beitrage, "zusätzlich" unmittelbar am Beginn der Verrohrung von einer ergiebigen Quelle bewässert werde und daß im Hinblick auf diese Umstände von einem ständig wasserführenden Gerinne ausgegangen werden könne. Der Hinweis auf die Drainagierungen könnte auch die umgebende Landschaft in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Dadurch, daß die belangte Behörde diese Widersprüche nicht ausgeräumt, sondern den Wasserrechtsbescheid des Landeshauptmannes überhaupt unberücksichtigt gelassen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Mängeln der Sachverhaltsfeststellung und der Begründung belastet, bei deren Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Relevanz der Verfahrensmängel liegt darin, daß sich herausstellen hätte können, daß durch das Projekt nur ein bereits wesentlich durch menschliche Eingriffe gestaltetes Landschaftselement durch ein anderes, in der im wesentlichen anthropogen gestalteten Umgebung nicht disharmonisch wirkendes Landschaftselement ersetzt werden sollte. Die Relevanz findet ihren Grund darüber hinaus - jedenfalls - darin, daß ohne eine ausreichende Landschaftsbeschreibung und darauf aufbauende Feststellungen über das GEWICHT der Landschaftseingriffe (Art und Ausmaß der bewirkten ästhetischen Veränderungen) - § 1 Abs. 2 lit. a Vlbg LSchG 1982 enthält hier eine Abstufung der Eingriffsintensität - eine Abwägung mit konkurrierenden anderen öffentlichen Interessen im Sinne des § 10 Abs. 2

Vlbg LSchG 1982 unmöglich ist. Auch das Gewicht einer "Verarmung der Landschaft in ihrer Vielgestaltigkeit" kann anläßlich der Subsumtion unter die Begriffe des § 1 Abs. 2 lit. a Vlbg LSchG 1982 nur beurteilt werden, wenn taugliche Feststellungen sowohl über das zum Verschwinden gebrachte Landschaftselement selbst als auch über seine Einbettung in und seine Bedeutung für die umgebende Landschaft getroffen werden.

Die vom angefochtenen Bescheid gleichfalls festgestellte Beeinträchtigung des Naturgenusses entbehrt überhaupt wesentlicher Feststellungen, sowohl was die durch das Gerinne bedingten (vorhandenen) Tier- und Pflanzengemeinschaften anlangt, als auch die Zugangsmöglichkeiten von Menschen, die sich über diesen Anblick erfreuen könnten.

2.4.1. In der Beschwerde wird schließlich auf die Frage des Überwiegens anderer öffentlicher Interessen auf die Stellungnahme der Gemeinde L Bezug genommen, mit der sich der angefochtene Bescheid nicht auseinandersetze. Die belangte Behörde hätte die gesamte wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers erfassen müssen; hieraus hätte sie ein öffentliches Interesse am Bestehen eines leistungsfähigen Bauernstandes ableiten und eine Interessenabwägung vornehmen müssen. Zu Unrecht habe die Behörde die Abwägung auf die Frage reduziert, ob es sich um eine "grundlegend existenzentscheidende Maßnahme" handle, die "eine Existenzbedrohung vom bezeichneten Hof abwenden würde".

2.4.2. Auch dieser Beschwerdevorwurf ist im Ergebnis berechtigt.

Im angefochtenen Bescheid wird "ein generelles öffentliches Interesse an der Erhaltung dieses letzten ganzjährig bewohnten Hofes durchaus anerkannt". Von einem überwiegenden öffentlichen Interesse könne aber nur dann gesprochen werde, wenn die Verrohrung eine Existenzbedrohung vom Hof abwenden könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt im grundsätzlichen die Auffassung der belangten Behörde, daß das Interesse an der langfristigen Erhaltung eines am derzeitigen Siedlungsrand eines entsiedlungsgefährdeten Gebietes gelegenen Dauersiedlungshofes als ein öffentliches Interesse im Sinne des § 10 Abs. 2 Vlbg LSchG 1982 anzusehen ist. Kein solches im land- und forstwirtschaftlichen Siedlungsinteresse begründetes Interesse liegt hingegen dann vor, wenn das Projekt lediglich Ertragsverbesserungen, Rationalisierungen oder Arbeitserleichterungen in einem in seiner Existenz an sich nicht gefährdeten Betrieb dienen soll, es also um Maßnahmen geht, die mit Absiedlung oder Aufrechterhaltung des Betriebes wirtschaftlich in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen und daher den privaten Interessen des Betriebsführers zugerechnet werden müssen (vgl. zur Abgrenzung von bloß privaten Interessen von öffentlichen, mit Natur- und Landschaftsschutzinteressen abzuwägenden Interessen z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11619/A = ZfVB 1985/4/1441, und vom 22. Dezember 1986, Zl. 86/10/0121 = ZfVB 1987/5/2074). Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß auch im Bereich durch Transferzahlungen der öffentlichen Hand subventionierter Wirtschaftstätigkeiten, wie der Bergbauernwirtschaft, nicht jegliche einer Ertragsverbesserung dienende Maßnahme des Unternehmers als eine im öffentlichen Interesse und nicht in dessen Privatinteresse gelegene Disposition angesehen werden kann.

Im Beschwerdefall kommen für die Vornahme dieser Abgrenzung zwei Gesichtspunkte in Betracht: Zum einen die Nachteile, die der Verzicht auf 0,3 ha maschinenbearbeitbarer landwirtschaftlicher Nutzfläche (anstelle von Weideland), die durch das Projekt gewonnen werden könnte, bedeuten würde, zum anderen die weiter bestehende Zufahrtserschwernis zu den jenseits des Grabens gelegenen Wirtschaftsflächen.

Die belangte Behörde erblickt in den Vorteilen der geplanten Maßnahmen wegen ihrer Geringfügigkeit keinen nachhaltigen Beitrag zur Betriebserhaltung. Zu diesem Ergebnis war bereits die erstinstanzliche Behörde in ihrem Bescheid vom 21. Juni 1990 gelangt, in welchem sie sich sowohl mit dem Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen als auch mit der Stellungnahme der Gemeinde L auseinandersetzte, wenn sie die Lage des Betriebes am Rande des entsiedlungsgefährdeten Gebietes durchaus in ihre Erwägungen einschloß, jedoch - im Hinblick auf die nur geringfügige Vergrößerung der maschinell bewirtschaftbaren Fläche des Beschwerdeführers (unter gleichzeitigem Verlust von Weidefläche) und auf die nur unwesentliche Verkürzung (40 m) der Zufahrt zu einem Teil des Grundstückes - in der geplanten Verrohrung keine "grundlegend existenzsichernde Maßnahme für den landwirtschaftlichen Betrieb des Bewilligungswerbers" erblickte. Der Beschwerdeführer ist diesem Beurteilungsergebnis in seiner Berufung nicht konkret entgegengetreten. Vielmehr hat er seinen Einwand auf die Ausführung beschränkt, es könne nicht nur dann von einem öffentlichen Interesse gesprochen werden, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Existenz unmittelbar gefährdet sei. Es liege vielmehr schon im öffentlichen Interesse, daß auf einem landwirtschaftlichen Betrieb - insbesondere am Siedlungsrand - Rationalisierungen und Arbeitserleichterungen möglich sein müßten. Der Beschwerdeführer geht damit von einer unmittelbaren Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes nicht aus. Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Berufungsvorbringen Ertragsverbesserungen meinte, die zur Existenzsicherung des Betriebes keinen entscheidenden Beitrag liefern, ist er nach dem vorhin Gesagten im Unrecht, denn das Interesse an solchen Verbesserungen wäre als ein privates Interesse anzusehen. Sollte damit aber gemeint sein, es läge ein entscheidender Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Betriebes vor, wäre es dem Beschwerdeführer oblegen, die Feststellungen der Erstbehörde, die geplanten Maßnahmen seien in ihren Auswirkungen nur geringfügig und nicht grundlegend existenzentscheidend, zu bestreiten und konkret zu behaupten, einerseits welches Ausmaß die durch diese Maßnahmen möglichen Ertragsverbesserungen (Ertrag von 0,3 ha maschinennutzbarer Fläche statt von Weideland unter Berücksichtigung des Finanzierungsaufwandes) erwartet werde und andererseits in welchem Verhältnis dies zur Ertragssituation des Betriebes insgesamt stehe. Nur so könnte die Wirksamkeit des Vorhabens in bezug auf eine nachhaltige Existenzsicherung des Betriebes beurteilt werden. Der Beschwerdeführer hat dieser Behauptungs- und Konkretisierungslast im Verwaltungsverfahren (einem Antragsverfahren) nicht entsprochen. Wenn sich die belangte Behörde aufgrund des Berufungsvorbringens nicht veranlaßt gesehen hat, weitere Sachverhaltsermittlungen (etwa durch Heranziehung eines Amtssachverständigen aus dem Gebiete der landwirtschaftlichen Betriebsführung) durchzuführen, sondern im wesentlichen der Interessenabwägung der Erstbehörde gefolgt ist, liegt ihr eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zur Last, denn nach der Rechtsprechung ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 555, 556, zitierte Judikatur).

Erforderlich wäre es allerdings gewesen, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers (in seiner Eingabe vom 22. September 1989) über die Gefährlichkeit der bisherigen Zufahrt zu den jenseits des Grabens liegenden Betriebsflächen einzugehen, denn das vom Beschwerdeführer angesprochene Unfallrisiko für ihn oder seine Ehegattin kann in unmittelbaren Zusammenhang mit einer nachhaltigen Existenzsicherung bzw. Existenzbedrohung des Betriebes gebracht werden. Um ein klares Bild über die Interessenlage zu gewinnen, hätten freilich auch hier Feststellungen über die Größe und die Bedeutung der durch eine sichere Zufahrt erschließbaren Flächen sowie über allfällige Alternativen (bloße Brücke über den Graben) getroffen werden müssen.

Die Verneinung eines relevanten, mit dem Interesse am Landschaftsschutz abzuwägenden anderen öffentlichen Interesses beruht daher ebenfalls auf mangelhaften und begründungsbedürftig gebliebenen Feststellungen; auch ist es nicht ausgeschlossen, daß die Behörde bei Vermeidung dieser Mängel zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

2.5. Eine Überprüfung des von der belangten Behörde erzielten Abwägungsergebnisses der in Betracht kommenden öffentlichen Interessen auf seine Gesetzmäßigkeit ist dem Verwaltungsgerichtshof wegen der dargestellten Feststellunsmängel daher im derzeitigen Verfahrensstadium nicht möglich.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid in der Frage, ob Interessen des Landschaftsschutzes verletzt wurden, und in der Frage der Interessenabwägung mit anderen öffentlichen Interessen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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